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Es geschah in aller Stille

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„Stille Nacht, heilige Nacht“ heißt das bei uns wohl bekannteste Weihnachtslied. Ein Lied, das es schafft, die Stimmung auszudrücken, die sich an den Festtagen stets wie von selbst über uns ausbreitet.

Selbst in der Landwirtschaft, auf den Betrieben, wird es an diesen besonderen Tagen stiller. Ganz leise wird es hier natürlich nie. Und gerade in der Stille dieser Tage sind auf einmal vernehmbarer Gedanken zu hören, die einen irgendwie schon lange begleiten: Es ist ja auch die Zeit, über das vergangene Jahr nachzudenken und vielleicht für das neue Jahr zu planen. Die Auswirkungen der Kriege und Krisen auf der Welt, die Folgen des Klimawandels und die Bemühungen, die Klimaziele zu erreichen, all das ist in diesem Jahr auf den landwirtschaftlichen Betrieben, in den Dörfern angekommen und führt in Familien auch zu Zukunftssorgen. Die vergangenen Jahre wurden dadurch geprägt, dass wir alle ständig lernen mussten, mit neuen Situationen und Krisen umzugehen. Für viele von uns ist noch nicht ersichtlich, welche Rolle jeder Einzelne in diesem gesellschaftlichen Wandel spielen wird, in dem wir uns mittendrin befinden. Das trifft auch für die Landwirtschaft zu.

Sie haben Anfang des Monats im Bauernblatt womöglich schon das Porträt über mich als die neue Bischöfin im Sprengel Schleswig und Holstein und damit auch etwas von meiner Verbundenheit mit der Landwirtschaft und dem ländlichen Raum gelesen. Ich bin sicher: Wir als Gesellschaft müssen Ihnen, den landwirtschaftlichen Familien, noch deutlicher und wertschätzender zeigen, wie sehr wir Sie brauchen und welche Rolle Sie bei der Gestaltung einer sozialökologischen Transformation spielen werden, die wir ebenfalls brauchen.
„Stille Nacht, heilige Nacht“ – auch in der Stille der ersten heiligen Nacht in der Weihnachtsgeschichte ist etwas zu vernehmen. Auch damals ist es in der Stille nicht ganz ruhig. Da ist die Angst der Hirten auf dem Feld. Sie haben sich erschreckt, als der Engel zu ihnen trat. Auch von der Aufregung bei Maria und Josef wird in dieser Nacht gewiss etwas zu hören gewesen sein.

Und doch wird es letztlich eine stille, heilige Nacht, weil man nach diesen Engelsworten nicht mehr viel sagen musste: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird. Denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“

Wir feiern zu Weihnachten, dass wir aus der Höhe angesehen und angesprochen sind. Wir sind seit dieser heiligen Nacht in ein anderes Licht gestellt. Auch uns gelten diese Worte: „Fürchtet euch nicht!“ Wir sind gemeint. Wir können hoffnungsvoller und zuversichtlicher ins Leben gehen. Wir sind nicht allein – bei allem, was da kommen mag.

Dafür brauchen wir nichts zu machen. Nicht groß schnacken. Es wird uns einfach zugesprochen – in dieser stillen und heiligen Nacht.

Ein Jahr ist kein Jahr – drei Maisjahre im Vergleich

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Die Sortenempfehlung Silomais für 2024 setzt sich aus den Versuchsergebnissen der Landwirtschaftskammer der Jahre 2021, 2022 und 2023 zusammen. Die Witterungsverläufe dieser Versuchsjahre zeigen, dass in der Jugendentwicklung oftmals ausgeprägte kühle Wetterphasen vorlagen, die einer zügigen Entwicklung entgegenwirkten. Sich anschließende höhere Temperaturen wurden dagegen vom Mais zum Längenwachstum gut ausgenutzt. Der Artikel beschreibt, wie die einzelnen Maissorten abgeschnitten haben.

In Tabelle 1 sind die Ergebnisse der diesjährigen Standorte der Landessortenversuche über das Versuchsmittel als Bezugsbasis zusammengefasst aufgeführt. Die Praxis wird in den diesjährigen Ergebnissen der Landessortenversuche gut abgebildet. Auffällig sind die zum Teil hohen Biogasausbeuten. In die Berechnung dieses Merkmals fließen unter anderem Fett- und Zuckergehalt ein. Der positiv bewertete Fettgehalt wurde in diesem Jahr höher ausgewiesen als in den Vorjahren. Der hingegen negativ in die Berechnungsformel einfließende reduzierte Zuckerwert ist geringer im Vergleich zu den Vorjahren. Die Trockensubstanzgehalte wurden wie in den Vorjahren direkt bei der Ernte online über NIRS ermittelt.

Die Sortenempfehlung 2024

Für die landesweite Silomais-Sortenempfehlung zur Futternutzung konnten sich Sorten mit hohen Stärke- und Energiegehalten bei hohen Trockenmasseerträge und guter Abreife mehrjährig behaupten. Die aufgeführte Sortenempfehlung Silomais 2024 zur Futternutzung (Grafik 1a) umfasst insgesamt 28 Sorten, wobei landesweit 18 Maissorten für die Rinderhaltung empfohlen werden. Die weiteren ausgewiesenen Maissorten für sicher abreifende Standorte sowie für mais- als auch grasbetonte Rationen sollten ebenfalls in der Anbauplanung Beachtung finden. Die einjährig aufgeführten Sorten sollten allenfalls zur Probe angebaut werden.

In die Silomais-Sortenempfehlung zur Energienutzung fließen mehrjährig hohe Trockenmasseerträge und passende Abreifen bei guten Biogasausbeuten der Prüfsorten ein. Die aufgeführte Sortenempfehlung Silomais 2024 zur Energienutzung (Grafik 1b) umfasst insgesamt 26 Sorten, wobei landesweit 15 Maissorten empfohlen werden. Die ausgewiesenen Maissorten für sicher abreifende Standorte sind ebenfalls zu beachten. Neu geprüfte Sorten mit einjährigen Versuchsergebnissen aus den Landessortenversuchen sollten wie bereits erwähnt nur im Probenanbau getestet werden.

Die passende Sorte finden

Für den kommenden Silomaisanbau empfiehlt die Landwirtschaftskammer schwerpunktmäßig Sorten mit mehrjährigen Versuchsergebnissen. Zur Entscheidung über Sorten für die jeweilige Nutzungsrichtung sollten neben den Sortenbeurteilungen (Tabellen 2 und 3) auch die mehrjährigen Auflistungen (Tabellen 4 und 5) betrachtet werden, anhand derer die Stabilität der Sorten über die Jahre zu erkennen ist.

Zur Blüte des Maises lagen gute, feuchte und warme Bedingungen zur Pollenschüttung vor.

In den geprüften und dargestellten Sortimenten gibt es viele Möglichkeiten, Maissorten für den jeweiligen Bedarf auszuwählen:

Maissorten mit hohen Stärke- und Energiegehalten bekommen bei ordentlicher Abreife und hohen Trockenmasseerträgen eine landesweite Empfehlung zur Futternutzung.

Maissorten mit einer landesweiten Empfehlung zur Energienutzung überzeugen bei guter Abreife mit ordentlichen Trockenmassegehalten und Biogasausbeuten.

Im ersten Jahr geprüfte Sorten mit guter Leistung werden lediglich zum Probeanbau empfohlen.

Maissorten, die auf sicher abreifende Standorte gestellt werden sollten, zeigen hohe Erträge und/oder Qualitäten beziehungsweise Ausbeuten, die Abreifen sind jedoch nicht angepasst.

Für die maisbetonte Ration werden Maissorten mit hohen Trockenmasseerträgen bei entsprechender Abreife empfohlen, deren Stärkegehalte jedoch unter dem Durchschnitt liegen.

Für die grasbetonte Ration werden Maissorten mit ordentlichen Stärkegehalten und/oder Elos-Werten empfohlen, die Trockenmasseerträge können unter dem Durchschnitt liegen.

Landesweit empfohlene Maissorten

Die hohe Leistungsfähigkeit der Maissorten in den Landessortenversuchen wird in den Ergebnissen deutlich. Die Sorten haben drei Jahre mit verschiedenen Witterungsereignissen während der Vegetation 2021, 2022 und 2023 durchlaufen.

Die Reihenfolge der Sortenbeschreibung richtet sich nach der Siloreifezahl im Sortiment und innerhalb der Gruppen nach dem Alphabet. Somit bedeutet die Reihenfolge der Sorten keine Wertung.

Für die landesweite Empfehlung konnten sich folgende Sorten aus dem frühen Silomaissortiment (S 200–S 220) behaupten:

• ‚Ileo‘ (S 200/K 200), im Jahr 2020 zugelassen, wird landesweit für die Futternutzung empfohlen. Die Sorte weist dreijährig im Mittel überdurchschnittliche Abreifen und Stärkegehalte bei durchschnittlichen Energiedichten und schwankenden Trockenmasseerträgen auf.

• ‚Agromilas‘ (S 210/K -) wird seit 2019 geprüft und erhält eine landesweite Empfehlung für die Energienutzung. Im Mittel der drei Versuchsjahre weist die Sorte ordentliche Abreifen und hohe Biogasausbeuten bei durchschnittlichen Trockenmasseerträgen auf.

• ‚Amanova‘ (S 210/K 230), bereits im Jahr 2017 zugelassen, wird nach dreijähriger Prüfung landesweit für die Futternutzung empfohlen. Die Sorte reift gut ab, weist im Mittel durchschnittliche Trockenmasseerträge und Energiedichten bei hohen Stärkegehalten auf.

• ‚Amarola‘ (S 210/K 190) steht seit 2022 in der Prüfung und wird nach zweijähriger Prüfung landesweit für die Futter- wie auch Energienutzung empfohlen. Über die beiden Jahre gemittelt, zeigt die Sorte durchschnittliche Futterqualitäten bei guter Abreife, hohen Erträgen und Biogasausbeuten bei angepasster Abreife.

• ‚Benco‘ (S 210/K -) wurde 2020 in den Niederlanden zugelassen und wird seit zwei Jahren in den Landessortenversuchen geprüft. Eine landesweite Empfehlung für die Energienutzung wird aufgrund der gemittelten hohen Biogasausbeute bei angepasster Abreife und durchschnittlicher Trockenmasseerträge ausgesprochen.

• ,Espirito‘ (S 210/K -) wurde 2018 zugelassen und wird landesweit für die Futternutzung empfohlen. Im Mittel der drei Versuchsjahre weist die Sorte gute Abreifen und hohe Trockenmasseerträge bei durchschnittlichen Futterqualitäten auf.

