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Mercosur: Fluch oder Segen?

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Am 3. September hat die Europäische Kommission dem Europäischen Rat die endgültige Fassung des EU-Mercosur-Abkommens zur Ratifizierung vorgelegt. Der 25 Jahre andauernde Verhandlungsmarathon mit dem südamerikanischen Staatenbund, dem Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay angehören, kam damit zu seinem vorläufigen Ende. Allerdings wird das Freihandelsabkommen der EU mit den Mercosur-Staaten wohl nicht mehr in diesem Jahr in Kraft treten, das hat Dänemarks Außenminister Lars Løkke Rasmussen deutlich gemacht. Vor dem Hintergrund zunehmender aktueller Handelskonflikte erklärte der dänische Minister, dass man, auch wenn man weltweiten Freihandel bevorzuge, nicht naiv sein dürfe. Es gelte, durch derartige Abkommen neue Partnerschaften zu schließen. Weitere Freihandelsabkommen sind laut EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič mit Mexiko und Indonesien sowie mit Indien, Thailand, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Malaysia und den Philippinen geplant. Übrigens müssen, wie bei allen Freihandelsabkommen, auch die aus dem Mercosur eingeführten Agar- und Lebensmittelerzeugnisse den strengen EU-Standards entsprechen, weil diese für alle in der EU verkauften Produkte gelten, unabhängig davon, ob sie im Inland erzeugt oder importiert werden.

Mercosur öffnet Märkte

Insbesondere die Bundesregierung betrachtet das Abkommen als einen Meilenstein, um sich im geopolitischen Konkurrenzkampf zu behaupten und neue Märkte zu öffnen beziehungsweise zu sichern. Durch das Freihandelsabkommen mit dem Mercosur bekommen deutsche Unternehmen einen freien, regelbasierten Zugang zu einem Markt mit 265 Millionen Konsumenten. Die jetzt noch durch hohe Zölle abgeschotteten Mercosur-Länder haben großen Modernisierungsbedarf. Derzeit ist der Zollsatz für Industriegüter in Argentinien und Brasilien mehr als dreimal so hoch wie in der EU. Auch Chinas Bedeutungszuwachs in der Region wird von Berlin und Brüssel mit Sorge beobachtet. Stammte der größte Teil der Mercosur-Importe bis 2017 noch aus der EU, importieren die vier südamerikanischen Staaten inzwischen Güter im Wert von 25 Mrd. US-$ mehr aus China als aus der EU.

Landwirtschaft profitiert auch indirekt

Eine jetzt im „Journal of Agricultural Economics“ veröffentlichte Studie kommt zu dem Schluss, dass einige Bereiche, wie die Milchbranche oder die Ölsaaten­industrie, vom Abkommen sogar profitieren könnten. Berücksichtige man zusätzliche Arbeitsplätze, die durch das Abkommen in Europa geschaffen würden, seien weitere indirekte positive wirtschaftliche Effekte für die europäische Landwirtschaft zu erwarten. Auch erwartet man positive Auswirkungen auf den EU-Haushalt durch einen Anstieg des Bruttonationaleinkommens. Auch gesamtwirtschaftlich profitiere die EU-Wirtschaft insbesondere ­dadurch, dass die Mercosur-Staaten ihre bislang hohen Zölle auf Industriegüter senkten. Die erwarteten Exportzuwächse nach Südamerika dürften in der EU zu entsprechenden Einkommenssteigerungen führen, insbesondere durch einen Zuwachs an Arbeitsplätzen. Dadurch werde auch der Konsum von Rindfleisch und anderen Agrarprodukten angekurbelt. Insgesamt sollte der Effekt auf den Agrar- und Ernährungssektor positiv sein.

Alternative Fettquellen in der Kälberfütterung

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Ein Projekt in drei Bundesländern testet eine vielversprechende Alternative im Milchaustauscher. Palm- und Kokosöl gehören seit Jahren zu den gängigen Fettquellen in Milchaustauschern (MAT) für Kälber. Doch mit zunehmender Kritik an deren ökologischen Auswirkungen rückt die Suche nach heimischen, nachhaltigen Alternativen stärker in den Fokus. Ein länderübergreifendes Forschungsprojekt aus Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern hat untersucht, ob sich eine Kombination aus Raps- und Insektenöl als Ersatz eignet – mit interessanten Ergebnissen.

Bereits seit 2020 laufen in verschiedenen Bundesländern Einzelprojekte, die alternative Fettquellen in der Tränkkälberfütterung prüfen. Erste Versuche mit Sonnenblumenöl, Schweineschmalz oder teilgehärtetem Rapsöl zeigten teils deutlich schlechtere Fütterungsergebnisse im Vergleich zu den bewährten MAT mit Palm- und Kokosöl (Fischer et al. 2021, 2023). Auf dieser Grundlage entwickelten die beteiligten Institutionen ein gemeinsames Projekt: Untersucht wurde, ob sich ein MAT mit Raps- und Insektenöl aus der Schwarzen Soldatenfliege (Hermetia illucens) in der Praxis als gleichwertig oder besser erweist. Der Fokus lag auf Tränkeaufnahme, Lebendmassezunahmen (LMZ) und Gesundheitsverlauf.

Aufbau des Versuchs

Die Datenerhebung erfolgte auf zwei Milchviehbetrieben mit eigener Nachzucht. Ein Betrieb in Sachsen-Anhalt hielt rund 690 Tiere, der andere in Mecklenburg-Vorpommern etwa 400 Tiere. Im Zeitraum von November 2023 bis Juni 2024 wurden insgesamt 154 weibliche Kälber der Rasse Deutsche Holsteins mit einer Geburtsmasse von mindestens 29 kg in die Studie einbezogen. Kälber, die vor Beendigung des Untersuchungszeitraums ausfielen, wurden nicht in die Auswertung einbezogen. In beiden Betrieben kamen Tränkautomaten (TA) zum Einsatz, die eine tierindividuelle Versorgung gemäß einheitlichem Fütterungsplan ermöglichten. Der Fütterungsversuch wurde mit dem Ende des Abtränkens des letzten Kalbes abgeschlossen.

Vergleich verschiedener Haltungen

In Sachsen-Anhalt erfolgte die Einzelhaltung der Kälber unter Außenklimabedingungen mit Fütterung über zwei Tränkautomaten per Calf­Rail (CR). Ab dem zweiten Lebenstag wurden sie hier abwechselnd der Kontrollgruppe (Palm-/Kokosöl-MAT) oder der Versuchsgruppe (Raps-/Insektenöl-MAT) zugeordnet. Ebenso erhielten die Kälber in den Einzelboxen Wasser und eine Trocken-TMR (totale Mischration). Ab der vierten Lebenswoche wurden sie in einen geschlossenen Stall in Gruppen von bis zu zwölf Tieren umgestallt und über Tränkautomaten weiter mit dem entsprechenden MAT versorgt. Zusätzlich wurden den Tieren pelletiertes Kälberstarterfutter, Heu und die TMR laktierender Kühe angeboten.

