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„The Kids are the Stars“

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Kleine Künstler ganz groß – auf dem Wittkielhof in Stoltebüll bei Kappeln ist seit Sonntag vergangener Woche Deutschlands bislang größte Kinderkunstausstellung mit dem Titel „The Kids are the Stars“ zu sehen. 400 Kunstwerke von Kindern im Alter zwischen drei und 14 Jahren auf einer Ausstellungsfläche von 400 m2 – entstanden in Workshops mit Künstlern und deren Werken als Vorlage sowie in Kitas und Schulen im Kreis Schleswig-Flensburg.

Ingrid Roosen-Trinks (M.) mit Armin (12) und Clara (10) vom Kinder Kunst Club Angeln und Bär Brummeluf
Foto: Iris Jaeger

Initiiert wurde die Ausstellung vom Verein Kunst für Angeln mit der Gründerin und Vorsitzenden Ingrid Roosen-Trinks. Sie verleiht Originale aus ihrer Sammlung an Kitas und Schulen im Kreis, die die Kinder dazu anregen sollen, ihre eigenen Kunstwerke zu schaffen. Darüber hinaus finden immer wieder Kinderkunstworkshops auf dem Wittkielhof statt, die von Künstlern aus der Roosen-Trinks-Sammlung geleitet werden.

„Dabei geht es nicht darum, die Originale zu kopieren oder nachzuahmen, sondern komplett eigene Kreationen zu erschaffen“, so die Initiatorin. Neben Bildern und Collagen sind auch Basteleien, Skulpturen und Figuren zu sehen. „Mit dieser Ausstellung möchten wir die Vielfalt und Ausdruckskraft kindlicher Kreativität sichtbar machen und gleichzeitig einen Raum für Begegnung und Austausch schaffen“, so Ingrid Roosen-Trinks.

Begonnen hat alles 2022, als ein Lkw aus Berlin die ersten Kunstwerke aus der Sammlung von Ingrid Roosen-Trinks zum Wittkielhof brachte. Das erste Bild, das die Sammlerin auspackte, war „Waywards“ von Maria Thurn und Taxis. Die Tochter von Wittkielhof-Geschäftsführer Heinrich Nissen, die damals siebenjährige Clara, schaute neugierig zu, lief nach Hause und kam wenig später mit ihrer Version des Bildes zurück. Das war der Startschuss für die Idee, Originale der Sammlung an Kitas und Schulen zu verleihen und Kindern im Unterricht sowie in Workshops einen völlig neuen Zugang zu kreativem Schaffen zu ermöglichen. Es gründete sich der Kinder Kunst Club Angeln mit Clara und ihrem Bruder Armin als Club-Chefs. Beide zeigen ihre Werke in der Ausstellung, sind aber auch angetan von den Werken der anderen Kinder. „Viele der Bilder sind besser als die Originale“, finden sie. Zur Ausstellung erscheint das Buch „The Kids are the Stars“, das ausgewählte Werke der jungen Künstlerinnen und Künstler sowie Eindrücke aus den Workshops und Hintergrundgeschichten zum Projekt versammelt: ein liebevoll gestaltetes Buch über die Kraft kindlicher Kreativität.

Info

Die Ausstellung auf dem Wittkielhof bei Kappeln endet am Sonntag, 19. Oktober, mit einer Finissage von 12 bis 17 Uhr. Jeder kann an dem Tag ohne Anmeldung kommen. In der Zeit bis dahin gibt es Besichtigungen nur mit Anmeldung. Besucher können sich für einen Termin bei Ingrid Roosen-Trinks unter
­visit@kunstfuerangeln.de anmelden. Die Führungen durch die Ausstellung beginnen mit einem Klönschnack bei Getränken, Kaffee und Keksen, dann werden die Kunstwerke und das Konzept dahinter erklärt. Das Buch „The Kids are the Stars“ gibt es bei ihr bis 19. Oktober gegen eine Spende von 20 € sowie im Buchhandel oder bei Amazon:
ISBN 978-3-96666-104-1

Originalwerk von Nele Engler …
Foto: Iris Jaeger
… und das, was die Kinder in den Workshops aus den Vorlagen an eigenen Ideen entwickeln …
… ein weiteres Beispiel …
Martin Askholm „Wolke“ war Vorlage für folgende Eigenkreationen der Schulkinder, 5. Klasse, Klaus-Harm-Schule in Kappeln …
Foto: Iris Jaeger
… Wolken-Beispiel 1 …
Foto: Iris Jaeger
Wolken-Beispiel 2
Foto: Iris Jaeger
Original von Sofie Bird Møller …
Foto: Iris Jaeger
… eines der Kunstwerke geschaffen von Kindern der ev. integrativen Kita „An der Johannismühle“ in Flensburg …
Foto: Iris Jaeger
Original in der Mitte von Henrik Becker und drumherum die Bilder der Kinder der ev. Kita „St. Marien“ in Scheggerott
Foto: Iris Jaeger


Pressevielfalt in der Landwirtschaft

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Noch läuft die Sonderausstellung „Eigenbau und Eigenartiges in der Landwirtschaft“ im Schleswig-Holsteinischen Landwirtschaftsmuseum in Meldorf. „Wegen des großen Erfolges werden wir einige Exponate weiterhin ausstellen, aber jetzt bereiten wir eine neue Sonderausstellung vor über Pressen“, erklärt Museumsleiter ­Alexander Eggert.

Das Außengelände des Museums soll dabei zusätzlich zu einer Aktionsfläche werden, mit verschiedenen Pressen im Einsatz. „Wir möchten ein lebendiges Museum sein und nicht nur alte Maschinen ausstellen, sondern die Technik auch in Funktion zeigen“, nennt Alexander Eggert den Anspruch des Museums.

Alexander Eggert vor der Lanz-­Presse aus dem Jahr 1910
Foto: Herbert Frauen

Und durch die wechselnden Themenschwerpunkte und die praktischen Vorführungen wolle man auch erreichen, dass die Besucher mehrfach in das Museum kämen und etwas Neues entdeckten. Die neue Ausstellung trägt den Titel „Pressevielfalt in der Landwirtschaft“ als Wortspiel zur Pressevielfalt bei den Tageszeitungen. Zur Ausstellungseröffnung am 12. Oktober kommen Landwirte aus der Umgebung mit ihren aktuellen Pressen dazu, um die Vielfalt und den technischen Fortschritt dieser Erntemaschinen zu demonstrieren. Kulturvermittler Lutz Christiansen hat den Ablauf geplant: „Es werden Rundballen auf dem Hof abgerollt und von verschiedenen Pressen wieder in verschiedene Formate zusammengepresst.“

Dabei wird die Vielfalt dieser Technik deutlich: Ob als Quader oder Rundballen, ob mit Garn, Draht oder einem Netz zusammengebunden, ob niedrig oder hoch verdichtet – es geht immer um das Sammeln, Pressen, Binden und Laden von Silage, Heu oder Stroh. Früher musste man das lose anfallende Heu und Stroh nach dem Mähen oder Dreschen aufwendig per Hand bündeln oder mit Rechen zusammenkehren und binden, um es anschließend auf dem Heuboden oder in die Scheunen einzubringen.

In den vergangenen 100 Jahren hat sich hier viel getan und die Arbeit enorm erleichtert. Bereits 1901 stellte die Firma Welger aus Wolfenbüttel die Erfindung einer Presse vor. Dadurch konnten Stroh und Heu durch das Pressen zu Ballen deutlich platzsparender transportiert und eingelagert werden. Allerdings konnten die ersten Pressen nur pressen und nicht binden.