• ‚KWS Johaninio‘ (S 210/K 230) stammt aus dem Jahr 2019 und zeigt dreijährig im Mittel durchschnittliche Trockenmasseerträge und Energiedichten bei hohen Stärkegehalten und Biogasausbeuten mit angepasster Abreife. Die Sorte wird landesweit für die Futter- und Energienutzung empfohlen.

• ‚LG 31205‘ (S 210/K -) wurde 2017 in den Niederlanden zugelassen und steht seit 2020 in der Landessortenprüfung. Die Sorte weist dreijährig hohe Stärkegehalte bei ordentlicher Abreife sowie durchschnittlichen Trockenmasseerträgen und Energiekonzentrationen auf. Die Sorte wird landesweit zur Futternutzung empfohlen.

• ‚LG 31207‘ (S 210/K -), im Jahr 2019 in den Niederlanden zugelassen, wird nach zweijähriger Prüfung landesweit sowohl zur Futter- als auch zur Energienutzung empfohlen. Die Sorte überzeugt durch angepasste Abreife, hohe Stärkegehalte und Trockenmasseerträge bei durchschnittlichen Energiedichten und Biogasausbeuten.

Der September war außergewöhnlich heiß, trocken und sonnenscheinreich, die Kolben- und Körnerabreife ging sehr schnell voran, während die Restpflanzen sehr grün blieben und somit eine geringe Gesamtpflanzenabreife vortäuschten.

• ‚Rancador‘ (S 210/K 220), im Jahr 2018 zugelassen, erhält abermals die Empfehlung für die Futter- und Energienutzung. Im Mittel der zurückliegenden drei Versuchsjahre weist die Sorte hohe Trockenmasseerträge und durchschnittliche Qualitäten wie Ausbeuten bei angepasster Abreife auf.

• ‚Wesley‘ (S 210/K 240) wurde 2022 vom Bundessortenamt zugelassen und wird für die Futter- und Energienutzung empfohlen. Die Sorte zeichnet sich zweijährig durch hohe Trockenmasseerträge, Stärkegehalte und Biogasausbeuten bei angepasster Abreife und durchschnittlichen Energiekonzentrationen aus.

Aus dem mittelfrühen Silomaissortiment (S 230–S 250) werden landesweit empfohlen:

• ‚Amaroc‘ (S 230/K -) stammt aus dem Jahr 2016 und wird nach dreijähriger Prüfung landesweit für die Futter- und Energienutzung empfohlen. Die Sorte reift überdurchschnittlich ab und weist im Mittel durchschnittliche Stärkegehalte, Energiedichten, Biogasausbeuten und hohe Trockenmasseerträge auf.

• ‚KWS Jaro‘ (S 230/K 240), 2020 zugelassen, wird ebenfalls landesweit für die Nutzungsrichtungen Futter und Energie empfohlen. Die Sorte reift im Mittel der drei Versuchsjahre überdurchschnittlich ab, weist sehr hohe Stärkegehalte und hohe Biogasausbeuten auf. Durchschnittliche Trockenmasseerträge und Energiekonzentrationen ergänzen die Sortenleistung.

• ‚KWS Robertino‘ (S 230/K 240) wurde 2019 zugelassen. In den drei zurückliegenden Versuchsjahren überzeugt die Sorte mit überdurchschnittlicher Abreife, hohen Trockenmasseerträgen und Stärkegehalten bei durchschnittlichen Energiedichten und Biogasausbeuten. Die Sorte wird erneut landesweit zur Futter- und Energienutzung empfohlen.

• ‚LG 31238‘ (S 230/K 220) wurde ebenfalls 2019 zugelassen und bekommt ein weiteres Mal eine Empfehlung für die Futter- und zur Energienutzung. Dreijährig weist die Sorte eine angepasste Abreife mit durchschnittlichen Energiedichten und Biogasausbeuten auf. Erzielte hohe Trockenmasseerträge wie auch durchschnittliche Stärkegehalte schwanken im Mittel der Prüfjahre.

• ‚LG 32257‘ (S 230/K 240), 2022 zugelassen, wird landesweit für die Futternutzung empfohlen. Die Sorte reift zweijährig geprüft angepasst ab, zeigt sehr hohe Stärkegehalte sowie durchschnittliche Trockenmasseerträge und Energiegehalte.

• ‚Micheleen‘ (S 230/K 230) aus dem Jahr 2020 weist im Mittel der drei Prüfjahre hohe Stärkegehalte auf. Bei guter Abreife, durchschnittlichen Trockenmasseerträgen und Energiedichten erhält die Sorte abermals landesweit die Empfehlung für die Futternutzung.

• ‚DKC 3419‘ (S 240/K -) wurde 2021 zugelassen. Über die drei Versuchsjahre zeigt die Sorte gute Abreifen. Mit schwankenden durchschnittlichen Trockenmasseerträgen und hohen Biogasausbeuten erhält sie landesweit eine Empfehlung zur Energienutzung.

• ‚Greatful‘ (S 240/K 240), im Jahr 2021 zugelassen, wird nach dreijähriger Prüfung landesweit für die Futternutzung empfohlen. Im Mittel der zurückliegenden Versuchsjahre überzeugt die Sorte mit angepasster Abreife, sehr hohen Stärkegehalten, hohen Energiedichten und durchschnittlichen Trockenmasseerträgen.

• ‚KWS Otto‘ (S 240/K -) wurde im Jahr 2020 zugelassen. In den aufgeführten drei Prüfjahren konnte die Sorte durchschnittlich schwankende Erträge bei überdurchschnittlicher Abreife erreichen. Mit mehrjährig erzielten hohen Stärkegehalten und Biogasausbeuten wird sie landesweit für die Futter- und Energienutzung empfohlen.

• ,Plutor‘ (S 240/zirka K 240), vom Bundessortenamt 2022 zugelassen, wird nach zweijähriger Prüfung für die Futternutzung empfohlen. Die Sorte weist hohe Stärkegehalte bei schwankender angepasster Abreife und schwankenden durchschnittlichen Trockenmasseerträgen auf.

• ‚ES Traveler‘ (S 250/K 250) wurde 2021 zugelassen und ist für die Energienutzung empfohlen. Die Sorte zeichnet sich dreijährig durch schwankende hohe Trockenmasseerträge sowie durchschnittliche Biogasausbeuten aus. Die Abreife weist durchschnittlich ebenfalls Schwankungen in den Prüfjahren auf.

• ‚Haiko‘ (S 250/K -), auch aus dem Jahr 2021, weist im Mittel dreijährig hohe Leistungen in Ertrag und Biogasausbeute auf. Die Abreife ist angepasst. Die Sorte wird landesweit für die Energienutzung empfohlen.

Die aufgeführten Sorten im ersten Jahr mit guten Leistungen 2023 sollten nur im Probenanbau Verwendung finden, denn gute Ergebnisse aus nur einem LSV-Jahr lassen zwar das hohe Leistungspotenzial neuer Sorten erkennen, sagen aber nichts über die Ertragsstabilität einer Sorte aus. In diesem Jahr ist sehr auffällig, dass die einjährigen Prüfsorten überwiegend nicht mit den mehrjährig in den Landessortenversuchen stehenden Silomaissorten mithalten konnten.

Die Silomaisernte begann im letzten Drittel des Septembers. Ab der ersten Oktoberwoche setzten dann über den Monat hinweg Niederschläge ein, die die Ernte ab etwa Mitte Oktober stoppten, vielerorts war eine Befahrbarkeit der Maisflächen nicht mehr gegeben.

Weitere Sorten mit Anbauwürdigkeit

Es gibt weitere Maissorten, die ebenfalls in bestimmten Nutzungsrichtungen beziehungsweise auf bestimmten Standorten eine Anbauwürdigkeit in Schleswig-Holstein haben und nicht außer Acht gelassen werden sollten. Im Folgenden sind Sorten genannt, die im mehrjährigen Mittel entsprechend gute Leistungen erzielt haben, jedoch in dem einen oder anderen Merkmal nicht mit den landesweit empfohlenen Sorten mithalten konnten.

Für maisbetonte Rationen sind die Sorten ‚RGT Exxon‘ (S 220) und ‚LG 31245‘ (S 240) empfohlen. Die aufgeführten Sorten zeichnen sich durch stabile hohe Trockenmasseerträge bei guter Abreife aus, sind jedoch im Stärkegehalt unterdurchschnittlich. Die mittelfrühe Sorte stand in den Jahren 2021 und 2023 in der Prüfung.

Für die grasbetonte Ration werden die Sorten ‚P 7381‘ (S 190) und ‚Farmactos‘ (S 230) empfohlen. Die zweijährig geprüften Sorten reifen entsprechend der Reifegruppe ordentlich ab, weisen überdurchschnittliche Stärkegehalte auf, die Trockenmasseerträge können jedoch unter dem Durchschnitt liegen.

Auf sicher abreifenden Standorten sollten für die Futternutzung die mehrjährig geprüften Sorten ‚LG 30258‘ (S 240), ‚Privat‘ (zirka S 240), ‚EC Gisella‘ (zirka S 250) und ‚Glutexo‘ (S 250) angebaut werden, um die Abreife für die jeweilige Nutzungsrichtung zu sichern. Für die Energienutzung wird empfohlen, folgende Silomaissorten auf sicher abreifende Standorte zu stellen: ‚SY Liberty‘ (S 210), ‚Farmarquez‘ (S 220), ‚Jakleen‘ (S 220), ‚LG 31223‘ (S 220), ‚DKC 3414‘ (S 250), ‚DKC 3418‘ (S 250), ‚DKC 3438‘ (S 250), ‚EC Gisella‘ (zirka S 250) und ,LG 31272‘ (S  250).

In der Praxis bewährte Sorten, die hier nicht in der Sortenempfehlung stehen, können weiterhin Beachtung finden und angebaut werden.

Fazit

Hierzulande werden die Silomaissorten in den Landesortenversuchen getrennt nach den Reifegruppen früh und mittelfrüh geprüft und bewertet. Nach wie vor ist die Sortenvielfalt im Maisanbau sehr groß, sodass der Nord-Ostsee-Kanal die Reifegruppentrennung zwischen den Sortimentsprüfungen bildet. Denn nicht jedes Sortiment kann an jedem Standort geprüft werden. Dabei bilden regionale Ergebnisse über Jahre hinweg die Grundlage für die Sortenempfehlung Silomais. Sie sind unerlässlich, um witterungsbedingte Besonderheiten über die Jahre aufzuzeigen, die sich in Stärken und Schwächen jeder einzelnen geprüften Maissorte wiederfinden.