In Mecklenburg-Vorpommern wurde ein anderes Konzept verfolgt: Nach der Kolostralphase im Einzeliglu kamen die Kälber in ein sogenanntes Kälberdorf für die Aufzucht. Hier wurde das Konzept der frühen Gruppenhaltung umgesetzt, bei einer Gruppenstärke von bis zu 13 Tieren mit je einer Tränkestation, wobei sich zwei Gruppen entsprechend einen Tränkautomaten teilten. Die Versuchs- und Kontrollgruppe erhielten die identischen MAT wie in Sachsen-Anhalt. Im weiteren Verlauf der Aufzucht kam es betriebsbedingt zu einer Umstellung in die sogenannten Carports. Eine parallele Haltung mit einer Kontrollgruppe war nicht mehr möglich, sodass alle Kälber ausnahmslos mit dem MAT auf Basis von Raps- und Insektenöl gefüttert wurden.

Herstellung der Milchaustauscher

Die MAT wurden standardisiert produziert: Eingedickte Magermilch wurde mit den jeweiligen Ölen gemischt, pasteurisiert, homogenisiert und sprühgetrocknet. Die fertigen Produkte wurden regelmäßig (insgesamt je sieben Mal) beprobt und auf Rohnährstoffe analysiert. Die milchhaltigen Ausgangsstoffe der beiden MAT stammten aus unterschiedlichen Produktionschargen. Zusätzlich untersuchte das Thüringer Landesamt in Jena die Größe der Fetttröpfchen mikroskopisch. Die mikroskopische Analyse ergab eine feine und gleichmäßige Verteilung der Fetttröpfchen (unter 10 µm) in beiden MAT. Dies kann ein positives Zeichen für eine ähnlich gute Verdaulichkeit sein. In der Praxis zeigte sich kein Unterschied im Handling: Schütt- und Rieselfähigkeit waren bei beiden Varianten zufriedenstellend, sodass eine genaue Dosierung in die Mixbecher möglich war.

Das Rohfett der Larven ist ein wertvoller Bestandteil, der je nach Aufbereitungsprozess variiert. Foto: Landpixel

Beide MAT-Varianten zeigten vergleichbare Rohfett- und Rohproteinwerte. Unterschiede gab es in der Fettsäurezusammensetzung: Der Anteil kurzkettiger Fettsäuren (C4:0 bis C6:0) lag mit nur 0,1 bis 0,2 % deutlich unter dem typischen Butterfett-Niveau (5 bis 7 %). Aus Sicht der Tierernährung sind kurzkettige Fettsäuren wie Buttersäure (C4:0 bis C6:0) besonders wertvoll. Das sollte vor allem dann beachtet werden, wenn bei der Herstellung von Milchaustauschern Fremdfette zum Einsatz kommen. Denn bei jungen Kälbern ist im Speichel ein Enzym aktiv, das bevorzugt diese kurzkettigen Fettsäuren aus dem Fett spalten kann – und zwar bereits im Labmagen. Voraussetzung dafür ist, dass sich dort ein festes Eiweißgerinnsel (Koagel) bildet, in dem das Enzym wirksam werden kann. Laut Gürtler (1988) können so bis zu 30 % des enthaltenen Butterfettes schon im Labmagen verdaut werden. Ebenfalls auffällig war das stark erhöhte Verhältnis von Linol- zu Linolensäure: in der Kontrollgruppe etwa 18:1, in der Versuchsgruppe rund 6:1 (zum Vergleich: Butterfett 1,5:1). Hohe Linolsäureanteile stehen im Verdacht, bei Kälbern das Risiko für Durchfall und Pneumonien zu erhöhen – ein möglicher Einflussfaktor, der weiterer Forschung bedarf. Der Vergleich mit den Butterfett-Komponenten erfolgt, um einen Vergleich zur (hier nicht angewandten) Vollmilch-Fütterung herstellen zu können.

Ergebnisse aus Sachsen-Anhalt

In der Einzelhaltung mit CalfRail-­System erreichten die Kälber der Versuchsgruppe eine signifikant höhere Tränkeaufnahme – im Schnitt 0,5 l mehr pro Tier und Tag während der Ad-libitum-Fütterung. Im Verlauf der 44-tägigen Abtränkphase verringerte sich der Unterschied zwischen beiden Gruppen. Über den gesamten Zeitraum von 84 Tränketagen entsprach das rund 21 l beziehungsweise 3,3 kg Milchaustauscher mehr pro Kalb (siehe Abbildung 1).

Auch die Lebendmassezunahme (LMZ) war in der Hochtränke-Phase unter Außenklima-Bedingungen geringfügig höher. Nach der Umstellung in den Aufzuchtstall glichen sich die Unterschiede aus. Die Zunahmen beider Gruppen waren unter Außenklimabedingungen sichtlich höher als im geschlossenen Stall. Beide Gruppen lagen jedoch in einem moderaten Bereich zwischen 700 und 800 g täglicher LMZ (siehe Abbildung 2). Insgesamt waren Tränkeaufnahme und Wachstum der Kälber in beiden Gruppen vergleichbar, mit leichtem Vorteil für den Raps-/Insektenöl-MAT. Dies zeugt von einer guten Annahme der neuen Kombination durch die Kälber, wenngleich das Klima einen deutlichen Einfluss auf die Entwicklung haben kann.

Ergebnisse aus Mecklenburg-Vorpommern

Hier fiel besonders die Gruppe in der Carport-Haltung auf: Diese Kälber wurden ausschließlich mit dem Versuchs-MAT gefüttert und zeigten die höchsten täglichen Zunahmen (durchschnittlich 966 g). Im Kälberdorf dagegen – mit Verfütterung beider MAT – traten häufiger Atemwegserkrankungen, Fieber und Durchfall auf. Die Versuchsgruppe erreichte hier 783 g Zunahme pro Tier und Tag, die Kontrollgruppe 876 g. Trotz höherem Zuwachs war die Krankheitsrate in der Kontrollgruppe deutlich höher. Die Tränkeaufnahme in den beiden Gruppen war dennoch vergleichbar gut (siehe Abbildung 3). Die Art der Haltung beeinflusste somit maßgeblich die Ergebnisse. Die Kombination aus MAT-Qualität und Umweltbedingungen entscheidet offenbar über den Erfolg in der Kälberaufzucht.