Kulturvermittler Lutz Christiansen erklärt die Mengele-Presse mit Hydraulikantrieb.
Foto: Herbert Frauen

„Ein Landarbeiter musste dann unter die Maschine kriechen und mit einem Band von Hand die Niederdruckballen zusammenbinden“, erklärt Lutz Christiansen. Erst 1930 entwickelte die Firma Claas als integrierten Knüpfapparat den Knoter. Dadurch verkürzte sich die Arbeitszeit bei der Raufutterernte enorm. Die Entwicklung ging von den Niederdruck- zu den Mitteldruck- und Hochdruckpressen. Der Transport wurde durch die Laderutsche oder die Ballenschleuder erleichtert und die Formate der Ballen entwickelten sich von kleinen tragbaren Ballen zu den Großformaten als Rund- oder Quaderballen mit Größen von 1,80 m im Durchmesser oder 80 x 120 cm im Querschnitt.

Der technische Fortschritt wird auch an den ausgestellten Pressen im Museum deutlich. Einige sind aus dem Depot geholt worden und wurden bisher noch nie gezeigt. Die größte und älteste ausgestellte Presse der Firma Lanz stammt aus dem Jahr 1910. Sie wurde als stationäre Presse hinter einer Dreschmaschine eingesetzt, um das Stroh mit einer Drahtbindung für die Bahn transportabel zu machen und es zu den Pferden des Heeres zu bringen.

Die Claas-Bubi-S aus dem Jahr 1965 hat ihren Namen aufgrund ihrer Funktion „Bündeln und Binden“ erhalten.
Foto: Herbert Frauen

Die Claas-Bubi-S aus dem Jahr 1965 hat ihren Namen nach ihrer Funktion „Bündeln und Binden“ erhalten. Als Mitteldruckpresse konnte ihr Druck variabel eingestellt werden.

Eine besondere Rarität der Ausstellung ist die Hydro-Pack SB 8580 von Mengele mit einem Presskanal von 80 x 85 cm. Die Quaderlänge konnte variabel gestaltet werden. Das Besondere: Der Presskolben ist ein hydraulischer Zylinder, der das Gewicht deutlich reduzierte. Lutz Christiansen: „Mengele begann 1990 mit dem Vertrieb, aber es kam in der Praxis zu Problemen, da die Vorpresskammer zu klein dimensioniert war und bei nicht ganz trockenem Erntegut leicht verstopfte.“ Trotz einer Nachbesserung des Rotors von Mengele im Jahr 1991 lief die Presse nicht störungsfrei. Der Hersteller kaufte deshalb die 50 ausgelieferten Pressen zurück und verschrottete sie. Ein Landwirt aus Friedrichstadt behielt aber eine und presste damit Bohnenstroh, bevor er sie jetzt dem Museum schenkte.

Bei der Sonderausstellung geht es neben dem Pressen auch um die Verwendung und Bedeutung von Stroh und Heu. Lutz Christiansen: „Das Stroh wird gerade wieder neu entdeckt. Sei es als kurz geschnittene Komponente im Mischfutter, um den Rohfaseranteil zu erhöhen, sei es als Dämmmaterial im Gebäudebau oder sei es als Biomasse zur Wärmegewinnung. Denn 2,5 Kilogramm Stroh haben den Heizwert von einem Liter Heizöl.“

Weitere Informationen unter landwirtschaftsmuseum.sh

Fütterung von Nutzhanf

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Der gewöhnliche Hanf (­Cannabis sativa) ist eine der ältesten Nutzpflanzen der Welt. Erste Hinweise auf eine Nutzung als Nahrungsmittel finden sich bereits vor 12.000 Jahren in China. Auch in Europa wurde Nutzhanf über Jahrhunderte angebaut und hatte eine starke Bedeutung für die Herstellung von Textilien, Papier und Seilen. Im 20. Jahrhundert verlor der Hanfanbau dann aber an Bedeutung, da andere Natur- und Kunstfasern kostengünstiger wurden. Durch seine rauschauslösende Wirkung geriet Hanf in Verruf und wurde schließlich 1929 in Deutschland verboten. Seit 1996 ist der Anbau von Nutzhanf als Sommerungskultur und seit 2017 als Winterzwischenfrucht wieder erlaubt.

Allerdings müssen Anbau und Beginn der Blüte beim Bundesamt für Ernährung und Landwirtschaft gemeldet werden, wobei nur speziell zugelassene Sorten mit einem Gehalt an Tetrahydrocannabinol (THC) von unter 0,3 % angebaut werden dürfen. In höheren Konzentrationen kommt das psychoaktive Cannabinoid THC vor allem in Blüten und Blättern solcher Sorten vor, die für medizinische Zwecke oder den Freizeitkonsum bestimmt sind. Durch den niedrigen Grenzwert von 0,3 % ist es aber mit den entsprechenden Sorten nicht möglich, einen Rausch bei erwachsenen Menschen auszulösen. Die Legalisierung des privaten Anbaus von Hanf zum Eigenkonsum durch das Cannabisgesetz (CanG) vom 1. April 2024 hat keine Auswirkung auf die rechtlichen Rahmenbedingungen für den landwirtschaftlichen Nutzhanfanbau.

Der Anbau von Nutzhanf bietet pflanzenbaulich viele Vorteile. Die anspruchslose Kultur zeichnet sich durch eine hohe Biomasseproduktion aus. Um jedoch optimale Erträge zu erzielen, sollten lockere, humose und nährstoffreiche Böden bevorzugt, Staunässe und verdichtete Böden jedoch gemieden werden. Durch das schnelle Auflaufen kann in der Regel auf den Einsatz von Herbiziden verzichtet werden. Fungizide und Insektizide sind ebenfalls kaum erforderlich. Während der Jugendentwicklung benötigt der Hanf eine ausreichende Wasserversorgung, wird in fortgeschrittenen Stadien aber trockentoleranter. Die schnell wachsenden Blätter verschatten den Boden und vermindern so die Verdunstung, aber auch das Wachstum von Beikräutern.

Hanf lässt sich vielseitig in bestehende Fruchtfolgen integrieren, da außer zu Hopfen keine Verwandtschaft zu anderen Kulturen besteht. Er besitzt einen guten Vorfruchtwert, da die tiefen Wurzeln den Boden lockern. Der Anbau von Nutzhanf kann auch dazu beitragen, dem Klimawandel entgegenzuwirken. Aufgrund seiner hohen Biomassebildung nimmt Hanf größere Mengen an CO2 aus der Atmosphäre auf und bindet es in Form von Kohlenhydratverbindungen in den Zellwänden. Hanf ist so in der Lage, 15 bis 22 t/ha CO2 zu binden. Auch Insekten profitieren, da die Hanfblüten eine begehrte Pollenquelle für Bienen darstellen.

Die Nutzungsmöglichkeiten der geernteten Hanfpflanze sind vielfältig. Die Blüten dienen beispielsweise zur Gewinnung von Cannabinoiden wie Cannabidiol (CBD), das in kosmetischen oder pharmazeutischen Produkten eingesetzt wird. Die Samen der Hanfpflanze enthalten kaum Cannabinoide, dafür aber alle für den Menschen essenziellen Aminosäuren und wichtige Vitamine. Die Samen sind reich an ungesättigten Fettsäuren und besitzen ein günstiges Omega-6-zu-3-Verhältnis. Sie dienen als wertvolles Futtermittel, insbesondere für Ziervögel und Nutzgeflügel. Das aus den Samen gewonnene Öl hilft, das Feder- beziehungsweise Haarkleid von Tieren zu verbessern und Stresssituationen leichter zu bewältigen. Der Fütterungszusatz von Hanföl oder -samen kann auch die Ei- und Fleischqualität oder das Fettsäuremuster der Milch verbessern.

Getrocknete Hanfblätter der Sorte ,Santhica‘ zur Fütterung an Milchkühe. Foto: Jessica Schwerdtfeger

Und Wiederkäuer?

