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Agrarminister der Länder warnen vor GAK-Kürzungen

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Die Haushaltspläne von Finanzminister Christian Lindner (FDP) und seine vorgesehene drastische Kürzung der Bundesmittel für die Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) schlagen hohe Wellen des Unmuts. Die CDU/CSU-Landwirtschaftsministerinnen und -minister der Bundesländer sehen durch die drastische Kürzung der Bundesmittel für die GAK die Entwicklung des ländlichen Raumes gefährdet und haben dies in einem gemeinsamen Brief an das BMEL geäußert.

Die für Agrarpolitik beziehungsweise den ländlichen Raum zuständigen Ministerinnen, Minister und Senatorin der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein appellieren an Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) in einem Schreiben, sich für den Erhalt der GAK-Mittel einzusetzen. Ziel müsse es sein, dass die Kürzungen im parlamentarischen Verfahren abgewendet würden. „Das erschüttert die Grundfesten der GAK und untergräbt das Vertrauen in die Politik“, warnte Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) als Sprecher der Ministerriege.

Die CDU/CSU-Ressortchefs bringen in dem Brief ihr Unverständnis und ihre Sorgen über die massive Mittelkürzung der GAK zum Ausdruck. Diese hätte zur Konsequenz, dass mangels ausreichender Finanzmittel zahlreiche Maßnahmen und Vorhaben aus dem Bereich der ländlichen Entwicklung in den Ländern nicht mehr realisiert werden könnten. „Die Kürzungsvorschläge des Bundeskabinetts sind für die Länder nicht hinnehmbar und untergraben massiv das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Politik“, betonte Hauk.

„Wir sehen mit den geplanten Kürzungen seitens des Bundes die Grundfesten der GAK erschüttert, was durch die bereits erfolgte Herauslösung von erheblichen Mitteln aus der GAK für ein neues Bundesprogramm im Bereich Tierwohl, für das der Bund verfassungswidrig die Zuständigkeit an sich gezogen hat, noch verstärkt wird“, so der Stuttgarter Landwirtschaftsminister.

Kofinanzierung der EU-Mittel gefährdet

Nach Ansicht der Unions-Ressortchefs gefährden die geplanten Kürzungen die bisherigen Anstrengungen für gleichwertige Lebensverhältnisse in den verschiedenen Regionen Deutschlands. Zugleich würde die weitere Verbesserung der Strukturen in den ländlichen Räumen als Lebens-, Arbeits-, Erholungs- und Naturräumen erheblich beeinträchtigt. Darüber hinaus würde die Kürzung der GAK-Mittel die zwingend vorgesehene Kofinanzierung von EU-Mitteln schmälern, sodass deutlich weniger Projekte gefördert werden könnten.

Schwarz sieht Lasten für den ländlichen Raum

Die GAK ist Kernbestandteil des deutschen Fördersystems für strukturschwache Regionen und zudem wesentlicher Baustein zur nationalen Kofinanzierung der EU-Mittel aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (Eler).

„Kürzungen in diesem Bereich würden die Bemühungen aller Akteure für gleichwertige Lebensverhältnisse ausbremsen und einseitig zulasten der ländlichen Entwicklung fallen“, sagte Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU). Dies gelte gerade auch mit Blick auf die Bewältigung zukünftiger Herausforderungen bei den anstehenden Transformationsprozessen im Bereich Klimawandel und Landentwicklung. „Ich appelliere daher an die Bundesregierung, die Menschen im ländlichen Raum nicht alleinzulassen, ihnen eine Perspektive zu geben und mit den Bundesländern in einen Dialog zu treten. Kürzungen, die der ländlichen Entwicklung entgegenwirken, sind nicht akzeptabel!“, so der Minister. age, mbw

GAK und Bundeshaushalt

Am 5. Juli dieses Jahres wurde der Entwurf des Bundeshaushalts 2024 in das Bundeskabinett eingebracht und beschlossen. Dieser sieht im Jahr 2024 erhebliche Kürzungen auch im Bereich des BMEL vor, wovon insbesondere die Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) mit einer Kürzung in Höhe von rund 300 Mio. € Kassenmittel betroffen ist. In Schleswig-Holstein leben rund 78 % der Bevölkerung im ländlichen Raum.

Eine Woche nach der Befragung im Bundestag gab Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) auf dem Deutschen Bauerntag in Münster am 29. Juni teilweise Entwarnung. Vor den Delegierten des Deutschen Bauerntages berichtete er, dass eine Kürzung der Bundesmittel in der Gemeinschaftsaufgabe zwar nicht vom Tisch sei. Sie solle aber deutlich geringer ausfallen als zunächst vorgesehen. Es sei gelungen, die ursprünglich geplante Kürzung von 300 Mio. € zu halbieren, berichtete der Grünen-Politiker in Münster. Zugleich sagte er auf dem Bauerntag zu, dass der Bundeszuschuss zur Landwirtschaftlichen Unfallversicherung (LUV) von 100 Mio. € nicht angerührt werde. Auch eine Kürzung der Agrardieselbeihilfe sei nach wie vor nicht im Gespräch. mbw

Ladelunder Springtage

Vier Tage Springsport und eine große Charity-Aktion namens „Lütte Wett förn gooden Zweck“ zeichneten die Ladelunder Springtage aus. Nicht nur die Siegerin des Großen Preises, Inga Czwalina von der Insel Fehmarn, war begeistert und sagte: „Ich komme auf jeden Fall wieder.“ Auch die anderen Teilnehmer waren voll des Lobes.

„Es ist mittlerweile fest in unserer Vereins-DNA verankert, neben hochkarätigem Sport auch Familien und der Region ein Event zu bieten und dabei soziale Verantwortung zu übernehmen, etwas zurückzugeben“, sagte Rita Cordsen-Tuschke, Gastgeberin der Ladelunder Springtage. In diesem Jahr hatte sich das Organisationsteam mit der Charity-Aktion zugunsten des Wilhelminen-Hospizes in Niebüll etwas Besonderes ausgedacht. Für jeden Nullfehlerritt wurden 2 €, im Großen Preis am Sonntag sogar 5 € gespendet. Das Publikum konnte sich ebenfalls beteiligen: Mit einer Spende von 2 € in den drei S-Springen konnte auf das Siegerpaar gesetzt werden, um tolle Preise zu gewinnen.

Am Ende konnte Stefanie Böckenholt im Namen des Wilhelminen-Hospizes Niebüll 2.710 € für diese so wichtige Arbeit entgegennehmen. „Ich bin überwältigt von dem Engagement und der Teamleistung, die diesen Verein auszeichnen“, so Böckenholt. „Hier geht alles Hand in Hand, ob Jung oder Alt, alle packen mit an. Das funktioniert hier blind und immer gut gelaunt.“

Die Veranstaltung war aufgrund der etwa 1.500 Nennungen von drei auf vier Tage ausgedehnt worden. „Mit dieser Nachfrage haben wir nicht gerechnet“, so Jörg Friedrichsen, erster Vorsitzender des Vereins. Vor allem am Sonnabendnachmittag wurde auf den Zuschauerrängen so richtig mitgefiebert. In der Springprüfung der Klasse S* konnten die Zuschauer das erste Mal für den guten Zweck auf Sieg tippen. „Ich habe eigentlich nicht viel mit Pferdesport am Hut, aber die Wette für den guten Zweck lässt einen auch als Laien für ‚seinen‘ Favoriten mitfiebern“, sagte ein Zuschauer, der wie viele andere auf der Tribüne seine Lose in der Hand hielt und gespannt das Geschehen auf dem Ebbe-Flut-Platz verfolgte.

