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Borchert-Kommission beendet ihr Mandat

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Die Borchert-Kommission beendet ihre Arbeit für einen Umbau der Nutztierhaltung. Dies hat das vom früheren Bundeslandwirtschaftsminister Jochen Borchert (CDU) geleitete Kompetenznetzwerk am Dienstag nach mehrstündiger Sitzung in Berlin bekanntgegeben.

Die Borchert-Kommission, noch eingesetzt von der ehemaligen Bundeskanzerlin Dr. Angela Merkel (CDU), sollte die Bundesregierung unterstützen, um eine bessere Nutztierhaltung zu schaffen. Jetzt löst sich das Gremium nach rund vier Jahren Arbeit auf, weil politischer und finanzieller Wille fehlen.

Der Entscheidung des Gremiums ging ein langer Streit um fehlende Finanzmittel voraus, um die Schritte hin zu einer besseren landwirtschaftlichen Tierhaltung zu ermöglichen. Die Mitglieder der Borchert-Kommission erkennen in einem schriftlichen Statement zwar an, „dass in den letzten Monaten erste Schritte in Bezug auf Änderungen im Bau- und Umweltrecht“ vorgenommen worden seien. Auch habe es bei der Kennzeichnung tierischer Produkte Fortschritte gegeben. Doch schaffe „die gegenwärtige Ausgestaltung für den Großteil der Landwirtschaft keine hinreichende Grundlage für einen Umbau“. Konkret heißt es: „Die politischen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung der Empfehlungen des Kompetenznetzwerks wurden somit weder in der vorherigen Legislaturperiode noch in den ersten zwei Jahren der laufenden Legislaturperiode geschaffen. Auch der Entwurf des Bundeshaushalts 2024 lässt den notwendigen Durchbruch nicht erkennen. Das Kompetenznetzwerk beendet deshalb seine Arbeit.“

Bereits seit längerem hatte die Kommission gezweifelt, ob die Fortführung der Arbeit noch Sinn habe. Ende Mai hatte man sich erst nach einiger Diskussion dazu durchgerungen, die Verhandlungen zum nächsten Bundeshaushalt abzuwarten, bevor man die Flinte ins Korn wirft.

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) will auch nach Beendigung ihrer Arbeit an den Empfehlungen der Borchert-Kommission festhalten. „Ich bin entschlossen, diesen Weg fortzusetzen und die Ziele der Borchert-Kommission Schritt für Schritt zu erreichen“, erklärte er zu der Entscheidung. Scharfe Kritik an Özdemir übte der Unions-Agrarsprecher Albert Stegemann. Er sieht in dem Rückzug der Kommission „eine schallende Ohrfeige für die Politik von Minister Özdemir und der Ampel“.

Der Deutsche Bauernverband und der Deutsche Raiffeisenverband erklärten, dass die Kommission ihre Aufgabe erfüllt habe. Sie bescheinigten der Ampel-Koalition fehlenden Mut, die Empfehlungen umzusetzen. Der Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft, Friedrich-Otto Ripke, verband sein Bedauern über den Entschluss der Borchert-Kommission mit dem Vorwurf eines „Politikversagens“.

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland kritisierten die Entscheidung des Kompetenznetzwerks als falsch.

Vorstandsmitglied Hubert Heigl vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft bescheinigte der Kommission, mit ihren Empfehlungen dem notwendigen Umbau der Tierhaltung in Deutschland den Weg bereitet zu haben. age/mbw

Borchert-Kommission

Die von Jochen Borchert geleitete Kommission war 2019 unter Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) eingesetzt worden. Das Kompetenznetzwerk bestand aus Vertretern von Landwirtschaft, Umwelt- und Tierschutz, Wissenschaft, Wirtschaft und Verbraucherschutz und legte im Februar 2020 Empfehlungen für die Anhebung des Tierwohlniveaus der gesamten deutschen Nutztierhaltung vor. Die Empfehlungen wurden von Interessenvertretern der konventionellen und ökologischen Landwirtschaft, der Umweltverbände, zahlreichen Akteuren aus Wertschöpfungsketten, Verwaltung sowie Wissenschaftlern getragen. Kern der Empfehlungen ist die Einführung langfristiger staatlicher Tierwohlprämien bei schrittweiser Erhöhung des Tierwohlniveaus. mbw

Borchert-Kommission

Die von Jochen Borchert geleitete Kommission war 2019 unter Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) eingesetzt worden. Das Kompetenznetzwerk bestand aus Vertretern von Landwirtschaft, Umwelt- und Tierschutz, Wissenschaft, Wirtschaft und Verbraucherschutz und legte im Februar 2020 Empfehlungen für die Anhebung des Tierwohlniveaus der gesamten deutschen Nutztierhaltung vor. Die Empfehlungen wurden von Interessenvertretern der konventionellen und ökologischen Landwirtschaft, der Umweltverbände, zahlreichen Akteuren aus Wertschöpfungsketten, Verwaltung sowie Wissenschaftlern getragen. Kern der Empfehlungen ist die Einführung langfristiger staatlicher Tierwohlprämien bei schrittweiser Erhöhung des Tierwohlniveaus.   mbw

Bundesregierung will Solarausbau forcieren

Die Bundesregierung will mehr Tempo beim Solarausbau. Das in der vergangenen Woche vom Kabinett beschlossene Solarpaket sieht bis 2026 eine Verdreifachung des jährlichen Zubaus von zuletzt 7,5 GW auf dann 22 GW vor. Der angestrebte Zubau auf 215 GW im Jahr 2030 soll je zur Hälfte auf Dächern und in der Fläche erfolgen.

Dazu sollen die Flächenkulisse für Photovoltaik (PV)-Freiflächenanlagen ausgeweitet und insbesondere die Förderung der Agri-PV verbessert werden. Während die dabei vorgesehenen Neuregelungen Unterstützung finden, sorgt die vorgesehene Einführung von Duldungspflichten für Eigentümer und Nutzungsberechtigte beim Anschluss von Erneuerbaren Energien an das Stromnetz in der Land- und Forstwirtschaft für erheblichen Unmut.

Der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Bernhard Krüsken, bezeichnete eine solche Regelung als verfassungsrechtlich fragwürdig und warnte davor, die Akzeptanz für die Erneuerbaren Energien im ländlichen Raum zu gefährden. Ähnlich äußerten sich die Familienbetriebe Land und Forst sowie die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW) – Die Waldeigentümer. Kritik kam auch von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Grundsätzliche Öffnung in benachteiligten Gebieten

Laut Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung soll die Förderung von Solaranlagen künftig grundsätzlich auch in benachteiligten Gebieten möglich sein, die bislang für landwirtschaftliche Zwecke genutzt wurden. Die bisherige Opt-in-Regelung, derzufolge Bundesländer PV-Freiflächenanlagen auf landwirtschaftlichen Flächen in benachteiligten Gebiete erlauben konnten, wird zu einer Opt-out-Regelung. Danach können die Länder unter bestimmten Voraussetzungen benachteiligte Gebiete für Solaranlagen künftig wieder schließen. Die Mindestöffnung soll 1 % der landwirtschaftlichen Fläche eines Landes bis Ende 2030 betragen und danach 1,5 %. Das heißt, bei Überschreiten der 1-%-Schwelle vor dem 31. Dezember 2030 kann das betreffende Land die benachteiligten Gebiete bis Jahresende 2030 ausschließen. Danach können die Flächen erst bei Erreichen der Schwelle von 1,5 % ausgeschlossen werden.