Der bei der Ölgewinnung anfallende proteinreiche Hanfkuchen oder das Hanfextraktonsschrot sind ebenfalls hochwertige Futtermittel für Wiederkäuer. Sie zeichnen sich durch eine geringe Abbaubarkeit im Pansen, aber eine hohe Dünndarmverdaulichkeit aus. Auch der Einsatz als Futtermittel für langsam wachsende Schweinerassen ist denkbar. Bei schnell wachsenden Rassen ist die Verwendung durch die niedrigen Lysinkonzentrationen aber nur bedingt möglich. Aus den Stängeln können widerstandsfähige Fasern gewonnen werden. Die robusten Fasern eignen sich als Rohstoff für die Textil- oder Papierindustrie. Ebenso gefragt sind sie im Bauwesen zur Herstellung von CO2-neutralen, diffusionsoffenen Materialien zur Schall- und Wärmedämmung. Die Fasern werden auch zur Herstellung von naturfaserverstärkten Kunststoffen verwendet, vor allem in der Automobilindustrie. Aufgrund des hohen Zellulosegehalts von 65 bis 70 % ist ebenfalls eine Faserverarbeitung zu Bioplastik möglich. Bei der Aufreinigung der Pflanzenstängel fallen die sogenannten Schäben an, die aus dem verholzten Mark stammen. Diese können ebenfalls in Bau- und Dämmstoffen Verwendung finden, zum Beispiel im sogenannten Hanfbeton, einer Mischung aus Kalk und Schäben, oder als besonderes saugfähiges Einstreumaterial in der ­Tierhaltung.

Die Hanfblätter werden bis jetzt kaum genutzt. In geringen Mengen dienen sie allenfalls der Teeherstellung. Die Blätter weisen jedoch einen hohen Rohprotein- und Rohfasergehalt auf. Zudem sind sie reich an essenziellen Aminosäuren und enthalten zahlreiche bioaktive Inhaltsstoffe. Neben den verschiedenen Cannabinoiden lassen sich Terpene und Phenole nachweisen, die antioxidative und antientzündliche Eigenschaften aufweisen. Diese Inhaltsstoffe machen die Hanfblätter zu einer interessanten und potenziell alternativen Rohproteinquelle in der Rinderfütterung. Erste Studien zur Fütterung von Industriehanf an Mastrinder belegen eine Verlängerung der Liegedauer und deuten auf ein geringeres Entzündungsgeschehen hin. Nach Fütterung von Nutzhanf-Ganzpflanzensilage an Milchkühe zeigten sich allerdings unerwünschten Effekte wie gerötete Augen, vermehrter Speichelfluss, Schläfrigkeit und ein Übergang von THC aus dem Futter in die Milch. Diese Beobachtungen wurden auf die mit der Silierung zunehmenden Gehalte an THC zurückgeführt. Bislang gibt es jedoch noch keine Erkenntnisse, ob die Fütterung THC-armer Hanfblätter an Milchkühe ebenfalls derartige Effekte hervorruft und wie diese die Verdaulichkeit der Ration und die Milchleistung der Tiere beeinflussen. Aus zwei In-vitro-Studien lässt sich zudem vermuten, dass Nebenerzeugnisse aus der Hanfverarbeitung die Methanproduktion senken.

EIP-Projekt zu Hanf

Die Eignung von Hanfblättern als alternative Proteinquelle für Milchkühe wurde in dem von der Europäischen Innovationspartnerschaft (EIP-Agri) geförderten Projekt „ZwiHanf“ am Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN) in Dummerstorf untersucht. Dazu erhielten zwölf erstlaktierende Holsteinkühe, die zu Beginn des Versuches 170-259 Tage in Milch waren, zwei Rationen mit vergleichbarem Rohprotein- (153 g/kg TM) und Energiegehalt (11,45 MJ/kg ME). In der ersten Versuchsperiode erhielt die Hanfgruppe für drei Wochen eine Totale Mischration (TMR), die 7,4 % getrocknete Hanfblätter der Sorte ,Santhica 27‘ enthielt. Diese Hanfsorte wies mit 0,0005 % einen extrem niedrigen THC-Gehalt auf. Die Vergleichsgruppe erhielt im gleichen Zeitraum eine TMR mit 3,5 % Sojaextraktionsschrot. Nach einer zweiwöchigen Auswaschphase wurden die Tiere mit der jeweils anderen Ration gefüttert. Die Tiere wurden zunächst im Laufstall gehalten. In der letzten Woche der Fütterung wurden sie in eine Respirationskammer eingestallt, um die Methanproduktion, die Kot- und Urinausscheidung zu messen.

In unserer Studie konnten wir keine negativen Auswirkungen der Hanfzugabe auf die Tiergesundheit feststellen. Die Fütterung der THC-armen Hanfration führte nicht zu geröteten Augen oder vermehrtem Speichelfluss, und auch die Atem- und Herzfrequenz waren nicht von der Ration beeinflusst. Im Laufstall wurde auch die Aktivität der Tiere erfasst. Die Auswertung ergab, dass die Tiere der Hanfgruppe 54 min länger lagen und 50 min weniger wiederkauten. Die Fressdauer war in beiden Gruppen vergleichbar, jedoch nahmen die Kühe der Hanfgruppe durchschnittlich 18,7 kg und die der Kontrollgruppe 20,4 kg Trockenmasse pro Tag auf. Die verringerte Futteraufnahme wirkte sich natürlich auf die Milchleistung aus. Die Hanfgruppe produzierte 27,4 kg energiekorrigierte Milch, während die Kontrollgruppe 1,4 kg pro Tag mehr produzierte. Dennoch war die Futtereffizienz der Hanfgruppe um zirka 5 % größer. Die Milcheiweiß-, Fett- und Laktosegehalte wurden durch die Hanfzulage nicht beeinflusst. Allerdings gingen die im Hanf enthaltenen Cannabinoide in die Milch über (siehe Tabelle), was bereits bei der Fütterung THC-reicherer Sorten beobachtet wurde. Die Analyse der Futteraufnahme und Kotausscheidung ergab eine vergleichbare Verdaulichkeit der organischen Masse und des Rohproteins beider Rationen. Besonders interessant waren die Ergebnisse der Stickstoffanalysen. Die Zulage von Hanf verringerte die Stickstoffausscheidung mit dem Urin um 24 %. Die Stickstoffnutzungseffizienz, die als Verhältnis aus Stickstoffabgabe mit der Milch und Stickstoffaufnahme mit dem Futter definiert ist, unterschied sich jedoch nicht zwischen den Fütterungsgruppen. In der Respirationskammer zeigte sich zudem, dass die Zugabe von Hanf die Methanemission bezogen auf die Trockenmasseaufnahme tendenziell um 3 % senkte.

THC-arme Hanfblätter ­erwiesen sich als interessante alternative Proteinquelle zur Fütterung von Wiederkäuern. Im Vergleich zu Sojaextraktionsschrot geht der Einsatz zwar mit einer leichten Verringerung der Futteraufnahme und Milchleistung einher, jedoch können die Stickstoff- und Methanemissionen durch den Einsatz von Hanf reduziert werden. Inwieweit eine Kennzeichnungspflicht für Milch aus Hanffütterung besteht, ist noch zu klären, da Cannabinoide aus dem Futter in die Milch übergehen können.

Rechtliche Hinweise zur Familien-GbR

Die jüngere Generation hat die Ausbildung abgeschlossen und möchte schon Verantwortung im Betrieb übernehmen. Die ältere Generation hat aber das Rentenalter noch nicht erreicht oder möchte noch nicht abgeben. Soll die Übergabe des landwirtschaftlichen Betriebes durch eine Phase der gemeinsamen Bewirtschaftung und durch eine schrittweise Übertragung von Aufgaben, Verantwortung und Vermögenswerten vorbereitet werden, liegt die Gründung einer gemeinsamen Familiengesellschaft zwischen Überlasser und Übernehmer nahe. Was gibt es rechtlich zu beachten?

