Mit dem Sonntag des ersten Advents gingen in den Holstenhallen in Neumünster fünf Pferdetage zu Ende. Die Organisatoren des Trakehner Hengstmarkts hatten wieder für volle Hallen und ein abwechslungsreiches Programm gesorgt. Ein Rekord wurde ebenfalls aufgestellt, denn die 420.000 € für den Siegerhengst Havertz waren der höchste bei einer Trakehner Auktion erzielte Preis.
Doch bevor es so weit war, musste der junge Hengst von Blanc Pain sich zunächst drei Tage lang beweisen. Los ging es wie immer auf dem Pflaster, in diesem Jahr bei wirklich feuchtkalten Bedingungen, die dem einen oder anderen Kandidaten sichtbares Unwohlsein bereiteten. Doch die meisten der 38 Hengste absolvierten die erste Teilprüfung wohlerzogen und nahezu unbeeindruckt. „Wir haben ganz bewegungsstarke, moderne Hengste gesehen, eine wirklich interessante Kollektion“, kommentierte Körkommissar Peter Kunath aus Sachsen den Jahrgang. „Eine ganze Reihe Hengste ist sehr gut und aktiv im Hinterbein. Auch in puncto Korrektheit und Interieur haben die Hengste sich gut gezeigt.“ Ein guter Jahrgang, der breit gefächert für die verschiedenen Disziplinen und mit interessanten Abstammungen aufwartete, so lautete das Fazit der Körkommission am ersten Tag.
In seiner Zusammenfassung am Ende der Körtage äußerte sich Dr. Hans-Peter Karp, Mitglied der Kommission, jedoch auch ein wenig kritisch über die Vorführer: „Wir hätten uns bei einigen Hengsten mehr Luft am Zügel gewünscht“, sagte er und fügte hinzu: „Auch der Peitscheneinsatz ist noch etwas übertrieben, obwohl das schon besser geworden ist.“
Am Freitag stand dann das Freispringen an. „Wir wollen keine Spezialspringpferde züchten, aber wir suchen das vielseitig veranlagte Pferd. Auch ein Dressurhengst muss mit seinem Körper umgehen können“, resümierte Karp und bedankte sich bei Jan Meves aus Mehlbek, Kreis Steinburg, und Krisztian Orban aus Rade, Kreis Steinburg, die das Freispringen geleitet hatten. Ebenfalls zufrieden zeigte sich der Zuchtleiter und Geschäftsführer Neel-Heinrich Schoof: „Auch die Dressurhengste haben sich heute souverän gezeigt.“ „Wir haben zudem einige Hengste gesehen, die gut und mit Übersicht gesprungen sind, und das ist auch ein Qualitätssiegel.“
Halbblut bester Springer
Möglich wurde das Freispringen nur durch den Einsatz der Jungzüchter und anderer Helfer, die in der Nacht von Donnerstag auf Freitag alles aufgebaut hatten. In dieser Teildisziplin tat sich der Halbblüter Schneebaron von Asagao XX-Mon Baron besonders hervor. Der später als bester Halbblut- und bester Springhengst ausgezeichnete Fuchs war unter den 15 geprüften Hengsten einer der nur vier Hengste ohne den Spitzenvererber Millennium im Pedigree. Auf diese Konzentration angesprochen, sagte Karp: „Easy Game, der Vater von Millennium, ist selbst zu wenig genutzt worden. Es war ein Glücksfall, dass es einen Nachkommen gab, der mehr Zuspruch bekommen hat. Dass ein Hengst zeitweise viel geprägt hat, gab es immer.“ Allerdings schränkte er ein: „Ich kann den Züchtern aber immer ans Herz legen, sich auch noch nach Alternativen umzusehen.“
Eine solche Alternative ist beispielsweise Blanc Pain, der Vater des diesjährigen Siegerhengstes Havertz. Über ihn und Peron Junior geht das Pedigree auf den ebenfalls sehr bedeutenden Vererber Habicht zurück. Die Mutter von Havertz hingegen ist eine Tochter des Millennium. Die Staatsprämien- und Prämienstute Happy Millennia stammt wie auch der Siegerhengst aus der Zucht von Michaela Böhn aus Niedersachsen. Sie und ihr Ehemann Gerd Böhn hatten im vergangenen Jahr bereits die Jahressiegerstute gestellt. „Das war schon ein Wahnsinnserfolg. Nun noch ein Siegerhengst – da müssen wir erst einmal hinterherkommen“, sagte er.