Neu geregelt werden soll die Förderung von besonderen Solaranlagen. Dazu zählen neben Agri-PV auch Moor-PV und Parkplatz-PV sowie die sogenannte Floating-PV auf Binnengewässern. Für diese besonderen PV-Anlagen soll ein eigenes Ausschreibungssegment eingeführt werden. Der Höchstwert soll 9,5 ct/kWh betragen. Agri-PV-Anlagen müssen dabei laut Entwurf mindestens 2,10 m hoch aufgeständert sein. Die Ausschreibungsmengen für besondere Solaranlagen im Rahmen der bestehenden Freiflächenausschreibungen sollen von anfänglich 500 MW schrittweise auf bis zu 3.000 MW pro Jahr erhöht werden. Die Mengen in der Ausschreibung insgesamt und die dafür benötigten Flächen bleiben gleich. Um den Naturschutz zu stärken, soll eine neue Kategorie „Biodiversitäts-PV“ eingeführt werden. Bei Agri-PV-Anlagen sollen Maßnahmen zum Naturschutz besonders gefördert werden.

Agri-PV braucht klare Vorgaben

Der Bauernverband geht davon aus, dass mit der Energiewende rund 80.000 ha an landwirtschaftlichen Flächen für PV-Anlagen in Anspruch genommen werden. Etwas entschärft werden könne der drohende Flächenverlust durch Agri-PV. Voraussetzung dafür sind laut Generalsekretär Krüsken aber klare Definitionen, Konzepte und gleiche Förderrichtlinien für alle Formen der Agri-PV. Darüber hinaus dürften sich die Konzepte nicht nur auf den Ausbau konzentrieren, sondern müssten weitergedacht werden. „Mit dem Ausbau allein ist es nicht getan“, betonte Krüsken. Es müsse zudem an Speicherlösungen gedacht werden, die den Strom der Erneuerbaren Energien in Spitzenzeiten auch aufnehmen könnten. Auch das Bundeslandwirtschaftsministerium erwartet von dem geplanten Gesetz einen Schub für die Nutzung der Photovoltaik in Deutschland und damit eine Beschleunigung des Klimaschutzes. Nach Ministeriumsangaben hat sich Ressortchef Cem Özdemir (Grüne) erfolgreich dafür starkgemacht, dass beim weiteren Ausbau der Photovoltaik die Belange der Landwirtschaft und der ländlichen Regionen berücksichtigt und Flächenkonkurrenzen minimiert würden (siehe Ausgabe 33).

Duldungspflichten laut Gesetzentwurf

Gemäß dem Gesetzentwurf dürften die Betreiber von Anlagen zur Erzeugung Erneuerbarer Energien künftig fremde Grundstücke nutzen, um Leitungen zu den Verknüpfungspunkten in das Energienetz oder Direktleitungen zu Kunden zu führen. Vorgesehen sind zudem Überfahrungsrechte zum Betrieb der Anlagen sowie Überschwenkrechte für Windenergieanlagen. Für die Leitungsführung ist eine Vergütung von 5 % des Verkehrswerts der Schutzstreifenfläche vorgesehen. Demgegenüber sieht die Stromnetzentgeltverordnung für die dort geregelten Leitungstypen Vergütungssätze von 35 % des Verkehrswerts der in Anspruch genommenen Schutzstreifenfläche vor. Von den Duldungspflichten für Eigentümer und Nutzungsberechtigte verspricht sich die Bundesregierung eine Beschleunigung des Solarausbaus.

Der angestrebte Zubau soll je zur Hälfte auf Dächern und in der Fläche erfolgen. Foto: Imago

„Zwang hat noch nie die Akzeptanz erhöht“, warnte Krüsken. Der Bauernverband setze deshalb weiter auf private Verhandlungen, die in der Vergangenheit immer gut funktioniert hätten. Dem Generalsekretär zufolge ist bisher noch kein Projekt an fehlendem Einvernehmen zwischen Netzbetreibern auf der einen sowie Grundeigentümern und Bewirtschaftern auf der anderen Seite gescheitert. Deren Rechte würden durch eine Duldungspflicht missachtet, die damit einer entschädigungslosen Enteignung gleichkomme.

„Gerade angesichts der zunehmenden politischen Polarisierung, auch zwischen Stadt und Land, müssen die Belange der Betroffenen vor Ort besser berücksichtigt werden“, betonte der Geschäftsführer der Familienbetriebe Land und Forst, Leo von Stockhausen. Dazu gehöre, „dass Grundstücksnutzungen nicht durch gesetzliche Anordnung, sondern durch vertragliche Vereinbarungen geregelt werden, die angemessene Vergütungen vorsehen“. Grundstücksnutzungen zur Leitungsführung seien daher grundsätzlich nach Art einer Pacht wiederkehrend zu vergüten. Zumindest müssten aber angemessene Einmalvergütungen gezahlt werden, so von Stockhausen.

AGDW-Präsident Prof. Andreas Bitter sieht in den Duldungspflichten eine Missachtung der Rechte der Waldeigentümer. „Dieser Schritt kommt teilweise einer Enteignung gleich“, stellte auch Bitter fest. Die Duldungspflicht, die eine geringe fixe Entschädigung der Waldbesitzenden vorsehe, sei in der Praxis überflüssig und wäre somit nur „eine übergriffige Maßnahme des Staates“. Gebraucht würden stattdessen marktwirtschaftliche Lösungen, und zwar nicht die Orientierung am Verkehrswert des Grundstücks, sondern die Kopplung an das Ertragspotenzial der Nutzung.

Hohes Eigeninteresse in ländlichen Regionen

„Der notwendige Ausbau der Verteilnetze gelingt nur, wenn die Landwirte mit an Bord sind“, stellte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Steffen Bilger, fest. Das setze eine faire Beteiligung und eine angemessene finanzielle Kompensation voraus. Die Union werde sich für eine umfassende Wahrung des Eigentumsrechts einsetzen, kündigte der CDU-Politiker an. Der Vorschlag der Bundesregierung werfe hier noch erhebliche Fragen auf. Unions-Agrarsprecher Albert Stegemann hob hervor, dass Landwirte und Gewerbetreibende in den ländlichen Regionen selbst ein hohes Interesse an einem wirtschaftlich tragfähigen Anschluss von Erneuerbaren Energien an das Stromnetz hätten. Allerdings müsse es angesichts des Grundrechts auf Eigentum fair zugehen. Er bezweifelt ebenso wie Bilger, dass die im Gesetzentwurf vorgesehene Entschädigung in Höhe von 5 % des Verkehrswertes in Verbindung mit einer Duldungspflicht zu einem schnellen Netzausbau führen ­werde.

„Manchmal muss man auch was wagen“

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Nach der jüngsten Landwirtschaftszählung im Jahr 2020 werden in Schleswig-Holstein 1.406 landwirtschaftliche Betriebe von einer Frau geleitet. Den höchsten Anteil weiblicher Betriebsleitungen verzeichnet dabei der Kreis Plön mit 15 %. Eine von ihnen ist Dörte Mohr aus der Gemeinde Wendtorf. Mit innovativen Ideen brachte sie frischen Wind auf den elterlichen Betrieb.

