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„Wir sind alle Klimaschützer!“

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Bei der Mitgliederversammlung des Waldbesitzerverbandes in der Kammerhalle auf dem Messegelände in Rendsburg herrschte volles Haus. Landtagsabgeordnete, Vertreter der Holzwirtschaft, zahlreiche Waldbesitzer und Förster und nahestehende Verbandsvertreter wie LandFrauen oder Lohnunternehmer waren gekommen. Das zeigt die große Verbindung und Nähe zum Wald. Vorherrschendes Thema war der Klimawandel.

Landwirtschaftsminister Werner Schwarz sprach sich vehement gegen die Kürzung der GAK-Mittel aus und erntete dafür viel Applaus.

Nach der Eröffnung durch den Vorsitzenden Hans-Caspar Graf zu Rantzau fasste Land-
wirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) die Stimmung im Forst zusammen und wies auf die zahlreichen Herausforderungen hin. Der Wald solle Klimaschützer, Lebensraum, Rohstofflieferant und Erholungsort sein. Gleichzeitig sei er aber vom Klimawandel betroffen. Triebfeder des Privatwaldbesitzes sei die Identifikation mit dem Forst. Die Betriebe benötigten verlässliche Rahmenbedingungen. So lehnt Schwarz Kürzungen der GAK-Mittel (Gemeinschaftsaufgabe
 Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes) vehement ab: „Der Bund versucht, den Ländern die eigenständige Förderung streitig zu machen“, sagte er und erntete dafür viel Zustimmung. Gleichzeitig kündigte Schwarz für 2024 eine Waldstrategie an. Hier solle das Motto Erhaltung des Waldes durch das Prinzip „Schützen durch Nutzung“ sein. Er sagte zu, die Waldbesitzer einzubinden.

Deutsche lieben ihren Wald

Auch Graf zu Rantzau will sich mit seinem Verband für den Erhalt der GAK-Fördermittel weiter einsetzen, diese würden dringend benötigt, denn „wir müssen handeln, wir sind Getriebene des Klimawandels. Nachwachsende Rohstoffe fallen nicht vom Himmel“. Forstbetriebe müssten auch zukünftig wirtschaftlich erfolgreich bleiben, um die vielfältigen Leistungen des Waldes nachhaltig für die Gesellschaft erbringen zu können. Nach wie vor sei der Holzverkauf die wichtigste Ertragsquelle der Betriebe.

„Wir Deutsche lieben unseren Wald, egal welcher politischen Richtung wir angehören“, führte er weiter aus. Die derzeitigen bundespolitischen Bestrebungen führten aber in die falsche Richtung. In dem Zusammenhang nannte der Waldbesitzer, der seit 25 Jahren an der Spitze des Landesverbandes steht, die „Totholzförderung“ durch das Einstellen der Waldwirtschaft oder das kategorische Festhalten an sogenannten standortheimischen Baumarten „ohne Zukunft“ (von denen wir heute schon wüssten, dass sie den Klimastress nicht überleben werden).

Der Waldbesitz müsse aber in vier Generationen denken, denn der Baum von heute sei das Holz in 100 Jahren. Von der Landwirtschaftskammer fühlten sich die Waldbesitzer gut betreut, so Graf zu Rantzau: „Wir haben Vertrauen!“ Kammerpräsidentin Ute Volquardsen pflichtete ihm in ihrem Grußwort bei: „Wir denken in der Landwirtschaft immer in Generationen, und es ist ein Trugschluss, dass immer alle mitreden könnten. Ein aktiver Wald muss bewirtschaftet werden.“

Wir sind alle Klimaschützer

Kammerpräsidentin Ute Volquardsen und der Leiter der Forstabteilung Dr. Gerrit Bub unterstützen den Privat- und Kommunalwald nach Kräften. Fotos: Isa-Maria Kuhn

Im Rahmen der Mitgliederversammlung stellte sich der neue Geschäftsführer der Institution vor. Hubertus Zirkel führte durch die Regularien. So wurde unter anderem durch eine Satzungsänderung der Verband von Schleswig-Holsteinischer Waldbesitzerverband e. V. in Waldbesitzerverband Schleswig-Holstein e. V. umbenannt. „Das geht leichter über die Lippen“, so Zirkel. Der Ostholsteiner hatte auch eine politische Botschaft für die Anwesenden: „Tragen sie es nach außen: Wir sind alle Klimaschützer!“

Zwei Fachvorträge rundeten die Forderungen der Interessenvertretung von rund 10.000 Waldbesitzern im Land an die Politik ab. Dr. Walter Hemmerling, Stiftung Naturschutz, sprach über die Bedeutung der Wiedervernässung von Mooren. Der Moorschutz sei ein wesentlicher Bestandteil der CO2-Reduzierung, denn trockene Moore gäben das gespeicherte Klimagas wieder ab (kalte Verbrennung). Hierzulande kommen laut Hemmerling 18 % der Treibhausgase aus den Mooren. Die größte Moorregion in Schleswig-Holstein ist die Eider-Treene-Sorge-Niederung. Die Vernässung von Mooren könne die Freisetzung von CO2 stoppen. Sie wirke also dem Klimawandel entgegen. Hier komme die Stiftung ins Spiel. Manchmal könne schon mit einfachen Maßnahmen die Renaturierung erreicht werden. Mehr dazu unter www.Stiftungsland.de

Rüdiger Meyer vom Unternehmen Ecosystem-Value-Association stellte vor, wie Ökosystemleistungen im Wald honoriert werden und Waldbesitzer etwa vom CO2-Markt profitieren können (www.ecosystemvalue.org). Zu diesem Thema plant die Forstabteilung der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein eine Informationsveranstaltung. Hierüber wird noch gesondert informiert. 

EU wird mehr Weizen importieren

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Die EU wird nach Einschätzung des Internationalen Getreiderats (IGC) 2023/24 mehr Weizen einführen als bislang angenommen, wobei vor allem Lieferungen aus der Ukraine größer ausfallen dürften. Derweil wird der globale Weizenhandel im Vergleich zum Vorjahr vermutlich zurückgehen.

Die Europäische Union wird 2023/24 wohl deutlich mehr Weizen einführen als bislang angenommen. Davon geht zumindest der Internationale Getreiderat (IGC) aus.

