In der Wiederkäuerernährung zur intensiven Milchproduktion stellen im norddeutschen Tiefland weidelgrasbetonte Grünlandbestände die übliche Praxis zur Grundfuttererzeugung dar. Was bringt die Integration von Futterkräutern wie Spitzwegerich oder Zichorie?
Die Zunahme von klimawandelbedingten Extremwetterereignissen kann in Weidelgrasbeständen vor allem in langen Dürrephasen in den Sommermonaten zu großen Ertragseinbußen führen. Eine Anpassung der botanischen Artenzusammensetzung von Grünlandbeständen hinsichtlich ihrer Resilienz gegenüber Trockenphasen ist somit vor allem auf leichten, sandigen und zur Trockenheit neigenden Grünlandböden wichtig, um eine Futterversorgung von Milchkühen nachhaltig sicherzustellen.
Unterschiedliche Studien konnten zeigen, dass durch die Nutzung von artenreicheren Grünlandbeständen die Erträge gesteigert und diese besonders unter trockenen Bedingungen stabilisiert werden können. Neben tief wurzelnden Gräsern wird hierbei insbesondere den Futterkräutern, wie Spitzwegerich (Plantago lanceolata) und Zichorie (Chicorium intybus), aufgrund ihrer sehr guten Futtereignung und Resilienz gegenüber Dürreperioden Bedeutung beigemessen. Unter anderem wurden diese tief wurzelnden Kräuter in intensiven Beweidungssystemen ausgiebig getestet. Bisher fehlten jedoch Studien zu Etablierungserfolg und Konkurrenzfähigkeit bei der Ansaat von Spitzwegerich und Zichorie in intensiv und konventionell gedüngten, von Deutschem Weidelgras dominierten Beständen unter Schnittnutzung im Norddeutschen Tiefland. Vor diesem Hintergrund wurden in einem Feldversuch zwei Anbauverfahren zur Etablierung von Zichorie und Spitzwegerich auf dem leichten, sandigen Boden der Versuchsstation Schuby in einem dreijährigen Feldexperiment (2020 bis 2022) untersucht.
Aufbau des Versuchs
Die Aussaat von Zichorie und Spitzwegerich wurde im Gemenge mit Deutschem Weidelgras (Lolium perenne) und Weißklee (Trifolium repens) im Streifen- und Mischanbau unter praxisüblichen Stickstoffdüngemengen und Schnittnutzungsintensitäten verglichen (Varianten siehe Tabelle). Der Versuch wurde auf dem Versuchsstandort Schuby der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein durchgeführt und im Herbst 2019 angelegt. Der Standort liegt in der schleswig-holsteinischen Geest, der Bodentyp ist ein stark humoser Gley-Podsol mit einer Ackerzahl von 22. Getestet wurde, inwieweit die Ansaatmethode, die Stickstoff-Düngungsintensität, der Schnitt im Jahr und das Untersuchungsjahr sich auf die Zielgrößen, Trockenmasseertrag, Rohprotein (XP) und Rohfasergehalt (XF), auswirkten. In diesem Artikel werden zunächst die Trockenmasseerträge und -anteile der ausgesäten Arten erläutert. Die Tabelle zeigt die Versuchsfaktoren und Faktorstufen des Versuchs.
Bei dem Kleegrasgemenge (KG) wurde das Saatgut vor dem Einfüllen in den Saatbehälter vermengt. Ebenso wurde mit dem Kräutergemenge im gemischten Anbau (MISCH) verfahren. Im Streifenanbau (STR) wurde der Saattank der Drillmaschine unterteilt, sodass die zwei Reihen in einer Parzelle jeweils mit Spitzwegerich und Zichorie gedrillt werden konnten (siehe Abbildung 1). Vor jeder Ernte mit dem Vollernter wurde anhand einer von Hand erhobenen Probe eine Fraktionierung der vorkommenden Arten durchgeführt, um Aussagen über den Ertragsanteil der jeweiligen Art treffen zu können.
Bringen Futterkräuter höhere Erträge?