Ein Sonnabendmorgen. Während Sohn Paul (1) draußen in seiner Karre schlummert, Emil (3) mit einem Feriengast spielt, Max (5) einem Hörspiel lauscht und Ehemann Martin die Hühner füttert, hat Dörte Mohr etwas Luft, um mit der Bauernblatt-Reporterin einen Hofrundgang zu unternehmen. „Seit etwa 1520 ist unser Betrieb in Familienbesitz. Meine Eltern betrieben im Vollerwerb Ackerbau, Schweinemast und hatten Ferienwohnungen. Früher unterstützte ich meinen Vater in der Buchhaltung. Als ich vor neun Jahren den Hof pachtete, nahm ich mir vor, alles Schritt für Schritt so umzugestalten, dass ich es als Frau auch allein schaffe“, blickt sie zurück.

Damals sei sie noch ohne einen Partner durchs Leben gegangen. Und so ließ sie die Schweineställe leer laufen, baute einen von ihnen zum Kuhstall um und begann mit der Mutterkuhhaltung. Den Ackerbau behielt sie bei. Hühner gab es auf dem Hof schon vorher. Dörte Mohr stockte die Anzahl erheblich auf. In mobilen Hühnerställen legen mittlerweile rund 600 Hennen fleißig Eier in Freilandhaltung. Diese verkauft sie unter anderem in einem von ihr eingerichteten Hoflädchen. Manchmal gibt’s frische Suppenhühner für die Kunden. Die entsprechenden Termine teilt sie über Facebook mit.

Frische Eier gibt es täglich von den Freiland-Hühnern

Einen Teil der Eier schickt sie nach Niedersachsen, wo sie von einem Kooperationspartner zu Nudeln verarbeitet werden. Sie hat sich für die Frischei-Nudeln und Frischei-Dinkelnudeln klangvolle Namen mit regionalem Bezug ausgedacht, nennt sie Wendtorfer Wattwurm oder Wendtorfer Riff. Auf Etiketten der Verpackungen ist das prägnante Hoflogo gedruckt, welches sie mit Marketingexperten entwickelte. Neben Nudeln werden Eierplätzchen in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen und Kuchen im Glas für sie hergestellt. „Mit unseren Produkten, zu denen ebenfalls Säfte, Eierlikör, Marmeladen sowie Frucht- und Kräuteressige gehören, stehen wir dienstags auf dem Wochenmarkt in Laboe. Mein Schwiegervater betreut den Stand“, freut sie sich. Schließlich hat sie als Dreifachmama und Unternehmerin genug um die Ohren, kann nicht überall gleichzeitig sein, sondern muss ihren Tag gut durchstrukturieren. Da ist sie auch froh, dass ihr Mann die Landwirtschaft und die Tiere genauso liebt wie sie. In jeder freien Minute packt er mit an und unterstützt seine Frau nach Kräften. „Er arbeitet zusätzlich in Vollzeit als Werkzeugmechaniker, um ein festes Einkommen für unsere Familie zu erwirtschaften“, erzählt die 40-Jährige, die ihren Betrieb im Nebenerwerb führt. Viele frische Ideen hat sie über die Jahre bereits verwirklicht, sich kontinuierlich mehrere Standbeine aufgebaut. „Manchmal muss man auch was wagen“, lautet das Motto der Bankbetriebswirtin und studierten Landwirtin.

Investition in die Zukunft: das Steiner Hoflädchen. Die wetterfeste Einkleidung für den Automaten zimmerte Martin Mohr.

So erwarb sie vor einiger Zeit als neue Vermarktungsform zwei Automaten, die jeweils mit einer Investition von rund 10.000 € zu Buche schlugen. Für das Projekt holte sie weitere heimische Erzeuger ins Boot, die diese mitbeschicken. „So ist das Angebot vielfältiger und attraktiver“, ist sie überzeugt. Ein Automat stehe im Hoflädchen, der andere im Nachbardorf Stein. „Als dort im vorigen Jahr die Bäckerei schloss, es keine örtliche Lebensmittelversorgung mehr gab, fragte ich bei der Gemeinde an, ob sie Interesse an einem Automaten hätte, und sie bejahte. Seit Ende August 2022 steht er neben der Touristinformation und wird super angenommen“, zieht sie eine durchweg positive Zwischenbilanz. Über eine App kontrolliert sie fortlaufend den Warenbestand und füllt ihn je nach Bedarf wieder auf.

Beim Rundgang zeigt Dörte Mohr auf einer angrenzenden Weide einen mobilen Hühnerstall. Eine Gruppe Ziegen wuselt hier in schönster Eintracht mit den Hennen um die Wette. „Die Ziegen sind zum einen Publikumsmagnet, dienen aber vor allem als Hühner-Flugabwehr gegen Angriffe von oben“, erklärt sie. Hinter dem Federvieh weiden auf einer separat eingezäunten Fläche ihre Angus-Rinder. „Als im November 2022 unser erstes eigenes Kälbchen zur Welt kam, waren wir stolz wie Bolle“, schmunzelt die Hofbetreiberin und macht auf den stattlichen Angus-Bullen aufmerksam.

Die Mutter ist dankbar, dass sie Arbeit und Familie auf dem Hof miteinander verbinden kann. Entweder lässt sie ihre Kinder an den anfallenden Tätigkeiten teilhaben, oder sie beschäftigten sich allein. Sie haben Freiraum für die Entfaltung ihrer eigenen Kreativität, außerdem nahezu unendliche Spiel- und Lernmöglichkeiten auf dem Hof und in der Natur. „Da wir zwei Ferienwohnungen im Altenteilerhaus vermieten, sind zudem häufig Ferienkinder da, mit denen meine Söhne spielen können“, bemerkt sie.

Dörte Mohr, hier mit ihrem Jüngsten Paul, bringt Betrieb und Familie gut unter einen Hut.

Wie ein ganz normaler Wochentag im Leben der viel beschäftigten Landwirtin aussieht? Dörte Mohr lacht. „Auf jeden Fall nicht wie in Bullerbü. Er beginnt morgens um 6 Uhr. Wenn Max und Emil von 8 bis 12 Uhr im Kindergarten sind, verrichte ich Hofarbeiten, versorge die Tiere, miste aus, fülle Futter nach, sammle Eier ein und bestücke das Hoflädchen. Nach dem Mittagessen gibt es eine Verschnaufpause, in der die Kinder einen Film anschauen, während ich die frisch gewaschene Wäsche zusammenlege oder E-Mails abarbeite“, verrät sie. Seien gerade Gäste aus den Ferienwohnungen abgereist, übernehme sie zeitnah die Reinigung. Eine dritte Wohnung vermiete sie in der Marina Wendtorf. Ebenfalls biete sie Schiffslagerplätze für den Winter an. Brauche sie zwischendurch eine Kinderbetreuung, sprängen die Großeltern nach Absprache ein. Um 18 Uhr bereite sie das Abendessen zu, um 19 Uhr lägen die Kleinen im Bett. Nun seien Haushalt, Bürokram und die Buchhaltung dran, bevor es dann für die Großen zur Nachtruhe gehe. „Mein Mann und ich haben viel Arbeit und kaum frei. Wir können nicht in den Urlaub fahren. Familienausflüge mit den Kindern sind selten, müssen vorher genau geplant sein“, gibt die Betriebsleiterin zu bedenken. Doch sei all das frei gewählt und somit völlig okay. Dass sie mit Mann und Söhnen auf dem Hof viel gemeinsame Zeit verbringen könne, sei schön. „Und es ist für mich immer wieder eine Freude, wenn ich unsere Kinder hier so zufrieden und glücklich beim Spielen sehe“, meint sie, während Emil samt Feriengast jetzt mit Futter auf dem Trettraktor zu den Ziegen unterwegs ist.