Eine gleitende Hofübergabe, bei der der landwirtschaftliche Betrieb schrittweise vom Überlasser auf den Übernehmer übergeht und Aufgaben, Verantwortung und Vermögenswerte nach und nach übertragen werden, statt alles zu einem bestimmten Zeitpunkt zu übergeben, kann den Generationenwechsel erleichtern. Eine solche gleitende Hofübergabe kann auf verschiedene Weise geschehen. Gebräuchlich ist neben einer Verpachtung an den zukünftigen Übernehmer insbesondere die hier skizzierte Möglichkeit der Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Familien-GbR zwischen Überlasser und Übernehmer.

Das Merkmal einer gleitenden Hofübergabe ist eine Übergabe in mehreren Stufen, das heißt ein zeitlich gestreckter Übergang, eine schrittweise Verantwortungsübernahme und eine weitestgehende Flexibilität, bei der die Übergabe individuell ausgestaltet werden kann. Durch die frühe Einbindung und Übergabe kann Streit in der Familie reduziert oder ganz vermieden werden. Zudem können bei einer Zusammenarbeit der Generationen in der Zeit der gemeinsamen Bewirtschaftung die individuellen Stärken beider Seiten eingebracht und der Betrieb gemeinsam entwickelt werden.

Was ist rechtlich zu beachten?

Bei der Gründung einer Familien-GbR zur gleitenden Hofübergabe zwischen Übergeber und Übernehmer treffen familieninterne Interessen mit gesellschaftsrechtlichen, steuerlichen und sozialrechtlichen Aspekten aufeinander. Die GbR dient dabei als rechtlicher Rahmen, um eine schrittweise (gleitende) Betriebsübergabe zu ermöglichen. Dabei bleiben Übergeber und Übernehmer zunächst gemeinsam Gesellschafter des Betriebs, bevor der Übergeber sich vollständig zurückzieht. Um die Hofeigenschaft nach der Höfeordnung (HöfeO) zu erhalten und damit später bei der Hofüberlassung die Abfindungsregelungen gemäß § 12 HöfeO und § 13 HöfeO zu erhalten, findet eine Einbringung des Grundbesitzes in die GbR noch nicht statt. Die Flächen werden der Gesellschaft vielmehr zunächst „nur“ zur Nutzung und Bewirtschaftung überlassen.

Grundsätzlich ist die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts formfrei möglich. Selbst ein mündlicher Gesellschaftsvertrag würde reichen. In jedem Fall bedarf die Einbringung von Grundstücken in die GbR nach § 311b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) der notariellen Beurkundung. Der Beurkundungszwang erstreckt sich auch auf den Gesellschaftsvertrag, wenn dieser die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Einbringung von Grundstücken enthält. Weiter besteht seit dem 1. Januar 2024 durch die Reform des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) seit 2024 eine Verpflichtung zur Eintragung der GbR als eingetragene GbR (eGbR) in das Gesellschaftsregister, soweit Grundeigentum auf diese übertragen werden soll oder diese sich als Gesellschafterin an anderen eingetragenen Gesellschaften beteiligt. Die Eintragung in das Gesellschaftsregister kann aber auch freiwillig veranlasst werden, wenn die Beteiligten die Publizität der Beteiligungs- und Geschäftsführungsregelungen der Gesellschaft wünschen.

Die Gründung einer Familien-GbR zur gleitenden Hofübergabe ermöglicht eine geregelte Übergabe mit Flexibilität und Augenmaß und kann damit gut für eine nachhaltige und gerechte Hofnachfolge sein. Sie erfordert aber klare vertragliche Regelungen, um spätere Konflikte zu vermeiden und alle Beteiligten sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich abzusichern.

In jedem Fall ist ein sorgfältig durchdachter schriftlicher Gesellschaftsvertrag unbedingt erforderlich, um Konflikte zu vermeiden und rechtliche Klarheit zu schaffen. Dabei sollten folgende Punkte geregelt sein:

Gesellschaftszweck: Der Gesellschaftszweck könnte in der gemeinschaftlichen Führung des landwirtschaftlichen Betriebes sowie der Vorbereitung und Umsetzung der späteren Betriebsübergabe liegen.

• Gesellschafter: Wer ist an der Gesellschaft beteiligt? Gibt es neben dem Übergeber und dem Übernehmer noch weitere Gesellschafter? Alle Gesellschafter sind namentlich klar zu benennen.

• Einlagen/Einbringung von Vermögen: Wer bringt was in die Gesellschaft ein? Welche Einlagen hat jeder Gesellschafter zu bringen? Besteht die Einlage aus der Einbringung von Grundstücken, bestimmten Maschinen, Inventar und Rechten? Bestehen Verpflichtungen zur Einbringung der Arbeitskraft?

• Gewinn- und Verlustverteilung: Wie werden Gewinne und Verluste verteilt? Erfolgt die Verteilung entsprechend der Höhe der Einlage, nach Köpfen oder gemischt? Wird die Erbringung von Arbeitsleistungen über die Gewinnverteilung berücksichtigt oder erfolgt eine gesonderte Vergütung?

• Regelung der Mitwirkung: Wer darf wie mitentscheiden? Wie werden Entscheidungen getroffen? Gibt es Regelungen zu Stimmverteilung und Vetorechten?

• Geschäftsführung und Vertretung: Wer ist zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigt? Dürfen die Gesellschafter allein vertreten (Einzelvertretung) oder vertreten die Gesellschafter die GbR nur gemeinsam (Gesamtvertretung)? Klare und verbindliche Regelungen ersparen spätere Auseinandersetzungen und Streit.

• Regelungen zur Nachfolge und zum Ausscheiden: Wer kann wann wie ausscheiden oder eintreten? Es kann auch geregelt werden, wann und wie der Übergeber aus der GbR ausscheidet. Es bedarf klarer Regelungen und auch der Aussagen zu Abfindungsleistungen oder deren bewusstem Ausschluss.

• Tod eines Gesellschafters: Was passiert bei dem Tod eines Gesellschafters? Soll die Gesellschaft fortgesetzt werden? Kommt der Eintritt eines Erben anstelle eines verstorbenen Gesellschafters infrage?

Vorsicht Haftung

Charakteristisch und nicht abdingbar für die GbR ist die unbeschränkte Haftung aller Gesellschafter für Gesellschaftsverbindlichkeiten jeder Art gemäß §§ 721, 721b BGB. Die Gläubiger können jeden Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der GbR unmittelbar und in voller Höhe in Anspruch nehmen. Ein Ausgleich zwischen den Gesellschaftern kann dann nur im Innenregress verlangt werden. Sollten höhere Darlehen oder kreditfinanzierte Vorgänge, etwa zukünftige Grundstückserwerbe durch die Familien-GbR beabsichtigt sein oder kommt eine Haftungsübernahme durch einen der Gesellschafter nicht infrage, wäre gegebenenfalls alternativ die Gründung einer Kommanditgesellschaft (KG) als alternative Gesellschaftsform zu prüfen.