Die in dem vorgestellten Versuch erhobenen Jahrestrockenmasseerträge der unterschiedlichen Anbauvarianten und Düngestufen sind der Abbildung 2 zu entnehmen. Dabei zeigt sich, dass die Varianten mit Gemenge (KG, MISCH und STR) mit der niedrigen N-Düngeintensität in den ersten beiden Versuchsjahren der Grasreinsaat (G) überlegen sind. Dieses Ergebnis bestätigt bereits vorangegangene Untersuchungen und unterstreicht die Wichtigkeit des Anbaus von Futterkräuter-Gras-Mischgemengen zusammen mit Leguminosen wie Weißklee, vor allem bei reduzierten N-Düngungsintensitäten.
Hat das Ansaatverfahren einen Einfluss?
Die Anbauverfahren mit Kräutern als Mischbestand (MISCH) oder im Streifenanbau (STR) unterscheiden sich im TM-Ertrag weder in der reduzierten N1- noch in der intensiv gedüngten N2-Variante. Zudem konnte durch die höhere Stickstoffdüngung (N2) nur im ersten Anbaujahr auch ein höherer Ertrag erzielt werden. In den folgenden beiden Jahren lagen die Erträge der Varianten im Mischanbau (KG, MISCH und STR) für beide Düngestufen auf dem gleichen Niveau. Eine höhere Stickstoffgabe führte hier somit ab dem zweiten Anbaujahr nicht zu höheren Erträgen. In der Grasreinsaat wurden durch die Düngergabe nur in den ersten beiden Jahren höhere Erträge erzielt. Im dritten Anbaujahr sind auch in der Variante G keine Unterschiede zwischen den beiden Düngestufen zu verzeichnen. Dies unterstreicht die Fähigkeit von Weißklee und Futterkräutern, auch unter geringeren N-Gaben hohe Erträge zu erzielen und eine Ertragskonkurrenz zu intensiv gedüngten reinen Weidelgrasbeständen darzustellen.
Wie lange halten Kräuter im Bestand?
Für die Fraktionsanteile der angesäten Arten in den Kräutergemengen (STR und MISCH) konnten keine Unterschiede zwischen den Anbauverfahren gefunden werden. Es ist jedoch eine Tendenz von höheren Zichorienanteilen in der Variante MISCH zu erkennen. Weiterhin konnten in diesem Versuch keine N-Düngungseffekte und kein Einfluss des Schnittes im Jahr auf die Anteile von Zichorie festgestellt werden. Der Spitzwegerichanteil unterschied sich nicht zwischen den N-Düngestufen und den Anbauverfahren. Jedoch konnten in den meisten Jahren und in beiden N-Düngestufen Unterschiede bei den Spitzwegerichanteilen zwischen den Schnitten innerhalb eines Jahres festgestellt werden. Hierbei nahmen die TM-Anteile des Spitzwegerichs, ähnlich wie beim Weißklee, im Jahresverlauf zu. Der Versuch konnte zeigen, dass in den ersten drei Anbaujahren die Kräuter auch unter hohen N-Intensitäten konkurrenzfähig waren, wobei hier der Spitzwegerich sich als ausdauernder und konkurrenzfähiger erwies.
Fazit
Der Anbau von tief wurzelnden Futterkräutern wie Spitzwegerich oder Zichorie ist vor dem Hintergrund zunehmender Trockenperioden vor allem auf zur Trockenheit neigenden Standorten von großer Bedeutung. Die Ergebnisse des Anbauversuchs zeigten, dass in den ersten drei Anbaujahren die Integration von Spitzwegerich oder Zichorie in einen Weidelgras-Weißklee-Bestand auch unter stark limitierter N-Düngung konkurrenzfähig sein kann im Vergleich zu intensiv gedüngten Beständen. Dies ist vorrangig auf den Anteil des N-bindenden Weißklees, jedoch auch durch die Futterkräuter zu begründen. Ob die Kräuter in Mischung oder als Streifen ausgesät werden, hat laut den Ergebnissen des Feldexperiments keine Bedeutung. Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse, dass der Kräutergemengeanbau sowohl unter intensiver als auch geringer N-Düngungsintensität in intensiven Schnittnutzungssystemen zu empfehlen ist und zur Ertragsstabilität beitragen kann.