Welche Pläne sie für die Zukunft hat? Da muss sie nicht lange überlegen. Sie wirft ihrem Mann einen Blick zu und sagt: „Unser Zukunftswunsch ist, dass sich der Hof so weiterentwickelt, dass wir von ihm leben können, und dass mein Mann dann auch beruflich voll mit einsteigt.“ 

Der Methodenkoffer ist gepackt

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Für die diesjährige Norla hat der Landjugendverband schon den Methodenkoffer gepackt, darin eine Sammlung von Spielen und Fachwissen rund um das Thema Landwirtschaft, Lebensmittelproduktion und Landjugend. In der kommenden Woche wird die Landjugend vom 31. August bis zum 2. September im und am ­Pavillon „Uns Huus“ das neue ­Projekt des Landjugendverbandes erstmals präsentieren.

Die Idee aus der Mitgliedschaft, das Thema Landjugend und Landleben der Allgemeinheit näherzubringen, war 2022 der Anstoß für das neue Projekt. Das Ziel lautete, dafür verschiedene Methoden zu sammeln, um auf Hoftagen, Messen und anderen Landjugendveranstaltungen das Leben auf dem Land und mit der Landwirtschaft vorzustellen. Dabei ging es zudem darum, die Hilfsmittel am besten so kompakt und unkompliziert zu gestalten, dass sie von allen Landjugendgruppen schnell und einfach genutzt werden können.

Um dieses Ziel umzusetzen, hatte sich eine Gruppe von interessierten Lajus zu einem Auftaktwochenende getroffen, an dem die ersten Ideen gesammelt und erarbeitet wurden. Mit jeder Menge Spaß und Begeisterung für dieses Projekt wurde die nächsten anderthalb Jahre regelmäßig weiter daran gearbeitet. Mit jedem Treffen der Projektgruppe konnten die Ideen immer detaillierter ausgefeilt werden. Dabei stand das Team natürlich auch immer wieder vor Herausforderungen, da nicht jede Idee so einfach umzusetzen war wie gedacht. Doch gemeinsam wurden gute Lösungen gefunden. Nun wird der Methodenkoffer mit dem Motto „Landjugend ist Landleben mit Freude“ das erste Mal geöffnet und kommt auf der Norla zum Einsatz. Nach der offiziellen Übergabe am Freitagnachmittag, 1. September, haben alle Interessierten die Möglichkeit, sich durch die verschiedenen Angebote hindurchzuprobieren.

Dazu gehören mehrere Elemente wie eine Melkkuh, Fühlkästen, ein Glücksrad, an dem man sein Wissen unter Beweis stellen kann, ein Memory, bei dem Lebensmittel ihrem Ursprung zugeordnet werden, sowie Karten mit Fotos, die zu Geschichten zusammengelegt werden können, die landwirtschaftliche Abläufe im Wechsel der Jahreszeiten sowie die Herstellung von Lebensmitteln zeigen. Der Koffer enthält zudem eine Schleswig-Holstein-Karte, auf der alle Kreise und Landjugendgruppen gekennzeichnet sind, sowie Roll-ups, auf denen bildlich dargestellt wird, was alles zur Arbeit auf dem Land dazu gehört.

Die Sammlung ist so angelegt, dass sie in den nächsten Jahren weiterwachsen kann. Ideen dafür wie die zu einem Kochbuch gibt es bereits.

Der Methodenkoffer ist ab sofort im Ausleihkatalog des Landjugendverbandes zu finden und kann nach der Norla von allen Ortsgruppen im Ganzen oder als Einzelelemente ausgeliehen werden. Alle Informationen dazu unter www.land​jugend-sh.de

Marlies Muxfeldt

Ein Glücksrad, an dem jede Farbe für eine Quizkategorie steht, sowie Roll-ups gehören ebenfalls zum Inhalt des Koffers.

Kräuterkunde unter Sonnenhut und Regenschirm

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Kräuterwanderung bei flirrender Hitze durch Trockenrasen und Niederwälder mit Biologin Jessica Richter

Flirrende Hitze, strömenden Regen und eine Premiere erlebten die Teilnehmerinnen des diesjährigen Aufbaukurses Kräuterkunde während ihrer Fortbildung. Abwechslungsreich wie das Wetter waren auch die Themen.

So bot Biologin Jessica Richter vom Landschafts- und Pflegevereins Dummersdorfer Ufer an der Steilküste, durch Trockenrasengebiet und Niederwälder eine Kräuterführung und lud die Frauen anschließend in den Natur- und Kräutergarten des Vereins ein, in dem unter anderem das im Lehmofen gebackene Brot zu einem Kräuterdip verkostet wurde.

Auf die Spuren Hildegards von Bingen begaben sich die Kräuterkundlerinnen auf dem Museumshof Lensahn. In Heidrun Leddin hatten sie eine versierte Kennerin als Referentin, die sich seit vielen Jahren intensiv mit der vielfältig begabten Äbtissin beschäftigt, die im 11. Jahrhundert nicht nur Theologin und Heilkundlerin, sondern auch Komponistin und Netzwerkerin war. Leddin brachte den Teilnehmerinnen vor allem Hildegards Credo nahe, das „Heilsein des Menschen“ liege im Gleichgewicht von Denken und Tun.

Zum Abschluss erwartete Maria Poggendorf-Göttsche die Kräuterkundlerinnen zur Eröffnung der Wanderausstellung „Verteufelt, verlockend, verflixt“, die sich um Giftpflanzen dreht. Die Referentin vom Regionalverband Umweltberatung Nord legte ihren Zuhörerinnen ans Herz, den Giftpflanzen „mit Sympathie und Respekt zu begegnen“. Alle Infos zur Wanderausstellung und Buchungsmöglichkeiten: https://umweltberatung-nord.de/themen/natur-erleben/giftpflanzen-wanderausstellung/

Die Kooperationspartner LandFrauenverband und Bildungszentrum für Natur, Umwelt und ländliche Räume stellen die Qualifizierung und die Termine fürs 2024 auf der Norla vor.

Abschließender Höhepunkt am Dienstag dieser Woche: die Eröffnung der Wanderausstellung „Verteufelt, verlockend, verflixt“ zu Giftpflanzen

„Er hatte einen schönen Blick auf die Dinge“

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„Der Mann im Wald ist Jürgen Friedrich Mahrt. Er war Bauer in Schleswig-Holstein. Aber statt wie die anderen Bauern seine Felder zu bestellen, zog er sich einen Anzug an, setzte einen Hut auf, stellte sich in eine Farn-Gruppe und hörte den Vögeln zu. Der Bauer Jürgen Mahrt war mein Urgroßvater.“

Mit diesen Worten beginnt der Kino-Dokumentarfilm „Die toten Vögel sind oben“ von Regisseurin und Produzentin Sönje Storm, der kommende Woche in den Kinos startet. In diesem Film widmet sie sich dem naturkundlichen Nachlass ihres Urgroßvaters Jürgen Friedrich Mahrt (1882-1940) aus Elsdorf (Kreis Rendsburg-Eckernförde).