Fazit

Die Suche nach alternativen Fettquellen in der Kälberfütterung rückt zunehmend in den Fokus, nicht zuletzt aufgrund der wachsenden Kritik an Palm- und Kokosöl. Beide Rohstoffe stehen aufgrund ökologischer Bedenken, etwa in Bezug auf Anbauflächen und Nachhaltigkeit, in der Kritik. Raps- und Insektenöl könnten hier eine zukunftsfähige Alternative bieten. In einem Fütterungsversuch mit Milchaustauschern auf Basis dieser beiden Fette zeigte sich ein vielversprechendes Bild: Kälber, die mit der neuen MAT-Variante versorgt wurden, nahmen die Tränke gut auf und entwickelten sich hinsichtlich ihres Körpergewichtes und der Vitalität mindestens ebenso gut wie Tiere in der Kontrollgruppe. In einzelnen Fällen waren sogar bessere Lebendmassezunahmen, Tränkeaufnahmen und eine stabilere Gesundheit zu beobachten. Besonders das Insektenöl sticht hervor – nicht nur durch seine ernährungsphysiologische Eignung, sondern auch durch seine ressourcenschonende Erzeugung. Die Aufzucht der Insektenlarven benötigt weniger Fläche und ist effizient. In Kombination mit heimischem Rapsöl ergibt sich damit eine nachhaltige Fettmischung, die den Anforderungen moderner Nutztierhaltung gerecht werden kann. Allerdings gilt es, die bisherigen Erkenntnisse weiter zu untermauern. Für eine fundierte Bewertung sind langfristige Untersuchungen unter Praxisbedingungen notwendig. Erst mit einer breiteren Datenbasis lassen sich verlässliche Empfehlungen für den flächendeckenden Einsatz solcher MAT-Produkte in der Kälberaufzucht ableiten.

Henrike Bader, Bernd Fischer, Nicole Sturm, Susanne Schütze, Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Sachsen-Anhalt

Sarah Rehber, Jana Flor, Andreas Steffen, Peter Sanftleben, Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern

Silke Dunkel, Katrin Trauboth, Thüringer Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen Raum

Ein Drittel der Rüben ist verarbeitet

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Die Zuckerrübenkampagne zeigt sich bislang von ihrer positiven Seite: Gut ein Drittel der Rüben aus Schleswig-Holstein wurde bereits im Werk Uelzen verarbeitet. Die angelieferten Partien weisen momentan mit durchschnittlich 17,5 % Pol eine hohe Qualität auf. Auch der Erdanhang der bisher gelieferten Rüben ist erfreulich niedrig. Dadurch werden das Rübenerdemanagement und die Abwasserstrecke im Werk deutlich weniger belastet als in den vergangenen Jahren, sodass das Werk effizient und auf hohem Niveau arbeiten kann.

Innerhalb Schleswig-Holsteins ist die Varianz im Zuckergehalt gering. Lediglich im Süden des Landes sind die Rüben etwas süßer. Auch die Erträge liegen insgesamt auf einem guten Niveau. Besonders im September und Anfang Oktober konnten unter günstigen Bedingungen tägliche Zuwächse von bis zu 0,5 t/ha Rübenertrag erzielt werden – keine Seltenheit in diesem Jahr. Ab Anfang November ist das Wachstum jedoch weitgehend abgeschlossen.

Wer die eigenen Erträge einordnen möchte, findet im CropConnect unter „Kampagne“ nicht nur die eigenen Daten, sondern auch die Datei „Naturraumergebnisse 2025“. Diese bietet eine gute Vergleichsbasis zur regionalen Einordnung der eigenen Flächen.

Aufgrund des niedrigen „Überrübenpreises“ und gleichzeitig überdurchschnittlicher Erträge wurde in einigen Fällen eine alternative Verwertung der Rüben empfohlen. Für den Fall, dass nicht alle Rüben nach Uelzen geliefert wurden, wird darum gebeten, den ungefähren Umfang der nicht gelieferten Mengen dem zuständigen Anbauberater mitzuteilen. Diese Information ist wichtig, um korrekte Ertragsdaten für zukünftige Empfehlungen der Anbaufläche hinterlegen zu können. Die nicht registrierten Mengen sorgen dafür, dass eventuell mehr Fläche als notwendig für die Vertragsmenge angebaut werden muss.

Ein weiteres zentrales Thema ist die Rodung. Rüben, die länger als vier Wochen am Feldrand gelagert werden sollen, sollten unter möglichst günstigen Bedingungen gerodet werden. Um die Lagerdauer zu begrenzen, empfiehlt es sich, die Rodung in Lieferreihenfolge vorzunehmen. Dementsprechend sollten die zuletzt zu liefernden Rüben auch zuletzt gerodet werden. Ziel ist eine verlustarme Lagerung in der Miete. Die Rüben sollten trocken, mit geringem Erdanhang und möglichst unverletzt in die Miete gelegt werden. Dies bildet die Grundlage für eine lagerstabile Qualität und geringe Zuckerverluste. Unter optimalen Bedingungen liegt der Verlust von Zucker in der Miete bei zirka 150 g/t am Tag. Bei ungünstigen Bedingungen steigt dies um mehr als das 1,5-Fache.

Das ungefähre Ende der aktuellen Kampagne liegt voraussichtlich Mitte Januar und damit deutlich früher als in der vergangenen Kampagne.

Pferdezüchter im Porträt: Familie Ellerbrock auf Hof Barkholz

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Seit fast vier Jahrzehnten widmet sich Familie Ellerbrock auf Hof Barkholz in Kayhude, Kreis Segeberg, der Zucht, Aufzucht und Ausbildung von Holsteiner Pferden. Der Familienbetrieb brachte mehrfach prämierte und erfolgreiche Sportpferde hervor, die aus den Stutenstämmen 7126, 6042 und 990 stammen.

Den Grundstein für die Zucht legte das Ehepaar Ernst-Jürgen und Helga Ellerbrock. Beide wuchsen auf landwirtschaftlichen Betrieben mit Arbeitspferden auf und entwickelten so eine Affinität zum Pferd. Ernst-Jürgen ritt auf den Arbeitspferden sogar einige kleine Springturniere. Später übernahm er gemeinsam mit seiner Frau den elterlichen Hof in Kayhude und führte den landwirtschaftlichen Betrieb fort.