Maja Krempien, die Siegerin im Schleswig-Holstein Nachwuchschampionat der Ponyreiter, wurde von ihren Eltern begleitet. Foto: Inga Johannsen
Sieger im Springen der Klasse S* am Sonnabend wurde Alexander Liebe mit Cassila. Foto: Inga Johannsen
Den Sonderpreis „Fair geht vor“ gewannen Jona Helene Johannsen und Havana He Las. Foto: Inga Johannsen
In einer Hütte informierten Mitarbeiter des Wilhelminen-Hospiz Niebüll über ihre Arbeit und führten DKMS-Typisierungen vor. Diese bereits 2022 erfolgreich durchgeführte Aktion zur Registrierung von Knochenmarkspendern wurde aufgrund der positiven Resonanz dieses Jahr auf den Ladelunder Springtagen fortgesetzt. Foto: Inga Johannsen
Auch die Zuschauer konnten sich mit einer Wette an der Charity-Aktion beteiligen. Foto: Inga Johannsen
Mit dem Holsteiner Wallach Quister von Quick Fire-Cassini I war Inga Czwalina im Umlauf und im Stechen fehlerfrei und gewann damit den Großen Preis von Ladelund. Es gratulierten Torsten Jensen (VR Bank) und Jörg Friedrichsen (Vorsitzender RuFV Wilhelminenhof Ladelund). Foto: Inga Johannsen


Vieca Sofie Bade ging als Erste an den Start. Die für den gastgebenden Verein startende Reiterin, die bereits mit dem Team Children Europameisterin wurde, lieferte mit ihrer elfjährigen Hannoveraner Stute Chades of Grey eine pfeilschnelle, gut angelegte Runde ab. Auch Rolf-Göran Bengtsson musste sich mit seinem Nachwuchspferd Caillan, amtierender Landes- und Bundeschampion sowie Weltmeister bei den jungen Pferden, knapp geschlagen geben. Am Ende kam er auf den dritten Platz. Den Sieg holte schließlich Alexander Liebe mit einem stilistisch einwandfreien Ritt im Sattel von Cassila.

Anspruchsvoll, aber fair hatten die Parcourschefs Jörg Griese und Alexander von Appen am Sonntag den Parcours für den Großen Preis, ein Springen der Klasse S**, gestaltet. Von den 32 Startern konnten sich sieben Paare aus drei Nationen für das Stechen qualifizieren, darunter auch Inga Czwalina mit zwei Pferden. Die Fehmaranerin zeigte einmal mehr ihre überragenden Fähigkeiten und blieb mit beiden Pferden fehlerfrei: Mit dem zwölfjährigen Holsteiner Wallach Quister holte sie den Sieg, mit Nurmi belegte sie den dritten Platz.

„Ich war ein paar Jahre nicht in Ladelund und bin überwältigt von der Entwicklung, die dieses Turnier genommen hat. Tolle Bedingungen, super Organisation, gute Stimmung beim Publikum und meine Pferde waren hier optimal untergebracht und betreut. Ladelund hat es geschafft, bei aller Professionalisierung die familiäre Atmosphäre zu erhalten – ein Turnier mit Liebe“, schwärmte Czwalina bei der Siegerehrung. „Wir sind auf ganzer Linie zufrieden, dankbar und auch ein bisschen stolz“, resümierte Jörg Friedrichsen und fügte hinzu: „Die tolle Resonanz und das Lob nehmen wir als Ansporn für das nächste Jahr mit.“

Freisprechungen in den Agrarberufen 2023

Die glücklichen Absolventinnen und Absolventen haben ihre Berufsurkunden von der Landwirtschaftskammer – entweder von Präsidentin Ute Volquardsen, Vorstandsmitgliedern der Kammer oder dem Geschäftsführer Dr. Klaus Drescher – in feierlichem Rahmen erhalten.

Quelle: ideefix

Denn der erfolgreiche Berufsabschluss ist in den Familienbetrieben des Agrarbereichs immer ein besonderes Ereignis. Viele der ehemaligen Auszubildenden bleiben in engem Kontakt zu ihren Ausbildungschefs und Ausbildungschefinnen.

Die Berufsperspektiven sind gut. Fachkräfte werden im Agrarbereich dringend gesucht. Nach dem Abschluss starten die Absolventinnen und Absolventen entweder als Mitarbeiter/-in im Betrieb oder als Betriebsnachfolger/-in durch. Oder sie drücken weiter die Schulbank und absolvieren die Fachschule oder ein Studium. Rund 1.900 junge Menschen befinden sich in Schleswig-Holstein in einer Ausbildung in den zwölf Agrarberufen. Im Bauernblatt Ausgabe 32 berichten wir über die freigesprochenen Absolventinnen und Absolventen der Grünen Agrarberufe sowie die Zeugnisvergabe an den Fachschulen 2023.

Die Freisprechungen 2023 aus der Bauernblattausgabe 32 stehen hier im PDF-Format zum Download bereit. 

Ja zum Schutz, Nein zum Nationalpark

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Der biologische Zustand der Ostsee ist schlecht bis dramatisch, gegenwärtige Schutzmaßnahmen reichen nicht aus und müssen verbessert werden. Darüber sind sich die meisten gesellschaftlichen Gruppen und Interessenverbände einig. Ob der geplante Nationalpark Ostsee, den Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) auf den Weg bringen will, dem gerecht wird und nicht vielmehr unzumutbare Beschränkungen mit sich bringt, das wird heftig und kontrovers diskutiert. Das Bauernblatt hat Verbände um ihre Stellungnahme gebeten.

Sieben Fachworkshops veranstaltet das Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur (MEKUN) im Rahmen des Konsultationsprozesses. Vier haben bereits stattgefunden zu den Themen Landwirtschaft/Wasserwirtschaft/Landnutzung (das Bauernblatt berichtete in Ausgabe 24, Seite 16), Tourismus, Fischerei und Wassersport. Die Workshops zu Naturschutz (30. August), Regionalentwicklung/regionaler Wirtschaft (12. September) und Kommunen (19. September) stehen noch aus, ebenso ein abschließender Verzahnungsworkshop (noch nicht terminiert).

Die Einladungen zur Teilnahme erfolgten über betroffene Kommunen, Verbände und Interessenvertretungen. Zur „Landwirtschaft“ waren dies der Landesbauernverband und die ostseeanrainenden Kreisbauernverbände (Stellungnahme des Bauernverbandes unter https://www.bauernblatt.com/prozess-muss-ergebnisoffen-sein/) sowie „Land schafft Verbindung“, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, LandFrauen, Landjugend, Landwirtschaftskammer, Gewässer- und Deichverbände, Lohnunternehmer, Waldbesitzer und andere. Der Prozess solle ergebnisoffen sein, alle Argumente und Bedenken würden gehört, verspricht das Ministerium.

Keine konkreten Infos

Richard Bonse ist Landwirt auf Gut Behrensbrook in der Gemeinde Lindau im Dänischen Wohld und nahm für die Familienbetriebe Land und Forst Schleswig-Holstein (FABLF) am Workshop Landwirtschaft/Wasserwirtschaft/Landnutzung teil. Über den Verlauf der mehrstündigen Sitzung zeigt er sich enttäuscht. Vor allem bemängelt er, dass keine messbaren Parameter genannt worden seien, durch welche Maßnahmen der Zustand der Ostsee mit einem Nationalpark verbessert werden solle. „Das war sehr vage, wie können wir uns dann darüber unterhalten?“

Nach zwei Vorträgen seien die 27 Teilnehmenden in vier Gruppen zu je fünf oder sechs Personen aufgeteilt worden und hätten je zehn Fragen bekommen, etwa „Welche Einschränkungen befürchten Sie?“, „Welche Risiken sehen Sie?“ oder „Durch welche Alternativen könnte ein wirksamer Schutz erreicht werden?“ – „Wir hatten insgesamt eine Stunde Zeit, also für jede Frage sechs Minuten. Wie soll man da sinnvoll diskutieren, zumal uns konkrete Informationen fehlten?“, beklagt Bonse. In der anschließenden Dokumentation seien zunächst nicht einmal alle Antworten enthalten gewesen und erst nach Anmahnung eingestellt worden. Außerdem werde die Stimmung des Workshops nicht wiedergegeben. Bürger könnten sich bei der Lektüre kein richtiges Bild machen.

Die Dokumentation des Workshops (https://t1p.de/dscc4) spiegelt dennoch Vorschläge und Einschätzungen wider, vor allem zu Alternativen zum Nationalpark, etwa „Kläranlagen zu vier Stufen ausbauen“ oder „Allianz für den Ostseeschutz analog zu Allianz für Gewässerschutz ausbauen“. Fragen zu positiven Aspekten eines Nationalparks wurden von den Teilnehmenden durchwegs knapp mit „Keine!“ beantwortet, allenfalls mit „noch Forschungsbedarf“ – was ja auch die Stimmung widerspiegelt.