Weitere Informationen zu den Maissorten finden sich unter www.lksh.de/landwirtschaft/ackerkulturen-von-ackerbohnen-bis-zwischen­fruechte/mais/ sowie unter www.lksh.de/versuchsdatenbank-der-landwirtschaftskammer-schleswig-holstein/


Wie war die Witterung für den Mais?

Die diesjährige Maisaussaat in Schleswig-Holstein lief im letzten Drittel des Aprils langsam an. Der überwiegende Anteil an Mais als Hauptfrucht wurde im Mai gedrillt, Befahrbarkeit der Ackerflächen und angepasste Witterungsbedingungen mussten vielerorts abgewartet werden. Die Aussaattage waren trotz vieler Sonnenstunden aufgrund kalter Winde recht frisch. Die Niederschläge der vorherigen Monate setzten sich im Mai nicht fort, doch bis über die Monatsmitte hinweg blieb es kühl. Pflanzenausfälle durch Fritfliegenbefall nach dem Auflaufen des Maises waren gering. Die jungen Maispflanzen wuchsen zunächst zügig davon. In den Versuchen wurde kein Vogelfraß festgestellt.

Der Juni war äußerst trocken, äußerst sonnenscheinreich und warm. Mitte Juni zeigte sich mancherorts Hagelschaden an Mais. In der zweiten Junihälfte waren die Reihen beim Mais als Hauptfrucht geschlossen. Die warme Trockenphase dauerte bis Ende Juni, Wachstumsdepressionen konnten nicht ausgeschlossen werden. Auf sehr leichten Ackerflächen begann der Mais die Blätter zu rollen. Der bereits ersehnte Regen kam im Juli. Diese Kombination aus Wärme und Wasser nutzte der Mais zusehends für sich zum Wachsen. Auftretende Stürme mit Niederschlägen in der ersten Juliwoche haben keinen nennenswerten Schaden im Mais durch Pflanzenausfälle verursacht. Zur anstehenden Blüte lagen gute Bedingungen für die Pollenschüttung vor.

Die Monate Juli und August waren äußerst nass und kühl, Beeinträchtigungen der Kolbenentwicklung gab es nicht. Der September war außergewöhnlich heiß, trocken und sonnenscheinreich, die Kolben- und Körnerabreife ging sehr schnell voran, während die Restpflanzen sehr grün blieben und somit eine geringe Gesamtpflanzenabreife vortäuschten. In der ersten Oktoberwoche setzten über den Monat hinweg Niederschläge ein, die die Ernte ab etwa Mitte Oktober stoppten. Vielerorts war eine Befahrbarkeit der Maisflächen nicht mehr gegeben.

In den beiden vorangegangenen Versuchsjahren 2021 und 2022 war das Frühjahr ebenfalls kühl, Niederschläge fielen. Die Wärme zog erst ab Mitte Juni langsam ins Land, Wasser und Wärme nutzte der Mais und streckte sich zusehends. Die Blüte fand in beiden Jahren Ende Juli statt. Im August folgte Sommerhitze, die 2022 zu Trockenstress und Trockenschäden an den Maispflanzen führte. Einsetzende Niederschläge im September durchgrünten den Mais wieder, wenn die Restpflanzen vorher noch nicht komplett verbräunt gewesen waren. Die Silomaisernte verlief bei ruhigem Erntewetter mit einzelnen Schauern bis in den Oktober hinein. 2021 traten in der ersten Oktoberhälfte zur Silomaisernte hin hohe Mengen an Niederschlägen auf.


Als Ausbilder auf Augenhöhe agieren

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Jedes Jahr starten rund 350 junge Menschen ihre Ausbildung im Beruf Landwirt/Landwirtin. Die Zahlen sind stabil, aber die Erwartungen der jungen Menschen ändern sich. Friedrich Klose, Ausbilder aus Trittau und Vorsitzender des Berufsbildungsausschusses bei der Landwirtschaftskammer, schildert im Interview, wie sich dies auf seinen betrieblichen Alltag auswirkt. Martina Johannes, Fachbereichsleiterin Bildung der Landwirtschaftskammer, sprach mit ihm.

Herr Klose, rund jeder zweite Auszubildende ist heute nicht mehr auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen. Welche Auswirkungen hat dies auf den betrieblichen Ausbildungsablauf?

Friedrich Klose: Wenn Berufsstarter keine praktischen Vorkenntnisse in der Maschinenführung oder im Umgang mit Tieren mitbringen, müssen wir ihnen dieses „kleine Einmaleins“ vermitteln. Hierfür ist in der Betriebsorganisation Zeit einzuplanen, für Erläuterungen und Übungsmöglichkeiten, und es braucht Geduld. Aber genau das ist ja die Aufgabe der Berufsausbildung.

Für die Schulabgänger sind die ersten vier Wochen nach dem Ausbildungsstart eine deutliche Veränderung gegenüber dem Schulbetrieb. Gleichzeitig ist Erntezeit: Es muss unbedingt darauf geachtet werden, dass der Auszubildende gut in das betriebliche Arbeitsgeschehen einbezogen wird. Das ist besonders wichtig, wenn der Wohnort des Auszubildenden weit vom Ausbildungsbetrieb entfernt ist. Hier versuchen wir, Brücken für neue persönliche Kontakte zu bauen, zum Beispiel zur Landjugend oder zur Feuerwehr.

Nicht vom Betrieb zu kommen heißt nach meiner Erfahrung nicht, dass immer mehr Zeit für Wissensvermittlung benötigt wird. Es gibt viele Beispiele von jungen Menschen mit großer Lust auf Landwirtschaft und hoher Lernbereitschaft, die nicht aus der Landwirtschaft kommen und sehr erfolgreich durchstarten.

Besonders wichtig erscheint mir, dass die jungen Menschen nicht mit einem falschen Bild von der Landwirtschaft in die Ausbildung starten. Zwei oder drei Schnuppertage auf dem Betrieb vor der Vertragsunterzeichnung fördern das persönliche Kennenlernen und vermitteln ein realistisches Alltagsbild.

Die sogenannte Generation Z der zwischen 1997 und 2012 Geborenen hat teilweise andere Bedürfnisse und Haltungen als die Jahrgänge davor. Wie reagieren Sie darauf?

Bei Jugendlichen ist das Bedürfnis nach sinnstiftender Arbeit, Feedback und guter Balance von Arbeit und Familie/Freunden heute deutlich stärker ausgeprägt. Wir besprechen daher die Arbeitsabläufe auf dem Betrieb vor der Arbeitsdurchführung intensiver und nutzen die erstellten Arbeitsanweisungen als Fahrplan. Dabei steht das zu erreichende Ziel im Vordergrund. Das Hinterfragen und Einbringen von Vorschlägen zur Verbesserung der Arbeitsqualität versuche ich zu fördern.

Wenn der Wunsch nach Eigenständigkeit besteht, gebe ich mehr Raum dafür, zum Beispiel durch Zusammenstellung eines Pools von Arbeiten, die die Auszubildenden als Team mit selbstständiger Zeiteinteilung unter sich aufteilen.

Unser Miteinander findet auf Augenhöhe statt, und die Kommunikation ist viel offener. Mit manchen direkten Reaktionen musste ich als Chef auch erst umzugehen lernen. Bei der Arbeitszeitverteilung gehen wir stärker auf persönliche Anliegen und Bedürfnisse ein, sofern dies betrieblich möglich ist.

Ich halte es für wichtig, nicht gegen gesellschaftliche Veränderungen anzuarbeiten, sondern Anpassungen vorzunehmen und die Chancen zu nutzen.

Arbeitsprozesse sollten vor der Durchführung gründlich besprochen werden, hier Lutz Volbert bei der Ladungssicherung.

Die Landwirtschaft steht bei der Nachwuchsgewinnung im Wettbewerb mit anderen Branchen. Wie können sich die Ausbildungsbetriebe erfolgreich präsentieren?

Unsere besondere Stärke liegt aus meiner Sicht in unseren persönlichen Netzwerken vor Ort, im Dorf, im Bekanntenkreis und zu den örtlichen Schulen. Aber wir sollten uns sehr viel intensiver in den digitalen Medien attraktiv präsentieren – auf der Ausbildungsplattform der Landwirtschaftskammer, durch eine betriebliche Internetseite mit Videoclip und in den Sozialen Medien. Nach meinen Erfahrungen nehmen die telefonischen Anfragen interessierter junger Menschen ab und die Mailanfragen zu.

Für sehr wichtig halte ich, dass jede Anfrage auch beantwortet wird. Es darf nicht sein, dass junge Menschen, die ihren ganzen Mut für eine Anfrage zusammengenommen haben, keine Rückmeldung erhalten. Wenn die Ausbildungsplätze bei mir besetzt sind, gebe ich nach Möglichkeit einen Hinweis auf einen Berufskollegen mit freiem Ausbildungsplatz oder schaue, ob ich ein Angebot für das nächste Jahr machen kann.

Die Präsentation des Betriebes auf den verschiedenen Kanälen muss fortlaufend aktuell gehalten werden. Hierfür haben sich bei uns festgelegte Verantwortlichkeiten und regelmäßige Terminvorlagen bewährt.

Für die Ausbildung im Beruf Landwirt/Landwirtin wurde 2020 ein Leitbild für Ausbilderinnen und Ausbilder entwickelt. Wie konnten Sie diesen „Kompass“ in Ihrem Ausbildungsalltag nutzen?

Ich war als Ausbilder am Erstellungsprozess beteiligt und habe viele Denkanstöße mitgenommen. Die dort formulierten Werte und persönlichen Fähigkeiten behandele ich im Ausbildungsalltag. Wir haben vor Kurzem auch für unseren Betrieb ein kurzes Leitbild erstellt. Hierbei hat uns eine externe Kraft unterstützt. Durch diesen Prozess haben wir genauer hingeschaut, was unsere wichtigsten Erfolgsfaktoren sind. Mit den Auszubildenden bespreche ich nach den ersten vier Wochen im Betrieb das Leitbild. Als Abschluss setzen wir gemeinsam unsere Unterschriften darunter, das erhöht die Verbindlichkeit. Wir betrachten unser betriebliches Leitbild nicht als fix, sondern werden es bei Bedarf gemeinsam weiterentwickeln.

Sie wurden im Jahr 2022 vom Deutschen Bauernverband bundesweit als Ausbildungsbetrieb des Jahres ausgezeichnet. Was ist aus Ihrer Sicht besonders wichtig in der betrieblichen Ausbildung?