Die Londoner Fachleute beziffern die betreffende Menge nun auf 7,3 Mio. t Weizen; im September war mit nur 5,8 Mio. t gerechnet worden. Dennoch würde mit der aktuell erwarteten Menge das Vorjahresvolumen deutlich verfehlt, und zwar um 5,1 Mio. t.

Der IGC begründet seine neue Einschätzung vor allem mit unerwartet umfangreichen Weizenlieferungen aus der Ukraine nach Griechenland, Spanien und Italien. Außerdem habe Italien ungewöhnlich viel Hartweizen importiert, und zwar als Reaktion auf Qualitätseinbußen bei der eigenen diesjährigen Ernte. Die gesamte Weizenernte in der EU taxiert der Getreiderat nun auf 132,4 Mio. t, nach 133,8 Mio. t im Vorjahr.

Russischer Export auf Rekordkurs

Die EU-Weizenausfuhren 2023/
2024 sieht der IGC weiterhin bei 34,3 Mio. t, womit das Vorjahresniveau um 1,2 Mio. t übertroffen würde. Zudem setzten die Fachleute ihre Voraussage für die russischen Weizenausfuhren um 500.000 t auf einen Rekord von 49 Mio. t herauf, nach 48,1 Mio. t im Vorjahr. Für die kommenden Monate sei nämlich mit einem beträchtlichen Auslandsabsatz der preisgünstigen russischen Ware zu rechnen, so die Begründung der Marktexperten. Außerdem wurde die Schätzung für die diesjährige Weizenernte in dem Land um 1,6 Mio. t auf jetzt 89 Mio. t angehoben.

Ukrainische Ausfuhren deutlich kleiner als 2022/2023

Für die Ukraine erhöhte der IGC seine Exportprognose für Weizen um 500.000 t auf jetzt 12,5 Mio. t. Die in den Hochseehäfen angemeldeten Schiffsladungen seien recht umfangreich, so die Analysten. Allerdings blieben die Aussichten für Übersee-Verschiffungen trüb, sodass das Land seine Ware wohl hauptsächlich über Fluss- und Landwege ins Ausland liefern werde. Im vergangenen Jahr hatte die Ukraine noch 17,1 Mio. t Weizen exportiert.

Den globalen Weizenhandel sieht der Getreiderat nun für 2023/24 bei insgesamt 196,6 Mio. t. Im September hatten die Fachleute noch 700.000 t weniger erwartet. Dennoch würde damit der in der vergangenen Vermarktungssaison erreichte Rekord von 207,7 Mio. t Weizen deutlich verfehlt. age

Hoffnung auf Kehrtwende beim Fleischverzehr

EU-Schweinemarkt leidet noch unter ASP-Auswirkungen und könnte sich 2024 erholen

Für den EU-Schweinemarkt erwartet die EU-Kommission 2024 wieder eine moderat zunehmende Erzeugung. Für das laufende Jahr wird noch ein Rückgang der Schweinefleischerzeugung angewiesen, der mit dem Abbau der Zuchtbestände einhergeht.

In ihrer aktuellen Herbstprognose geht die EU-Kommission für das laufende Jahr von einem Rückgang der Schweinefleischerzeugung in den Mitgliedstaaten von 6,6 % auf 20,81 Mio. t aus. Der Abbau der Zuchtschweinebestände und die Auswirkungen der Afrikanischen Schweinepest (ASP) mit dem Verlust von Exportmärkten werden dafür als Gründe genannt. Analysten zufolge haben jedoch auch zuvor bereits die stark gestiegenen Produktionskosten und wirtschaftliche Verluste der Schweinehalter im Jahr 2022 zu dieser Entwicklung geführt.

Für 2024 wird von der Kommission eine Produktionsmenge von 21,14 Mio. t angenommen, was einen Zuwachs von 1,6 % bedeuten würde. Verglichen mit dem Rekordjahr 2021, als das Aufkommen bei 23,62 Mio. t lag, würden aber immer noch fast 2,5 Mio. t oder 10,5 % fehlen.

Das größere Angebot dürfte 2024 nach Einschätzung der Brüsseler Experten auch wieder zu etwas höheren Drittlandsexporten führen, die um 5 % auf 3,5 Mio. t steigen könnten. Zudem soll der Pro-Kopf-Verbrauch um 200 g auf durchschnittlich 30,6 kg Schweinefleisch zulegen.

Bei wieder nachgebenden Erzeuger- und Verbraucherpreisen scheint eine moderate Erholung des Schweinefleischkonsums möglich, der 2023 im Vorjahresvergleich wegen des Angebotsrückgangs und inflationsbedingt voraussichtlich um 1,7 kg pro Kopf eingebrochen ist. Ansonsten liefert die Kommission keine weitere Erklärung für ihre Prognose.

Laut der Viehbestandserhebung vom Mai beziehungsweise Juni ist der Sauenbestand in den 13 meldepflichtigen Mitgliedstaaten im Vorjahresvergleich um 210.000 Tiere oder 2,2 % gesunken, was nicht für eine stärkere Produktionsausweitung in der Zukunft spricht. Für den EU-weit größten Sauenbestand in Spanien wurde jedoch ein Plus von 1,9 % gemeldet. age

Geschichte der Kleinbahn Kiel-Bad Segeberg

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Genau 50 Jahre lang pendelten Eisenbahnzüge auf der Strecke von Kiel nach Bad Segeberg und zurück. Von 1911 bis 1961 zogen vor allem Dampflokomotiven Personen- und Güterwaggons auf der sogenannten Kleinbahn Kiel-Segeberg, unterwegs hielten sie fast an jeder Milchkanne. Jetzt beleuchtet Volker Griese aus Wankendorf in einem neu erschienenen Buch die Planung, den Bau und den Betrieb der vergangenen Bahnverbindung – und kann dabei auch Parallelen zur aktuellen Situation der Deutschen Bahn ziehen.

Volker Griese beschäftigt sich seit vielen Jahren in seiner Freizeit als Orts- und Regionalhistoriker mit unterschiedlichen Themen und hat zahlreiche Bücher veröffentlicht. Die Kleinbahn Kiel-Segeberg kennt der 58-jährige Wankendorfer zwar nicht aus eigenem Erleben. In das rund 100 Seiten umfassende Buch flossen aber neben vielen Daten und Fakten auch Erzählungen seines Vaters Heinrich Griese und anderer Zeitzeugen ein. Dabei geht es nicht nur um das damals umstrittene Aus der Bahnlinie.