Regelungswut befürchtet

Thomas Weinhardt nahm für den Verband Deutscher Wassersportschulen (VDWS) am Konsultationsprozess teil. Auch er beklagt, dass nicht erklärt werde, was in einem Nationalpark erlaubt sein würde und was nicht. „Das Ministerium will sich nicht festlegen.“ Bekannt ist, dass es eine Kernzone mit stärkeren Einschränkungen und eine Entwicklungszoge geben soll. Die Kernzone soll laut Minister Goldschmidt weniger als 50 % der Fläche betragen. Sie ist allerdings in den bisher veröffentlichten Karten (https://t1p.de/mbwr0) nicht zu sehen, denn „dies soll erst im Zuge des Konsultationsprozesses beraten werden“, so das Umweltministerium. Dessen ungeachtet soll auch die Entwicklungszone des Nationalparks im Laufe der nächsten 30 Jahre zur Kernzone weiterentwickelt werden.

Die Teilnehmenden hätten sich gefragt, warum ein Nationalpark entstehen solle, da es doch schon jetzt diverse Schutzzonen gebe. Insbesondere wurde auf die Freiwillige Vereinbarung zum Schutz der Meeresvögel von 2016 verwiesen. „Diese Vereinbarung wurde de facto nie mit Leben erfüllt“, schreibt der VDWS in seinem Newsletter. Weiter heißt es dort: „Dazu meinten die Ministeriumsvertreter, dass der zuständige Sachbearbeiter in Rente sei und es darüber hinaus an finanziellen und personellen Ressourcen fehle. Wo dann die Ressourcen für einen weitaus aufwendigeren Nationalpark mit seiner Bürokratie und Verwaltung herkommen sollen, blieb unbeantwortet.“

Claus-Ehlert Meyer vom Boots- und Schiffbauer-Verband (DBSV) vertritt die maritime Wirtschaft und die Werften. Er hat sich für den Workshop Wirtschaft angemeldet, aber noch keine Rückmeldung bekommen. „Es gibt eine große Mehrheit für den Schutz der Ostsee, aber eine große Mehrheit gegen den Nationalpark“, sagt er. „Wir fahren alle auf der Ostsee ‘rum und sehen die Missstände. Doch keines der Probleme löst man mit einem Nationalpark. Man könnte was tun, etwa bei der Bergung von Altmunition, es wären Mittel dafür da, und man redet über einen Nationalpark!“

BUND für den Nationalpark

Wenig überraschend ist der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) für einen Nationalpark Ostsee. „30 Prozent aller Arten in der Ostsee stehen auf der Roten Liste, und es wird immer schlimmer“, sagt Jürgen Leicher vom Landesvorstand. „Wir haben 200 Totfunde von Schweinswalen im Jahr, die Seegraswiesen verschwinden. Es gibt Schutzgebiete, aber die reichen nicht aus. In den Bestimmungen zu FFH-Gebieten steht wenig über die mögliche Nutzung.“

Die Geltinger Birk ist ohnehin schon Naturschutzgebiet.

Die größten Probleme sieht er in drei Bereichen: Einträge durch die Landwirtschaft, Fischerei und Industrialisierung der Meere. „Die Industrialisierung ist in vollem Gange. Da kann ein Nationalpark ein bisschen Ordnung hineinbringen. Da liegt man mit dem Tourismus eigentlich auf einer Linie.“ Überdüngung durch die Landwirtschaft sei ein gravierendes Problem für die Ostsee, aber die komme vor allem über die Flüsse ins Meer, nicht über die sehr wenigen landwirtschaftlichen Küstenanrainer. „Das kann man nicht über diesen Hebel verändern. Da müssen wir dranbleiben, aber das hat nichts mit einem Nationalpark zu tun. Der hat klare Flächengrenzen.“

Konflikte sieht Leicher auch nicht mit Strandtourismus und Wassersport, allenfalls mit Motorwassersport. „Die Küsten, die Strände, die Landflächen sind von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen nicht betroffen.“ Ein Nutzungsverbot sei kein Durchfahrverbot, das Befahren mit Segelbooten sei weitgehend unbeeinträchtigt, nur das Ankern in Seegraswiesen würde untersagt.

Was die dringend anstehende Räumung von Altmunition aus dem Zweiten Weltkrieg angehe – eine Angelegenheit des Bundes: „Das muss Chefsache werden!“ Mittel seien bereitgestellt, und mit einem Nationalpark könne das Land da noch mehr Druck machen.

Bleibt die Fischerei. Da hält Leicher tatsächlich die Erweiterung von Einschränkungen für erforderlich, vor allem bezüglich Grundschleppnetzen und Stellnetzen zu bestimmten Jahreszeiten sowie Akustikgeräten. Kernzonen wären Nullnutzungszonen. Doch auch die könnten positiv wirksam sein für die Fischerei – als Ruhezonen für die Fische.

Einen „Naturpark light“ dürfe es nicht geben, dafür sei die Situation zu dramatisch. Allerdings setzt Leicher optimistisch auf den Konsultationsprozess mit den Beteiligten. Er sieht Schweden dabei als großes Vorbild. Dort sei mit Norwegen vor etwa zehn Jahren ein Meeresnationalpark von rund 800 km2 eingerichtet worden – mit jahrelanger vorheriger Beratung mit den wichtigsten Nutzergruppen, vor allem der Fischerei. „Mehr Gelassenheit“ wünscht sich Leicher, „mitmachen im Prozess, etwas erreichen im Konsens.“

Hering gar nicht heimisch

Lorenz Marckwardt, Vorsitzender des Fischereiverbands Schleswig-Holstein, sieht das anders. „Wo soll der Fischer abbleiben? In der Kernzone darf nicht gefischt werden, und in der Entwicklungszone müssen wir nachweisen, dass wir umweltverträglich fischen. Wer tut dies schon in den Augen der Umweltschützer?“ Korridore in die offene See würden vielen Kollegen nichts nützen. „Wir haben vorwiegend Tagesfischer mit kurzen Wegen. Für die wäre das ein Berufsverbot.“

Einen Nutzen für den Zustand der Ostsee sieht er nicht. Der deutsche Anteil an der Ostsee sei sehr gering (0,6 % Küstenlinie, 0,4 % Gewässeranteil laut DBSV). „Ein Nationalpark wird nicht für Sauerstoff sorgen und die Fischbestände retten.“ Überhaupt lägen die Aufwuchsgebiete von Dorsch und Hering – mit die gefährdetsten Fischarten – gar nicht in der Ostsee. „Der Hering ist hier nicht heimisch, er kommt aus dem Nordatlantik, auch der Dorsch zieht durch.“

An der Ergebnisoffenheit des Konsultationsprozesse zweifelt Marckwardt. „Das ist eine Salamitaktik. Am Ende steht gar nichts mehr zur Verfügung.“

Prozess muss ergebnisoffen sein

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Der Bauernverband Schleswig-Holstein vertritt zu Ausweisungsplänen eines Nationalparks Ostsee die folgenden Positionen, die er in den gegenwärtigen Konsultationsprozess einbringt.

Die Wichtigkeit des Meeresschutzes steht außer Frage. Grundsätzlich ist es daher begrüßenswert, dass der im Koalitionsvertrag der Landesregierung vereinbarte Konsultationsprozess zur Frage, ob und in welcher Form die Ausweisung eines Meeresnationalparks Ostsee auf den Weg gebracht werden soll, gestartet ist und bis Ende 2023 abgeschlossen werden soll.

Landwirtschaft ist doch betroffen

In der Vorkulisse befinden sich drei Areale: Flensburger Förde über Geltinger Birk bis Schleimündung, südliche Eckernförder Bucht und östliche Kieler Bucht bis östlich Fehmarn mit einer Gesamtgröße von zirka 161.000 ha, überwiegend im marinen Bereich. Dass sich in der Potenzialkulisse keine landwirtschaftlichen Flächen befinden, ist pauschal nicht richtig. In den Schutzgebieten liegen landwirtschaftlich genutzte Flächen, auch wenn es nur wenige mit geringem Umfang sind. Zudem resultiert mittelbar eine mögliche Betroffenheit für die Einleitungssituation in die marinen Bereiche im Meer.