GbR und Höfeordnung

Die Gründung einer Familien-GbR, bei der der Hofeigentümer den hofzugehörigen Grundbesitz der Gesellschaft nur zur Nutzung überlässt, er also Eigentümer bleibt, steht mit der Höfeordnung insoweit im Einklang, als die Hofeigenschaft erhalten bleibt. Erfolgt die Gründung der Gesellschaft aber durch eine Einbringung des Eigentums am Hof in die Gesellschaft mit der Folge, dass die Gesellschaft Eigentümer wird, geht die Hofeigenschaft verloren, weil fortan die Besitzung nicht mehr im Alleineigentum einer natürlichen Person steht. In jedem Fall ist weiter zu prüfen, ob zum Zeitpunkt der Einbringung durch die Elterngeneration die Nachabfindungsfristen gemäß § 13 HöfeO von 20 Jahren nach deren Hofübernahme noch laufen. Die Einbringung des Hofes in eine Gesellschaft kann Nachabfindungsansprüche der weichenden Erben gemäß § 13 Absatz 1 S. 4 HöfeO auslösen.

Weiter sind auch pachtrechtliche Fragen zu prüfen. Die Einbringung gepachteter Flächen zur Bewirtschaftung in die GbR stellt gemäß § 589 BGB eine unerlaubte Nutzungsüberlassung an Dritte dar. Soweit diese nicht ausdrücklich in den Pachtverträgen gestattet wird, ist zuvor in jedem Fall die Zustimmung des jeweiligen Verpächters einzuholen.

Zu beachten sind schließlich auch sozialversicherungsrechtliche Folgen der gleitenden Übergabe. Besteht gegebenenfalls schon ein Anspruch auf Altersrente? Für die Kranken- und Pflegeversicherung ist der Status der Gesellschafter zu prüfen. Wer übernimmt die Anmeldung der GbR bei der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (SVLFG)? Die Gründung einer Familien-GbR wirft auch wichtige steuerliche Fragen auf. Deren Klärung und Darstellung bleibt einem gesonderten Artikel in Bauernblatt Ausgabe 42 vorbehalten.

Fazit

Die Gründung einer Familien-GbR zur gleitenden Hofübergabe ermöglicht eine geregelte Übergabe mit Flexibilität und Augenmaß und kann damit ein sehr geeignetes Modell für eine nachhaltige und gerechte Hofnachfolge sein. Sie erfordert aber klare vertragliche Regelungen, um spätere Konflikte zu vermeiden und alle Beteiligten rechtlich und wirtschaftlich abzusichern. Der Gesellschaftsvertrag ist dabei das zentrale Instrument, das Klarheit schaffen sollte. Auf jeden Fall ist auch das Testament des Überlassers mit der Hofnachfolgeplanung abzustimmen, um neben den lebzeitigen Fragen auch die Folgen eines Todesfalls abzusichern.

Kammerehrenpreis für vorbildliche Tierhaltung

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Die ­Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein hat in der ­vergangenen Woche zwei ­herausragende landwirtschaftliche Betriebe mit dem Kammerehrenpreis für beispielhafte ­Tierhaltung geehrt.

Ausgezeichnet wurden der Milchviehbetrieb Petersen aus Taarstedt, Kreis Schleswig-Flensburg, und der Bioland-Betrieb Wieczorek aus Norddeich, Dithmarschen. Beide Betriebe zeigen auf beeindruckende Weise, wie moderne Tierhaltung mit Verantwortung, Fachwissen und Innovationsfreude gestaltet werden kann.

Der Betrieb Petersen bewirtschaftet rund 260 ha und setzt auf modernste Melktechnik, Robotereinsatz und ein durchdachtes Fütterungskonzept. Mit einer Milchleistung von über 10.000 kg pro Kuh sowie Erfolgen in der Zucht – darunter prämierte Bullen wie „Airbag“ – steht der Hof für hohe Tiergesundheit und nachhaltige Entwicklung.

Eike Brandt (r.) übergab als Repräsentantin der Landwirtschaftskammer den Ehrenpreis an die Familie Wiezcorek. Foto: Hannah Straky

Familie Wieczorek betreibt einen der ältesten Ponyhöfe Deutschlands und verbindet Welsh-Pony-Zucht, Mutterkuhhaltung, Kinderreitferien und eine eigene Biogasanlage zu einem vielseitigen, zukunftsorientierten Betrieb. Auf 120 ha extensivem Grünland – davon 77 ha Naturschutzfläche – steht das Tierwohl an erster Stelle. Technisch ist der Hof mit automatisierter Fütterung und moderner Einstreuanlage ebenfalls auf dem neuesten Stand.

72-Stunden-Aktion schafft bleibende Werte

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72 Stunden Zeit, viele helfende Hände und jede Menge Ideen: Unter diesem Motto haben die Landjugenden in Schleswig-Holstein Mitte September gezeigt, was in ihnen steckt. Vom 18. bis 21. September packten weit mehr als 1.000 junge Menschen in fast 40 Ortsgruppen an – und hinterließen Spuren, die in den Dörfern noch lange sichtbar bleiben.

Seit Ende der 1990er Jahre gehört die 72-Stunden-Aktion zum Profil des Landjugendverbandes. Alle vier Jahre treten die Ortsgruppen an, um innerhalb von drei Tagen eine gemeinnützige Aufgabe zu erfüllen – ohne vorher zu wissen, was genau auf sie zukommt. Erst beim offiziellen Startschuss werden die Umschläge geöffnet. Was dann zählt, sind Tatkraft, Kreativität und der Rückhalt in der Dorfgemeinschaft.

Dass diese Großaktion funktioniert, ist das Ergebnis intensiver Vorbereitung. Eine eigens gegründete Projektgruppe traf sich seit Jahresbeginn regelmäßig, plante Logo und Motto, organisierte Sponsoren, stimmte Aufgaben mit Gemeinden ab und packte schließlich die Aktionspakete. Das gemeinsame Packen am Landjugendpavillon war für viele Helfer ein kleines Highlight: Auf einer Bahn von gut 30 m wurden Tüten mit T-Shirts, Bechern, Eimern, Sonnenhüten, Plakaten und vielem mehr gefüllt – kleine Hilfen, die überall im Land zum Einsatz kamen. Klein- und Großsponsoren ermöglichten die Aktionspakete mit Geld- und Sachspenden und trugen so zum Gelingen bei.

Am 18. September war es endlich so weit. In Bargum fiel der Startschuss, begleitet von zahlreichen Gästen aus Politik, Verbänden und der Region (siehe Ausgabe 39). Die Vorsitzenden des Landjugendverbandes, Marlies Muxfeldt und Mirco Engelbrecht, begrüßten gemeinsam mit der Ortsgruppe Bargum ein volles Gemeindehaus. Grußworte von Bauernverband, Landwirtschaftskammer, LandFrauenverband, Sponsoren sowie den Schirmherrinnen Julia Nissen und Heike Marit Carstensen machten deutlich, welchen Stellenwert die Aktion hat.

Dann übergab Bürgermeister Volker Nissen symbolisch den ersten Aufgabenumschlag – damit war der Startschuss gefallen. Zeitgleich in ganz Schleswig-Holstein erhielten die Ortsgruppen ihre versiegelten Umschläge, öffneten sie mit Spannung und machten sich sofort ans Werk. Ein signierter Spaten markierte den offiziellen Beginn der landesweiten Aktion. Ab diesem Moment wurde im ganzen Land geplant, gezeichnet, geschraubt und gebaut – drei Tage voller Einsatz begannen.

Aktionen überall im Land

Von Nordfriesland bis ins Herzogtum Lauenburg, von Schleswig-Flensburg bis nach Pinneberg waren an diesem Wochenende fast 40 Ortsgruppen im Einsatz. Und die Aufgaben hätten unterschiedlicher kaum sein können. Während die Landjugend Hennstedt die Badestelle in Horst aufwertete, packte die Gruppe in Wesselburen im Kindergarten an: Dort entstanden neue Hochbeete, ein kleiner Fußballplatz und eine frische Sandkiste für die Kinder. In Grundhof wiederum wurde eine alte Fußgängerbrücke in einem Naturschutzgebiet erneuert – eine Aufgabe, die nicht nur Muskelkraft, sondern auch handwerkliches Geschick verlangte.