Ein Nachlass, der noch heute Experten, Wissenschaftler und Nachfahren staunen lässt und dessen Inhalte eindringlich verdeutlichen, wie sehr sich eine Landschaft in mehr als hundert Jahren verändern kann. 350 präparierte Vögel, 3.000 Schmetterlinge, Pilze, Käfer und Raupen, fast 8.000 Fotos mit Waldmotiven und Lichtstimmungen zu allen Jahreszeiten, Fotos von Nestern, Vögeln, Schmetterlingen, Käfern, aber auch von Menschen in ihrem Dorf- und Bauernalltag der 1920er und -30er Jahre zeugen von Akribie, Obsession, Poesie und Leidenschaft. Viele der Fotos hat Mahrt in anscheinend stunden- oder gar monatelanger Arbeit von Hand nachkoloriert. Sönje Storm zeigt im Film viele dieser Bilder und Funde und unterlegt sie mit Tönen und Musik, um dem naturkundlichen Ansinnen ihres Urgroßvaters nachzuspüren und diese Stimmung auf die Zuschauer zu übertragen. Ergänzt werden die Bilder durch Interviews, O-Töne, Einschätzungen und Erfahrungsberichte.

Mitarbeiter des Museums der Natur Hamburg sichten die Tiersammlung auf dem Dachboden in Hohn.

Was war das für ein Mensch? Was hat ihn bewegt, was ging in seinem Kopf herum? „Ich kannte ihn nicht, aber er ist eine so spannende Figur. Ich habe versucht, mich in ihn hineinzuversetzen, und kann nur mutmaßen, welche Gedanken er gehabt haben mag, zum Beispiel als er in den Ersten Weltkrieg gezogen ist, aber auch danach, als er mit den schrecklichen Erlebnissen wieder ins ländliche Leben zurückkehrte. Ich werde oft gefragt, wie er war. Das kann ich nicht beantworten und mache das auch im Film nicht. Ich zeige, was er gesammelt hat, ich erzähle die Hintergründe, lasse die Fotos und Exponate von Experten einschätzen“, erklärt die Regisseurin.

Die Idee, über Jürgen Mahrt und seine Sammlung einen Film zu machen, entstand erst allmählich. „Der Nachlass ist in der Familie zweigeteilt. Ein Teil der Familie hat die Tiere geerbt, mein Teil der Familie hat den Fotonachlass erhalten“, erinnert sich Sönje Storm. „Mein Vater Hans Hermann Storm hat mit vielen dieser Fotos gearbeitet und in den 1980er und -90er Jahren 17 Bildbände mit ihnen herausgebracht. Er hat sich dabei auf die Fotos konzentriert, auf denen man landwirtschaftliche Arbeiten sieht, das Leben auf dem Land. Er fragte mich, ob ich mir vorstellen könnte, mit dem Archiv auch etwas anzufangen. Mein erster Gedanke war ‚Nein‘, denn es schien durch die Bildbände alles auserzählt. Aber dann habe ich doch noch mal in das Archiv geschaut und so den Teil des Fotonachlasses entdeckt, mit dem mein Vater nicht gearbeitet hatte. Das waren all die naturkundlichen Fotos. Das war neu und spannend für mich“, erzählt Sönje Storm.

Präparatoren im Museum der Natur in Hamburg begutachten einige der Exponate von Mahrt. Interessant für sie ist es zu sehen, womit die Vögel seinerzeit ausgestopft wurden.

Sie habe dann damit begonnen, in dem Bereich zu recherchieren und Mahrts naturkundliches Tagebuch zu lesen. Dadurch erfuhr sie, dass es auch noch eine Sammlung von Schmetterlingen und anderen Tieren gab. „Dem bin ich nachgegangen und habe diese Sammlung auf einem Dachboden eines Bauernhauses in Hohn gefunden. Dort lag sie fast 25 Jahre.“ Sönje Storm wandte sich an das Museum der Natur in Hamburg und fragte, ob man dort Interesse an der Sammlung habe. Tatsächlich kannte man dort die Sammlung aus historischen Publikationen, wusste aber nicht, dass sie noch existierte. „Wir sind dann zusammen da hingefahren und die Experten von dem Museum haben die Präparate und Dioramen anschließend gesichtet. Das haben wir uninszeniert mit der Kamera verfolgt“, berichtet Storm. Das Museum erklärte sich bereit, die Sammlung in seinen Bestand zu übernehmen, bietet sie ihm doch die Gelegenheit, daran zu forschen. „Denn der Großteil der durch meinen Urgroßvater gefundenen Arten ist inzwischen ausgestorben, stark gefährdet oder aus dieser Region verschwunden. Allein von den Schmetterlingen, die er damals gesammelt hat, sind 40 bis 50 Prozent ausgestorben.“

Und so habe sich der Film im Laufe der Produktionsjahre entwickelt. „Je mehr ich für meinen Film über meinen Urgroßvater recherchierte, die Geschichten über ihn von meiner Familie erzählt bekam und in seine Sammlungen eintauchte, umso mehr habe ich ihn entdeckt, über seine Fotos ein Gefühl für ihn entwickelt. Ich mochte ihn von Anfang an und finde, er hatte einen schönen Blick auf die Dinge, auf die Menschen, die Tiere und die Landschaft. Mir gefällt die Art und Weise, wie er Menschen fotografierte. Er hatte einen universellen Blick auf alles, was kreucht und fleucht“, so Storm.

Die Schmetterlingssammlung wird aufbereitet. Viele der von Mahrt gefundenen Arten sind bereits ausgestorben.

Aber er hatte auch einen Blick für die Veränderungen in seiner Umgebung. Er begann 1919 nach seiner Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg nicht nur zu dokumentieren, was da war, sondern zunehmend auch das, was verschwand, durch Waldrodung, das Trockenlegen der Moore und die zunehmende Technisierung auch in der Landwirtschaft. Täglich ging er ins Elsdorfer Gehege, um zu fotografieren, oder fuhr mit seinem Fahrrad in einem Radius von zirka 30 km um Elsdorf herum seine Routen ab, fuhr zum Hohner See oder nach Sophienhamm ins ­Hartshoper Moor. Seine Eindrücke hielt er in seinem naturkundlichen Tagebuch fest.

Bestand anfangs noch die Idee, die Mahrt-Geschichten mit dem Zeithorizont des Ersten Weltkriegs sowie den Jahren davor und danach zu verbinden, wurde diese zunehmend durch die Themen Artenrückgang und erste klimatische Veränderungen ersetzt. „Das hat sich so ergeben, seine Sammlung ist wie eine Wundertüte“, so Storm. Jürgen Friedrich Mahrt war aber in erster Linie Bauer, der einen Hof in Elsdorf bewirtschaftete und von klein auf mit der Natur und ihren Gegebenheiten vertraut war. „Die Landwirte von damals hatten noch ein ungeheures Wissen, weil sie noch so naturnah gearbeitet haben“, so Storm.

Nur dass Mahrt dann irgendwann, statt frühmorgens wie die anderen Bauern aufs Feld zu gehen und die Kühe zu melken, mit dem Kescher durch die Eiderwiesen lief, um Schmetterlinge zu fangen, und neben der Hofbewirtschaftung seinem naturkundlichen Interesse nachging. Er übergab seinen Hof dann auch früh an seinen damals 20-jährigen Sohn, um sich ganz seiner naturkundlichen Arbeit zu widmen. „Und er tat das, was für einen Bauern damals eigentlich undenkbar war: Er verkaufte Land, um sich von dem Geld eine Fotokamera samt Ausrüstung zu kaufen und eine Dunkelkammer einzurichten.“ Es gebe so viele Geschichten über ihn, die man sich in ihrer Familie bis heute erzähle. „Zum Beispiel, dass er mit seinem Fahrrad bis an die schweizerisch-italienische Grenze gefahren ist, um einem ebenfalls naturkundlich interessierten Freund und Sammler einen seltenen Schmetterling zu zeigen, den er gefunden hatte, und sich mit ihm auszutauschen.“

1928 tat er wiederum etwas, das im Dorf vermutlich zunächst für Kopfschütteln sorgte: Er räumte das Obergeschoss seines Hauses aus und stellte zimmergroße Dioramen auf, in denen er seine präparierten Vögel in Naturlandschaften hineinstellte und die Wände bemalte. Die ersten Schulklassen aus dem Dorf kamen zu Besuch, dann wurden aus dem ganzen Land Schulausflüge dorthin gemacht. „Noch heute werde ich von Leuten angesprochen, die als Kind da waren. Bis 1966 gab es das private Museum“, so Storm. „Und vielleicht war man am Ende doch ein wenig stolz auf ihn im Dorf, dass er etwas geschaffen hatte, was Anklang fand und respektiert wurde“, hofft Sönje Storm.