Schließlich bedingt die Errichtung eines Meeresnationalparks die Herausnahme eines großen Stückes Land und großer Wasserflächen aus der normalen wirtschaftlichen Nutzung, weshalb damit stets erhebliche Auswirkungen für den gesamten angrenzenden Wirtschaftsraum verbunden sind. Diese sind kaum rückgängig zu machen, insbesondere auch wegen des Europäischen Naturschutzrechts.

Diese Schutzzielbestimmung stößt an ihre Grenzen, wenn Naturzustände erst durch den Menschen geschaffen wurden, um seine Lebensgrundlagen zu bilden. Auch die Präsenz des Menschen in seiner kulturellen Verankerung ist geschützt, nicht nur der Naturraum als solcher.

Argumente und Forderungen

– Der Konsultationsprozess muss im Rahmen eines ergebnisoffenen Verfahrens den Menschen und Betrieben vor Ort freien Raum für ihre Bedenken und Anregungen einräumen.

– Der bestehende rechtliche Rahmen wirft ernste Zweifel an der Schutzbedürftigkeit auf. Viele der angestrebten Schutzziele werden schon derzeit gesetzlich gewürdigt. Außerdem gibt es bereits einen strengen Rechtsrahmen für den Gewässerschutz.

– Statt eines Labels „Nationalpark“ sollte die Diskussion um die Entwicklung wirksamer Maßnahmen wie Naturschutz, Gewässerschutz, Umweltsanierung, Bombenräumung geführt werden. Aufgabe der Landesregierung wäre es, entsprechende Vorhaben durch einen konkreten und angemessenen Finanzierungsrahmen zu gewährleisten.

– Eine förmliche Unterschutzstellung bringt Misstrauen gegenüber den Akteuren zum Ausdruck. Vielmehr müssen Lösungen für die Fragen und Bedenken der Bürger vor Ort gefunden werden.

– Besonders problematisch ist, dass vor allem mittels Bundesgesetzen oder durch europäische Gesetzgebung auf den Nationalparkbereich eingewirkt werden kann, ohne dass den Kreisen oder Kommunen ein Mitspracherecht zusteht.

– Die Flächenplanung für ein solches Naturschutzgroßprojekt muss von Beginn an realistisch sein. Andernfalls droht, dass überdimensionierte Planungen zu Skepsis der Akteure in der Region führen, wenn Flächenkorrekturen erst durch Widerstände erkämpft werden müssen.

– Weil alle Akteure vor Ort eine gesicherte Entscheidungsgrundlage brauchen, führt auch bereits im jetzigen frühen Stadium kein Weg an einer detaillierten Folgenabschätzung vorbei.

Dauerblüher als Schmetterlingsmagnet

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Wer die Duftnessel nur als Begleiter für Sonnenhut oder Kugeldistel verwendet, unterschätzt die attraktive Staude. Denn die hohen Blütenkerzen setzen nicht nur tolle vertikale Akzente in der Rabatte, sondern Blätter und Blüten eignen sich hervorragend für Teeaufgüsse sowie zum Würzen von Speisen. Nicht zuletzt locken die Blütenstände sogar mehr bunte Falter an als der dafür bekannte Schmetterlingsflieder.

In den vergangenen Jahren wurde das Sortiment der Duftnessel (Agastache) immer größer. Etwas verwirrend fällt jedoch die Namensgebung der verschiedenen Arten aus. Duftnessel, Bergminze und Koreaminze werden häufig synonym gebraucht, auch die Bezeichnungen Blaunessel, Mexikonessel, Limonen-Ysop und Anis-Ysop sind gängig, obwohl die Staude mit dem Echten Ysop (Hyssopus) nur weitläufig verwandt ist.

Weiß- und violettblühende Sorten ergänzen sich sehr gut. Foto: Karin Stern

Die Gruppe der kälteunempfindlichen Duftnesselarten stammt aus den gemäßigten Zonen Nordamerikas (Agastache foeniculum) und aus Korea (Agastache rugosa). Beide Arten kommen bei uns sehr gut durch den Winter und blühen violettblau oder weiß. Sie zeichnen sich durch einen busch-horstartigen, hohen Wuchs mit langen, aufrechten Blütenstängeln aus. Die Wärme liebenden Arten der Duftnessel sind in Mexiko und dem Süden der USA beheimatet. Sie stammen von der Ursprungsart Agastache mexicana ab. Sie wird meist als Limonen-Ysop oder Limonadenpflanze angeboten. Nicht ohne Grund, denn Blätter und Blüten duften und schmecken nach Zitrone. Das Aroma tritt an sonnigen Tagen besonders stark hervor. Diese Varianten bleiben niedriger (zwischen 30 und 100 cm Höhe) und weisen einen locker verzweigten Wuchs auf. Zudem sind die roten, rosa- oder orangefarbenen Blüten eher in lockeren Gruppen oder Quirlen angeordnet. Die Blütezeit für alle Arten jeglicher Herkunft erstreckt sich von Ende Juni bis September.

,Raspberry Summer‘ überzeugt mit himbeerfarbenen Blüten. Sie gedeiht prima im Kübel. Foto: Karin Stern
Die Weiße Koreaminze blüht von Juli bis September. Foto: Karin Stern
Mit etwa 80 cm Höhe fügt sich ,Blue Boa‘ prima ins Staudenbeet ein. Foto: Karin Stern
,Blue Fortune‘ verströmt einen angenehmen Duft. Foto: Karin Stern
Die knalligen Farben der Duftnessel sehen einfach toll aus.  Foto: Karin Stern


Die Ansprüche an Boden und Standort fallen recht bescheiden aus. Duftnesseln schätzten einen sonnigen Platz mit eher trockenem, durchlässigem und nährstoffreichem Boden. Als Faustregel gilt, dass die Stauden umso winterhärter sind, je trockener sie stehen. Tipp: Beim Neukauf auf Angaben zur Winterhärte achten. Der hübsche Limonen-Ysop ‚Sangria‘ (Agastache mexicana) ist trotz aller Schutzmaßnahmen nicht sicher winterhart. Er lässt sich jedoch problemlos im Kübel kultivieren, der die kalte Jahreszeit an einem hellen und kühlen Platz verbringt. Agastache rugosa kommt mit unserem Winter ebenso gut zurecht wie Agastache foeniculum. Beachten sollte man den Zusammenhang zwischen Winterhärte und Standort: Je durchlässiger der Boden, desto weniger „nasse“ Füße im Winter und desto ausgeprägter die Winterhärte. Tipp: Agastache rugosa und ihre Hybriden tolerieren auch feuchteren und schwereren Boden klaglos. Für andere Arten macht man die Erde mit der Einarbeitung von Sand etwas durchlässiger.

Die Wildformen der Duftnessel erhalten sich über die Selbstaussaat. Keine Sorge, überzählige Keimlinge lassen sich leicht entfernen, ohne lästig zu werden. Für langlebige Duftnessel-Arten und ihre Hybriden empfiehlt sich die Vermehrung über die Teilung im Frühjahr oder über Kopfstecklinge. Dies klappt besonders gut bei Agastache rugosa ‚Black Adder‘, wenn man noch vor der Blüte im Mai Stecklinge nimmt. Lassen Blühfreude und Vitalität ein paar Jahre nach der Pflanzung nach, teilt man die Staude im Frühjahr und pflanzt die Teilstücke neu ein. Ebenfalls wichtig ist die Düngung im Frühjahr. Sie unterstützt den Neuaustrieb. Wer schon beizeiten im Herbst die abgeblühten Pflanzen zurückschneidet, bringt sich um die schöne Wintersilhouette. Sie sorgt insbesondere bei den hohen Sorten noch bis weit in den Winter hinein für Struktur in der Rabatte.