Andere Gruppen stellten den Spaß- und Freizeitwert in den Mittelpunkt. Die Landjugend Hanerau-Hademarschen etwa verwandelte ein Gelände in eine BMX-Dirtjump-Strecke, die künftig für sportliche Abenteuer sorgen wird. In Bargum entstanden gleich zwei Shelter, eine Sitzbank und ein Brunnen, während die Landjugend Osdorf den Bau eines neuen Volleyballplatzes realisierte. Vielfältig und ideenreich waren die Projekte überall: In Galmsbüll entstand eine mobile Punschbude für Feste, in Lindau-Revensdorf eine überdachte Haltestelle, die gleichzeitig als Gemeinschaftshütte dient. Diese Beispiele zeigen nur einen Ausschnitt dessen, was innerhalb von drei Tagen umgesetzt wurde. Ob Neubau oder Renovierung, ob Dorfplatz oder Kita – die Projekte griffen konkrete Bedarfe der Gemeinden auf und schufen bleibende Werte.

Besonders sichtbar wurde die Kraft der Landjugend bei den Besuchen des Landesvorstandes. Traditionell führte die begleitende Tour des Vorstandes quer durchs Land, von Gruppe zu Gruppe. Überall bot sich ein ähnliches Bild: Junge Menschen, die Hand in Hand mit Gemeinde, Feuerwehr, Vereinen und Handwerkern anpackten. Es wurde geklönt, gescherzt und gelacht – doch sobald es ans Arbeiten ging, herrschten Ernsthaftigkeit und Teamgeist.

Jede Ortsgruppe erhielt beim Besuch ein offizielles Teilnahmeschild, das nun in den Gruppenräumen hängen und an die Aktion erinnern wird. Eines wurde überall deutlich: Die Dorfgemeinschaften stehen hinter „ihren“ Landjugenden. Nicht nur in den Gemeinden selbst war die Aktion ein Ereignis. In Sozialen Medien berichteten viele Gruppen fast live über ihre Fortschritte, Übergaben und die kleinen Erfolge zwischendurch. So konnte man den Entstehungsprozess von neuen Spielplätzen, Sheltern oder Grünanlagen quasi in Echtzeit miterleben. Auch die Presse war landesweit dabei: Zeitungen, Radiosender und sogar das Fernsehen griffen die Geschichten auf.

Ein starkes Zeichen

Nach drei Tagen vollen Einsatzes konnte man überall im Land neue Bauwerke, renovierte Anlagen und gestaltete Plätze bestaunen. Noch wichtiger aber war die Botschaft, die von der 72-Stunden-Aktion ausging: Sie machte deutlich, wie Dorfgemeinschaft funktioniert, wenn viele Hände anpacken.

„Unsere Landjugenden beweisen mit dieser Aktion alle vier Jahre aufs Neue, dass Ehrenamt mehr ist als nur ein Schlagwort – hier wird wirklich angepackt, nicht lang geschnackt“, betonte Landesvorsitzende Marlies Muxfeldt beim Abschluss. Mehr als 1.000 Landjugendliche setzten gemeinsam ein starkes Zeichen für Ehrenamt und Zusammenhalt. Sie schufen nicht nur Dinge aus Holz, Beton oder Farbe – sie stifteten Begegnung, Zuversicht und Stolz. Gemeinden, regionale Unterstützer und Landjugendliche zogen an einem Strang und machten die Aktion zu einem beeindruckenden Erfolg.

Die nächste 72-Stunden-Aktion wird erst 2029 stattfinden. Doch schon jetzt ist klar: Auch dann werden wieder Hunderte junge Menschen beweisen, was man in kurzer Zeit bewegen kann – und die Spuren der diesjährigen Aktion werden bis dahin vielerorts sichtbar bleiben. Schleswig-Holstein darf stolz sein auf seine Landjugend!

Britische Agrarpolitik läuft auseinander

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Jenny Brunton ist Beraterin für europäische Politik beim British Agriculture Bureau. Sie vertritt in Brüssel die Interessen von 70.000 Mitgliedern der National Farmers Union (NFU, Britischer Bauernverband). Das Bauernblatt hat sie zu den Folgen des Brexit für britische Landwirte interviewt.

Frau Brunton, was bedeutet der Brexit für die britischen Landwirte?

Jenny Brunton: Ehrlich gesagt, nicht viel. Die EU-Gesetzgebung wurde komplett in britisches Recht überführt, sodass die „Regelbücher nicht zerrissen wurden“. Die Landwirtschaft war schon immer Angelegenheit der einzelnen Landesteile. Da wir nun nicht mehr im Rahmen der GAP agieren, sehen wir, wie die vier Nationen (England, Wales, Schottland, Nordirland) sich in leicht unterschiedliche Richtungen bewegen – basierend auf ihren eigenen Prioritäten.

Wie hat sich die Landwirtschaft seitdem entwickelt in Hinsicht auf Betriebe, Tierzahlen oder den Warenhandel?

Die britischen Lebensmittel- und Getränkeexporte in die EU sind 2024 im Vergleich zu 2019 um 34 % im Volumen gesunken und beliefen sich auf 6,37 Mrd. kg. Finanziell sanken die Exporte um etwa 2,8 Mrd. £ pro Jahr – ein durchschnittlicher Rückgang von 16 % in den drei Jahren nach dem Brexit.

Zwar besteht im Rahmen des Handels- und Kooperationsabkommens zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich (Freihandelsabkommen über Waren und Dienstleistungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU, das nach dem Brexit-Übergang am 1. Januar 2021 in Kraft trat) weiterhin zollfreier Zugang, doch die Exporteure sehen sich mit erheblichen nichttarifären Handelshemmnissen konfrontiert:

– Gesundheitszertifikate

– sanitäre und phytosanitäre Kontrollen

– Zollanmeldungen

– Nachweise über die Ursprungseigenschaft

Sie verursachen erhebliche Zeit- und Kostenbelastungen für Exporteure. Es ist aufgrund von Covid, Problemen in den Lieferketten und so weiter schwierig, genau festzustellen, was an den Tierzahlen oder der betrieblichen Entwicklung eine direkte Folge des Brexit ist.

Jenny Brunton, Foto NFU

Wurden die Versprechungen der Brexit-Kampagne erfüllt?

Die Sichtweise darauf ist sehr subjektiv und abhängig davon, ob man etwas gegen Regeln hat. Wir haben neue Pflanzenschutzmittel auf dem britischen Markt, die in der EU nicht zugelassen sind. In anderen Bereichen, etwa bei der Finanzierung des National Health Service (britisches Gesundheitssystem) haben jedoch viele Menschen Versprechen geglaubt, die realistischerweise nie zu verwirklichen waren.

Wie hat sich die Agrarpolitik auf der Insel nach der GAPverändert?

Im Wesentlichen gibt es vier sehr unterschiedliche Politiken in den vier Nationen. (siehe Seiten 17/18)

Wie unterscheidet sich die heutige Agrarpolitik in GB von der GAP?

Da ich meine, dass die GAP seit 2023 ohnehin nicht mehr wirklich „gemeinsam“ ist, könnte man sagen, dass Wales und Nordirland noch im typischen Rahmen von Erster und Zweiter Säule liegen. Schottland bleibt vollständig angeglichen – aus politischen, aber größtenteils IT-bedingten Gründen.

Wie gestalten die vier Nationen ihre Agrarpolitiken heute?

Schottland, Wales und Nordirland über „Co-Design“ mit Interessengruppen einschließlich der jeweiligen Bauernverbände. England dagegen weniger …

Welche Auswirkungen hat das auf die Wettbewerbsfähigkeit?