Info

Kinostart für den Film „Die toten Vögel sind oben“ ist am Donnerstag, 31. August, unter anderem im Rendsburger Kino Schauburg. Eine Preview mit Filmgespräch findet am Dienstag, 29. August, in der Schauburg in Rendsburg statt. Alle Kinotermine bundesweit sowie weitere Informationen und Trailer unter ­realfictionfilme.de/die-toten-voegel-sind-oben.html

Lernhilfe auf vier Pfoten

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Der Lesehund-Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Lesekompetenz von Kindern mit einer Leseschwäche zu verbessern. Lesehund ist kein Leseunterricht, sondern eine Lernhilfe. Es geht nicht so sehr darum, wie die Kinder lesen, sondern dass sie sich gut fühlen, während sie lesen. Speziell ausgebildete Lesehunde helfen, dass sie ihre Ängste vor dem (Vor-)Lesen verlieren und Spaß dabei haben.

Sabine Hoffmann ist zertifizierte Hundetrainerin in Wedel (Kreis Pinneberg). In ihrer Hundeschule „Born to train dogs“ schult sie Vierbeiner mit ihren Besitzern im großen Einmaleins des Hundebenimms und Gehorsams. Doch einmal in der Woche ist Lesestunde. Dann sind ihre beiden Hunde Mila und Bobby der Coach und helfen Kindern mit Leseschwäche, ihre Hemmungen vor dem (Vor-)Lesen abzubauen. Vier Kinder aus der zweiten und dritten Grundschulklasse sind es, die jeden Mittwochnachmittag zu den Hoffmanns nach Hause kommen. Darunter auch Jonas Schuldt. Dann macht er es sich mit der Ungarischen Hütehündin Mila auf dem Sofa gemütlich, um ihr eine schöne Geschichte vorzulesen.

Lesehündin Mila

Als er vor einem Jahr zu Sabine kam, wusste er zwar alle Buchstaben, doch fiel es ihm schwer, sie zu Wörtern oder Sätzen aneinanderzureihen. Aus Sorge, ausgelacht zu werden, traute er sich nicht mehr, in der Schule vorzulesen. Doch in Mila hat er eine geduldige Zuhörerin gefunden. Sie stört es nicht, wenn seine Sätze noch etwas holprig sind. „Zu Hause klappt es mit dem Vorlesen inzwischen schon recht gut“, bestätigt seine Mutter, „vor der ganzen Klasse zu lesen, das traut er sich noch nicht.“ „Er ist mein erster Schüler“, erzählt Sabine Hoffmann, „als ich von dem Lesehund-Projekt hörte, war ich sofort begeistert.“ Seit einem Jahr engagiert sie sich mit ihren beiden Hunden ehrenamtlich für das Projekt. Mit ihr sind 120 Teams in ganz Deutschland unterwegs. In der Regel besuchen sie Schulen, Büchereien, Schulkindbetreuungen und heilpädagogische Einrichtungen, um vor Ort leseschwachen Kindern zu helfen.

Dass die Kinder wie bei Sabine Hoffmann ins Haus kommen, ist eher die Ausnahme: „Ich finde, dass die Kinder bei mir auf der Couch noch entspannter sein können als in der Schule.“ Welche Kinder an der Lesestunde mit Hund teilnehmen, entscheiden die Lehrer. Kerstin Deters-Köhnke ist Ausbilderin im Norden und betreut hier die Lesehund-Teams. Sie entdeckte die Lesehund-Initiative vor zehn Jahren. „Mein Sohn war damals acht“, erinnert sich die Mutter von drei Kindern, „wegen seiner Leseschwäche wurde er von seinen Mitschülern oft gehänselt und vor der Klasse bloßgestellt. Das war nicht so schön.“

Um einen Ausweg aus der Situation zu finden, nahm sie Kontakt zu Kimberly Kistler-Grobholz auf, die 2008 das Lesehund-Projekt in München gründete. Sie war so begeistert davon, dass sie 2017 nach Bayern reiste, um mit ihrer Hündin Emmy – sie war damals gerade ein Jahr alt – an einem Workshop teilzunehmen und selbst die Lesehund-Teamausbildung zu machen.

Seither ist sie nicht mehr nur mit Golden Retriever Emmy, sondern auch mit Golden Doodle Nala regelmäßig in der Wedeler Moorwegschule zu Besuch, um leseschwachen Kindern zu helfen.
Seit 2019 bildet Deters-Köhnke selbst Besitzer und Besitzerinnen mit ihren Vierbeinern zu Lesehund-Teams aus. „Nicht jeder Hund ist geeignet“, wie die Ausbilderin betont, „deshalb durchlaufen die Kandidaten erst mal einen Test.“

Kerstin Deters-Köhnke mit Golden Doodle Nala (li.) und Golden Retriever Emmy (r.) betreut das Lesehund-Projekt im Norden.

Grundvoraussetzung ist natürlich, dass die Hunde Kinder mögen. „Bei einem Casting finden wir heraus, wie der Hund in bestimmten Situationen reagiert“, erklärt die Expertin, die bei dieser Aufgabe von Sabine Hoffmann als erfahrener Hundetrainerin unterstützt wird. „Als Vorleserin assistiert mir meine kleine Tochter“, erläutert Hoffmann, „dabei beobachte ich den Hund und kreiere ganz bewusst Stress-Situationen, indem ich zum Beispiel plötzlich aufspringe und mit den Armen in der Luft herumwedele.“ Gehe der Hund nach vorn und zeige Aggressionsverhalten, dann sei er für die Aufgabe als Lesehund nicht geeignet. Ziehe er sich zurück oder frage er seinen Halter um Hilfe, sei das in Ordnung. Dann wird für ihn gesorgt.

Auch wenn die Hunde nur neben ihren Schülern auf dem Sofa liegen und kuscheln dürfen, ist es für sie ein aufregender Job. Sie müssen sich immer wieder auf neue Kinder einstellen, aufmerksam zuhören und stets die Ruhe bewahren. Deshalb sollten sie nicht mehr als maximal drei Stunden pro Woche im Einsatz sein. Wichtig sei, wie die Trainerin betont, dass sich nicht nur das Kind, sondern auch der Hund in der Lesestunde wohlfühle. Lesehund-Besitzer benötigen außerdem einen Hundeführerschein mit theoretischer und praktischer Prüfung. Das kann die Begleithundeprüfung, der Sachkundenachweis oder der Dog-Owners-Qualification (D.O.Q)-Test 2.0 sein.

Die Hundebesitzer werden in einem Tages-Workshop – ohne Hund – auf ihre Aufgabe vorbereitet. Sie lernen, Versagensängste beim Kind abzubauen, die Lesekompetenz zu verbessern und den Kindern den achtsamen Umgang mit dem Hund beizubringen.