Doch wie nun die Duftnessel verwenden? Gemeinsam mit Indianernessel (Monarda), Sonnenhut (Rudbeckia), Hoher Flammenblume (Phlox) und Witwenblume (Knautia) entsteht ein sehenswertes Ensemble im sommerlichen Staudenbeet. Hübsch wirkt auch die Kombination mit den eher lockeren Blütenständen der Steppenwolfsmilch (Euphorbia), den Goldruten ‚Strahlenkrone‘ und ‚Fireworks‘ (Solidago) oder Prachtkerze (Gaura). Herbstgräser wie Rutenhirse (Panicum virgatum) und Silber-Ährengras ‚Algäu‘ (Stipa calamagrostis) ergänzen zum Ende der Saison das Bild. Doch nicht nur im Staudenbeet ist die Duftnessel eine Attraktion für sich, auch im Duft- und Kräutergarten macht sie eine tolle Figur. Blätter und Blüten sind essbar. Sie eignen sich für Teeaufguss ebenso wie zum Würzen von Eierspeisen und Eintöpfen. Sämtliche Agastachen werden von Schmetterlingen fast schon umlagert.

,Linda‘ wird im Laufe des Sommers immer schöner und zeigt im Herbst ihre volle Attraktivität. Foto: Karin Stern

Empfehlenswerte Formen der Agastachen (Auswahl):

Agastache foeniculum: Wildform, lila Blüte von Juli bis September, 60 bis 120 cm hoch, Blätter und Blüten mit Anisgeschmack

Agastache-Hybride ‚Ayala‘: Kreuzung aus Agastache mexicana und Agastache anisata, am optimalen Standort ausreichend winterhart, blüht violettrosa von Juni bis Oktober, 80 bis 120 cm hoch, Blätter schmecken frisch und getrocknet im Tee

Agastache mexicana ‚Sangria‘: Limonen-Ysop, nicht sicher winterhart, in rauen Lagen besser Kübelkultur, rotviolette Blüte von Juli bis Oktober, 80 bis 120 cm hoch, Zitronenaroma

Agastache rugosa: Koreaminze, gut winterhart, lila Blüte von Juli bis September, 80 bis 100 cm hoch, Minze-Anis-Aroma

Agastache rugosa ‚Alabaster‘: weiße Koreaminze, weiße Blüte von Juli bis September, 60 bis 80 cm hoch, versamt sich

Agastache rugosa ‚Blue Fortune‘: Blaunessel, blauviolette Blüte von Juli bis September, wegen der standfesten Stiele schöne Wintersilhouette, 60 bis 90 cm hoch, Blüten- und Blattduftstaude

Agastache rugosa ‚Black Adder‘: dunkle Blaunessel, blauviolette Blütenkolben können fast schwarz wirken, sehr standfest, 90 bis 120 cm hoch, lockt viele Schmetterlinge an.

Zinnien und Eisenkraut ‚Lollipop‘ füllen die Lücke zwischen weißer Koreaminze und Agastache ‚Blue Fortune‘

Dänemark: So wenig Rinder wie nie

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Bereits seit Jahrzehnten schrumpft die Herde stetig, und eine Trendumkehr zeichnet sich nicht ab. In allen Kategorien wurden weniger Tiere gezählt. Bei jungen männlichen Rindern bis zu einem Jahr war der Bestandsabbau mit mehr als 6 % im Vorjahresvergleich am stärksten ausgeprägt, was in Zukunft zu einem geringeren Angebot an Ochsen und Bullen für die Schlachtung führen wird. Insgesamt nahm die Zahl der Ochsen und Bullen aller Altersstufen um 5,4 % auf 205.700 Tiere ab. Geringer fiel die Bestandsabstockung bei den Färsen mit 1,6 % auf 622.770 Stück aus. Hier verringerte sich gegenüber Juni 2022 vor allem die Zahl der trächtigen Tiere, und zwar um 4,7 % auf 173.210. Den Statistikern dürfte das auf einen anhaltenden Rückgang der Milchkuhherde hindeuten.

Laut den aktuellen Daten hat sich der Kuhbestand gegenüber der Vorjahreserhebung nur unterdurchschnittlich, nämlich um 8.660 Tiere oder 1,4 % auf 625.070 Stück verringert. Verantwortlich dafür war in erster Linie der Herdenabbau bei den Mutterkühen um 6,3 % auf 71.810 Tiere. Bei den Milchkühen hielt sich der Rückgang mit 3.850 Stück beziehungsweise 0,7 % auf 553.260 Tiere in Grenzen. Zu denken gebe jedoch, so die Statistiker in Kopenhagen, dass 2022 trotz bester wirtschaftlicher Ergebnisse auf den Höfen die Milchkuhhaltung rückläufig gewesen sei. age

USA: Rinderbestand nähert sich historischem Tief

Trockenheit und Futtermangel treiben die Farmer zu Bestandsabbau

In den USA setzt sich der Abbau der Rinderbestände unvermindert fort; für 2024 zeichnet sich die geringste Rindfleischerzeugung seit zehn Jahren ab. Laut Daten des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums (USDA) gab es zum Stichtag 1. Juli 2023 insgesamt 95,90 Millionen Rinder im Land; das waren 2,7 Millionen Tiere oder 2,7 % weniger als ein Jahr zuvor.

Durch die Trockenheit wird die Futtergrundlage knapper. Die US-Farmer reduzieren ihre Rinderbestände. Foto: Imago

Innerhalb von nur vier Jahren haben die US-Farmer rund sieben Millionen Rinder abgeschafft. Einen historischen Tiefstand hatte die US-Rinderherde 2014 mit 95 Millionen Stück, davon ist man nicht mehr weit entfernt. Als Hauptgrund für den massiven Abbau der Rinderbestände werden in den USA die Folgen von Trockenheit und eine schlechte Grundfutterversorgung genannt; zugekauftes Mischfutter war lange Zeit sehr teuer.

Bei der jüngsten Erhebung wurden in allen Tierkategorien kleinere Herdengrößen festgestellt. Einzige Ausnahme war der Milchkuhbestand, der im Vorjahresvergleich mit 9,4 Millionen Tieren unverändert blieb. Die Zahl der Fleischkühe verringerte sich dagegen binnen Jahresfrist um 2,6 % auf 29,4 Millionen Stück. Auch an Nachwuchs mangelt es, denn laut der Zählung nahm der Bestand an Kälbern und Jungtieren unter 227 kg beziehungsweise 500 lb um 2,6 % ab. Bei älteren Tieren fiel das Minus relativ gesehen noch größer aus, denn die Haltung von Färsen und Ochsen mit mehr als 227 kg ging um 3,8 % beziehungsweise 3,5 % im Vorjahresvergleich zurück. Bei den weniger bedeutenden Bullen gab es mit 5 % auf 1,90 Millionen Tiere den stärksten Bestandsabbau.

Kurz vor Veröffentlichung der aktuellen Viehzählungsdaten ging das USDA in einer Prognose Mitte Juli davon aus, dass 2023 die US-Rindfleischerzeugung gegenüber dem Vorjahr um rund 510.000 t oder 4 % auf 12,32 Mio. t sinken werde.

Noch deutlicher werden sich die Folgen des Bestandsabstockung 2024 zeigen; dann könnte die Produktion um gut 1,1 Mio. t oder 9 % auf nur noch 11,2 Mio. t einbrechen. Das immer knapper werdende Rindfleischangebot hat die Preise auf Erzeuger- und Verbraucherstufe bereits in die Höhe getrieben.

Es wird mit einem deutlichen Verbrauchsrückgang gerechnet. Zudem stehen für den Export weniger Mengen zur Verfügung. Im ersten Halbjahr 2023 ist die US-Rindfleischausfuhr um 10 % gesunken; bis Ende 2024 sollen es laut USDA-Schätzung rund 600.000 t oder 17 % weniger als 2022 sein. age

Fällung im Schadholz richtig anpacken

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Der Klimawandel und andere Umwelteinflüsse belasten den Baumbestand auch in Schleswig-Holstein zunehmend. Um zu vermitteln, wie geschädigte und abgestorbene Bäume sicher gefällt werden, lud die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) nach Buchholz im Kreis Segeberg zu einer Schulung ein.

Aus ganz Schleswig-Holstein und aus allen forstlichen Sparten zeigten sich 80 Personen interessiert an der Veranstaltung im Forstgutsbezirk Glashütte, die unter dem Motto „Zeitgemäße sichere Fällung von Schadholz“ stand. Präventionsexperten der SVLFG demonstrierten und erklärten die jeweiligen Arbeitsverfahren. Beteiligt waren unter anderem auch die Landwirtschaftskammer sowie die Landesforstverwaltung. Teilnehmende waren private und kommunale Waldbesitzer, forstliche Beschäftigte und Forstunternehmer, Förster, Fachkräfte für Arbeitssicherheit sowie Sicherheitsbeauftragte.