Als die Töchter Nina und Sonja im Alter von sieben und acht Jahren das Reiten erlernten, beschloss das Ehepaar, sich in der Pferdezucht zu versuchen. Ihre ersten vier Fohlen erwarben sie 1986 auf der Holsteiner Fohlenauktion in Garding, Kreis Nordfriesland.

Langsam wuchs die Pferdezucht, während Sonja und Nina Ellerbrock im Turniersport erfolgreich waren. So nahmen sie als Jugendliche unter anderem an Landes- und Deutschen Meisterschaften teil. Beide erhielten das Goldene Reitabzeichen und sind heute Pferdewirtschaftsmeisterinnen Zucht und Haltung. Zusätzlich legte Sonja mit Auszeichnung die Meisterprüfung in der Fachrichtung Reiten ab.

Als Ernst-Jürgen und Helga Ellerbrock das Rentenalter erreichten, übernahmen die Schwestern den Betrieb. Während sich Sonja Ellerbrock mittlerweile vor allem um die Ausbildung der Nachzucht kümmert, diese auf Turnieren vorstellt und als Trainerin aktiv ist, betreut ihre jüngere Schwester Nina die Zucht und ist für die betriebswirtschaftlichen Belange des Hofes zuständig.

Dressurpferde aus Schleswig-Holstein

„Unser Herz gehört dem Dressurreiten“, sagt Nina Ellerbrock. „Daher haben wir von Anfang an die dressurbetonten Stuten behalten und den Springnachwuchs verkauft. So entstand mit der Zeit eine Selektion auf Dressur- und Reitpferdeeigenschaften.“

Obwohl die Holsteiner Zucht überwiegend Springpferde hervorbringt, konnten die Schwestern beweisen, dass Holsteiner auch über Dressurtalent verfügen. Ein Beispiel dafür ist der gekörte Hengst Aljetto von Aljano, der mit Nina Ellerbrock bis zur S-Dressur erfolgreich war. „Er wird immer ein besonderes Pferd für uns bleiben, da er einen einmaligen Charakter hat und wir seinen gesamten Werdegang begleitet haben“, sagt sie.

In diesem Jahr errang ein Stutfohlen der Züchtergemeinschaft Ellerbrock von Escaneno-Aljano, Stamm 7126, beim Fohlenchampionat des Körbezirks Segeberg den zweiten Platz und qualifizierte sich für das Landeschampionat. Ein Jahr zuvor wurde die Stute Oviera, Stamm 990, Reservesiegerin bei der Holsteiner Elitestutenschau. Kaviera, vom gleichen Stamm, wurde 2020 zur Holsteiner Siegerstute gekürt.

Trotz der Dressurausrichtung befinden sich unter der Nachzucht auch einige erfolgreiche Springpferde: Quirex von Quirado, geboren 2009, belegte mit seinem irischen Reiter Cameron Hanley unter anderem den zweiten Platz beim CHIO Aachen. Die Züchtergemeinschaft Ellerbrock wurde daraufhin als Züchter des erfolgreichsten Springpferdes 2018 aus dem Körbezirk Segeberg ausgezeichnet.

„Zurzeit haben wir fünf Zuchtstuten mit vier Fohlen bei Fuß. In diesem Jahr haben wir jedoch erstmals keine der Stuten für das kommende Jahr decken lassen“, berichtet Nina Ellerbrock. Die Züchterinnen begründen dieses Vorgehen mit der allgemeinen wirtschaftlichen Lage und einem Einbruch am Pferdemarkt: „Wir möchten keine Fohlen vermarkten, sondern unseren Jungpferden gerecht werden, sie sorgsam aufziehen und dem Alter entsprechend ausbilden, bevor wir sie drei-, vierjährig oder auch älter als Reitpferde verkaufen.“

Die Schwestern finden es immer wieder spannend, darüber zu fachsimpeln, welche Talente wohl in einem Fohlen stecken mögen. „Wir versuchen, jedes Pferd individuell zu fördern“, ergänzt Sonja.

Ausbildungspferde und Jugendförderung

Die Jugendförderung liegt Sonja Ellerbrock seit Jahren besonders am Herzen. Sie hat schon viele junge Reiter trainiert und auf Turnierteilnahmen und Championate vorbereitet. So auch Allegra Schmitz-Morkramer, die mit dem von Familie Ellerbrock gezüchteten Wallach Lavissaro von Lissaro aus der Zaviera von Aljano-Corde Doppel­europameisterin der Children in der Dressur sowie Siegerin im Bundesnachwuchschampionat wurde. „Allegra haben wir von Anfang an betreut. Sie wuchs quasi mit Lavissaro zusammen auf unserem Hof auf“, berichtet die Züchterin.

Auch Lavissaros Halbbruder Zhaviero ist unter seiner Reiterin Hortensia Holle in der Dressur bis Klasse S* erfolgreich. Beide Jugendliche erreichten innerhalb kurzer Zeit mit den auf Hof Barkholz gezüchteten und ausgebildeten Pferden die Anforderungen für das Goldene Reitabzeichen.

Einen wesentlichen Faktor ihres eigenen Erfolgs sehen Sonja und Nina Ellerbrock in einem starken familiären Zusammenhalt: „Unsere Eltern leben immer noch mit uns zusammen auf dem Hof, sind nach wie vor eng eingebunden und immer dann zur Stelle, wenn etwas nicht rundläuft.“



Bunte Farben, kreative Ideen und gute Laune

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Nach dem großen Erfolg im vergangenen Jahr hieß es am 11. Oktober wieder: Pinsel und Farben raus und ran an die Töpferkunst! Der Landjugendverband Schleswig-Holstein hatte erneut zum Keramik-Seminar in die Keramikscheune nach Aukrug eingeladen und das Interesse war groß. Fünfzehn Teilnehmende nutzten an diesem Sonnabend die Gelegenheit, eigene Stücke aus Ton zu gestalten und Farben und Formen auszuprobieren, die nach dem Brennvorgang zu haltbarer Keramik werden – also zu den gebrannten Tonprodukten, die durch das Brennen ihre feste, dauerhafte Form erhalten.

Ob kräftige Farben und klare Formen oder feine Muster und dezente Töne: Die Teilnehmenden ließen ihrer Fantasie freien Lauf. Foto: Levke Wieben

Treffpunkt war um 13.45 Uhr in der Keramikscheune Aukrug. Nach einer kurzen Begrüßung durch die Organisatorin begann der Nachmittag mit einer kleinen Vorstellungsrunde. Unter den fünfzehn Teilnehmenden waren drei Männer und zwölf Frauen – eine bunt gemischte Gruppe, in der sowohl Neulinge als auch erfahrene Keramikfans vertreten waren. „Vom blutigen Anfänger bis zum Profi war alles dabei“, so die Rückmeldung im Anschluss an das Seminar. Genau diese Vielfalt sorgte für eine entspannte und zugleich inspirierende Atmosphäre.