Den Anstoß, sich mit der 50-jährigen Geschichte der Kleinbahn zu beschäftigen, gab eine Zufallsentdeckung: Volker Griese bekam ein Exemplar des ersten, 1912 gedruckten Geschäftsberichts der Betreibergesellschaft in die Hände. Detailliert listete die Kleinbahn-Aktiengesellschaft neben den Reisenden die transportierten Güter auf: von Kartoffeln, Milch und Rüben über Futtermittel sowie Klein- und Großvieh bis hin zu Baumaterialien oder Postsachen.

Die Kleinbahn auf der Brücke in der Hamburger Straße in Bad Segeberg auf Höhe der heutigen Einfahrt zu Möbel Kraft. Foto: Kalkberg-Archiv

In den 1920er Jahren stiegen jährlich rund eine Viertelmillion Passagiere in die Züge. Vor der Machtergreifung der Nazis wurden zusätzlich teilweise mehr als 100.000 t pro Jahr befördert. „Die Kleinbahn hatte damals einen wesentlichen Anteil an der Erschließung des ländlichen Raums“, sagt Volker Griese. In seinem Buch geht der Diplom-Ingenieur ausführlich auf die jahrzehntelange Vorgeschichte der Kleinbahn ein, die im Volksmund liebevoll „Anton“ genannt wurde. Vor allem die aufstrebende Wirtschaft in der Region forcierte den Bau der 48,9 km langen Strecke.

Extra für die Bahnlinie wurden Bahnhöfe gebaut, das größte Gebäude entstand in Kiel im damals noch nicht eingemeindeten Gaarden. Die Dampflokomotiven benötigten zwischen Kiel und Segeberg meist gut zwei Stunden, fuhren mehrmals am Tag – und hielten unterwegs an nicht weniger als 17 Haltepunkten. Größere Orte wie Wankendorf, Kirchbarkau und Bornhöved listete der Fahrplan ebenso auf wie kleine Ortschaften, darunter Klein-Barkau, Warnau, Moorsee, Tensfeld oder Klein-Niendorf. Auf die Wünsche der Kundschaft ging die private Betreibergesellschaft ebenfalls ein: Bereits im Jahr 1912 beförderte ein Theaterzug an Wochenenden die Kulturfans in die Landeshauptstadt. Mit Beginn der Nazi-Herrschaft 1933 rückte der Personentransport allerdings in den Hintergrund, dafür stieg die Anzahl militärischer Transportgüter. In Wankendorf sorgten manche Munitionstransporte für zahlreiche Zuschauer.

Diese Aufnahme von 1961 zeigt einen Schienenbus vor dem Kleinbahnhof Bornhöved.
Foto: Detlev Luckmann

Die Dampfloks hatten oft Mühe, die schweren Güter den Anstieg zur sogenannten Wankendorfer Rampe hinaufzuziehen. „Mein Vater erinnerte sich, dass manchmal die Züge zurückrollten und einen neuen Anlauf mit noch mehr Dampf auf dem Kessel nehmen mussten“, erzählt Volker Griese.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde erstmals nach langer Zeit wieder Geld in die Hand genommen: In den 1950er Jahren kaufte die Kleinbahngesellschaft einige Triebwagen, die als Schienenbusse in die Bahnhistorie eingingen.

Damit reagierte der Betreiber auf die steigende Nachfrage von Bewohnern aus der ländlichen Region, die als Pendler nach Kiel zu Siemens und anderen großen Arbeitgebern mit dem Zug fahren wollten. Die Fahrzeit verkürzte sich deutlich, Dampflokomotiven zogen damals nur noch Güterwaggons. Weitere und eigentlich nötige Investitionen in die übrige Bahninfrastruktur blieben allerdings aus. „Das ist heute ja nicht viel anders, die Deutsche Bahn hat es in der Vergangenheit auch versäumt, in Material und Personal zu investieren“, so der Regionalhistoriker.

m zweiten Jahr der Bahnlinie dampfte ein Theaterzug von Segeberg nach Kiel. Foto: Detlef Luckmann

Die Mehrheit der Anteilseigner der Betreibergesellschaft entschied damals, die auf 50 Jahre befristete Konzession für die Bahnlinie nicht zu verlängern. Die Hauptaktionäre, darunter die Stadt Kiel, setzten mit Blick auf den Bau der Bundesstraße 404 in den 1950er Jahren auf den Ausbau des Indiviudalverkehrs. Das Aus für die Bahnlinie im Jahr 1961 sorgte bei vielen Berufspendlern für Unmut. Denn wer nicht auf einen Pkw umsteigen konnte, musste aufwendige Umwege über Neumünster nehmen oder hoffen, einen Platz in den wenigen und meist überfüllten Überlandbussen zu bekommen. Die Aktionäre profitierten von der Abwicklung der Bahnlinie und damit dem Verkauf von Gleisen, Grundstücken, Bahnhöfen und Maschinen. Jetzt erinnern nur noch Feldwege parallel zur B 404 und einige wenige stehen gebliebene Bahnhofsgebäude an die Kleinbahn. Für Autor Volker Griese ein Verlust für die Region: „Aus heutiger Sicht wäre die Verbindung für die Tausende von Berufspendlern, die täglich aus dem südlichen Bereich nach Kiel fahren, äußerst attraktiv.“ 

Das Buch „Kleinbahn Kiel-Segeberg – Planung, Bau, Betrieb“ ist für 8,50 € im Buchhandel erhältlich (ISBN 978-3-757-85211-5). Weitere Informationen bei Volker Griese per E-Mail: vgriese@aol.com

1973 wurde der imposante Kleinbahn-Bahnhof in Kiel-Gaarden abgerissen.
Foto: Stadtarchiv Kiel
Das Häuschen mit Rampe an der Haltestelle Warnau gibt es noch – die Schienen wurden aber abgebaut.
Foto: Gerd Wolff
Die Kleinbahn hielt unterwegs auch in kleinen Dörfern wie Klein-Niendorf.
Foto: Heyden, 1937
Das ehemalige Bahnhofsgebäude in Wankendorf wurde vor neun Jahren abgerissen.
Foto: Dieter Groll, 1956


Erste Hilfe bei psychischer Belastung am Arbeitsplatz

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Wenn wir körperliche Beschwerden haben, gehen wir zum Arzt. Doch was ist, wenn die Seele leidet, wir uns mental und psychisch angeschlagen oder belastet fühlen? Erkenne ich die Symptome überhaupt? Und wie gehe ich damit auf der Arbeit um? Vor den Kollegen verbergen, aus Angst vor Konsequenzen? Offen ansprechen? Oder einfach weiterfunktionieren, als wäre nichts? Psychische Belastungen und Erkrankungen, auch am Arbeitsplatz, haben stark zugenommen, und das nicht erst seit Corona.