Interessierte finden weitere Informationen zur sicheren Schadholzfällung im Internet unter svlfg.de/schadholzeinschlag

„Die Grüne Insel hat mich gebissen!“

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Für einige Betriebe stellt die Vollweide als natürlichste Haltungsform von Milchvieh auch eine effektive Fütterungsstrategie dar. Um einen Einblick in die praktische Arbeit zu erhalten, wurde für den zweiten Teil zum Thema „Weidehaltung aus Sicht der Praxis“ Christian Cordes, ein begeisterter Weide-Landwirt mit 160 melkenden Kühen aus dem nordfriesischen Wanderup, interviewt.

Herr Cordes, was bedeutet der Beruf Landwirt für Sie persönlich?

Christian Cordes: Ich wollte nie etwas anderes! Es ist immer mein Wunsch gewesen, Landwirt zu sein, und ich habe es bis heute nicht bereut.

Was halten Ihre Berufskollegen von der Weidewirtschaft?

Es gibt Kollegen, die die Weidewirtschaft toll finden, andere belächeln mich aber. Die Zahlen zeigen allerdings, dass ich mit meiner Weidehaltung durchaus mit den Stallhaltungsbetrieben mithalten kann.

Wie sind Sie zur Weidewirtschaft gekommen?

Bis 2014 hatten wir nur Stallhaltung. Ich wollte die Kühe aber wieder auf der Weide sehen, sodass wir dann eine Joggingweide eingerichtet haben. Durch meine seit 2013 bestehende Mitgliedschaft bei den European Dairy Farmers hatte ich anfangs Besuch von 20 Kollegen aus Irland. Zu dem Zeitpunkt waren wir gerade mit der Maisernte fertig, und als die irischen Kollegen das Maissilo sahen, sagten sie zu mir: „Du hast mehr Silo hier zu liegen als wir 20 zusammen. Du arbeitest zu viel und verdienst kein Geld!“ 

Daraufhin war ich in Irland zu Besuch und habe mir dort angeschaut, wie die Landwirte arbeiten. Ich war sofort beeindruckt! Die Grüne Insel hat mich regelrecht gebissen. Auf dem Rückflug war mir klar, wie ich meine Weidehaltung umbauen wollte, und seitdem sind wir ein intensiver Weidebetrieb.

Woher beziehen Sie Ihre Informationen über die Weide?

Ich tausche mich gern mit den Kollegen aus, die auch Mitglied bei den European Dairy Farmers oder im Beratungsring sind. Außerdem gehe ich zu den regelmäßigen Treffen der Weideberatungsgruppe der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). 

Welche Böden bewirtschaften Sie und ergeben sich daraus Herausforderungen in Bezug auf die Beweidung?

Ich habe von Moor bis zu leichtem Sand alles hier. Vorteil der leichten Böden ist die Verlängerung der gesamten Weideperiode, weil ich diese Standorte früh im Jahr und auch im Herbst gut nutzen kann, während andere Flächen noch oder schon zu nass sind. Die größte Herausforderung ist allerdings die Herstellung einer passenden Weideinfrastruktur. Dazu zählen auch die Treibwege. Ich habe schon verschiedene Materialien ausprobiert, aber noch nicht die optimale Lösung gefunden. 

Warum nutzen Sie Ihr Grünland über die Weide?

Weil es die natürlichste und effizienteste Form der Nutzung ist. Die Kuh nutzt den Grasaufwuchs, ohne dass ich etwas dazutun muss. Ich muss das Gras nicht mähen, kehren, schwaden und in den Mischwagen füllen. Außerdem ist die Qualität des Weidefutters sehr gut, wenn man zum richtigen Zeitpunkt beweidet.

Welche Vor- und Nachteile bringt die Weidewirtschaft für Sie?

Vorteile sind auf jeden Fall das Tierwohl und die Grundfutterkostenreduzierung, von einer Arbeitsentlastung würde ich nicht sprechen. Ich habe andere, schönere Arbeit, zum Beispiel Kühe zum Melken zu holen bei Sonnenaufgang.

Merken Sie Unterschiede bei der Klauengesundheit und Fruchtbarkeit im Vergleich zur reinen Stallhaltung?

Zur Fruchtbarkeit kann ich sagen, dass der Besamungsindex nicht besser oder schlechter geworden ist, für die Blockabkalbung brauche ich fruchtbare Tiere. Innerhalb der ersten sechs Wochen wird mit gesextem HF-Sperma besamt. Ich erwarte also, dass die Fruchtbarkeitsleistung in den nächsten Jahren besser wird, da ich nur mit den fruchtbarsten Kühen weiterzüchte. 

Da ich nicht rigoros ausselektieren möchte, habe ich aktuell noch einen Zwischenblock, der im August kalbt, damit ich leistungsstarke Kühe, die nicht im ausgewählten Zeitraum tragend geworden sind, trotzdem behalten kann. Diese werden mit einem Fleischbullen besamt. 

Bei der Klauengesundheit merke ich keinen Unterschied, auch bei Weidegang gibt es Mortellaro, entweder man hat es im Bestand oder nicht. Ich arbeite daher auch mit Klauenbädern. Und auf jedem Betrieb gibt es lahme Kühe. Allerdings denke ich, dass ich für die Weidehaltung, was den Bewegungsapparat betrifft, eine bessere Kuh brauche.

Das günstigste Grundfutter ist und bleibt die Weide, die Fütterung im Stall wird auf das Minimum reduziert.

Warum stellen Sie Ihre Herde auf Blockabkalbung um?

Seit 2020 stelle ich die Herde auf Blockabkalbung im Herbst/Winter um, da ich immer Probleme mit den im Mai/Juni frischabgekalbten Kühen hatte, die mit 40 bis 50 l auf der Weide standen und nur 3 kg Kraftfutter bekamen. Das funktionierte nicht. Durch die Blockabkalbung kann ich meine frischabgekalbten, hochleistenden Kühe in den ersten Monaten leistungsgerecht füttern und nutze anschließend die Weide, um die Silagefütterung, soweit es geht, zu verringern. 

Die irischen Kollegen haben eine Blockabkalbung im Februar/März, sodass Laktations- und Vegetationsstart synchronisiert sind. Auf diese Weise können natürlich noch mehr Produktionskosten eingespart werden.

Sie halten Holstein-Friesian (HF)-Kühe. Wollen Sie in Zukunft „weidefreundlichere“ Genetik einkreuzen?

Die Iren sagen, die HF-Kühe seien zu schwer. Auf der anderen Seite sehe ich, dass sie sehr leistungsbereit sind. Aktuell habe ich Tiere, die mit Pro-Cross-Genetik (Drei-Rassen-Kreuzungszuchtkonzept) tragend sind, und ich denke auch über Kiwi-Cross (Kreuzungen aus Jerseys und Holstein-Friesians) nach. Aber inwieweit sich diese Kreuzungen auf meinem Betrieb durchsetzen werden, wird sich zeigen. 

Welches Weidesystem nutzen Sie?

Ich nutze das System der Rotationsweide. Anfangs habe ich die 40 ha Weide in 28 Parzellen aufgeteilt, das ist allerdings sehr arbeitsintensiv. Momentan bin ich so weit, dass ich Zwei- bis Dreitagesparzellen habe. Ich merke aber, dass die Weideleistung im Vergleich zu dem 28-Parzellen-System geringer ist. 

Füttern Sie zu?

Ja, aber das ist sehr abhängig vom Graswachstum. Vor drei Jahren habe ich lediglich 3 kg Kraftfutter und 7 kg FM Silage zugefüttert. Aufgrund der Trockenheit füttere ich momentan 25 kg FM Silage und 7,5 kg Kraftfutter zusätzlich. Aber das günstigste Grundfutter ist und bleibt die Weide. Daher darf auf dem Futtertisch nur so viel zugefüttert werden, dass die Kühe gern wieder zum Fressen auf die Weide gehen. Innerhalb der ersten Stunde, nachdem sie hinausgegangen sind, sollten sie am besten nur fressen. 