Ausbildung ist eine Zukunftsinvestition: Wir müssen uns ausreichend Zeit nehmen für die Erläuterung der Arbeitsabläufe und Gelegenheiten für eine fachliche Vertiefung der Ausbildungsinhalte intensiv nutzen, zum Beispiel durch Bestandsbeurteilungen oder Tierbeobachtungen. Ich halte es für sehr wichtig, das Auge unserer Nachwuchskräfte gezielt zu schulen und besondere Begabungen zu fördern.

Ein Lob in direkter Verbindung mit der Tätigkeit stärkt die Motivation und gibt Sicherheit. Mit der gezielten Vorbereitung auf die Prüfungen starten wir bereits im Frühjahr des Prüfungsjahres. Unser Ziel ist ein vertrauensvoller Umgang, daher investieren wir in ein gutes Miteinander.

Stecker gezogen

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Plattradio wurde der Stecker gezogen. Grund dafür ist laut der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH) ein Verstoß gegen den Grundsatz der Staatsferne des Rundfunks aufgrund der Finanzierung von Plattradio durch das Ministerium für Allgemeine Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (MBWFK). Der Schleswig-Holsteinische Heimatbund (SHHB) reagierte sofort und stellte unverzüglich alle Aktivitäten ein. Plattradio ist jetzt offline.

Für den SHHB bleibt das Projekt dennoch eine Erfolgsgeschichte: „Unser Auftrag mit Plattradio war der Sprachausbau des Niederdeutschen über den Kanal des Journalismus. Und das ist uns mit diesem einzigartigen plattdeutschen Medienangebot gelungen“, zieht Redaktionsleiter Jan Graf nach der endgültigen Abschaltung von Plattradio Resümee. „Eine inhaltliche Einmischung seitens unserer Förderer war zu jeder Zeit weder gewollt noch ist sie in der Praxis vorgekommen,“ sagt Graf, der auf viele Jahre Erfahrung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zurückblicken kann.
„Durch die Befristung der Förderung war ein vorzeitiges Ende immer ein mögliches Szenario. Nichtsdestotrotz betrachten wir Plattradio als Erfolg für den Sprachausbau des Niederdeutschen und als einen Teilerfolg für unseren Sprachenplan“, sagt auch SHHB-Geschäftsführer Benjamin Abel. Das darin festgelegte Ziel für die niederdeutsche Sprache lautet:
• De Spraak stütten, woneem se noch snackt warrt. (Die Sprache fördern, wo sie noch gesprochen wird.)
• De Spraak torüchhalen, woneem se mal snackt worrn is. (Die Sprache zurückholen, wo sie mal gesprochen wurde.)
Die in der Satzung und im Sprachenplan des SHHB festgelegten Ziele sind von der Landesregierung unabhängig, was auch für das Plattradio gilt.
Der SHHB und das Plattradio danken ihren Kooperationspartnern für die stets sehr gute Zusammenarbeit, allen voran dem Norddeutschen Rundfunk (NDR), der die Nachrichten bereitgestellt hat, sowie dem Offenen Kanal Schleswig-Holstein (OKSH) für die Sendefläche und die Produktionstechnik. „Wir hoffen, dass das Plattradio nicht nur als Pilotprojekt für den Erhalt und den Ausbau von Minderheitensprachen in Erinnerung bleiben wird, sondern langfristig Einfluss auf den Umgang mit Minderheitensprachen in den Medien haben wird“, sagt Abel abschließend.

Statement zum „Aus“ von Plattradio von Redaktionsleiter Jan Graf

„Das Konzept für Plattradio kam aus der Sprechergruppe und fand Fürsprecher in allen demokratischen Landtagsfraktionen. Sechs Monate lang hat Plattradio gearbeitet. Von September bis Mitte Dezember 2023 war die Redaktion täglich auf Sendung. Ein solches Medienangebot hatte es für das Plattdeutsche zuvor nicht gegeben. Natürlich sind wir traurig, dass jetzt Schluss ist. Doch als Redaktion sind wir stolz, dass wir zeigen konnten, was unsere Sprache kann. Unser Anliegen war: Auf Plattdeutsch über Welt und Region berichten und die Sprache ausbauen, wo es dafür nötig ist. Wir sind all unseren Partnern dankbar für die Unterstützung, die wir bei dieser Arbeit bekommen haben. Unser größter Dank gilt unseren Hörerinnen und Hörern, die uns wunderbar begleitet haben.“

Ist Stroh oder Heu geeigneter?

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Ein früher Zugang von Kälbern zum Festfutter stimuliert die Kautätigkeit, die Entwicklung der Pansenschleimhaut, das anatomische Wachstum des Pansen-Hauben-Komplexes und damit die Fähigkeit zur Aufnahme von Nährstoffen. Darüber hinaus geht von Festfutter – Grobfutter und Konzentrat – auch ein positiver antinutritiver Effekt aus.

Gerstenstroh und Luzerneheu sind die am häufigsten untersuchten Futtermittel für Tränkekälber, aber sie werden in der Wissenschaft unterschiedlich stark präferiert. Daher sollten in einer aktuellen Studie die potenziellen Auswirkungen dieser beiden verschiedenen Grundfuttermittel auf die Futteraufnahme, Leistung, das Verhalten, das ruminale Mikrobiom und die Entwicklung des Pansenepithels von Kälbern während des Zeitraumes vor und nach dem Absetzen von der Milch untersucht werden.

In der Vergangenheit wurde, besonders international, dem Konzentrat nicht nur eine größere Bedeutung zugemessen als dem Grobfutter, sondern oftmals sogar Grobfutter als Festfutter für Tränkekälber abgelehnt. Mittlerweile aber wird die ausschließliche Zufütterung von Konzentrat als Festfutter für Kälber vor dem Absetzen auch von internationalen Wissenschaftlern eher infrage gestellt, begründet durch die potenziell negativen Auswirkungen von Konzentrat auf den Pansen-pH-Wert.

Studie von Antúnez-Tort

In eine von Wissenschaftlern aus Uruguay und Spanien durchgeführte Untersuchung wurden 45 Holsteinkälber (zu Beginn: 44 ± 5,7 kg Gewicht und 3 ± 1,5 Tage alt) einbezogen, die alle innerhalb der ersten sechs Stunden nach der Geburt 3,5 l aufgetautes Kolostrum erhalten hatten. Die Haltung während der Tränkephase erfolgte in mit Sägespänen eingestreuten Einzelboxen.

Jeweils 15 Kälber wurden anhand ihrer Lebendmasse vergleichend auf drei Versuchsvarianten aufgeteilt. In der Versuchsvariante 1 erhielten die Kälber sowohl in der Zeit der Milchtränke als auch nach dem Absetzen von der Milch Gerstenstroh. In der Variante 2 wurden den Kälbern während der Tränkephase Gerstenstroh und nach dem Absetzen Luzerneheu zugefüttert. Die Kälber der Variante 3 bekamen sowohl in der Tränkephase als auch nach dem Absetzen Luzerneheu.

Der Milchaustauscher und die veranschlagten Tränkemengen waren für alle Kälber der drei Versuchsgruppen stets gleich. Sie erhielten in den ersten drei Tagen 4 l pro Tag, vom vierten bis siebten Tag 5 l pro Tag, vom achten bis 14.  Tag 6 l pro Tag (jeweils mit 12,5 % TM) und vom 15. bis 49. Tag dieser Studie 6 l pro Tag mit 15 % TM. Die Verabreichung der Tränke erfolgte zweimal täglich.

Ab dem 50. Tag der Studie bestand die Tränke nur noch aus 3 l Milch mit 15,0 % TM, die morgens verabreicht wurden. Am 57. Tag wurden alle Kälber von der Milch abgesetzt. Neben der Milchaustauschertränke erhielten alle Kälber der drei Versuchsgruppen gleichermaßen dasselbe Konzentratfutter, welches sowohl vor als auch nach dem Absetzen von der Milch ad libitum und in pelletierter Form angeboten wurde. In der Tabelle 1 sind die Nährstoffangaben des Milchaustauschers sowie sämtlicher Festfutter enthalten.

Luzerneheu beziehungsweise Gerstenstroh, beide gehäckselt, wurden jeweils in einer separaten Schüssel neben dem Konzentratfutter angeboten, und zwar in Höhe von 7,5 % (vor dem Absetzen) und 15 % (nach dem Absetzen) der Gesamtfutteraufnahme des Vortages.

Die Verfügbarkeit von Stroh vor und nach dem Absetzen von der Milch erwies sich als vorteilhaft für die Entwicklung der Kälber.

Die Erfassung der Daten

Von jedem Kalb wurden täglich die aufgenommene Menge an Milchaustauscher, Konzentratfutter und Grobfutter sowie wöchentlich Körpergewicht und Widerristhöhe erfasst. Die Berechnung der wöchentlichen Futtereffizienz erfolgte auf Basis der aufgenommenen Milch und des Festfutters und der in der jeweiligen Woche zugenommenen Lebendmasse.

Dabei wurde die Füllung des Magens nach Jahn und Chandler (1976) entsprechend folgender Gleichung berücksichtigt:

Füllung des Magens (% des Lebensgewichts) = 10,4 – [0,39 × XP % aus festen Futtermitteln] + [0,41 × ADF % aus festen Futtermitteln]

Wöchentlich erfolgte die Ermittlung der Partikelgrößenverteilung des jedem Kalb vorgelegten Futters sowie des Restfutters (siehe Tabelle 1).

Untersuchungen zum Fressverhalten fanden jeweils an einem Tag in der siebten, neunten und 13. Woche der Studie statt, indem die Festfutteraufnahme bei allen Kälbern stündlich zwischen 5 und 21 Uhr erfasst wurde. Darüber hinaus registrierten die Wissenschaftler wöchentlich von der sechsten bis zur 13. Woche dieser Studie bei je sechs Kälbern pro Variante täglich das Selektionsverhalten beim Festfutter.

Begleitet wurden diese Untersuchungen durch direkte Beobachtungen des Fress- und Wiederkauverhaltens sowie des Liege- und Stehverhaltens von zehn Tieren pro Variante. Dafür wurden diese Kälber während vier aufeinanderfolgender Stunden ab dem morgendlichen Festfutterangebot im Abstand von 5 min beobachtet.