Die Landesvereinigung für Gesundheitsförderung in Schleswig-Holstein (LVGFSH) hat deshalb einen Expertenkreis zur „Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen am Arbeitsplatz“ ins Leben gerufen. Ziel ist, Führungskräfte, Betroffene sowie Kolleginnen und Kollegen für die Thematik zu sensibilisieren und niedrigschwellige Informationen und Hilfe anzubieten.

Dazu hat die LVGFSH vergangene Woche ihr neues digitales Informationsangebot zum Umgang mit psychischen Erkrankungen am Arbeitsplatz vorgestellt. Darüber hinaus bietet sie auf der Internetseite lvgfsh.de/gesund-leben-und-arbeiten einen Erste-Hilfe-Koffer für die Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen am Arbeitsplatz an. Mit diesem „Koffer“ erhalten Betroffene, Kollegen und Führungskräfte Informationen zu Signalen, die auf eine psychische Beeinträchtigung hinweisen können, und bekommen Tipps und Hinweise für die Ansprache und externe Unterstützungsangebote an die Hand.

„Nicht jede Beeinträchtigung der seelischen Gesundheit ist gleich eine psychische Erkrankung“, betonte Dr. Petra Schulze-Lohmann von der LVGFSH. Und: Es gehe um Wahrnehmung, Verständnis und darum, ins Gespräch zu kommen. Es gehe nicht darum, diejenige oder denjenigen zu therapieren. Das persönliche Umfeld, darunter auch die Arbeit, könne dazu beitragen, dass aus einer Belastung gar nicht erst eine chronische Erkrankung werde.

Das Kollegium sowie Führungskräfte könnten dabei eine positive Rolle einnehmen. Mit den Präventions- und Entstigmatisierungsangeboten werde allen Menschen im Kontext Arbeitsplatz gezeigt, wie sie ihren Teil dazu beitragen könnten. „Eine gut gestaltete Arbeit ist etwas, das sehr gesundheitsförderlich ist“, erklärte Michael Gümbel, Geschäftsführer beim Verein Arbeit und Gesundheit in Hamburg. Was die Gestaltung dieser Arbeitsbedingungen angehe, gebe es in vielen Betrieben noch ein Entwicklungspotenzial. Dabei sei ein Gefühl der Selbstwirksamkeit ein wesentliches Element der psychischen Gesundheit. Dazu trage ein Arbeitsumfeld bei, bei dem Konflikte gelöst würden und ein gutes Miteinander herrsche, so Gümbel. Sowohl Betriebe als auch Beschäftigte in der Metropolregion Hamburg fänden mit der PAG – Perspektive Arbeit & Gesundheit eine Anlaufstelle, bei der sie kostenfreie und vertrauliche Beratung erhielten. In Schleswig-Holstein hat die PAG ihren Sitz in Lübeck. „Wir beraten Beschäftigte, die sich betroffen fühlen, aber auch Betriebe, die aktiv für gesundheitsfördernde Arbeitsbedingungen sorgen möchten. Ein weiteres Hilfsmittel, das immer mehr angefragt wird, sind die von der LVGFSH angebotenen Mental-Health-First-Aid-Kurse“, so Schulze-Lohmann. Analog zur körperlichen Ersten Hilfe, wie viele sie zum Beispiel aus der Führerscheinausbildung kennen, biete der zwölfstündige Kurs Erste Hilfe beim Erkennen und Verstehen erster Anzeichen und Symptome psychischer Belastung oder Erkrankung. „Er kann Menschen helfen, die richtigen Worte zu finden, angemessen zu reagieren und so lange Hilfestellung zu bieten, bis professionelle Hilfe verfügbar ist“, so Schulze-Lohmann.

Unterstützt und gefördert werden alle diese Angebote sowie der Expertenkreis vom Gesundheitsministerium des Landes. „Vorsorge ist besser als Nachsorge, auch deshalb messen wir Prävention und Gesundheitsförderung einen hohen Stellenwert bei“, zietierte Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU) aus dem Koalitionsvertrag des Landes. Mit den neuen digitalen Informationsangeboten der LVGFSH gehe es nicht nur darum, Kollegium und Führungskräfte für das Erkennen und den Umgang mit psychischen Belastungen zu sensibilisieren, sondern auch Betroffene zu ermutigen und anzuleiten, bestehende Angebote anzunehmen und das Gespräch im Betrieb zu suchen.

An den Mental-Health-First-Aid-Kursen Interessierte können sich unter gesundheit@lvgfsh.de nach Terminen erkundigen. Ausführliche Informationen zu den genannten Hilfen sowie weitere Angebote und Adressen für direkte Hilfe vor Ort, Literatur und Leitfäden gibt es unter lvgfsh.de/gesund-leben-und-arbeiten/entstigmatisierung



Eine alte Handarbeitstechnik geht neue Wege

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An sich ist das Erstellen handgefertigter Klöppelspitze nicht schwer, auch wenn die Menge an Garnspulen, Fäden und Stecknadeln kompliziert aussieht. Und dank neuer Materialien und Verwendungsmöglichkeiten hat Klöppeln inzwischen das angestaubte „Oma Deckchen“-Image abgelegt. Wie bunt, modern und vielseitig das alte Handwerk geworden ist, davon konnte man sich bei der Veranstaltung „Klöppeln zwischen den Meeren“ überzeugen, die Mitte Oktober im Hohen Arsenal in Rendsburg stattfand.

Die Organisatorinnen und Klöppelkünstlerinnen Petra Tschanter (li.) und Anke Limbrecht

Zwei gegenläufige Bewegungen, scheinbar unendlich viele Möglichkeiten: Beim Klöppeln entstehen durch Drehen und Kreuzen von Fäden verschiedene Muster. „Und es ist immer wieder faszinierend, wie viele Varianten mit diesen Handgriffen möglich sind“, sagt Anke Limbrecht, die zusammen mit Petra Tschanter seit 2019 die Veranstaltung in Rendsburg organisierte.