Doch zuerst gab es eine Einführung durch die Betreiberin der Keramikscheune, die anschaulich erklärte, wie die verschiedenen Glasuren und Farben wirken und welche Techniken sich besonders gut für Muster, Linien oder Farbverläufe eignen. Danach durfte auch schon direkt losgelegt werden.

Schnell füllten sich die Tische mit einer bunten Auswahl an Rohlingen – von Tassen und Tellern über Schalen bis hin zu großen Salatschüsseln oder kleinen Dekostücken. Die Teilnehmenden ließen ihrer Fantasie freien Lauf. Während die einen lieber mit kräftigen Farben und klaren Formen arbeiteten, setzten andere auf feine Muster und dezente Töne. Hier und da wurde gelacht, gefachsimpelt oder gegenseitig über die Schulter geschaut. Die Stimmung war durchweg positiv und gelöst, auch dank der guten Organisation und der gemütlichen Atmosphäre in der Keramikscheune.

Neben der Möglichkeit zu einer kreativen Auszeit bot das Seminar zugleich die Gelegenheit, individuelle Geschenke zu Weihnachten anzufertigen. Foto: Levke Wieben

Die Stunden vergingen wie im Flug. Bis kurz nach 17 Uhr waren alle eifrig bei der Sache, bevor um 17.30 Uhr schließlich die Türen geschlossen wurden. „Wir wurden fast ein bisschen rausgefegt, so vertieft waren alle ins Malen“, hieß es später von Levke Wieben, die das Seminar vonseiten des Vorstandes begleitete. Zufrieden und stolz blickten die Keramikkünstler am Ende auf ihre Werke, ganz gleich, ob Dip-Schale, Frühstückstasse oder Servierplatte. Mit Spaß bei der Sache und einem selbst gemachten Stück in Aussicht konnten die Teilnehmenden gleich doppelt profitieren – kreative Auszeit und vielleicht schon ein Weihnachtsgeschenk weniger auf der To-do-Liste.

Für nur 10 € konnten die Teilnehmenden ein Keramikstück bis zu einem Wert von 45 € gestalten. Wer sich für ein größeres Werk entschied, zahlte den Aufpreis einfach selbst. Auch für Getränke war gesorgt, sodass es an nichts fehlte.

Das Seminar bot die Gelegenheit, in entspannter Atmosphäre etwas Neues auszuprobieren und gemeinsam einen schönen Nachmittag zu verbringen. Besonders erfreulich: Ganz gleich, ob mit oder ohne Vorerfahrung, am Ende war jeder stolz und zufrieden mit seinem eigenen Stück Tonarbeit, das nun nur noch den Brennvorgang durchlaufen musste.

Zufrieden und stolz blickten die neuen und erfahrenen Keramikkünstler auf ihre selbst geschaffenen dekorativen oder auch nützlichen Werke. Foto: Levke Wieben

Mit dieser gelungenen Wiederauflage zeigte der Landjugendverband Schleswig-Holstein einmal mehr, wie vielseitig sein Veranstaltungsprogramm ist und dass Gemeinschaftssinn und Kreativität bestens zusammenpassen.

Studie: Grüne Technik noch nicht rentabel

Die Transformation der energieintensiven Ernährungsindustrie hin zur Klimaneutralität wird derzeit noch durch infrastrukturelle und regulatorische Rahmenbedingungen gebremst. Der Austausch der in der Branche weit verbreiteten gasbetriebenen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) gegen klimafreundlichere Energietechnologien ist wirtschaftlich bislang kaum attraktiv. Und das, obwohl Lösungen wie Wärmepumpen oder Elektrodenkessel über ein großes technisches und ökonomisches Potenzial verfügen.

Dies zeigt eine neue Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI), die im Auftrag des Verbands der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland (Ovid) und des Verbands der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft (VGMS) erstellt wurde. Unterstützt wurde die Studie zudem von der Verbändeallianz energieintensive Ernährungsindustrie. „Die Zahlen zeigen schwarz auf weiß: Energiekosten, Bürokratie und Netz-Infrastrukturlücken behindern massiv unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit und Klimaziele“, kommentierte die Ovid-Präsidentin Jaana Kleinschmit von Lengefeld die Studienergebnisse. Die Regierung müsse nun handeln. Es brauche einen Industriestrompreis, praxistaugliche Netzentgelte und eine Nachfolgeregelung für den Spitzenausgleich Gas.

Nach Ansicht von Julia Laudenbach, Vorständin im VGMS, ist nicht alles, was technisch möglich ist, auch wirtschaftlich sinnvoll. „Gerade die Kraft-Wärme-Kopplung mit 92 bis 95 Prozent Wirkungsgrad ist nach wie vor das Maß der Dinge – und wird es auf absehbare Zeit bleiben“, erklärte sie.

Kosten machen Grüne Technik unattraktiv

Laut der Analyse des ISI setzen Betriebe der Ernährungsindustrie derzeit überwiegend KWK-Anlagen mit Gesamtwirkungsgraden von teils über 90 % ein. Diese benötigten einen durchgehenden Betrieb, einerseits aufgrund eng aufeinander abgestimmter Produktionsschritte, andererseits um konstante Produktqualität zu gewährleisten. Daher könne der Betrieb auch nur begrenzt flexibilisiert werden. Eine hohe Auslastung sei zwingend notwendig.

Potenzial bei Prozesswärme

Potenzial für Flexibilität sieht die Studie dagegen bei der Bereitstellung von Prozesswärme, vor allem für elektrifizierte Anlagentechnik. In Kombination mit hybriden Systemen und Speichern könnten technisch hohe Flexibilitäten erschlossen werden, die allerdings derzeit ebenfalls noch nicht wirtschaftlich seien. Unter den aktuellen Energiepreisen bleibe daher die Erdgas-KWK meist die günstigste Option.

Wärmepumpen verursachen gemäß der Studie derzeit Mehrkosten von 56 bis 80 % im Vergleich zu fossilen Systemen, Wasserstoffdampfkessel sind sogar 175 bis 270 % teurer. „Diese erhebliche Kostenlücke macht Investitionen in Grüne Technologien wie Wärmepumpen unrentabel“, so die Einschätzung von Ovid und VGMS. Erst in einem Szenario, in dem ein Strompreis von 60 €/MWh inklusive aller Steuern und Umlage, also etwa ein Drittel des heutigen Preises, sowie eine vollständige Kompensation der CO2-Kosten angenommen worden seien, könnten Wärmepumpen und Elektrodenkessel laut ISI Kostenvorteile von dann immerhin bis zu 39 % erzielen.