Weiterhin erfolgte bei jedem Kalb am 53., 66. und 87. Tag eine Pansensaftentnahme zur Bestimmung der Zusammensetzung des Mikrobioms. Darüber hinaus wurden von jeweils fünf zufällig ausgewählten Kälbern je Versuchsvariante Biopsien des Pansenepithels durch Endoskopie, etwa zwei Stunden nach der morgendlichen Fütterung am 90. Tag des Experiments, vorgenommen.

Futteraufnahme und Leistung

Während der Wochen vor dem Absetzen von der Milch ergaben sich keine Unterschiede zwischen den Kälbern aller drei Versuchsvarianten in Bezug auf die Aufnahme von Milch, Konzentratfutter und Gesamt-Trockenmasse (Tabelle 2). Gleiches galt demnach auch für die Protein-, NDF- und Energieaufnahmen.

Nach dem Absetzen jedoch nahmen die Kälber der Versuchsvarianten 2 und 3 weniger Konzentrat und Gesamtfutter auf als Kälber der Versuchsgruppe 1, die stets Zugang zu Stroh hatten. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Bereitstellung von Stroh während der Zeit nach dem Absetzen vorteilhafter war als die Bereitstellung von Luzerneheu, was ebenfalls mit früheren Studien (Movahedi, 2017) übereinstimmt.

In besagter Untersuchung wiesen Kälber im Alter von etwa acht bis zehn Wochen eine geringere Aufnahme von Konzentratfutter und geringere Lebendmassezunahmen auf, wenn sie statt Weizenstroh Luzerneheu gefüttert bekamen.

Während sich in der Studie von Antúnez-Tort et alii im Wachstum der Kälber vor dem Absetzen von der Milch kein Unterschied zwischen den drei Varianten zeigte, wiesen die Kälber, welche stets Stroh als Grobfutter erhielten (Versuchsgruppe 1), nach dem Absetzen tendenziell ein höheres Gewicht auf (Tabelle 3).

Futteraufnahme- und Selektionsverhalten

In der Woche 7, also eine Woche vor dem Absetzen, wurde bei den Kälbern aller drei Versuchsvarianten weder ein unterschiedliches Aufnahmeverhalten (bezogen auf die aufgenommene Futtermenge je Stunde) beim Grobfutter, noch beim Konzentratfutter registriert. Auch die Tagesrhythmik bei der Futteraufnahme war weitgehend gleich. Bezüglich der Grobfutteraufnahme war ein nahezu deckungsgleicher Tagesrhythmus bei den Kälbern aller drei Versuchsgruppen erkennbar.

Die höchste Grobfutteraufnahme erfolgte um 10 Uhr, während diese in allen anderen Stunden wesentlich niedriger war. Konzentrat hingegen wurde vermehrt am Morgen (8 Uhr) und am Nachmittag (16 Uhr) während der Milchtränke und darüber hinaus noch um 21 Uhr aufgenommen. Die aufgenommene Futtermenge war jedoch zwei Stunden nach der morgendlichen Tränke in allen Versuchsvarianten am größten.

In der neunten und 13. Woche, also nach dem Absetzen von der Milch, zeigte sich grundsätzlich ein ähnliches Fressverhalten der Kälber beim Grobfutter wie vor dem Absetzen (in der siebten Woche).

In der neunten Woche (nach dem Absetzen) war die Rate der Konzentratfutteraufnahme bei den Kälbern der Versuchsgruppe 1, die stets Gerstenstroh erhielten, signifikant größer als bei denen der Versuchsgruppe 3, die stets Luzerneheu bekamen. Diese Unterschiede wurden hauptsächlich auf die größere Futteraufnahmerate zwei Stunden nach dem morgendlichen Angebot von festem Futter zurückgeführt.

Die Futteraufnahmerate folgte bei den Tieren aller Versuchsvarianten einem ähnlichen Muster im Tagesverlauf.

In der 13. Woche wiesen die Stroh-Heu-Kälber (Versuchsvariante 2) eine größere Futteraufnahmerate auf als die Kälber der anderen beiden Versuchsvarianten. Die Konzentratfutteraufnahmerate der stets mit Stroh gefütterten Kälber der Gruppe 1 war signifikant größer im Vergleich zu den Kälbern der anderen beiden Gruppen.

Stündliche Unterschiede in der Konzentratfutteraufnahme zwischen Kälbern, die mit Stroh oder Luzerneheu gefüttert wurden, traten während dieser zwei Hauptspitzen der Futteraufnahme auf. Dies könnte darauf hinweisen, dass Sättigungssignale, die durch die Futteraufnahme ausgelöst wurden, bei Kälbern, die mit Stroh gefüttert wurden, später auftraten als bei solchen, die Luzerneheu erhielten. Ersteren ermöglichte dies, während der bevorzugten Fresszeiten mehr Futter zu konsumieren.

Sowohl vor als auch nach dem Absetzen nahmen die Kälber aller drei Versuchsvarianten die langen Futterpartikel gleichermaßen verstärkt auf und ließen die kurzen Futterpartikel vermehrt liegen.

Die in dieser Studie ermittelten Pansen-pH-Werte unterhalb von 6 könnten diese bevorzugte Wahl langer Partikel beeinflusst haben. Vergleichbare Reaktionen fand Maulfair bei Milchkühen, bei denen der pH-Wert im Pansen von 6,02 auf 5,77 abgesenkt wurde. Auf die „erzwungene“ Pansen-pH-Absenkung reagierten die Tiere ebenfalls mit einer Vorliebe für lange Futterpartikel.

Die Fütterung von Gerstenstroh vor und nach dem Absetzen hatte in der Studie einen günstigeren Einfluss auf die Pansenschleimhautentwicklung der Kälber als die Fütterung von Luzerneheu.

Das Verhalten der Tiere

Während einer Zeitdauer von drei Wochen fanden Beobachtungen zum allgemeinen Tierverhalten statt. Dabei zeigten sich während der morgendlichen Fütterung unterschiedliche Verhaltensmuster bei den Kälbern der drei Versuchsgruppen. So kauten tendenziell die Kälber der Versuchsgruppe 1 (Stroh vor und nach dem Absetzen) in den ersten vier Stunden nach der morgendlichen Tränke mehr wieder (Tabelle 4). Womöglich liegt ein Grund hierfür in den beim Gerstenstroh gefundenen längeren Partikeln im Vergleich zu Luzerneheu, obwohl beide Futtermittel mit derselben Maschine und der theoretisch identischen Schnittlänge gehäckselt wurden.

Diese längere Wiederkauzeit in Kombination mit der größeren Partikellänge mag Einfluss auf den pH-Wert im Pansen genommen und letztendlich das Muster der Konzentratfutteraufnahme beeinflusst haben, was den Kälbern der Versuchsgruppe 1 eine größere Konzentratfutteraufnahme zu den Spitzenzeiten ermöglicht haben könnte.

Hingegen verbrachten die Kälber in der Versuchsgruppe 3 (vor und nach dem Absetzen Luzerneheu) signifikant mehr Zeit mit Liegen.

Kälber der Versuchsvarianten 1 und 2 verbrachten in den drei Beobachtungswochen signifikant mehr Zeit mit der Wasseraufnahme als diejenigen der Versuchsvariante 3.

Wie reagiert der Pansen?

Der Pansen-pH-Wert, der in der siebten, neunten und 13. Versuchswoche ermittelt wurde, unterschied sich jeweils zwischen den Kälbern der drei verschiedenen Behandlungsgruppen nicht. Jedoch war der pH-Wert in der 13. Woche mit 6,01 signifikant höher als in den beiden vorhergehenden Beobachtungswochen (siebte Woche: 5,74, neunte Woche der Studie: 5,76).

Im Laufe der Probenahmewochen zeigte sich auch eine Veränderung im Pansenmikrobiom. Zwischen den Kälbern der drei Versuchsgruppen aber gab es diesbezüglich keine Unterschiede, was ebenfalls zu den nicht verschiedenen Pansen-pH-Werten, sowohl vor als auch nach dem Absetzen, passt. Dies könnte durch das gleiche Verhältnis von Grobfutter zu Konzentrat sowie durch die gleichen Gehalte an Rohprotein und Nichtfaser-Kohlenhydraten im Futter aller drei Versuchsgruppen begründet sein.

Fazit

Ziel der vorgestellten Studie war es, die potenziellen Auswirkungen von gehäckseltem Gerstenstroh beziehungsweise Luzerneheu während der Zeit vor und nach dem Absetzen von der Milchtränke auf die Futteraufnahme, Leistung, das Verhalten sowie auf Pansenparameter von Kälbern zu untersuchen.

Die Studienergebnisse bestätigen die Vorteile der Bereitstellung begrenzter Mengen an Stroh vor und nach dem Absetzen der Milch. Zwar hatte die Art des zugeführten Grobfutters (ob Gerstenstroh oder Luzerneheu) keinen Einfluss auf die Aufnahme von Konzentrat- beziehungsweise Grobfutter und Gesamttrockenmasse vor dem Absetzen, aber Gerstenstroh als bereitgestelltes Grobfutter verbesserte im Vergleich zur Gabe von Luzerneheu die Futteraufnahme und die Leistung der Kälber in der Zeit nach dem Absetzen, ohne negative Auswirkungen auf die Futtereffizienz.

Abschließend kommen die Autoren dieser Studie zu der Aussage, dass die Fütterung von Gerstenstroh vor und nach dem Absetzen effektiver war als die Fütterung von Luzerneheu, um die Aufnahme von Konzentratfutter nach dem Absetzen sowie die Entwicklung der Pansenschleimhaut bei den Kälbern zu fördern.

„Einfach mal Pause machen“

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Für den gebürtigen Nordfriesen und Wahlhamburger Ove Thomsen war das ein aufregendes und trubeliges Jahr: Der Musiker und Songwriter veröffentlichte im März zusammen mit seinem langjährigen Freund und Illustrator, Melf Petersen, mit „Regen in‘n Kopp“ (Regen im Kopf) ein erstes Kinderbuch auf Platt- und Hochdeutsch. Prompt gab es im November dafür den Preis „Plattdeutsches Buch des Jahres“ der Carl-Toepfer-Stiftung in Hamburg. In einem Gespräch mit dem Bauernblatt erzählt er von seinen Eindrücken, aber auch weiteren Plänen.

Auftritte mit seiner aktuellen Band „Deniz & Ove“, die seit 2020 mit Kinderliedern im coolen Indie-Pop-Sound die Kinder- und Familienwelt erobert, dazu seit Herbst noch zahlreiche Lesungen samt der feierlichen Preisübergabe im Rahmen der Plattdeutschen Buchmesse in Hamburg – „das war schon viel dieses Jahr, was zusammen gekommen ist, und ich vergesse immer, auch mal zurückzublicken. Das macht man sonst ja meistens erst zu Silvester“, sagt er.