Wie beweiden Sie in nassen Jahren oder auf nassen Standorten?

Dann teile ich die Flächen in kleine Parzellen auf und lasse die Herde dort zwei Stunden grasen. So werden zirka 80 % der Weidemenge aufgefressen und die Narbe wird nicht zertreten. Außerdem verlängere ich so die Rotation, sodass die Parzelle drei Wochen Zeit hat, um wieder nachzuwachsen.

Welche Voraussetzungen müssen Ihrer Meinung nach gegeben sein, um eine effiziente Weidenutzung durchzuführen?

Genügend Weidefläche hinter dem Stall! Dabei denke ich auch an die Kollegen, die neue Kuhställe gebaut haben oder bauen wollen, und hoffe, dass sie diesen Punkt mitbedacht und sich die Möglichkeit der Weidehaltung nicht von vornherein verbaut haben.

Nutzen Sie Hilfsmittel, um die Weide möglichst effizient zu nutzen?

Ja, ich nutze ein Plate-Meter, ein Gerät, welches die Aufwuchshöhe misst und daraus die Trockenmasseerträge auf den einzelnen Parzellen berechnet. Daran orientiere ich mich und plane die Weiderotation.

Was sind die Ziele des Betriebs?

Genügend Geld verdienen, Spaß an der Arbeit haben, ein guter Arbeitgeber sein und genügend Freizeit haben! Momentan ist der Einbau von Melkrobotern geplant, um die Arbeitsbelastung zu verringern und die Arbeitsorganisation zu verbessern. Des Weiteren möchte ich die Futterkosten um insgesamt 2 ct senken, momentan bin ich schon bei 1,5 ct weniger. Die Nutzungsdauer der Kühe konnte ich bereits verlängern. Dies ist meiner Meinung nach durch die Weidehaltung sehr gut möglich, aktuell gehen die Abgangskühe mit 48.000 l.

Was sind Ihre Tipps für Landwirte, die mit dem Gedanken spielen, eine Beweidung auf ihrem Betrieb einzuführen?

Einfach machen! Es ist ein schönes System, die Kühe danken es dir und es macht einfach Spaß! Natürlich sollte man sich informieren und auch Betriebe besuchen, um sich auszutauschen, und dann einfach loslegen. Es kann nichts schiefgehen!

Ergebnisse der Landessortenversuche Wintergerste

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Der Anbau von Wintergerste wurde 2023 in Schleswig-Holstein um 5 % auf nun 71.400 ha ausgedehnt. Dabei ist nach Schätzungen des Statistikamtes Nord ein Ertragsniveau von 84 dt/ha erreicht worden, was 2 % unter dem langjährigen Mittel liegt, aber mit 9 % deutlich unter dem starken Vorjahresniveau. Wie die Erträge und Qualitäten der einzelnen Sorten in den Landessortenversuchen (LSV) der Landwirtschaftskammer abgeschnitten haben, ist im Folgenden zu lesen.

Mit der erneut ausgedehnten Anbaufläche von Winterraps kommt der Wintergerste weiter eine wichtige Rolle als früh räumende Vorfrucht zu, die in der Fruchtfolge gleichzeitig Spiel für phytosanitäre Maßnahmen nach der Ernte lässt.

Die Aussaat der Wintergerste im zurückliegenden Herbst konnte in der Regel unter trockenen Bedingungen stattfinden. Regenbedingte Unterbrechungen gab es im September zwar, jedoch konnten im trockenen Oktober noch sehr gute Saattermine realisiert werden. Durch hohe Luft- und Bodentemperaturen, gleichzeitig ohne typische Herbstnässe war die Entwicklung der spät gesäten Bestände vor Winter noch sehr stark und ausreichend, während früh gesäte Bestände teilweise sehr dicht wurden und zum Überwachsen neigten.

Auswinterung war in der Frostphase Mitte Dezember dennoch kein Problem. Das zurückliegende Anbaujahr war geprägt durch Nässe ausgangs des Winters mit nicht gegebener Befahrbarkeit. Insgesamt war es ein spätes und kühles Frühjahr. Oftmals konnte die Andüngung erst spät stattfinden, und auch der geplante Einsatz organischer Dünger war aufgrund des Aufbringungsverbotes stickstoff- und phosphathaltiger Düngemittel bei gefrorenen Böden laut Düngeverordnung nicht umsetzbar.

Vielfach auftretender Mehltau und in anfälligen Sorten Rhynchosporium sorgten für Blatt- und Triebverluste, aber aufgrund der starken Vorwinterentwicklung haben sich im weiteren Vegetationsverlauf meist ausreichend starke Bestände entwickelt.

… zeigte sich am 29. Juni in Futterkamp der Landessortenversuch hier noch grün auf der Schlussgeraden der Kornfüllungsphase. Fotos: Achim Seidel

Sorgen um die Wasserversorgung

Die Trockenheit ab Mitte Mai und im Juni ließ die Pilzkrankheiten in den Hintergrund rücken, da diese sich nicht weiter in den Beständen ausbreiten konnten. Sorgen um die Wasserversorgung musste man sich allerdings machen, da bereits ab Anfang Juni in leichten Teilbereichen der Schläge trockenbedingte Aufhellungen zu verzeichnen waren. Die Kornfüllung wurde dann mit hoher Sonneneinstrahlung abgeschlossen, aber dort schnell beendet, wo die Wasservorräte früh aufgebraucht waren. An diesen Standorten wurden damit die Ertragserwartungen nicht erfüllt, und auch die Kornqualität (Hektolitergewicht und Sortierung) ist entsprechend unbefriedigend.

Aufbau der Landessortenversuche

Die Landessortenversuche Wintergerste werden in den drei Naturräumen Marsch, Geest und Östliches Hügelland an jeweils repräsentativen Standorten angelegt. Der Pflanzenschutz erfolgt bei den Herbiziden und Insektiziden versuchseinheitlich nach guter fachlicher Praxis. Ebenso erfolgt die Grundnährstoff- und Stickstoffdüngung versuchseinheitlich und DÜV-konform nach entsprechender Bedarfsermittlung. Die Geest-Standorte werden hierbei als Rotes Gebiet betrachtet, mit einer um 20 % gegenüber dem errechneten Bedarf reduzierten Stickstoffdüngung.

Stickstoff wird in der Wintergerste grundsätzlich startbetont in einer Zwei-Gaben-Strategie appliziert, wobei zu Vegetationsbeginn der Schwefelbedarf der Pflanze mit rund 30 kg S/ha abgesichert wird. In der unbehandelten Stufe 1 wird auf einen Einsatz von Fungiziden gezielt verzichtet, um die Sortengesundheit beurteilen zu können. Ebenso wird je nach Lagerdruck lediglich eine deutlich reduzierte Wachstumsreglerapplikation durchgeführt, um die Lageranfälligkeit beurteilen zu können, ohne dabei die Beerntbarkeit durch Lager zu gefährden.

In der behandelten Stufe 2 wird ein ortsüblicher Fungizid- und Wachstumsreglereinsatz durchgeführt. Für die statistische Auswertung stehen damit je Standort und Sorte mindestens zwei Wiederholungen der unbehandelten Stufe 1 und drei Wiederholungen der behandelten Stufe 2 zur Verfügung.

Die Kornqualität am Standort Tensbüttel (li.) wurde durch Trockenheit während der Kornfüllung beeinträchtigt, da insgesamt die Sortierung schlecht war. In Barlt (r.) waren die Sortierung und das Hektolitergewicht deutlich besser.

Erträge in den Versuchen

Die erreichten Ertragsniveaus an den einzelnen Standorten weichen, insbesondere auf den schwächeren Standorten der Geest, vom ertragsstarken Vorjahr ab. Während im Vorjahr Schuby einen Ertrag von rund 96 dt/ha erreichte, sind in diesem Jahr lediglich 65 dt/ha im Mittel der Bezugssorten geerntet worden. Dies kann eindeutig auf die schlechtere Wasserversorgung während der Blüte und Kornfüllung in Verbindung mit hohen Temperaturen zurückgeführt werden. Auch am Standort Tensbüttel, mit leicht besserer Bodengüte, wurde dasselbe Ertragsniveau von 65,3 dt/ha erzielt (Tabelle 2). Die Marsch erreichte ein akzeptables Ertragsniveau von 107,2 dt/ha in Barlt und 103,3 dt/ha im Sönke-Nissen-Koog (Tabelle 1).