Das Lesen lernen an sich bringen die Lesehund-Teams den Kindern nicht bei. Dafür ist die Schule zuständig. Das Ziel ist vielmehr, die Kinder in ihrem Selbstvertrauen zu stärken, damit sie wieder Spaß am Lesen bekommen. Dabei übernehmen die Hunde einen wichtigen Part, nämlich eine wertschätzende und vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen. Eine Leseeinheit dauert in der Regel 20 min. In dem einen Jahr, in dem Jonas mit Mila, seiner Lehrerin auf vier Pfoten, das Lesen übt, hat er die fast sechzig Bücher der speziell für Kinder mit Leseschwäche entwickelten Serie vorgelesen. Die Geschichten sind in einfachen Sätzen und mit großen Buchstaben geschrieben, um das Lesen einfacher zu machen. So stellt sich schnell der Erfolg ein.

Noch vor den Sommerferien hat Jonas die 58. Folge begonnen. Er freut sich schon jetzt: „Wenn die Schule wieder anfängt, lese ich mit Mila weiter.“ Mirjam Greisen, Lehrerin an der Moorwegschule, ist von der Arbeit der Lesehund-Teams überzeugt. Als eine ihrer Schülerinnen eines Tages von selbst den Wunsch äußerte, vor der Klasse vorzulesen, kamen ihr vor Freude die Tränen. Die Szene wird ihr immer in Erinnerung bleiben: „Mit der einen Hand hielt das Mädchen das Buch, mit der anderen streichelte sie den Hund.“

Info

Wer einen Lesehund für seine Schule oder Einrichtung buchen, sich selbst ehrenamtlich mit seinem Hund als Lesehund-Team engagieren oder ganz einfach den gemeinnützigen Lesehund-Verein unterstützen möchte, sei es als förderndes Mitglied oder mit einer Spende, der kann sich bei Kerstin Deters-Köhnke unter Tel.: 0177-8 25 89 80 melden. Alle Infos gibt es unter lese​hund-im-norden.de

Von der Monokultur zum Mischwald

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Der Waldumbau in den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten kommt gut voran. Davon konnte sich Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) überzeugen, als er im Rahmen seiner Sommertour die Försterei Daldorf im Kreis Segeberg besuchte. Schritt für Schritt wird der Wald umgebaut von der Monokultur Fichte hin zu einem Mischwald mit Bäumen, die dem Klimawandel besser trotzen. Fichten haben vor 20 Jahren noch 70 % des Bestandes ausgemacht.

Auf dem Pflanzprogramm stehen vor allem Douglasien, Küstentannen, Rotbuchen und Winterlinden. 3.000 bis 4.000 junge Bäume werden pro Hektar gepflanzt. Zu einem vollständigen Kahlschlag kommt es beim Waldumbau nicht. Die jungen Bäume werden zwischen die alten gepflanzt, so sind die jungen nicht schutzlos der Sonne ausgeliefert. Und „wenn die alten Bäume geerntet sind, steht der neue Wald schon da“, so Revierleiter Thomas Jacobi.

Eine Million Bäume jedes Jahr

In den nächsten zehn Jahren sollen in den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten rund 2.880 ha neu bepflanzt werden, das heißt jedes Jahr etwa eine Million Bäume. Der Waldumbau ist nicht zuletzt auch deshalb wichtig, weil Schleswig-Holstein verhältnismäßig wenig Wald besitzt.

Das wird sich in nächster Zeit auch nicht in großem Stil ändern. „In Schleswig-Holstein ist die Flächenkonkurrenz sehr groß. Deshalb konzentrieren sich die Landesforsten auf den Waldumbau und weniger auf neuen Wald“, so Landesforstminister Werner Schwarz.

Das ist auch im Revier Daldorf so. „Es steht wenig Fläche zum Verkauf, und wenn, dann können wir preislich nicht konkurrieren“, erklärt Jacobi. „Als Landesforsten dürfen wir nur zum Durchschnittspreis kaufen. Kürzlich hat uns ein Landwirt vier Hektar verkauft. Der wollte etwas Gutes für die Allgemeinheit tun. Das passiert aber eher selten.“

Die Försterei Daldorf hat früh mit dem Waldumbau begonnen, sodass von den 1.500 ha Wald jetzt nur noch 135 ha umgebaut werden müssen – davon sind 35 ha reine Fichte. Seit etwa zehn Jahren setzt man hier auf moderne Methoden. „Gemeinsam mit der Baumschule Heydorn haben wir ein Substrat entwickelt, in dem die Pflanzen heranwachsen und einen festen Wurzelballen bilden. Diese Containerpflanzen können wir praktisch das ganze Jahr über pflanzen.“ Und noch einen Vorteil haben sie: Sie passen mit dem Container genau in das Bohrloch einer „Waldbohrmaschine“ hinein. „So schaffen wir mit einer Maschine 160 Pflanzen pro Stunde. Aber nicht nur die Pflanzleistung, sondern auch die Pflanzqualität ist hoch.“ Der Minister probierte die Bohrmaschine selbst aus und pflanzte einige Bäume.

Traubenkirschen sind dominant

Den Wald sich selbst zu überlassen und wachsen zu lassen, was wächst, ist in der Försterei Daldorf keine Alternative. „Die Traubenkirsche würde alles überwuchern. Sie wächst in den ersten Jahren ein bis eineinhalb Meter pro Jahr. Da hätte kein anderer Baum eine Chance. Die Samen werden von Vögeln und Waschbären im ganzen Wald verteilt“, so Thomas Jacobi.

Junge Bäume gilt es vor Wildverbiss zu schützen. „Dafür verwenden wir Schafsfett, mit dem die jungen Bäume bestrichen werden. Das mögen weder die Hasen noch die Rehe“, so Jacobi. Außerdem muss ausreichend Wild gejagt werden. „Das Ziel ist, zehn Rehe pro Hektar pro Jahr zu erlegen. Das schaffen wir meist nicht ganz.“ Offensichtlich erreichen die Jäger ihr Ziel aber zumindest annähernd, denn die Eberesche gedeiht gut in den Wäldern des Reviers. „Rehe fressen besonders gern die Triebe von Ebereschen. Deshalb ist ein guter Bestand an Ebereschen ein positives Zeichen für einen gut regulierten Wildbestand.“

Ebereschen werden nicht angepflanzt. Sie samen sich selbst aus. „Nach dem Umbau des Waldes brauchen wir hoffentlich keine Bäume mehr zu pflanzen, weil sie sich selbst vermehren“, so Thomas Jacobi. 

Fischer halten sich mühsam über Wasser

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Fischereiminister Werner Schwarz (CDU) brachte die Gummistiefel selbst mit. In Begleitung seines Fischerei-Referatsleiters Martin Momme kam er im Rahmen seiner Sommertour zum Niendorfer Hafen in der Gemeinde Timmendorfer Strand. Hier nahm er die restliche Fischerdienstkleidung im Empfang, und dann ging es los mit dem Fischkutter von Peter Dietze, einem der letzten Küstenfischer in der Lübecker Bucht.

Klare Sicht und ruhige See, beste Voraussetzungen für ein erstes Fischereipraktikum. Der Fang an diesem sonnigen Morgen fiel dann eher bescheiden aus. Auch wenn das nicht immer so ist – ein Küstenfischer an Schleswig-Holsteins Ostseeküste hat zu kämpfen, muss sich immer wieder etwas Neues einfallen lassen, um sich wirtschaftlich über Wasser zu halten.