Für Landwirte in England ist es sehr schwierig. Sie können nicht zwischen Optionen wählen. Wie soll ein Schafhalter im Hügelland Zwischenfrüchte anbauen? Ihnen wurden die Direktzahlungen gestrichen, in Schottland und Wales erhalten sie weiterhin eine direkte Unterstützung, in Schottland sogar gekoppelte Beihilfen für das Halten von Mutterschafen.

Woher kommen die Finanzmittel?

Alles wird vom britischen Finanzministerium in London festgelegt, allerdings nicht zweckgebunden. Es liegt dann im Ermessen der nationalen Regierungen, wie es ausgegeben wird. Das ist schwieriger als in der EU, wo es den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) und eine Zweckbindung gibt.

Ist die heutige Agrarpolitik besser oder schlechter für Landwirtschaft, Ernährungssicherheit, Umwelt- und Klimaschutz?

Die Sicht darauf ist sehr subjektiv, aber es gab keine Reduzierung von Schutzgesetzen. Der Fokus liegt auf den nationalen Regierungen, die mehr tun müssen, da es niemanden mehr gibt, dem man die Schuld geben könnte.

Welche Lehren kann Brüssel aus der britischen Agrarpolitik ziehen?

Eine Lehre könnte sein, mehr auf die Mitgliedstaaten, die Stakeholder zu hören, was sie in bestimmten Bereichen brauchen – das variiert schon innerhalb von Ländern stark, erst recht innerhalb der EU.

Die Erbschaftsteuer wird zu einem Problem – worum geht es?

Änderungen an der Agricultural Property Relief (APR) bedeuten, dass ab April 2026 die Erbschaftsteuer mit einem effektiven Satz von 20 % auf alle landwirtschaftlichen Vermögenswerte oberhalb einer Schwelle von 1 Mio. £ anfällt.

Es gibt erschreckende Geschichten von Landwirten, die Krebsbehandlungen ablehnen oder Suizid begehen, weil die Angst groß ist, der nächsten Generation eine erdrückende Steuerlast zu hinterlassen, falls sie nicht vor April 2026 sterben.

Wie bewerten Sie die Wettbewerbsfähigkeit des britischen Agrarsektors?

Die National Farmers Union ist weiterhin Mitglied von Copa und Cogeca. Ich denke, wenn unsere Präsidenten in Brüssel mit allen anderen Präsidenten der europäischen Bauernverbände zusammenkommen, diskutieren wir immer noch über dieselben Probleme, sei es das Wetter, die Düngemittelpreise, die unfaire Marktrendite oder das Gefühl der Überregulierung – wir scheinen immer noch an derselben Stelle zu sein, und der Arbeitsalltag der meisten Landwirte hat sich nicht geändert.

Erntedank zwischen Hunger und Hightech

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2020 bildeten Landwirte aus Schleswig-Holstein mit Schleppern auf einem Stoppelfeld den Schriftzug „Erntedank“: beeindruckend. 2022 kanzelte ein Pastor solche Landwirte im Radio ab: Gott brauche keinen Dank der industriellen Landwirtschaft – sie komme ohnehin längst ohne ihn aus.

Und 2025? Die vergangenen Jahre waren geprägt von einer Politik der Extensivierung, Ökologisierung, Förderung einer pflanzenbasierten Ernährung. Wird der Pastor also bestätigt und wir befinden uns endlich auf dem rechten Pfad einer geringeren, dafür aber „richtigen“ Lebensmittelproduktion? Vorsicht: Als die Ukraine 2022 erstmalig vom Weltmarkt abgeschnitten wurde, hatte Spanien kein Futter mehr, Ägypten jedoch kein Mehl. Schon der Arabische Frühling 2010 war die Folge einer hungernden Bevölkerung in Nordafrika.

Stellen wir also die Frage: Kommt die Moral erst „nach dem Fressen“, wie Bert Brecht es in seiner „Dreigroschenoper“ behauptet? Fast so alt wie die Oper ist die Arie, die Greenpeace gegen den „Golden Rice“ anstimmt. Der genveränderte Reis könnte Hunderte Millionen Menschen vor Erblindung oder Tod durch Vitamin-A-Mangel bewahren. Wessen Ethik folgt man: der von Greenpeace, das den Reis seit 2012 erfolgreich verhindert, oder der von über 100 Nobelpreisträgern, die sich bereits 2016 für einen Einsatz aussprachen?

Zum Erntedank lohnt die Frage, warum wir uns weniger für den Ertrag, sondern mehr für das Gut oder Böse der Erzeugung interessieren. Sind wir satt genug für etwas Moral? Oder ist da eine Grenze, die wir nicht überschreiten dürfen? Deutschland ist Vizeweltmeister bei Patentanmeldungen für moderne Agrartechnologie. Stoppen wir das ebenso wie die Gentechnikbemühungen unserer mittelständischen Züchter? Oder nutzen wir Hightech, um den Hunger zu bekämpfen?

Ohne Ethikfragen einzubeziehen wären wir eine ärmere Gesellschaft. Es ist deshalb richtig, solche Fragen zu stellen. Sorgt unsere Moral aber dafür, dass andere weniger zu essen haben, müssen die Argumente stark sein. Die Kirche wäre ein Ort, um dieses Dilemma aufzugreifen. Wer sich aber, wie Misereor, Brot für die Welt oder oben genannter Radiopastor selbst positioniert, nimmt sich die Chance, zum „Pontifex“ – zum Brückenbauer – zu werden. Dabei ist das eine ureigene Aufgabe der Kirche.

Jedes Erntedankfest ist eine Chance für die Kirche, zuzuhören. Es zeigt, dass auch wir im satten Europa immer noch Grund zur Dankbarkeit haben. Eben weil der Mensch nicht alles im Griff hat. Es gibt Jahre, in denen das Getreide trotz moderner Technik am Halm auswächst. Teile Deutschlands wurden 2025 von Trockenperioden heimgesucht. Das lehrt Demut, Ehrfurcht und Dank. Manche Inschrift an alten Bauernhäusern stellt klar: „An Gottes Segen ist alles gelegen.“ Der Dank geht an den Schöpfer und seinen „Schaffer“: Landwirtscha(f)ft.

Bauern sind im Wesen geprägt vom Umgang mit der Natur. Sie kennen das Hoffen und Warten. Das Aushalten und Weitermachen. Sie sind ernte-dankbar, mit müden Augen und Schweiß auf der Stirn. Es gilt: Ein Dank im Jahr für die Arbeit unserer Bäuerinnen und Bauern ist mehr als angemessen.

Skepsis gegenüber Gaskraftwerken im Norden betont

Ihre Zurückhaltung gegenüber dem von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) angestrebten Bau neuer Erdgas-Großkraftwerke mit einem Volumen von deutschlandweit 20 GW bekräftigte die KlimaUnion der Nordländer am Montag in Tüttendorf bei Kiel. Der Norden komme durch einen Überschuss aus Erneuerbaren Energien ohne den Zubau der fossilen Technik aus.

In einer gemeinsamen Erklärung bekräftigten die Koordinatoren und Co-Vorsitzenden der KlimaUnion Schleswig-Holsteins, Hamburgs, Mecklenburg-Vorpommerns und Niedersachsens, neben Wind und Photovoltaik (PV) im Norden vielmehr auf Biomasse, Gas-Kraft-Wärme-Kopplung, Restmengen von Strom aus Skandinavien und Speichertechniken setzen zu können. „Wir im Norden brauchen keine Erdgas-Großkraftwerke“, unterstrich Christian Saul, Koordinator der KlimaUnion Schleswig-Holsteins, und verwies auf den rechnerischen Überschuss an Erneuerbaren Energien der Länder im Norden. Bereits 2019 hätten Wind und PV nur an 144 Tagen den Verbrauch nicht decken können, der rechnerisch 495 MW betragen habe und schon damals durch die bestehenden Biogasanlagen mit 618 MW hätte ausgeglichen werden können – weiterer Zubau und Flexibilisierung noch nicht einberechnet.