Nun habe er Zeit zum Innehalten, Erfolggenießen und zum Nachdenken. Zum Beispiel darüber, ob er kommendes Jahr mehr oder weniger machen möchte. „Ich bin zu dem Entschluss gekommen, ich muss mal auf die Pause-Taste drücken“, gibt er sich selbst die Antwort. Das meint aber nicht, dass er gar nichts mehr macht, sondern nur gezielter. „Ich freue mich immer so sehr, wenn die Leute etwas von mir sehen oder hören wollen, und sage dann zu, ohne viel darüber nachzudenken.“ Doch anstatt kreuz und quer durch die Republik zu fahren, nimmt er sich vor, die Veranstaltungen besser miteinander zu verknüpfen oder, wenn es gar nicht passt, auch mal Nein zu sagen. „Denn es ist gut, wenn ich da nicht meine eigene Parodie werde, ohne irgendwann mal die Pause-Taste gedrückt zu haben“, so Ove Thomsen.

Buchcover

P.A.U.S.E. – darum geht es auch in dem Buch „Regen in‘n Kopp“. Ameisenbär Gunnelt lebt zusammen mit Gürteltier Guschi in einem Reetdachhäuschen im Regenwald. Gunnelt ist als Hausmeister sehr gefragt und an sich macht ihm die viele Arbeit auch nichts aus. Er hilft gerne allen Tieren. Doch eines Tage merkt er, dass es ihm zunehmend schwererfällt, aufzustehen, sich zu motivieren. Alles, was ihm sonst Freude bereitet hat, macht ihm iregndwie nicht mehr so richtig Spaß. Es fühlt sich für ihn an, als habe er Regen im Kopf. Seine beste Freundin Guschi rät ihm, zu entspannen und einen Spaziergang durch den Regenwald zu machen. Dort trifft er auf Faultier Malie, das ihm den Tipp gibt, doch einmal Doktor Willi aufzusuchen. Doktor Willi ist ein Affe und hat einen einfachen Rat für Gunnelt: P.A.U.S.E. – Probier‘s Aus Und Sei Entspannt. Ob am Ende wieder die Sonne für Gunnnelt scheint, erfahren die Leser am Ende des 40-seitigen Buches, das es sowohl in einer rein hochdeutschen als auch in der zweisprachigen Variante mit Platt- und Hochdeutsch gibt.

Niedergeschlagenheit, Traurigkeit, depressive Phasen, Überforderung – keine einfache Kost für Kinder ab fünf Jahren. Und doch schaffen Ove Thomsen und Melf Petersen es auf ihre ganz eigene, behutsame, spielerische Art, den Kindern das näherzubringen und sie durch die Geschichte zu führen. Es ist okay, dass nicht immer die Sonne scheint, dass man auch mal traurig sein darf und dass Pausen und Spazierengehen helfen können, die Dinge wieder aus einer neuen Sicht zu sehen. „Kinder verstehen das schon in dem Alter und auch wenn es ein schweres Thema ist, denke ich, je früher man damit in den Kontakt kommt, desto eher kann man so etwas wie eine Resilienz aufbauen oder Taktiken erwerben. Lehrer können das schon im Unterricht mit integrieren“, erklärt der Wahlhamburger. Und es verstehen nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene, was das Buch zu einem generationenübergreifenden Werk werden lässt.

Ameisenbär Gunnelt hat Regen im Kopf, selbst auf seine Lieblingsspeise Ameisen hat er keinen Appetit.
Illustration: Melf Petersen

„Das Plattdeutsche in dem Buch war mir dabei sehr wichtig und ich werde nicht müde zu betonen, dass man auch schwere Themen im Plattdeutschen ansprechen kann, denn diese Sprache ist nicht immer nur komisch oder lustig. Außerdem möchte ich zum Erhalt der Sprache beitragen“, erklärt Ove Thomsen, der mit Platt groß geworden ist. Zu Hause werde nur Platt gesprochen, da mussten schon zu Schulzeiten Oves Freunde durch, wenn sie bei den Thomsens zu Besuch kamen. Das Plattdeutsche wurde gnadenlos durchgezogen, ob man es verstand oder nicht, „da wurde jeder sprachlich in die Mangel genommen“, erzählt er mit einem Augenzwinkern. Ein Fakt, der später dann auch in der Abi-Zeitung Erwähnung fand.

Die niederdeutsche Sprache und Literatur zu fördern sowie bei zeitgemäßen Projekten für das Plattdeutsche zu helfen, das sind auch Maßgaben, die sich die Carl-Toepfer-Stiftung in Hamburg auf die Fahnen geschrieben hat. Die Jury wählte „Regen in‘n Kopp“ zum Plattdeutschen Buch des Jahres, weil „in dem Bilderbuch die hervorragende Leistung gesehen wird, die die Satzung des Preises fordert. Das aus Sicht der Jury überragende Buch kombiniert anspruchsvolle haptisch-ästhetische Gestaltung mit zeitgemäßen inhaltlichen Aspekten“, lautet ein Auszug aus der Begründung. Dass Ove mit dem Buch darüber hinaus zum Erhalt seiner Muttersprache beitragen möchte, war ein weiterer Aspekt.

Aber auch die Illustrationen von Melf Petersen wurden dezidiert herausgehoben: „Das im Hamburger Jumbo-Verlag herausgegebene zweisprachige Bilderbuch ist sorgfältig lektoriert, durch ein Hörbuch zum Download und die Komposition eines Songs multimedial rezipierbar und überrascht durch die Illustrationen des Grafikdesigners und Musikers Melf Petersen. Der langjährige Weggefährte des Autors verbindet Aquarelltechnik und Federstrich und ermöglicht es den Lesern und Leserinnen, durch die Kombination vertrauter und exotischer Elemente Distanz und Nähe zum Inhalt zu entdecken.“

„Die Nachricht von dem Preis kam überraschend. Die Übergabe selbst war so wertschätzend. Und es war spannend für mich zu hören, wie das Buch aus einem anderen Blickwinkel bewertet wurde. Die Zeichnungen von Melf sind nicht kinderbuchtypisch. Aber als wir uns zu dem Projekt entschieden haben, war klar, dass wir es so machen wollen, wie wir es uns denken. Wir sind da völlig unbefangen herangegangen und hatten nicht den Anspruch an uns, sofort den großen Wurf hinzulegen. Ich mochte es, dass Melf sich beim Zeichnen nicht eins zu eins an den Text gehalten hat. Um seine Gedankenwelt mit teilhaben zu lassen, habe ich dann irgendwann noch mal meine Texte geändert“, berichtet Ove vom Werdegang des Buches.

Bei der plattdeutschen Übersetzung hatte er Hilfe von Peter Nissen, denn Plattsprechen sei das eine, Plattschreiben das andere. „Ich musste lernen, dass man nicht so schreibt wie man spricht, sondern mich an eine allgemein vereinbarte Schreibweise zu halten, sodass die Texte auch in Niedersachsen oder Mecklenburg-Vorpommern gelesen werden können.“

Seite aus dem Buch
Foto: Jumbo Verlag Hamburg

Auch die Kommunikation mit einem Verlag sei eine andere als mit einer Plattenfirma, ebenso die Abläufe. „Es sind andere Zyklen beim Herausgeben einer Platte im Gegensatz zu einem Buch. Aber ich habe nun Blut geleckt und bereits Ideen für weitere Kinderbücher, eventuell auch wieder in Kombination mit einem Lied. Aber da will ich mich nicht so festlegen. Manchmal kann ich mich besser in Liedform ausdrücken, manchmal in Textform.“ Und ansonsten hält er sich an die Lieblingsredewendung seiner Oma: „Jümmers mit de Roh un allens nah de Reeg“ (Immer mit der Ruhe und alles der Reihe nach). Was, das gibt er lachend zu, bisweilen noch nicht immer ganz geklappt habe. Aber dafür gibt es ja die Pause-Taste. 

Neues Leben für Loren der Schülper Torfbahn

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Ein wirkliches Kleinod – das ist das Schülper Moor zwischen Nortorf und Neumünster. Selbst am Wochenende kann der Spaziergänger hier noch einsam durch die Landschaft stapfen. Und nicht nur das Moor selbst ist ein Kleinod, sondern auch das ehemalige Torfwerk dort mit seinen Gleisen durch das Schülper Moor. An die Zeiten der Feldbahn erinnern noch letzte Loren, die 15 Jahre ungenutzt zwischen Birken und Moorgräsern lagen und nun von Freiwilligen der Arbeitsgemeinschaft Torfbahn Himmelmoor aus Quickborn geborgen wurden.

Am Parkplatz für den Wanderer erblickt man gleich die Vergangenheit, denn dort steht das architektonisch anspruchsvolle Torfwerk, das seine besten Jahre aber deutlich hinter sich hat. Ein Andreaskreuz deutet auf eine Schmalspurbahn hin. Die Gleise liegen jedoch in einem Dornröschenschlaf. Im Jahr 2008 stellte das Torfwerk Anton-Günther Meiners seine Torfernte in Schülp bei Nortorf ein. Das Moor wurde vernässt und befindet sich seitdem in der Renaturierung, zudem wurde die Feldbahn aus den 1920er Jahren entbehrlich.