Beim 28. Schleswig-Holsteinischen Klöppeltreffen, an dem auch dänische Händler und Klöppel-Begeisterte teilnahmen, konnte man an den Verkaufs- und Informationsständen sich von diesem Variantenreichtum selbst ein Bild machen, darüber hinaus alles an benötigtem Material und Zubehör wie Klöppel, Garn, Musterbriefe, Bücher und vieles mehr kaufen. Ab­strakte eingerahmte Wandbilder, Lesezeichen, Applikationen, Nadelkissen, Tischdeko, schmückendes Accessoire, Kleidung, Schiffe und Maritimes – die Ausstellenden zeigten die gesamte Bandbreite der Spitzenkunst.

Maritime Klöppelkunst auf handgeschöpftem Papier – diese Werke zeigen die Vielseitigkeit der Spitzen-Kunst.

Beim Klöppeln zuschauen konnte man unter anderm Gabriele Ott aus Felde. Seit 1992 ist sie klöppelinfiziert und hat sich durch den Besuch zahlreicher Kurse, Messen und Workshops verschiedene Techniken angeeignet. Den Tischläufer beim Schauklöppeln im Hohen Arsenal arbeitete sie im Torchonmuster. „Klöppeln ist ein Prozess. Es werden dabei immer nur zwei Paar Klöppel bewegt“, erklärt sie. Wie beim Häkeln mit Luftmaschen, festen Maschen, halben Stäbchen, Stäbchen oder Doppelstäbchen gebe es auch beim Klöppeln mit dem Leinenschlag, dem Ganzschlag, dem Halbschlag und dem Formenschlag vier Grundschläge, mit denen sich alle Spitzentechniken anfertigen ließen. Zur Ausstattung gehören zudem die Klöppelrolle oder das flache Klöppelkissen, auf dem der Klöppelbrief mit der Mustervorlage, ähnlich einer Strick- oder Häkelschrift, befestigt wird. Darüber hinaus werden die Klöppel benötigt, die es mit und ohne Hülsen gibt, sowie Garn, Stecknadeln, Schere und eine dünne Häkelnadel.

Drehen und Kreuzen, mit diesen zwei Handgriffen entstehen unzählige Varianten an Spitzen-Mustern. 

Zahlreiche Anleitungen und Videos sind auch für Anfänger im Internet zu finden, „besser ist es aber, zu Beginn tatsächlich einen Kurs zu besuchen, da die Kursleiterin oder der Kursleiter bei Fragen direkt helfen, zeigen und eingreifen kann“, so Limbrecht. Sie selbst schätzt neben den vielen Gestaltungsmöglichkeiten vor allem die pure Entspannung beim Klöppeln und dass man immer wieder neue Ideen entwickelt. Allerdings war diese Veranstaltung die letzte, die sie und Petra Tschanter durchgeführt haben. „Wir wollen die Organisation abgeben. Wo genau 2025 das nächste Klöppeltreffen stattfindet, ist noch nicht sicher“, so Anke Limbrecht. Aber es werde sicher wieder viele Begeisterte in den Bann ziehen und neue Begeisterte hinzugewinnen. Auf diese Weise bleibe das Klöppeln als alte Handwerkskunst am Leben. 

Info

Die Klöppelspitze entstand etwa Ende des 15., Anfang des 16. Jahrhunderts und diente zum Schmücken von Kleidung. Den Ursprung der Technik vermutet man in Italien, wo das erste reine Musterbuch für die Klöppeltechnik um das Jahr 1557 in Venedig erschien. Aus Italien soll die Technik zunächst nach Spanien oder in die spanischen Niederlande und danach nach Frankreich gelangt sein. Aber auch im Erzgebirge sind bereits im 16. Jahrhundert die ersten Klöppelspitzen nachgewiesen.

Gabriele Ott zeigte das Klöppeln eines Tischläufers im Torchonmuster. Sie selbst klöppelt seit 1992 und hat das Handwerk in vielen Kursen gelernt.
Fotos: Iris Jaeger
Zierende Elemente sind ebenfalls möglich
Abstrakte Klöppelkunst, geometrische Formen geklöppelt
Foto: Iris Jaeger
Seidenschal
Angelehnt an die Designs des ungarischen Künstlers Victor Vasarely entstanden diese Werke bei einem Klöppeltreff.
Die Fotos zeigen, wie variantenreich Klöppel-Spitze sein kann.


Bauern, Bürger und Helfer Hand in Hand

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Die schwere Sturmflut an der Ostseeküste am vergangenen Wochenende wird wohl als Jahrhundertereignis in die Geschichte eingehen. Von Freitag auf Sonnabend hat sie massive Schäden angerichtet. Genaue Zahlen kann die Landesregierung noch nicht nennen, Schätzungen gehen von einer dreistelligen Millionenhöhe aus. An vielen Stellen entlang der Küste schob der Sturm gewaltige Wassermengen auf die Strände, riss Seebrücken ebenso weg wie Campingplätze und durchbrach an mehreren Stellen die Deiche.

In der Sturmflutnacht waren nach Angaben des Landesfeuerwehrverbandes (LFV) rund 2.500 Feuerwehrleute im Einsatz, unterstützt von Kräften des Technischen Hilfswerks (THW) sowie des Deutschen Roten Kreuzes, des Arbeiter-Samariter-Bundes, der Johanniter-Unfall-Hilfe, des Katastrophenschutzes und sogar der Bundeswehr. Wie viele Brandschützerinnen und Brandschützer aus landwirtschaftlichen Betrieben stammen, ist LFV-Geschäftsführer Volker Arp nicht bekannt. Aber: „Landwirte sind eine gute Säule der Freiwilligen Feuerwehren vor Ort“, erklärte der Erste Hauptbrandmeister des Landes.

Erfolg in Hasselberg

An den Hotspots entlang der Küste kämpften viele Bäuerinnen und Bauern gegen drohende Deichbrüche – in Hasselberg mit Erfolg. Agnes Greggersen war mit Ehemann Christian und Vater Ernst-Wilhelm in der Nacht zu Sonnabend vor Ort: Rund 1 km vom Deich in Hasselberg entfernt füllten Feuerwehrleute Sand in Säcke und Big Bags, die von örtlichen Bauern mit Treckern und Mulden zum Deich gefahren wurden. „Uns war schon bange, so etwas hat keiner von uns erlebt. Das Schlimmste konnte aber verhindert werden“, berichtet Agnes Greggersen.