Bauchgefühl entscheidet
Auf die Frage, wie sie den Hengst ausgesucht habe, sagte seine Frau: „Ich gucke mir die Pedigrees an, dann habe ich ein paar Fohlen gesehen und der Rest ist immer Bauchgefühl.“ Eine Vollschwester zu Havertz gebe es auch schon, die wolle sie aber behalten. Über die Bundesturnierfohlenauktion ging Havertz, der laut seiner Züchterin schon immer ein kleiner Champion war, an Nicole Derlin aus Travenbrück, Kreis Stormarn. „Er hatte damals schon das gleiche Auftreten, war nur kleiner“, erinnert sie sich. Havertz sei ihr dritter Anlauf mit Blanc Pain gewesen. Umso schöner, dass es nun geklappt habe. „Es ist unglaublich“, freute sie sich.
Derlin hatte Havertz zunächst in einen Aufzuchtstall in Dithmarschen gegeben und dann in die Hände der bereits bewährten Vorführerin Anna Wolf. „Sie hat ihn zu dem gemacht, der er heute ist“, so Derlin. Wolf präsentierte den Hengst hervorragend. Schon auf dem Pflaster gab es den ersten Szenenapplaus. Vor der Auktion hoffte Nicole Derlin auf eine „gute Station, wo er decken darf, aber auch in den Sporteinsatz kommt“.
Das hat Havertz auf jeden Fall bekommen, denn das unglaubliche Bieterduell endete bei 420.000 € und brachte ihn in den Besitz von Albert Sprehe. So wird der Braune nun unter anderem Stallnachbar seines Großvaters Millennium auf der Hengststation des Gestüts Sprehe im niedersächsischen Löningen. Dort stehen ihm sowohl züchterisch als auch sportlich alle Möglichkeiten offen, denn die Hengststation gehört zu den renommiertesten ihrer Art in ganz Europa.
„Das ist ein sensationelles Ergebnis, das alle bisherigen Spitzenpreise in den Schatten stellt. Darüber freuen wir uns sehr“, kommentierte Neel-Heinrich Schoof die Auktion. „Besonders erfreulich ist auch das hohe Preisniveau der Prämienhengste, mit dem wir als Veranstalter hochzufrieden sind.“ Zwei weitere Prämienhengste erzielten Preise von mehr als 100.000 €. Darunter war Schneebaron, der damit ebenfalls einen historischen Spitzenpreis für einen Halbbluthengst erzielte. In die Niederlande ging der heiß umworbene, gekörte Zauberbaron von Integer für 180.000 €. Der Durchschnittspreis für die zehn verauktionierten gekörten Hengste betrug 99.200 €, für die nicht gekörten Hengste betrug er 14.875 €.
Nicht zu verkaufen war der Reservesieger. Der dunkelbraune Go Magic aus einer Friedensfürst-Mutter stammt aus Dänemark und blieb im Besitz seiner Züchter Jens Bloch und Karin Ravnkilde. Auch er führt über seinen Vater Helium das Blut des Millennium.