Eine Flexibilisierung des Energiebezugs könnte in einem zukünftigen dekarbonisierten Energiesystem zusätzliche Einsparungen von 6 bis 12 % ermöglichen, sofern die Produktion an Strompreisschwankungen angepasst werde. Wirtschaftliche Vorteile seien dabei vor allem für Wärmepumpen realistisch. Die Bereitstellung höher temperierter Prozesswärme über Elektrodenkessel dürfte hingegen auch künftig herausfordernd bleiben, so die Studienautoren.

Grundlegende Reformen unausweichlich

Trotz des Potenzials bremsen derzeit laut Studie vor allem Netzinfrastruktur und Regulierung den Wandel. Netzanschlüsse für Großwärmepumpen oder Elektrodenkessel müssten um das Zwei- bis Fünffache ausgebaut werden, würden von überlasteten Netzbetreibern aber oft jahrelang verzögert. Netzentgelte orientierten sich zudem bislang an Anschlusskapazitäten statt am tatsächlichen Verbrauchsprofil. In der Folge werde Flexibilität nicht belohnt, sondern verteuert, heißt es in der Studie.

„Ohne grundlegende Reformen bei Strompreis, Netzausbau und Anreizstrukturen werden die notwendigen privaten Investitionen in klimafreundliche Prozesse ausbleiben“, sagte der Studienleiter beim Fraunhofer ISI, Michael Haendel. Für einen erfolgreichen Transformationspfad brauche es beschleunigte Netzanschlüsse mit Priorität für emissionsarme Technologien, neue Netzentgeltstrukturen, die Flexibilität honorierten, sowie Gesamtstrompreise auf dem Niveau von Erdgas. Bestehende KWK-Anlagen stufenweise zu hybriden Systemen umzubauen und Speicher gezielt zu nutzen, könnten Haendel zufolge die nächsten Schritte zur Dekarbonisierung der Ernährungsindustrie sein und dabei die Wettbewerbsfähigkeit der Branche sichern.

„Trutz, blanke Hans“

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Das Nissenhaus Husum ist das zentrale Museum für den Kreis Nordfriesland und die Stadt Husum. Umfassende Renovierungsarbeiten wurden bis zur Neueröffnung 2007 getätigt, seit 2016 heißt das Museum offiziell „Nordfriesland Museum Nissenhaus Husum“.

Die Skulptur „Klabautermann“ von Bildhauer Walter Rössler steht vor dem Museum.
Foto: Imme Feldmann

Das Museumsgebäude ist aufsehenerregend – es wurde in den Jahren 1934 bis 1937 nach Plänen errichtet, die bereits zehn Jahre alt waren, also noch dem Heimatschutzstil zuzurechnen sind. Der Architekt Georg Rieve (geboren 1888 in Tating/Eiderstedt, gestorben 1966 in Flensburg) war übrigens ein Freund von Emil Nolde und unterstützte diesen beim Bau seines Wohn- und Atelierhauses in Seebüll. Das dreistöckige Nissenhaus entstand auf Veranlassung des Stifters Ludwig Nissen (1855-1924). Nissen war ein aus Husum gebürtiger, in Nordamerika als Diamantenhändler zu Wohlstand gelangter Geschäftsmann, einer der vielen gegen Ende des 19. Jahrhunderts nach Amerika ausgewanderten Nordfriesen, für den tatsächlich der „American Dream“ Wirklichkeit wurde.

Seine Idee war, seiner Heimatstadt ein „Volkshaus“ zu schenken, das allgemein der Volksbildung dienen sollte. (Seit 2007 befindet sich im Gebäude auch die Stadtbücherei.) Im Museum selbst gibt es eine Rotunde mit Kuppel, worunter seit 1933 – der Grundsteinlegung – die Asche des Stifters sowie seiner Frau Kathie Quick-Nissen bewahrt wird. Im dritten Stock sind Räumlichkeiten zu finden, in denen von Ludwig Nissen in Amerika gesammelte Bilder und ethnografische Gegenstände gezeigt werden: eine Sammlung, die durchaus sehenswert ist.

Seit 2007 liegt der Hauptfokus der Dauerausstellung beim Oberthema „Klimawandel einst und jetzt – von Rungholt, Sturmfluten, Deichbau und dem Leben am Meer“. „Heut´ bin ich über Rungholt gefahren, die Stadt ging unter vor 600 Jahren.“ So beginnt Detlev von Liliencrons Ballade „Trutz, blanke Hans“, die sein wohl berühmtestes (und von einigen Interpreten, zum Beispiel Achim Reichel, vertontes) Gedicht ist. Liliencron war 1882 zum Hardevogt auf Pellworm ernannt worden und hörte in dieser Zeit von der Rungholt-Sage. Dabei ist Rungholt keine Stadt gewesen. Die Rungholter lebten auf verstreuten Warften, eine Lebensweise, die man auch heute noch in den Marschgebieten antrifft. Auch ging das bei der kleinen Hallig Südfall gelegene Rungholtgebiet nicht in einer einzigen Sturmflut (der „Groten Mandränke“ von 1362) verloren, sondern bestand noch etwa 100 Jahre weiter, bis die Menschen einsahen, dass auf Dauer angelegte Siedlungsversuche dort vergeblich waren.

Der Nordstrander Bauer und Heimatforscher Andreas Busch gilt als Entdecker des Rungholt-Gebiets.
Repro Foto: Imme Feldmann

Dem Kapitel Rungholt ist im Nissenhaus eine sehenswerte, wissenschaftlich auf dem neuesten Stand befindliche kleine Ausstellung gewidmet. Als eigentlicher Entdecker und erster systematischer Erforscher des verschwundenen Gebiets gilt der Nordstrander Bauer und Heimatforscher Andreas Busch (1883-1972). Heute weiß man, dass die Menschen von Rungholt in einem eiszeitlichen Tal siedelten und durch Salztorf- und Brenntorfabbau sowie Entwässerungen unwissentlich ihren eigenen Grund und Boden gefährdeten. Im Übrigen gab es dort ein eigenes Kirchspiel mit großer Kirche, und man trieb Handel in größerem Stil, wie zahlreiche Fundstücke aus dem Watt beweisen.
Die „Grote Mandränke“, 1362, war nur eine von mehreren Jahrhundert-Sturmfluten, die die Nordseeküste seit dem 14. Jahrhundert heimsuchten. 1634, 1717, 1825 und 1962 ereigneten sich weitere verheerende Sturmfluten. Anlässlich der großen Sturmflut von 1962 wurde bekanntlich in Hamburg vom damaligen Polizeisenator Helmut Schmidt (SPD) eine große Rettungsaktion koordiniert.