Bei Gut Oehe strömte Wasser über den Deich, ab 2 Uhr flaute aber der Ostwind ab, und das Wasser zog sich wieder zurück. Hand in Hand wurde gearbeitet, um Löcher im Deich zu stopfen. „Langfristig muss in Sachen Deichverstärkung was passieren“, mahnte die Landwirtin. Damit ist Agnes Greggersen nicht allein: Auch Akteure im Bereich des Deichdurchbruchs bei Damp fordern mehr Unterstützung von Land und Bund für einen dauerhaften Hochwasserschutz.

Durchbruch in Damp

In Damp hat der heftige Sturm nicht nur wie in Kiel viele Boote zerstört. Dort gab es auch einen Deichdurchbruch, der mit viel Anstrengung und vereinten Kräften vorerst gestopft werden konnte. Mit Schleppern und Radladern wurden in der Sturmnacht 200 Big Bags und 4.000 Sandsäcke vom Damper Hafen zur Bruchstelle transportiert. Das Material kam vom Kieswerk Gammelby, die Mitarbeiter dort schufteten die ganze Nacht, um die vom THW mitgebrachten sogenannten Absandanlagen zu befüllen. Rund 300 t Kies wurden verladen. „Es ist selbstverständlich, dass wir in so einer Situation Verantwortung zeigen und helfen, wo wir können“, sagte Betreiber Lars Glindemann von der gleichnamigen Firmengruppe.

Mit einem Wall aus Big Bags wurde die Durchbruchstelle am Deich bei Damp provisorisch verschlossen. Foto: Johannes Dibbern

Im Dauereinsatz an der Durchbruchstelle des 1,5 km langen Deichs war mit vielen Helfern vom nahen Gut Damp und Lohnunternehmen auch Johannes Dibbern. „Wir hatten großes Glück, dass wir jemanden vom THW mit viel Erfahrung von Nordseedeichen dabeihatten. Der wusste genau, wie wir mit dem Material den Deich wasserdicht bekommen“, so der Landwirt und langjährige Vorsitzende des örtlichen Wasser- und Bodenverbandes (WBV) Schwastrumer Au. Trotzdem floss zuvor jede Menge Wasser ins Inland. Alle drei Pumpen des WBV fielen aus: „Der Schaltschrank stand unter Wasser und die Motoren sind abgesoffen“, sagte Dibbern.

Das Wasser machte aus den angrenzenden Waldgebieten von Gut Damp eine regelrechte Sumpflandschaft. „Der Boden ist total aufgeweicht, die Bäume haben keinen Halt mehr. Trotzdem haben wir hier noch Glück gehabt“, sagte der Eigentümer von Gut Damp, Alexander Graf zu Reventlow. So wurden die beiden nahen Campingplätze in Fischleger und Dorotheental, die von Landwirten betrieben werden, schwer getroffen. „Da geht es bei den Betreibern ans Eingemachte und an die Existenz“, so Reventlow. Auch der Eigentümer von Gut Damp befürchtet, dass bei einem nächsten größeren Sturm die provisorisch geflickten Deiche nicht halten werden.

Deicherhöhung gefordert

Viele wissen nicht, dass die Unterhaltung der Deiche in der Region hier Sache der WBV ist. Die Kosten für die anstehenden aufwendigen Instandsetzungen könnten bei einem Haushalt von gerade einmal 3.500 € im Jahr gar nicht gestemmt werden, erklärt Johannes Dibbern, der seit Jahren Deicherhöhungen fordert. Bei einem Besuch vor Ort nach der Sturmnacht hat Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) Hilfen versprochen. „Wir haben mit ihm gesprochen, viele hier sind aber skeptisch“, so Dibbern. Der Eigentümer von Gut Damp hofft, dass es kein politisches Hickhack über die Hilfen gibt: „Naturschutz darf nicht über Küstenschutz stehen.“

Die Sturmflut riss große Löcher in den Deich bei Gut Oehe. 
Foto: Carsten Siewertsen

Gut Oehe evakuiert

Massive Schäden richtete die Sturmflut auch bei Oehe-Maasholm und an der Steilküste bei Kronsgaard an. Die Zerstörungen am Deich vor Gut Oehe waren auch der Auslöser für die Evakuierungen der Anwohner, berichtet Carsten Siewertsen. „Die Wellen sind so stark draufgegangen, dass die Spundwand und Steine herausgespült wurden. Da sind jetzt große Löcher im Deich, so was habe ich noch nie erlebt“, erzählte der Landwirt und zweite Vorsitzende des örtlichen WBV. Big Bags wurden als Wellenbrecher an den Deich gesetzt, dabei halfen auch Baggerfahrer einer örtlichen Baufirma, die in der Nähe ein Neubaugebiet erschlossen. Aber die Angst vor dem nächsten Sturm ist weiter da. „Dabei hat die Sturmsaison noch gar nicht angefangen. Wir haben immer schon gesagt, dass der Deich bei Kronsgaard zu niedrig ist, teilweise ist er nicht mehr als ein Strandwall.“

Abbruch an der Steilküste auf Fehrmarn. 
Foto: Gunnar Müller

Land unter auf Fehmarn

„Land unter“ war auch auf Fehmarn angesagt: Die Sturmflut setzte Campingplätze an der Südküste unter Wasser und riss große Brocken aus der Steilküste heraus. Zahlreiche Helfer stopften Löcher mit Sandsäcken und Big Bags, die mit Schleppern und Anhänger herangeholt wurden. Gunnar Möller, Landwirt und Vorsitzender des Bezirksbauernverbandes Fehmarn, sprach von einem riesigen Schaden. „Die Campingplätze sind ein wichtiges Standbein, das uns immer über den Winter gebracht hat“, erklärte Müller.

Land unter auf den Campingplätzen an der Südküste von Fehmarn.  Foto: Gunnar Müller

Geltinger Koniks retten sich

Positive Nachrichten kamen aus der Geltinger Birk, obwohl die bis zu 500 ha große Fläche überspült wurde. Alle etwa 75 Konik-Wildpferde und 130 Galloways, die das Areal extensiv beweiden, haben die Sturmflut überlebt. „Die Tiere sind in Sicherheit, sie haben sich auf hoch gelegene Stellen zurückgezogen“, berichtete Gerd Kämmer von der Genossenschaft Bunde Wischen. Dennoch musste eine ganze Reihe von Tieren am Schwansener See evakuiert werden, die Rettungsaktion gestaltete sich aber schwierig. „Wir mussten uns regelrecht hinbaggern, ein riesiger Erdplacken versperrte den Weg“, erzählte Kämmer, der auch vier vermisste Galloways wiederentdeckte: Das Hochlandrinder-Quartett rettete sich in ein Waldstück.