Zu den Gästen von KlimaUnion-Koordinator Christian Saul (r.) zählten Schleswig-Holsteins Justiz-Staatssekretär Otto Carstens (CDU, Mitte) sowie der CDU-Landtagsabgeordnete Heiner Rickers. Foto: jh

Die „Kieler Erklärung“ der KlimaUnion-Nordländer lautet: „Die Nordländer glauben ohne neue Erdgas-Großkraftwerke neben Wind und PV nur mit Biomasse und Gas-Kraft-Wärme-Kopplung und Restmengen CO2-neutralem Strom aus Skandinavien sowie mithilfe von Großbatterien als Speicher für die öffentliche Stromversorgung auskommen zu können.“

„Wir brauchen gesicherte Leistung, um Dunkelflauten beherrschbar zu machen“, sagte Mark Helfrich, CDU-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Steinburg und Dithmarschen Süd. Helfrich zeigte sich zuversichtlich, dass keine Gaskraftwerke über die Ausschreibung in den Norden gelangten. Diese würden vor allem dort errichtet, wo der Bedarf bestehe. Das Thema der hochflexiblen Biogasversorgung sei „akzeptiert und an der Spitze mit auf dem Zettel“, erklärte Helfrich. Vor allem über das Argument der Kosteneffizienz werde die Biogaserzeugung von Ministerin Reiche mitberücksichtigt werden.

Martin Laß, Betreiber des Regenerativen Speicherkraftwerks in Tüttendorf, betonte, es gehe nicht darum, mehr Biomasse anzubauen und zu vergären, sondern den steuerbaren Energieträger Biogas durch Speicherung und Flexibilisierung effizienter einzusetzen.

Niggli: Öko-Auflagen hemmen Innovation

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Die Ökoaktionswoche Schleswig-Holstein startete am Montag in den Holstenhallen Neumünster mit einer Diskussionsveranstaltung. Rund 100 Gäste folgten den teilweise aufrüttelnden Ausführungen des Öko-Vordenkers Prof. Urs Niggli vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) Österreich. „Nur ein Kopf, der durchgeschüttelt wird, produziert neue Ideen“, so der Schweizer.

Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) erläuterte in seiner Begrüßung das Ziel der Ökoaktionswoche: „Wir wollen einen Blick in die Zukunft werfen und darüber sprechen, wie wir den Ökolandbau noch besser machen können.“

Stützende Maßnahmen

Werner Schwarz

Laut Koalitionsvertrag soll sich die Zahl der Ökobetriebe verdoppeln. Die Rahmenbedingungen sind aber laut Schwarz herausfordernd. Er schilderte die bestehenden Maßnahmen, etwa die Flächenförderung, die Ökoberatung und die Ökoklasse am Berufsbildungszentrum Bad Segeberg, die fortgeführt werde. Darüber hinaus unterstütze sein Haus Maßnahmen zum Bürokratieabbau im Ökobereich.

Mit der Ökoaktionswoche gehe es ihm unter anderem darum, die Bedeutung der ökologischen Landwirtschaft sichtbarer zu machen. Das Highlight sei daher der Bioverbrauchermarkt, der vom 3. bis 5. Oktober in Kiel stattfinde. Schwarz will sich dafür einsetzen, den Ökolandbau in Schleswig-Holstein zukunftsfähig zu gestalten.

Globale Marginalie

Urs Niggli stellte klar: „Der Ökolandbau kann nicht die globale Ernährung sicherstellen.“ Weltweit gesehen sei Bio eine Marginalie. Schließlich bewege sich die Weltbevölkerung auf die Marke von zehn Milliarden Menschen zu. „Wenn wir nur ökologisch wirtschaften wollten, wäre der Bedarf an landwirtschaftlicher Fläche gigantisch“, so der FiBL-Vorsitzende. Trotzdem müsse der Schutz der natürlichen Ressourcen konsequent umgesetzt werden. Es brauche also eine produktive, aber boden-, klima- und biodiversitätsschonende Landwirtschaft. Das Ziel sollte nicht der Ökolandbau per se sein. Er sei aber ein Weg, mehr Nachhaltigkeit zu erreichen.

Urs Niggli

Das Ziel der EU-Farm-to-Fork-Strategie von 25 % Ökolandbau halte er für unrealistisch. „Man muss sich schon fragen, wie sinnvoll es ist, solche Ziele zu formulieren, wenn man hinterher enttäuscht ist, weil man das Ziel nicht erreicht“, so Niggli. Selbst in einem sehr reichen Land wie der Schweiz stottere der Ökomarkt.

Dabei gebe es clevere Intensivierungspotenziale, etwa dank DeepTech, Precision-Farming und Robotik. Für eine agrarökologische Transformation sei es notwendig, die besten Ideen und Lösungen aus verschiedenen Welten miteinander zu kombinieren. Ziel müsse sein, mehr Biodiversität und mindestens gleich viel Ertrag zu erreichen. Zukunftskulturen sind aus seiner Sicht vor allem Hülsenfrüchte wie Erbsen und Bohnen, um die Proteinversorgung zu sichern. Vor allem ältere Menschen seien aber auf tierische Proteine angewiesen.

Innovationen notwendig

Der Wissenschaftler erklärte: „Wir sehen weltweit keine Entwicklung in Richtung nachhaltigerer Ernährung.“ Die Begeisterung für Insektenernährung sei vorbei. Momentan werde kultiviertes Fleisch stark diskutiert. Auch Präzisionsfermenter könnten eine Zukunft haben. „Ich glaube, es braucht nachhaltige, effiziente agrarökologische Systeme mit deutlich mehr technologischer Innovation, als derzeit im Ökolandbau erlaubt ist“, so Niggli. Beispielsweise werde der Ökolandbau züchterisch abgehängt. Der genetische Gewinn könne aufgrund von Bewirtschaftungsbeschränkungen nicht ausreichend genutzt werden.

Zitate

Johannes Baasch, Geschäftsführer Buchenhof:
„Die konventionellen Betriebe kommen durch Restriktionen bei Düngung und Pflanzenschutz immer mehr in die Ökorichtung. Wir brauchen aber weiterhin Verkaufsargumente, zum Beispiel erhöhte Biodiversität. Wir müssen die Produktivität steigern, denn dann sind wir auch besser in der Klimabilanz. Potenzial liegt in der technischen Innovation. Das müssen wir aktiv begleiten.“

Corinna Ullrich, Institut für Agrarpolitik und Marktforschung, Universität Gießen:
„Wenn man Bürger fragt, warum sie Bio kaufen, ist ihnen beispielsweise Tierwohl sehr wichtig. Vielen ist nicht bewusst, was der Unterschied zwischen Bio und konventionell ist. Das kann dazu führen, dass Verbraucher auch mal enttäuscht sind.“

Prof. Gerold Rahmann, Institut für Ökologischen Landbau, Thünen-Institut:

„Wir haben Richtlinien, die nichts mit unseren Ökozielen zu tun haben. Wenn wir uns an den Zielen messen, müssen wir den Fortschritt im Ökolandbau als unzureichend ansehen. Wir müssen das Richtlinienkorsett aufschnüren. Wir müssen klare Bedingungen aufschreiben, deren Einhaltung wir beweisen können.“

Georg Lutz, Geschäftsführer Gut Wulfsdorf:
„Wir Bioanbauer sollten nicht so viel Angst vor regenerativer Landwirtschaft haben. Davon können wir auch lernen. Der Biosektor wird größer, aber damit auch anonymer.“