Sturmfluten der Zukunft können von Klimaforschern bereits in Berechnungsmodellen simuliert werden. Die durch den Klimawandel bedingte Erhöhung des mittleren Meeresspiegels, die nichts Gutes verheißt, ist bereits vielfach Thema in den Medien gewesen.

Eine schwere Sturmflut erreichte im Jahr 1962 auch Hamburg-Wilhelmsburg.
Repro Foto: Imme Feldmann

Viele Jahrhunderte lang haben die Menschen an der Nordseeküste dem Blanken Hans getrotzt und zahlreiche Deiche gebaut. Auf den Halligen lebte man vielfach unter kärglichen Bedingungen und nutzte alles, was sich irgendwie verwenden ließ. Dem Hamburger Ethnologen und Kaufmann Julius Konietzko (1886-1952) ist es zu verdanken, dass, wie er schrieb, der „alte ethnographische Kulturbesitz der Inselfriesen“ als etwas Besonderes und Bewahrenswertes gesehen wurde. Aus Konietzkos Sammlung stammen zahlreiche der im Museum gezeigten Exponate; dazu gehören beispielsweise die „Dittengabel“ und der „Dittenspaten“ – mit diesem Werkzeug wurden aus getrocknetem Kuhdung hergestellte Platten, die als Brennstoff fungierenden „Ditten“, hantiert.

Vieles ist im Nissenhaus zu entdecken, so auch die Werke einheimischer Maler, beispielsweise Carl-Ludwig Jessen, Hans Peter Feddersen, Jacob Alberts, Willy Graba. Auch Werke zeitgenössischer Künstler wie Claus Vahle, Christopher Lehmpfuhl oder Holger Hattesen sind zu sehen. Eine naturkundliche Abteilung im Erdgeschoss beschäftigt sich mit dem Weltkulturerbe Wattenmeer und seinen Bewohnern, unter anderem Eiderenten, Seehunden und Silbermöwen.

Das Thema der aktuellen Sonderausstellung ist eine Novelle von Theodor Storm, „Aquis submersus“. Dieses Zeugnis der Literatur wird man „immersiv“ erleben können, man wird also mit allen Sinnen in die Erzählung eintauchen können, multimedial und mithilfe digitaler Hilfsmittel.

Zertifikate in Sozialer Landwirtschaft übergeben

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Am 17. Oktober fand auf Hof Viehbrook in Rendswühren bei Kirsten Voß-­Rahe und ihrer Familie die feierliche Zertifikatsübergabe des Qualifikationslehrgangs Green Care – ­Soziale Landwirtschaft statt.

14 Teilnehmer aus fast allen Kreisen Schleswig-Holsteins haben von Kammerpräsidentin Ute Volquardsen ihre Zertifikate erhalten. Diese Weiterbildung der Landwirtschaftskammer qualifiziert die Teilnehmenden dazu, soziale Angebote als innovative Einkommensalternative auf ihren Höfen anzubieten und auch unter Umständen mit den Krankenkassen abzurechnen. Solche Angebote werden in unserer Gesellschaft mehr denn je gebraucht. Der Green-Care-Lehrgang wurde zum vierten Mal durchgeführt. Einen Lehrgang dieser Art gibt es nur bei uns und in Bayern. In den vergangenen vier Jahren hat sich die Anzahl der anbietenden Betriebe in Schleswig-Holstein auf zirka 25 bis 30 Höfe ungefähr verdoppelt. Man darf also gespannt sein bei den neuen Absolventen, welche Ideen in Zukunft realisiert werden in diesem Bereich der Sozialen Landwirtschaft.

Landesvierkampf in Friedrichskoog

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Für Nachwuchsathleten stand in diesem Oktober noch ein sportliches Highlight an – der Landesvierkampf. Ausgerichtet vom Vorjahressieger, dem Reiterbund Dithmarschen, fanden die 67 Teilnehmer beste Bedingungen vor. Sie maßen sich im Dressur- und Springreiten sowie im Schwimmen und Laufen.

„Wo wir die Wettbewerbe austragen könnten, war schnell klar“, erzählte Sabine Paulsen, Jugendwartin des Reiterbundes Dithmarschen. Sie gehört zum Jugendteam, das federführend mit der Organisation betraut war, und hat gute Verbindungen zu Familie Nagel. Deren Anlage in Friedrichskoog bot den Sportlern das perfekte Umfeld für die Reitdisziplinen. Der ehemalige Weltklassespringreiter Tjark Nagel spielte sogar den Parkplatzeinweiser, und das an seinem 73. Geburtstag. „Er war wirklich mit vollem Herzen dabei und wir haben ganz viel Hilfe bekommen“, freute sich Paulsen. Auch das Freizeitbad sowie der Reit- und Ponyclub in Brunsbüttel boten beste Bedingungen und unterstützten das Organisationsteam, wo sie konnten.

Los ging es am Sonnabend mit dem Laufen. Im Anschluss war das Schwimmen dran. „Wir waren zeitig fertig und es gab für alle noch Kuchen und ein nettes Beisammensein im Ponyclub“, berichtete Paulsen. Am Sonntag ging es dann in den Sattel.

Gewertet wird beim Landeswettkampf traditionell in den Touren Junior und Nachwuchs sowie jeweils auch im Einzel. Während die Junioren höchstens 16 Jahre alt sein dürfen und auf A-Niveau reiten, 50 m Freistil schwimmen und 3 km laufen müssen, sind die jüngeren Ponyreiter maximal 15 Jahre alt, reiten auf E-Niveau und laufen 1 km weniger. Lediglich die Schwimmstrecke bleibt gleich.

Auch gemischte Teams

In einer Mannschaft können vier Kinder beziehungsweise Jugendliche an den Start gehen. Da die Zahl nicht ganz aufging, gab es auch Mannschaften mit nur drei Startern, dann ohne Streichergebnis. Hat ein Reiterbund nicht genug Teilnehmer, können Mixed-Mannschaften gebildet werden. Auch das kam in diesem Jahr vor. „Das bringt noch einmal eine ganz neue Gemeinschaft zwischen den Reiterbünden“, befand Paulsen.