Land unter am Eckernförder Strand. Fotos: Ulrike Baer
Am Küstenabschnitt zwischen Hökholz und Bognis  überwinden die Wellen die kleine Steilküste und überspülen den Acker.
Das war einmal die Promenade von Schönhagen, Kreis Schleswig-Flensburg.
Folgen des Sturms in Schönhagen, Kreis Schleswig-Flensburg.
Meterhohe Wellen mit aufgewühltem Sand erreichen die Küste bei Langholz, Kreis Rendsburg-Eckernförde.


Paternoster, ParlaRadio und Esskultur

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Um das Thema „Gesundes Essen heute – Maßnahmen zur Verbraucherbildung für Jung und Alt“, aber auch um Einblicke in den parlamentarsichen Alltag im Landeshaus und eine Fahrt mit dem Paternoster ging es für die Kieler LandFrauen bei ihrem Termin mit Anette Röttger, verbraucherpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion in Kiel.

Die Landtagspolitikerin, Diplom-Ökotrophologin, LandFrau und seit 2017 Mitglied des Landtages empfing die 36 Gäste am Eingang des Schleswig-Holsteinischen Landtags am Düsternbrooker Weg und führte sie zunächst in den Plenarsaal mit Blick auf die Kieler Förde. Dort wurden Fragen zu Sitzordnungen sowie parlamentarischen Rede- und Verhaltensregeln geklärt. Zudem erwähnte Röttger, dass öffentliche Ausschusssitzungen im ParlaRadio von jedem Bürger, jeder Bürgerin live mitgehört werden könnten. Selbstverständlich kam auch der Spaß beim Auf und Ab per Paternoster nicht zu kurz. Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) schaute auch kurz vorbei.

Das Kaffeetrinken in der Landtags-Cafeteria läutete dann den zweiten Teil der Veranstaltung ein: Anette Röttger schilderte ihren privaten, beruflichen und politischen Werdegang. Als einen besonderer Moment erwähnte sie die Auszeichnung, mit der auf dem BundesLandFrauentag 2007 ihr Konzept „Der gesunde Pausenapfel“ im Rahmen des Projektes „LandFrauen machen Schule“ gewürdigt wurde.

Mit vier ausführlich dargestellten Impulsen zu den Themen „Gesunde Ernährung und Bewegung“, „Gemeinsamer Esstisch als gesellschaftliche Botschaft“, „Landwirtschaft braucht Wertschätzung“ und „Verantwortungsvoller Umgang mit Lebensmitteln“ appelliert die Politikerin an die LandFrauen, als Vorbilder und Botschafterinnen insbesondere für „Ernährung als Prävention, Esskultur und Wertschätzung landwirtschaftlicher Arbeit“ zu fungieren. Das Bildungs- und Landwirtschaftsministerium wolle dazu eine Bildungsoffensive für Verbraucherbildung in Schleswig-Holstein starten, kündigte Röttger an. Zum Netzwerk zähle dabei auch die Europa-Universität Flensburg, die Bildungskonzepte dazu formulieren solle. „Ernährung hat etwas mit Vorbild zu tun, Schleswig-Holstein kann daraus eine Marke machen!“, schloss sie.

Die Hauptstadt neu entdeckt

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Von einer ganz neuen Seite lernten 32 Landjugendmitglieder aus Schleswig-Holstein die Hauptstadt Berlin kennen. Sie waren vom Bundesrat zu einer Bildungsreise eingeladen. Auf dem Programm stand eine Informationstour durch das politische Berlin.

Nach der Ankunft waren sie zunächst zum Mittagessen in der Landesvertretung Schleswig-Holstein in den Ministergärten eingeladen und wurden dort von Staatssekretärin Sandra Gerken in Empfang genommen. Sie ist die Bevollmächtigte des Landes Schleswig-Holstein in Berlin und berichtete der Gruppe über ihre Aufgaben und die Aufgaben der Landesvertretung. Anschließend übernahm ein Vertreter der Bundespresseagentur die Leitung der Tour. Nach einer Stadtrundfahrt an vielen Ministerien und politischen Gebäuden vorbei ging es dann zum Bundesrat. Der Rundgang durch das Gebäude und den Plenarsaal führte zur Besuchertribüne. Von dort wurde erläutert, wer im Bundestag wo sitzt. Interessant war auch, mehr darüber zu erfahren, wie zum Beispiel Abstimmungsverfahren für Gesetze und Gesetzesentwürfe ablaufen. Nach dieser ersten Exkursion blieb am Abend Zeit, die Stadt zu erkunden.

Der nächste Tag begann mit dem zweiten Teil der Stadtrundfahrt, die zum Museum für Film und Fernsehen führte. Auf zwei Stockwerken ist dort die Entwicklung von Schwarz-Weiß-Filmen über Tonfilme bis hin zur heutigen Medientechnik dargestellt.

Nach einem indischen Mittagessen folgte ein Besuch im Dokumentationszentrum Topografie des Terrors in Berlin-Kreuzberg. Das Zentrum ist ein Informations- und Lernort zur Aufarbeitung des Terrors im nationalsozialistischen Deutschland. Die dortige Ausstellung mit vielen Schwarz-Weiß-Bildern und Tafeln, auf denen Einzelschicksale geschildert sind, war sehr beeindruckend und erschütternd.

Und da ein Museum selten allein kommt, besuchte die Gruppe noch das Futurium, das Haus der Zukünfte in Berlin-Mitte, das ganz anders als erwartet war. Es gab nicht nur Informationen über Erfindungen, sondern es konnte auch einiges selbst ausprobiert werden. Und es wurden viele Ideen für die Zukunft vorgestellt und erörtert: Was erwartet uns? Was können wir für die Umwelt tun? Wie können wir mehr recyceln? Wie können wir Ressourcen sparen? Wie funktioniert Landwirtschaft in der Zukunft? Zudem konnten die Besucher an einem Quiz teilnehmen, bei dem Fragen zu verschiedenen Zukunftsszenarien gestellt wurden. Auf dem Weg zum nächsten Programmpunkt wurde im Bus noch viel über das Futurium diskutiert und vor allem darüber, wie unterschiedlich doch einige Sichtweisen für die Zukunft sind. Der letzte Programmpunkt für diesen Tag war der Besuch der Kuppel des Reichstagsgebäudes. Bei „bestem Regenwetter“ liefen alle bis ganz nach oben, um trotz des Wetters die Aussicht über Berlin zu genießen. Danach freuten sich alle auf Zeit für ein individuelles Abendessen.