Von der Fischerei allein kann Dietze nicht mehr leben. In der Saison schippert er Touristen durch die Lübecker Bucht. „Bei diesen Touren fische ich tatsächlich und erkläre den Fang an Bord, damit Groß und Klein anschaulich die Meerestiere erleben können“, so Dietze.

Geplanter Nationalpark bereitet Sorgen

Von Oktober bis April fährt er in die Kieler Bucht zum Fischen. Doch damit könnte es bald vorbei sein, wenn sich das Land dafür entscheiden sollte, die schleswig-holsteinische Ostseeküste zum Nationalpark zu erklären. „Dann dürften 50 Prozent nicht mehr genutzt werden“, so Minister Schwarz. Er plädierte für einen Schutzstatus unterhalb eines Nationalparks und versprach: „Ich werde mich für die Interessen der Fischer starkmachen.“ Prognosen wage er zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht. „Wir befinden uns in einem offenen Konsultationsprozess.“ Und in einer schwarz-grünen Koalition. Die Entscheidung soll Mitte nächsten Jahres fallen.

Unterstützung für den Schutz der Interessen der Fischer erhielt der Minister von der Landtagsabgeordneten Wiebke Zweig (CDU), die mit an Bord war. Sollte die schleswig-holsteinische Ostseeküste Nationalpark werden, können Peter Dietze und seine Kollegen nicht mit staatlichen Ausgleichszahlungen rechnen. Minister Schwarz erklärte die Unterschiede zur Landwirtschaft: Den Landwirten gehöre das Land. Das heißt, der Staat greife bei Verfügungen in ihre Eigentumsrechte ein.

Sollte der Nationalpark kommen, wird es eng für Dietze und seine Kollegen. An den Personalkosten kann er nicht sparen. Sein Mitarbeiter Jan Schuld ist nur heute ausnahmsweise mit an Bord. An den Tagen ohne Ministerbesuch sind Dietze und Schuld jeder allein mit einem Kutter unterwegs.

Krebspopulation ist eine Plage

Da die Dorschpopulation in der Ostsee zurückgegangen ist, breiten sich Krebse immer mehr aus. „Früher haben die Dorsche junge Krebse gefressen. Jetzt fressen Krebse in der Reuse die Flossen der Plattfische an“, so Dietze. „Die Flossen regenerieren sich wieder, aber die Krebse sind wie ein Heuschreckenschwarm unter Wasser. Sie sind Allesfresser, und genau das tun sie. Sie fressen auch die Nahrung der Fische. Viele Fische sind magerer als früher. Ob das an den Krebsen liegt oder an den schlechten Umweltbedingungen, etwa durch die Überdüngung, ist noch nicht wissenschaftlich untersucht.“

Magere Fische kann Dietze ab Kutter jedoch nicht verkaufen. Die will niemand haben. Dafür ist er auf die Fischauktionen in Holland angewiesen. Ein Lkw sammelt die Fische entlang der Küste ein und fährt sie nach Holland. Aber nicht immer wird ein Lkw voll. Dann lohnt die Fahrt nicht. Die minderwertigeren Fische lassen sich dann nur noch als Tierfutter verwerten.

Das Netz wird eingezogen.

An diesem Tag waren wenige Plattfische im Netz und auch wenige Krebse. Der Minister pulte sie alle einzeln aus dem Netz und setzte fachgerecht den tödlichen Stich. Die Krebse gingen über Bord. In der Reuse waren nur kleine Dorsche und viele Krebse. Ist ein Dorsch unter 35 cm lang, muss er zurück ins Wasser. Ein Lineal ist immer an Bord, um nachzumessen. Fischer Dietze wünscht sich, dass er auch die sich stark vermehrenden Krebse verkaufen könnte. Doch hierzu fehlen zurzeit noch die Vermarktungsmöglichkeiten.

Zwischen dem Land Schleswig-Holstein und den Fischern gibt es freiwillige Vereinbarungen zum Schutz von Schweinswalen und Meeresvögeln. Damit die Schweinswale nicht versehentlich als Beifang in den Fischernetzen landen, werden sie mittels akustischer Signale gewarnt, die von sogenannten Pals ausgesendet werden. Das Land fördert die Anschaffung der Pal-Geräte, die an den Netzen befestigt werden.

Benjamin Schröder, Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft Nord- und Ostseefische GmbH, zeigte sich zufrieden mit dem prominenten Praktikanten. „Minister waren schon einige an Bord, und wir haben ihnen auch immer das Angebot gemacht mitzuarbeiten. Herr Schwarz war der Erste, der wirklich mitgearbeitet hat. Er darf gerne wiederkommen“, versicherte er. 

Werner Schwarz (li.) und Fischer Peter Dietze im Gespräch

Rund 700 verendete Schweine im Kreis Plön entdeckt

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In Großharrie im Kreis Plön wurden auf einem Betrieb rund 700 verendete Schweine gefunden. „Eine Tragödie“ nennt es Dietrich Pritschau, Vorsitzender der AG Schweinehaltung und Vizepräsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein: „Das hat nichts mit der Art der Tierhaltung zu tun, es muss eine extreme Überforderung bei dem Halter vorgelegen haben.“ Die Sache wurde aufgedeckt, als der Halter einem Veterinär den Zugang verweigerte und dieser ihn sich mittels der Polizei verschaffte. So wurden die verendeten Kadaver entdeckt.

„Der Halter muss die Tiere schon seit 2020 nicht mehr ordnungsgemäß oder gar nicht versorgt haben, sie sind verhungert und verdurstet“, sagt Dr. Henning Hadeler von der Staatsanwaltschaft Kiel. Sie ermittelt nun gegen den 43-jährigen Halter wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz.

Die Frage stellt sich, warum die Angelegenheit nicht früher bemerkt wurde. Die Schweine waren in drei Ställen untergebracht, zwei außerhalb des Ortes und einer abgewandt zur Straße. Eine Geruchsbelästigung war offensichtlich nicht aufgefallen, auch keine Schreie der Tiere. „Es muss ein langsames Abgleiten in den Tod gewesen sein“, meint Pritschau. Der Landwirt hatte vor drei Jahren die Schweinehaltung abgemeldet, man hatte also dort keine Schweine mehr vermutet. Ob sie tatsächlich fortgeschafft wurden, wurde offensichtlich nicht überprüft.

„Der Kollege muss überfordert gewesen sein“, sagt Joachim Flessner, Vorsitzender des Kreisbauernverbands Plön: „Es ist unser aller Aufgabe, die Augen offenzuhalten und Hilfe anzubieten.“ Dr. Uwe Scheper, Vertrauensperson Tierschutz in der Landwirtschaft der Landesregierung, bekräftigt dies: „Fasst euch ein Herz, meldet euch, wenn ihr Probleme habt, es gibt immer einen Weg. Die Landwirtschaft muss lernen, über Probleme zu reden.“ Und an das Umfeld gewandt: „Lieber einmal mehr als zu wenig nachfragen!“

Ansprechpersonen:

Dr. Uwe Scheper, Tel.: 01 51-52 78 98 40, vertrauensperson.tierschutz@mllev.landsh.de
Klaus Dahmke, BVSH, Tel.: 01 71-972 72 23
Sönke Harders, LKSH, Tel.: 01 70-561 15 53, sharders@lksh.de
Dr. Jan Menkhaus, Nordkirche, Tel.: 01 51-22 56 50 28, jan.menkhaus@kda.nordkirche.de