Ibiza‘s Highlight ist top
Neben der Körung gibt es beim Trakehner Hengstmarkt traditionell noch weitere Programmpunkte. Dazu gehört der Freispringcup, in dem drei- und vierjährige Trakehner nach vorheriger Qualifikation starteten. Alle Pferde zeigten harmonische, disziplinorientierte Vorstellungen. Als letzte Starterin setzte sich die vierjährige Stute Tamarei, eine Tochter des Grand-Prix-Siegers High Motion aus der Zucht von Madlen Mager aus Nordrhein-Westfalen, souverän mit der Gesamtnote 8,75 an die Spitze. Das Richterduo honorierte besonders, wie gut vorbereitet und souverän die jungen Pferde mit der Atmosphäre in den Holstenhallen umgingen.
Ein weiterer Höhepunkt des Trakehner Hengstmarkts ist die Auswahl der Jahressiegerstute. Aus den Trakehner Zuchtbezirken waren 13 dreijährige Stuten angereist, um die Schönste im Land zu ermitteln. Sechs Stuten erreichten den Endring, den die Siegerstute des Zuchtbezirks Rheinland, die Millennium-Tochter Ibiza’s Highlight, unter frenetischem Applaus für sich entschied. Tim Vester aus Nordrhein-Westfalen ist Züchter der Stute, die bereits bei ihrer Eintragung mit der Jahreshöchstpunktzahl die Konkurrenz überstrahlt hatte.
Auf dem ersten Reserverang folgte die von Tonny Nörgaard Bang in Dänemark gezogene Basilika von Preussen Party, die wenig später bei der Auktion der Stuten den Spitzenpreis erzielte. Auf dem zweiten Reserverang sahen die Richter eine Vollschwester des Siegerhengstes 2023, die Helium-Tochter Koh-I-Noor, gezogen vom Konsortium Rheinfels aus Essen und ausgestellt vom Trakehner-Gestüt Staffelde in Brandenburg.
Zehn Reitpferde, zwölf Stuten und eine Trächtigkeit fanden in der Auktion am Freitagnachmittag neue Besitzer. Für 45.000 € wurde die fünfjährige Stute Only Solution zugeschlagen, 40.000 € kostete der Wallach Pur und Edel von Shapiro. Der Durchschnittspreis für die Reitpferde betrug 27.650 € und lag damit deutlich über dem Vorjahresdurchschnitt. Den Spitzenpreis der Zuchtstuten erzielte mit 70.000 € die frisch gekürte Vizejahressiegerstute Basilika. Die Stuten erreichten einen Durchschnittspreis von rund 24.300 €. Den Schlusspunkt der Auktion bildete die Versteigerung einer Trächtigkeit: Ein Vollgeschwisterchen des Prämienhengstes Kenneth entfesselte ein Bieterduell, das bei 38.000 € mit dem Zuschlag endete.
Positives Resümee
Der erste Vorsitzende des Trakehner Verbandes, Dr. Norbert Camp aus Nordrhein-Westfalen, war am Ende des Hengstmarkts mehr als zufrieden. „Es war ein traumhaftes Wochenende“, schwärmte er. Vor allem die Symbiose mit dem Team Aubenhausen sei sehr gelungen gewesen. Team Aubenhausen sind die vierfache Olympiasiegerin Jessica von Bredow-Werndl mit ihrer Trakehner Stute Dalera sowie ihr Bruder Benjamin Werndl mit Daleras jüngerem Bruder Dallenio. Die Geschwister hatten am Mittwoch- und Donnerstagabend die Holstenhallen mit ihrem Ausbildungsabend „Die Reise vom Jungpferd zum Grand-Prix-Star“ bereichert. „Die Zuschauerresonanz war toll. Wir hatten ein auffallend junges Publikum und ganz viel positives Feedback“, freute sich Camp. Das Ganze sei eine Riesenveranstaltung für den Dressursport gewesen. Er hoffe, so neue Fans für die Trakehner gefunden zu haben. Denn Werndl hatte zum „Hexenkessel Holstenhalle“ und seinem Ritt auf einem sechsjährigen Nachwuchspferd gesagt: „Das geht so nur mit Trakehnern.“