Von den Standorten des Östlichen Hügellandes (Tabelle 3) erreichte Futterkamp mit 130,2 dt/ha ein sehr hohes Ertragsniveau, was jedoch zu großen Teilen mit der guten Wasserversorgung der Versuchsflächen begründet werden kann. Am trockeneren Standort Kastorf wurde mit 112 dt/ ha ein für dieses Jahr zufriedenstellendes Ertragsniveau erreicht.

In Loit lag das Ertragsniveau der beiden Behandlungsstufen auf gleichem Niveau, zudem kann nach den Beobachtungen und Bonituren der Krankheitsdruck als insgesamt gering beschrieben werden. Entsprechend wurden für die Auswertung die Stufen 1 und 2 zusammen verrechnet, und der Ertrag lag bei 107,5 dt/ha. Demzufolge ist auch in der Ausweisung der Ertragsdifferenz zwischen beiden Intensitätsstufen Loit nicht für den Naturraum Östliches Hügelland berücksichtigt. Als Grund für die Ertragsgleichheit zwischen beiden Stufen kann angenommen werden, dass bedingt durch die kühle Frühjahrswitterung die intensivere Wachstumsregleranwendung in der Stufe 2 zu einer Ertragsbegrenzung geführt hat.

Qualitäten im Versuch

Während die Praxis teilweise Partien mit sehr schwachem Hek­t­olitergewicht geerntet hat, sind die Ergebnisse für die Geeststand­orte hier in den Versuchen zwar schwach und liegen unterhalb der geforderten Werte von 63 kg/100 l, jedoch auf einem noch zufriedenstellenden Niveau (Tabelle 4). Auffällig sind dabei die niedrigen Tausendkornmassen, die oftmals bei rund 30 g/1.000 Körner (K.). lagen, was eine schlechte Sortierung nach sich zieht.

An den Standorten der Marsch und des Östlichen Hügellandes waren die Werte insgesamt besser und teils auf sehr hohem Niveau, und auch die Tausendkornmassen lagen auf dem üblichen Niveau von 45 bis 55 g/1.000 K. Der Standort Loit hatte allerdings schwächere Hektolitergewichte. Lediglich bei den zweizeiligen Sorten und einer mehrzeiligen Sorte wurden die Handelsanforderungen eingehalten.

Für die Strohbergung standen zu Beginn der Gerstenernte noch trockene, sonnige Tage zur Verfügung.

Empfohlene Sorten für den Anbau

Eine Anbauwürdigkeit im Betrieb haben Sorten, die bislang zufriedenstellend und angepasst im eigenen Betrieb funktionieren. Da nicht alle am Markt verfügbaren Sorten in den aktuellen Landessortenversuchen stehen können, sind Sorten, die in der Vergangenheit in den LSV stark geprüft wurden und sich in der Praxis etabliert haben, anbauwürdig. Hierzu gehört beispielsweise die ältere Sorte ‚KWS Higgins‘, die in der Praxis erfolgreich etabliert ist und in einzelnen Versuchen immer noch Erträge knapp auf Verrechnungsniveau mit gleichzeitig guter Qualität erreicht.

Die in den Naturräumen empfohlenen Sorten sind in den Tabellen 5 bis 7 mit ihren jeweiligen Eigenschaften dargestellt.

Aus dem aktuell im LSV geprüften Sortiment empfiehlt sich nach wie vor die Sorte ‚KWS Orbit‘, die mittlerweile leicht unter dem Ertragsmittel liegt, aber in der Regel trotz Schwächen in der Blattgesundheit gute Qualitäten sicherstellt. Die Sorte ‚Esprit‘ ist ebenso auf allen Standorten empfohlen, da sie bereits in den Vorjahren sicher überdurchschnittliche Erträge mit guter Qualität gezeigt hat. Dabei muss sie hinsichtlich Zwergrost intensiver beobachtet werden.

Speziell für die Marsch empfiehlt sich die Sorte ‚Viola‘ mit früherer Reife und hoher Standfestigkeit, wobei die Schwäche im Hektolitergewicht in der Marsch bislang unproblematisch war. Für bessere Standorte des Östlichen Hügellandes empfiehlt sich noch die Sorte ‚Teuto‘, die, ausgestattet mit einer guten Blattgesundheit, mittlere bis überdurchschnittliche Erträge realisiert. Weiterhin empfohlen ist ‚Jule‘, die insgesamt gute Erträge bei guter Qualität realisiert.

Resistenzen und Toleranzen

Von den Sorten mit zusätzlichen Resistenzen gegen das Gelbmosaikvirus Typ 2 hat bereits in den vergangenen Jahren ‚SU Midnight‘ sehr hohe Erträge auf dem Niveau von ‚Esprit‘ erreicht und damit die Ertragslücke zu den anderen Liniensorten geschlossen. ‚SU Midnight‘ hat aber eine deutliche Anfälligkeit für Rhynchosporium, die berücksichtigt werden muss.

Die beiden neuen Sorten ‚Julia‘ und ‚Avantasia‘ haben neben der Toleranz gegen das Gelbmosaikvirus Typ 2 aber keine Toleranz gegen das Milde Gerstenmosaikvirus, die ansonsten alle geprüften Sorten aufweisen. Beide Sorten zeigten aber in den LSV der zurückliegenden beiden Jahre starke, überdurchschnittliche Erträge und sind daher für alle Standorte empfohlen. ‚Avantasia‘ hat dabei eine etwas höhere Anfälligkeit für Zwergrost, die berücksichtigt werden muss. ‚Julia‘ hat das etwas günstigere Gesamtprofil aufgrund der besseren Blattgesundheit.

Hinsichtlich des Hektolitergewichtes sind die drei letztgenannten Sorten nur mittelstark einzuschätzen, was in den zurückliegenden Anbaujahren aber bislang kein Problem dargestellt hat. Für den Probeanbau empfiehlt sich die Sorte ‚SU Hetti‘, die eine Resistenz gegen Gelbmosaikvirus Typ 2 aufweist und mittlere bis gute Erträge gezeigt hat. Dabei weist sie Spitzenwerte in der Standfestigkeit und Strohstabilität auf und zeigt gute Hektolitergewichte. Jedoch muss hier im Handel die Saatgutverfügbarkeit abgeklärt werden.

Von den Hybridsorten empfiehlt sich die Sorte ‚SY Galileoo‘, die nun über Jahre hinweg konstant hohe Erträge erreicht hat und im Anbau universell eingesetzt werden kann. Speziell in der Marsch hat auch die etwas frühere Sorte ‚Jettoo‘ eine Anbauempfehlung, da sie hier ebenso ein sehr hohes Ertragsniveau erreicht hat. Eine sehr interessante Alternative ist die Sorte ‚SY Dakoota‘, die mit früherer Reife und sehr guten Werten im Hekt­olitergewicht punkten kann. Sie hat bei gleichem Ertragsniveau wie ‚SY Galileoo‘ zudem noch deutlich günstigere agronomische Eigenschaften durch ihre gute Standfestigkeit und bessere Strohstabilität.

Unter Praxisbedingungen sollte die Aussaatstärke von Hybriden standortabhängig und unter Normalsaatbedingungen (gute, moderne Drilltechnik vorausgesetzt) 160 bis 220 K./m2 betragen.

Fazit

Das Anbaujahr hat wieder viele Herausforderungen bereitgehalten. Bedingt durch den Klimawandel hat der milde Spätherbst eine starke Entwicklung zugelassen, wodurch die Erträge auch von später gesäten Wintergerstenbeständen gut mithalten konnten. Gleichzeitig sind die erzielten Erträge auf einem angesichts der Trockenheit im Mai und Juni noch zufriedenstellenden Niveau. Die Sortenwahl bei der Wintergerste sollte neben den Ertragsaspekten auch die Sortengesundheit und die Qualitätseigenschaften berücksichtigen. Grundsätzlich sollten, ausreichende Anbaufläche vorausgesetzt, verschiedene Sorten im Betrieb genutzt werden, um das Anbaurisiko zu minimieren.