Das Schülper Torfwerk

Das Torfwerk wurde nach dem Torfabbauende an einen örtlichen Hotelbetreiber verkauft. Der Besitzer versuchte vergeblich, die Bahn für eine sanfte Besuchernutzung zu etablieren. Die Gleise und das Gebäude blieben jedoch unangetastet vor Ort. Mit geschultem Blick kann man die Gleisverläufe unter einer mittlerweile 5 bis 10 cm dicken Erdschicht erkennen. Zirka 300 m hinter dem Torfwerk erreicht man den Moorkörper. Genau ab dort sind seit 15 Jahren einige Loren abgestellt. Sie warteten vergeblich auf Einsätze. Im Verlauf der vergangenen anderthalb Jahrzehnte eroberten Birken den Bahndamm und die Loren. Aus der Lorenmitte ragten schon 3 bis 4 m hohe Exemplare. „Schon lange wussten wir von der Existenz der Loren und wünschten uns eigentlich eine bessere Zukunft für die Gefährte im Schülper Moor“, erzählt Dan Zelck, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft. Als sich nun endgültig abzeichnete, dass die Loren in Schülp keine Zukunft mehr haben, wurde mit dem Besitzer verhandelt und man wurde sich einig. Nun galt es, die Loren aus dem Moor zu holen. „Dazu rückten wir mit drei Personen an. Es wurde drei Tage lang der alte Torfbahndamm auf 800 Metern Länge freigelegt. Nach reichlicher Überlegung hatten wir uns dazu entschlossen, die Loren mit einer Lok herauszuziehen, dazu kam unsere Wilde 13, eine Diema DL 6 zum Einsatz“, berichtet Zelck von dem Vorhaben. Kurzerhand habe man die Lok mit nach Schülp genommen. Stück für Stück konnten die Loren dann aus dem Moor herausgezogen werden. „Stellenweise waren die Loren aber so morsch, dass wir sie vor Ort mit der Kettensäge zerlegen mussten, um sie transportfähig zu machen.“

Abgestellte Loren von jungen Birken umwachsen

Das Bergen und Verladen von acht Loren dauerte dann nochmals zwei Tage, „dazu bekamen wir Hilfe von Freunden aus dem Feldbahnmuseum Herrenleite bei Dresden“, so Zelck. Ein letztes Mal tuckerte ein Torfzug durch das Schülper Moor, die Gelegenheit wollte man nicht ungenutzt lassen. Sehr zur Freude der Anwohner, die die Aktivitäten mitbekamen und staunenderweise vorbeikamen, um sich über das kurze Revival der Bahn zu freuen. „Dabei kam es zu vielen netten Gesprächen mit alten Anekdoten rund um die kleine Bahn.“ Anschließend wurden die Loren verladen und mit verschiedenen Anhängergespannen nach Quickborn gefahren.

Für das Schülper Moor und die Loren war diese Bergung eine Win-win-Situation. Das Moor wurde von Fremdkörpern befreit und die Loren sind nun nicht mehr dem weiteren Verfall preisgegeben. Sie sollen mittelfristig aufgearbeitet werden und den Besuchern im Himmelmoor einen weiteren typischen Torfzug zeigen. „Alle Beteiligten waren sich einig – einen schöneren Abschied von der Torfbahn im Schülper Moor hätte es nicht geben können“, so Dan Zelck. 

Weitere Informationen unter torfbahn-himmelmoor.de

Such nach den alten Gleisen
Freilegen der Gleise
Nach 15 Jahren wird die Lore wieder aufgegleist
Beim Bergen gab es die ein oder andere Entgleisung
Nach langer Zeit wieder ein Zug am Bahnübergang
Verladen der Loren für den Transport ins Himmelmoor
Die allerletzte Fahrt im Schülper Moor


Die Strandkorbflüsterer vom Schönberger Strand

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In der Saison sind Thomas Kaiser und Dirk Rose als Strandwärter im Kreis Plön am Schönberger Strand unterwegs. Im Winter machen sie die Strandkörbe, die dort monatelang dem Besucheransturm und Wetter trotzten, wieder flott. Ein Blick hinter die Kulissen verrät, welch ausgeklügelte Logistik und wie viel traditionelles Handwerk und Herzblut hinter ihrer Arbeit stecken.

Zum Glück waren die rund 800 Strandkörbe schon im sicheren Winterquartier, als die Sturmflut am 20. und 21. Oktober über den Schönberger Strand hinwegfegte und enorme Schäden verursachte. Lars Widder, Werkleiter des Eigenbetriebs Tourist-Service Ostseebad Schönberg, ist zuversichtlich, dass sie nach der Schadensbeseitigung zur nächsten Tourismus-Saison wieder an gewohnter Stelle stehen können. „Mehr als 30.000 Kubikmeter Sand wurden am Schönberger Strand weggespült. Die müssen nun erst einmal wieder aufgefüllt werden“, informiert er.

Beide Strandwärter vor den Strandkörben im Winterquartier

Mit den Mitarbeitern Thomas Kaiser und Dirk Rose führt er durch das Winterlager der Strandkörbe im Schönberger Bauhof. Dicht an dicht, in Reih und Glied, werden sie hier auf einer Fläche von 800 m² eingelagert. Gleich vorn am Eingang der großen Werkhalle steht schon der Nachschub bereit. „Gerade haben wir 60 neue Körbe bekommen, 30 werden noch geliefert“, berichtet der Werkleiter. Rund 50 bis 70 Körbe pro Jahr würden nach der Saison aussortiert,150 bis 180 kämen mit deutlichen Gebrauchsspuren oder kleinen Macken vom Strand zurück und würden sorgfältig wieder aufgemöbelt, die ausgemusterten im Frühjahr versteigert. „Unsere Saison geht vom 1. Mai bis zum 30. September. Um die Körbe zum Strand hin- und wieder zurückzubringen, brauchen wir jeweils 14 Tage. Da packen dann unsere Kollegen vom Bauhof alle tatkräftig mit an“, erzählt Dirk Rose. Mit Traktor, Maschinenunterstützung und Hilfsgeräten transportierten sie die 100 kg schweren Kolosse. „Ohne Muskelkraft geht da nichts“, meint Thomas Kaiser, der Schlosser ist und hier seit 26 Jahren arbeitet.

Damit alle Körbe nach dem Ausladen an der richtigen Stelle stehen und von den Mietern auf den Übersichtsplänen auch gefunden werden können, gibt es ein ausgeklügeltes System. „Unser Strand reicht von Buhne 18 bis Buhne 42. Wir haben ihn in die Abschnitte links, mittig und rechts eingeteilt. Jedes Buhnenfeld hat dabei noch eine eigene Farbe. Damit wir wissen, welche Körbe wo hingehören, haben wir auf den Dachhauben entsprechend der Position schwarze Kabelbinder angebracht. Mit weißen Kabelbindern markieren wir später Exemplare, die im Winter eine Reparatur benötigen“, erläutert Dirk Rose das Prozedere.

Thomas Kaiser zeigt auf eine schadhafte Stelle. 

Jetzt geht der Betrachterin auch ein Licht auf, warum an jedem Strandkorb oben eine kleine „GPS-Antenne“ zu sehen ist, wie Rose sie witzelnd bezeichnet. Der Tischler ist seit 15 Jahren beim Bauhof und findet an seinem Job die Mischung der Aufgaben gut. „Im Sommer bin ich draußen an der frischen Luft, habe viel Kontakt mit Urlaubsgästen, im Winter bin ich in der ruhigeren Reparaturwerkstatt“, erklärt der 51-Jährige. Thomas Kaiser (61) mag das Arbeiten draußen am liebsten. „Wir fangen frühmorgens an. Wenn die Sonne über dem Meer aufgeht und es noch herrlich ruhig ist, ist das mein Highlight des Tages.“ Ob sie selbst morgens oder nach Dienstschluss schnell mal in die Meeresfluten springen? Beide schütteln den Kopf. Kaiser bringt es so auf den Punkt: „Wir baden nicht, für den einen ist es Freizeit, für den anderen Beruf.“

Mit einem Kontrollgang um 7 Uhr beginnt der bis 16 Uhr dauernde Sommerdienst der Strandwärter, die während der Saison von Swantje Bäumer unterstützt werden. Die Männer und ihre Kollegin sind für einen 5 km langen Strandabschnitt von Kalifornien bis vor die Fischerhütten in Stakendorf zuständig. Etwa 450 Strandkörbe stehen dort für Dauermieter bereit. Tagesgäste können über die App „Beach Now“ weitere 350 anmieten. „Wir schauen morgens als Erstes, wie es am Strand aussieht. Wie hoch ist das Müllaufkommen? Müssen wir Scherben im Sand absammeln? Wie viel Seegras liegt am Wassersaum? Auch checken wir die Strandkörbe, gucken, ob etwas defekt ist.“ Gegen 10 Uhr wird es in ihrem „Revier“ langsam geschäftig. Nun sind die Strandwärter für die Besucher da, helfen hier bei einem Problem, geben da eine Auskunft, kontrollieren die Strandkarten und achten auf die Einhaltung der Leinenpflicht für Hunde. Zudem unterstützen sie ihre Bauhof-Kollegen beim Auf- und Abbau von Veranstaltungen. Geduldig beantworten sie daneben jede Menge Fragen der Touristen.

Die Strandkörbe am Schöneberger Strand

Eine kleine Kostprobe gefällig? Dirk Rose plaudert aus dem Nähkästchen: „Wann gibt es die nächste Wattwanderung? Wo bekomme ich den Ebbe-&-Flut-Kalender? Könnt ihr helfen, ich kriege das Strandkorbschloss nicht auf? Oder: Hilfe, ich finde meinen Strandkorb nicht wieder.“ Sogar falls ihre Fahrräder einen Platten haben, wenden sich Urlauber für einen Rat an die Strandwärter-Crew, die am flotten Käppi und blauer Dienstkleidung zu erkennen ist. Mit den Stammgästen ergeben sich oft nette Klönschnacks oder intensivere Gespräche. Dirk Rose denkt dabei an eine ältere Dame, die über 25 Jahre mit ihrem Mann alljährlich einen Strandkorb mietete. Als er gestorben war, kehrte sie allein zu dem Strandkorb zurück. Ein schwerer Moment, den der Strandwärter ihr erleichterte, indem er sich Zeit für ihre Geschichte nahm und zuhörte. „Wir haben aber auch schon romantische Heiratsanträge am hübsch geschmückten Strandkorb erlebt“, meint er schmunzelnd. Und dann seien da noch die Dinge, die ständig am Strand verloren gingen. Immer wieder würden Ringe, Handys, Sonnenbrillen, Portemonnaies oder Schlüssel verzweifelt vermisst. Diese würden beim Wiederauffinden zum Fundbüro oder in das Büro des Tourist-Services gebracht. Ob es etwas gibt, das die Strandwärter ärgert? Zunächst betonen sie, dass sich die große Mehrheit der Leute am Strand rücksichtsvoll und verantwortungsbewusst gegenüber Mitmenschen und Natur verhalte. Kummer machten ihnen diejenigen, die achtlos Zigarettenstummel im Sand entsorgten und so die Umwelt verschmutzten. „Wir haben an jeder Ecke Mülleimer zu stehen, verteilen kostenlose Strandaschenbecher, das muss doch nicht sein.“ Zudem würden manchmal Körbe beschmiert oder der Stoff mutwillig beschädigt.