Nach dem Auschecken aus dem Hotel waren die Lajus am nächsten Morgen noch zu einem Informationsgespräch im Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft eingeladen. Im Presseraum hörte die Gruppe zunächst einen Vortrag von Dr. Katharina Meyer, Leiterin des Referats One Health, Strategie und Koordinierung, und Lucian M. Wezel, Sachbearbeiter im Referat Tierseuchen, EU-Handel, internationale Fragen und Krisenzentrum, über Aufgaben und Arbeitsweise des Bundesministeriums. Interessant war, wie die verschiedenen Abteilungen angefordert werden, wenn es darum geht zu prüfen, ob Gesetzesentwürfe überhaupt möglich oder vielleicht sogar rechtswidrig sind, oder wie Gesetze formuliert werden. Nach einer Fragerunde und Diskussionsrunde ging es nach einem abschließenden Mittagessen in Berlin auch schon zurück nach Schleswig-Holstein. Es war eine sehr informative Fahrt mit einer supernetten Gruppe, in der bestimmt die eine oder andere Freundschaft entstanden ist.

Die Bildungsreise führte für die Lajus an viele Orte, an denen in Berlin Politik gemacht wird, wie hier zum Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.
Im Futurium

Auf dem Holzweg gen Schönwalde

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Der vom Umweltministerium geförderte Handlungsleitfaden zum sogenannten Schönwalder Weg soll exemplarisch deutlich machen, mit welchen Möglichkeiten Kirchengemeinde im ländlichen Raum sich „auf den Weg machen“ können. Aus Sicht der Landwirtschaft bestehen jedoch erhebliche Zweifel an der musterhaften Übertragbarkeit auf andere Kirchengemeinden: Es wird der Eindruck erweckt, die beschriebenen Maßnahmen seien „ausgetretene Pfade“. Tatsächlich bedarf es aber einer in jedem Einzelfall zeit- und kostenaufwendigen Individuallösung.

In personeller Hinsicht legt der Leitfaden eine Sonderkonstellation zugrunde, die über einen langen Zeitraum auf einem speziell zusammengesetzten Team von Experten aufbaut. Insbesondere wurden auf ehrenamtlicher Basis Fachleistungen erbracht, die im Falle einer Beauftragung zu marktüblichen Konditionen erhebliche Kosten verursachen.

Von Ehrenamts wegen weiß der Verfasser, dass für Kirchengemeinderatsmitglieder ein breites und arbeitsintensives Aufgabenfeld mit tiefgreifenden transformatorischen Herausforderungen besteht. Insofern kann nicht erwartet werden, dass die weniger werdenden ehrenamtlich engagierten Kirchengemeinderatsmitglieder ihre begrenzten und bereits stark geforderten Kapazitäten in einem weiteren hochspeziellen Themenfeld einsetzen.

Die mit dem Schönwalder Weg nur vermeintlich im besonderen Maße adressierten Umweltschutzgüter sind im Rahmen der guten landwirtschaftlichen Praxis bei allen Pachtverhältnissen zu berücksichtigen und bilden folglich nur den sowieso geltenden strengen gesetzlichen Rahmen ab. Entsprechende Regelungen werden bereits seit Langem im Pachtvertrag der Nordkirche vorgegeben.

In Zeiten absehbar drastisch sinkender Kirchensteuereinnahmen und Mitgliederzahlen muss jede Kirchengemeinde entscheiden, ob für sie eine mit der Bewirtschaftungseinschränkung verbundene Einnahmenminderung und das Finanzloch bei anderen sehr wichtigen Kernaufgaben akzeptabel sind. Auch stehen hiermit die grundstücksrechtlichen Vorgaben der Nordkirche nicht in jedem Fall im Einklang.

Das Konzept des Schönwalder Wegs zeichnet somit einen ideellen lokalen Sonderweg vor. Damit besteht die Gefahr, dass es nicht gangbare Pfade aufzeigt, sondern auf einen Holzweg führt. Ursprünglich dienten solche eigens angelegten Holzwege im Wald nicht dem Erreichen von Orten, sondern dem Transport geschlagener Bäume. Aus dem Wald führen, das konnten sie nicht. Durch ein Miteinander von Landwirtschaft und Kirche in der jeweiligen Gemeinde auf Basis konkreter Projekte kann weitaus mehr erreicht werden. Es führen bekanntlich viele Wege nach Rom.

Start des Umbaus im Futterkamper Abkalbebereich

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Im Rahmen des ­Verbundprojektes InnoRind wird der Abkalbebereich in Futterkamp vergrößert und teilweise mit Separees als Rückzugsmöglichkeit ausgestattet. Die Kühe sollen die ­Möglichkeit haben, sich um den geburtsnahen Zeitraum selbst­ständig von den anderen Kühen zurückzuziehen.

Nach einer längeren Planungs- und Anlaufphase sowie einigen kleineren, bautypischen Startschwierigkeiten ist der Umbau mit dem Abriss der alten Betonsohle und des Futtertisches gestartet.

Die Abrissarbeiten sind vollends abgeschlossen und die Baufirma hat mit den Arbeiten für die Unterkonstruktion des Neubaus begonnen. Vor dem alten Abkalbebereich wird eine neue Pultdachhalle mit Gründach aufgestellt. Diese wird aktuell durch die Zimmerei vorbereitet und nach Abschluss der Betonarbeiten aufgebaut.

Das geplante Gründach wird witterungsbedingt erst im kommenden Jahr fertiggestellt. Die aktuelle Zeitplanung sieht vor, die Umbauten bis Ende des Jahres abzuschließen und den neuen Bereich als vollwertigen Abkalbebereich zu nutzen.

Nach dem Abriss wurden die Unebenheiten der Fläche mit Füllmaterial ausgeglichen und anschließend planiert. Foto: Kim-Juelie Zimmer-Sonn