Während wir uns weiter über das sommerliche Strandleben austauschen, erreichen wir beim Gang durch die Halle nun den wichtigsten Einsatzort der Strandwärter im Winter, die Reparaturwerkstatt. Es schließt sich ein Ersatzteillager mit wandhohen, voll bepackten Regalen an. „Alle Reparaturen und dafür benötigte Teile machen wir selbst“, betont Thomas Kaiser stolz. Flechten, sägen, hobeln, nähen, polstern: Die Männer beherrschen alles aus dem Effeff. Ob eine Fußablage klemmt, ein Stück Stoff abgerissen ist oder der Korbrahmen durch Feuchtigkeit und Belastung gelitten hat – mit Herzblut, handwerklichem Geschick und Erfahrung beheben die beiden Routiniers die Schäden an den ihnen anvertrauten „Sehnsuchtsmöbeln“.

Eines wird deutlich: Nur dank des Einsatzes der Strandwärter und ihrer Bauhof-Kollegen werden die Strandkörbe frisch gereinigt und picobello herausgeputzt pünktlich zum Saisonstart wieder am Schönberger Strand stehen – zur Freude von Einheimischen und Gästen.

Dirk Rose repariert eine der Fußablagen
Fotos: Silke Bromm-Krieger
Ersatzteillager für Strandkörbe
Material für die Strandkörbe
Rahmen, Unterkonstruktion oder abschließbares Strandkorbgatter 
Thomas Kaiser beim Nähen
Thomas Kaiser beim Ausmessen von neuem Bezugsstoff 


„Angriff auf die Landwirtschaft“

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Welche Folgen die Abschaffung der Agrardieselrückerstattung und der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft hätte, erläutert Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH), im Interview.

Wie konnte ein Beschluss der Ampel-Regierung in kürzester Zeit rund 8.000 Bauern mit 2.000 Schleppern nach Berlin treiben?

Klaus-Peter Lucht: Wir lehnen diesen Beschluss ab. Er ist ein Angriff auf die Landwirtschaft und den gesamten ländlichen Raum.

Wie hoch wären die zusätzlichen Kosten für die Betriebe?

Auf unserem Futterbaubetrieb mit 200 Kühen verbrauchen wir zirka 30.000 l Diesel im Jahr. Das bedeutet einen finanziellen Verlust von 6.000 €. Wenn meine Schlepper auch noch eine schwarze Nummer haben müssten, dann wären das noch einmal 3.000 €, die ich mehr verlieren würde, und mein Lohnunternehmer hätte dann auch keine grünen Nummernschilder mehr, was noch einmal mit mindestens 6.000 € zu Buche schlagen würde.

Sind alle Betriebe gleichermaßen betroffen?

Ökobetriebe brauchen ungefähr 20 bis 30 % mehr Diesel, weil sie mit der Hacke übers Feld fahren müssen. Klar ist: Als landwirtschaftlicher Sektor haben wir unsere Klimaziele erreicht. Wir arbeiten schon sehr effizient auf unseren Flächen und in unseren Ställen. Wir wollen und müssen dafür sorgen, dass unsere Bevölkerung mit hochwertigen Lebensmitteln versorgt wird. Das geht nur mit einer funktionierenden Landwirtschaft.

Wie groß ist Ihre Hoffnung, noch Änderungen zu erwirken?

Das ist keine Frage der Hoffnung, sondern wir erwarten einfach, dass diese Beschlüsse zurückgenommen werden. Und wenn das nicht passiert, werden wir auch in Schleswig-Holstein ab dem 8. Januar massiv demonstrieren.

Stimmen aus Schleswig-Holstein

Joachim Becker

Joachim Becker: Wir haben bei der Besteuerung des Agrardiesels schon ein Ungleichgewicht in Europa, das nun verstärkt werden soll. Wenn die Ampel ihre Pläne nicht zurückzieht, gibt es einen heißen Winter. 

Jan-Hinrich Behnk

Jan-Hinrich Behnk: Die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Ländern wird wieder einmal eingeschränkt, und das nimmt gerade mir als jungem Betriebsleiter Perspektiven. Auf unserem Milchviehbetrieb würde der Wegfall der Agrardieselrückerstattung sowie der Kfz-Steuerbefreiung etwa einen Cent je Kilo Milch ausmachen, was voll auf den Gewinn durchschlägt. 

Birte Niemeyer

Birte Niemeyer: In der Familie waren wir uns alle einig, dass wir auf jeden Fall dabei sind, unseren Unmut darzulegen. Wir haben schon zu viele Einschränkungen und Kürzungen hinnehmen müssen. Zu viel ist zu viel. Einsparungen wären für alle nur möglich, wenn wir unsere Schlepper mit Heizöl fahren dürften. 

Marven Böttcher

Marven Böttcher: Wir fahren mit einem mulmigen Gefühl nach Hause, denn aktuell macht es den Eindruck, dass wir gegen eine Wand reden. Wir Landwirte sparen schon. Und durch den Wegfall von diversen Pflanzenschutzmitteln läuft es natürlich darauf hinaus, das mehr mechanische Arbeiten durchgeführt werden müssen. Das belastet die Betriebe schon mit zusätzlichen Dieselkosten und Personalstunden.

Jörn Höper

Jörn Höper: Ich erwarte mir momentan nichts von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. Er wäre allerdings derjenige, der Wirtschaftsminister Robert Habeck zum Einleken bewegen müsste. Da wir zuletzt schon genug an Kürzungen hinnehmen mussten, gibt es aus meiner Sicht keinen Verhandlungsspielraum. 

Rukwied kündigt „heißen Januar“ an

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Die Nachricht hatte es in sich: Um das Haushaltsloch zu stopfen, das duch verfassungswidrige Schattenhaushalte der Ampel-Koalition entstanden ist, will die Bundesregierung unter anderem die Agrardieselvergünstigung und die Kfz-Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge streichen. Nach Bekanntwerden dieser Pläne vergangene Woche Mittwoch formierte sich binnen kürzester Zeit massiver Widerstand in der Agrarbranche, der seinen bisherigen Höhepunkt in einer Protestkundgebung am Montag am Brandenburger Tor in Berlin fand.

„Wenn die Bundesregierung ihre Pläne nicht ändert, sorgen wir dafür, dass es einen heißen Januar gibt“, kündigte Joachim Rukwied weitere Protestaktionen an – und zwar in einer Art, „die das Land zuvor noch nicht gesehen hat“. Nach den Worten des Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes (DBV) ist die Branche bereits durch Kürzungen bei der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft und der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) mit rund 1 Mrd. € belastet.

Joachim Rukwied

Fundamentale Kritik

Die zusätzliche Milliarde, die der Branche nun abverlangt werden solle, schlage dem Fass den Boden aus. Rukwied verlangt, dass Steuergeld vorrangig dafür verwendet werden müsse, dass Steuerzahler eine Zukunft hätten. Falls sich die Ausrichtung der Regierung nicht ändere, brauche es einen Regierungswechsel. Die Liste kritischer Punkte werde immer länger. Beispiele:

Cem Özdemir

– Die Gemeinsame EU-Agrarpolitik hat mit praktikabler Landwirtschaft nicht mehr zu tun.

– Die Finanzierung des Tierhaltungsumbaus lässt immer noch auf sich warten.

– Beim Konflikt zwischen Wolf und Weidetierhaltung ist keine Lösung in Sicht.

– Der hohe Mindestlohn gefährdet die Existenz insbesondere der Sonderkulturbetriebe.

Dabei hat die deutsche Landwirtschaft laut Rukwied „geliefert“. Europaweit legten die Bauern hierzulande die meisten Blühstreifen an. Hier gebe es den höchsten Anteil an Direktsaatverfahren. Zudem sei die Landwirtschaft der einzige Sektor, der seine Klimaschutzziele erreicht habe. Der DBV-Präsident warnte die Regierung, sich von der sicheren Versorgung mit heimischen Lebensmitteln zu verabschieden und den ländlichen Raum insgesamt zu vernachlässigen. Das sei nicht hinzunehmen. Er stellte klar: „Wir werden jetzt kämpfen.“

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) verteidigte die Pläne der Bundesregierung. Er erklärte: „Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist klar, dass wir sparen müssen.“ Er räumte allerdings ein, dass die gleichzeitige Streichung der Agrardieselvergünstigung und der Kfz-Steuerbefreiung zu einer überproportionalen Belastung der Landwirtschaft führe. Er wolle sich „mit aller Kraft dafür einsetzen, dass das so nicht kommt“. Die Demonstranten konnte der Minister mit seinen Worten kaum befrieden. Neben zahlreichen Buhrufen in Richtung Özdemir waren mehrfach Sprechchöre mit der Forderung nach Neuwahlen zu hören.

Petition gestartet

Klaus Pentzlin, Vorsitzender des Bundesverbandes Lohnunternehmen, hofft, dass die Politik aus ihren Fehlern lernt. Er kritisierte, dass andere um eine Vier-Tage-Woche und 10 % mehr Lohn stritten, während in der Agrarbranche die Einkommen beschnitten würden. Aus seiner Sicht könnte das Herunterfahren des Bürokratismus eine Menge Geld sparen. Pentzlins klare Forderung: „Keine schwarzen Nummernschilder an Traktoren.“

Klaus Pentzlin

Claus Hochrein, Sprecher des Vorstandes von Land schafft Verbindung Deutschland (LsV), erklärte: „Die Zeit der Verhandlungen und faulen Kompromisse ist vorbei.“ Die Bundesregierung verspiele die Ernährungssouveränität in Deutschland und ziehe die Motivation der Bäuerinnen und Bauern „immer weiter runter“.

Max Freiherr von Elverfeldt, Vorsitzender der Familienbetriebe Land und Forst, betonte: „Wir wollen auf unseren Betrieben vernünftig wirtschaften.“ Die Pläne der Bundesregierung seien kein Subventionsabbau, sondern eine Steuererhöhung. Die Biobetriebe, „die wir voranbringen wollen“, würden aufgrund ihres höheren Treibstoffverbrauchs am meisten bestraft. Auch die Waldbauern seien durch die zunehmende Arbeit aufgrund von Schädlingen und der Folgen des Klimawandels betroffen. Von Elverfeldt wies auf eine Online-Petition „Gegen die Streichungen der Agrardieselrückvergütung & Kfz-Steuerbefreiung (Landwirtschaft)“ auf „change.org“ hin, die bereits von knapp 1 Million Personen unterschrieben wurde. Eine weitere ePetition läuft mittlerweile  auf der Internetseite des Deutschen Bundestages.

Claus Hochrein
Max Freiherr von Elverfeldt
Eindrücke aus Berlin. Fotos: rq
Eindrücke aus Berlin. Fotos: rq
Eindrücke aus Berlin. Fotos: rq
Eindrücke aus Berlin. Fotos: rq
Eindrücke aus Berlin. Fotos: rq
Eindrücke aus Berlin. Fotos: rq