Paula Kampen vom Reiterbund Steinburg (Mitte) siegte in der Einzelwertung vor Antonia Glismann vom Reiterbund Pinneberg (li.) und Teamkollegin Mia Biemann. Foto: Photo Rocket

Die Juniorentour war gleichzeitig eine Sichtung für die Teilnahme am Bundesvierkampf im kommenden Frühjahr. Den Titel sicherte sich die 16-jährige Paula Kampen vom Reiterbund (RB) Steinburg vor Antonia Glismann vom RB Pinneberg und Teamkollegin Mia Biemann. In der Mannschaft siegte der RB Steinburg vor Dithmarschen I und dem Mixed-Team aus Rendsburg-Eckernförde, Segeberg-Neumünster und Steinburg.

„Wir waren liebe Gastgeber und haben Steinburg den Sieg überlassen“, lachte Paulsen. Natürlich hätten sie lieber gewonnen und Tjark Nagel hätte wohl auch zu gern noch einmal den Gastgeber gespielt, aber in diesem Jahr sollte es nicht sein. „Nach Steinburg müssen wir dann wenigstens nicht weit fahren“, stellte Paulsen zufrieden fest und machte klar: „Nächstes Jahr wollen wir dann auch im Nachwuchsbereich wieder aufs Treppchen.“

Denn hier verpassten die Reiter aus Dithmarschen einen Platz unter den Ersten. Gold und Bronze in der Mannschaftswertung gewannen die beiden Teams des RB Nordmark Schleswig-Flensburg. Die silberne Schleife ging nach Nordfriesland. Auch im Einzel holten Mitglieder des RB Nordmark Schleswig-Flensburg die Plätze eins und drei: Joke Marichen Bommarius und Jenna Louise Swennen. Dazwischen schob sich Laura Schneidereit vom RB Nordfriesland.

Die Landesmeisterschaftswertung gewann die Mannschaft vom Reiterbund Steinburg (Mitte) vor Dithmarschen I (li.) und dem Mixed-Team aus Rendsburg-Eckernförde, Segeberg-Neumünster und Steinburg. Foto: Photo Rocket

Positives Fazit

„Die Veranstaltung hätten kaum besser laufen können“, fand Sabine Paulsen. Sie und das gesamte Jugendteam sind vor allem vom Teamgedanken und der Gemeinschaft begeistert: „Das haben wir im Reiten sonst nicht so oft. Deshalb haben wir so viel Spaß am Vierkampf“, erklärte die ehemalige Profireiterin.

Für einige der Teilnehmer geht es jetzt weiter zum Training für den Bundesvierkampf. Und auch im Reiterbund Dithmarschen ist nach dem Wettkampf vor dem Wettkampf: Zum Schwimmtraining können ambitionierte Reiter das ganze Jahr über gehen. Das gezielte Training für den nächsten Landesentscheid beginnt meist am Ende der Sommerferien. Vielleicht reicht es ja im nächsten Jahr wieder für den Sieg.

Giftige Beeren

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Im Herbst schmücken sich viele Gartenpflanzen mit hübschen, leider jedoch giftigen Beeren. Deren Verzehr kann je nach Menge und Körpergewicht nicht nur gesundheitsschädlich, sondern sogar tödlich sein. Doch wer die giftigen Beeren kennt, kann damit auch entsprechend umgehen. Besonders Kinder sollten davor gewarnt werden, die verlockend aussehenden Früchte zu essen.

Ob rot, violett, schwarz oder gelb – herbstlicher Beerenschmuck zeigt sich vielfältig und leuchtend bunt. Viele dieser Beeren enthalten giftige Substanzen. Je nach verzehrter Menge führen sie zu Übelkeit, Erbrechen oder Kreislaufstörungen. Besonders gefährlich sind die violettschwarzen Beeren der Tollkirsche (Atropa belladonna). Deren Inhaltsstoff Atropin wirkt auf das zentrale Nervensystem. Es kommt zu Halluzinationen, Angstzuständen und Tobsuchtsanfällen bis hin zu tödlicher Atemlähmung. Schon der Verzehr von nur drei Beeren kann bei Kindern eine tödliche Vergiftung hervorrufen, bei Erwachsenen können zehn Beeren genügen. Doch die Dosis macht das Gift. In der Homöopathie wird die krampflösende und fiebersenkende Wirkung von Belladonna sehr geschätzt. Sie wird zudem bei der Behandlung von Augenbeschwerden verwendet. Zu finden ist die bis zu 1,5 m hohe, krautige Pflanze in Heilpflanzen- und Apothekergärten, aber hierzulande auch in der freien Natur in Laubwäldern und auf Lichtungen.

Schon wenige Früchte der Tollkirsche können tödliche Vergiftungserscheinungen hervorrufen. Foto: Karin Stern

Wichtig zu wissen: Das Futterverhalten von Vögeln ist keinesfalls ein Maßstab für den Menschen. Rotkehlchen & Co. verspeisen die auffälligen orangefarbenen Früchte des Pfaffenhütchens (Euonymus europaeus) völlig schadlos. Beim Menschen hingegen treten zwölf Stunden nach dem Genuss von einigen Beeren Vergiftungserscheinungen wie Kreislaufstörungen, Fieber und Koliken auf. Durch den zeitlichen Abstand denkt man zunächst vielleicht gar nicht erst an eine Vergiftung. Tipp: Bei entsprechendem Verdacht Rettungsdienst oder Giftnotrufzentrale anrufen, keinesfalls Milch trinken oder Erbrechen auslösen.

Die auffälligen Früchte des Pfaffenhütchens sind für den Menschen hochgiftig. Foto: Karin Stern
Ab August färben sich die Früchte des Aronstabs leuchtend rot. Die Blätter treiben erst später aus. Foto: Karin Stern

Wer Pflanzen mit giftigen Früchten gar nicht erst im Garten ansiedelt, vermeidet zumindest zu Hause das Risiko. Doch teils sind die dekorativen Stauden und Gehölze längst etabliert, teils wollen Gärtner auch gar nicht darauf verzichten. Denn wo will man die Grenze ziehen bei der Vielzahl der Gewächse mit mehr oder weniger giftigen Beeren? Exemplarisch sei der beliebte Holunder erwähnt. Roh verzehrt, führen die Beeren ebenso wie die der Ebereschen zu Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Durch Erhitzen werden die Giftstoffe jedoch zerstört und man kann aus beiden Beerenarten wohlschmeckenden Saft und Gelee herstellen. Tipp: Kinder unbedingt für die Gefahren sensibilisieren. Dazu gehört auch, dass außerhalb des eigenen Gartens keine unbekannten Früchte gepflückt und gegessen werden dürfen.

Die nachfolgend vorgestellten Früchte können bei Verzehr allesamt gesundheitsschädliche Folgen auslösen. Die Aufzählung erhebt aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Schon seit August thronen die traubenartig angeordneten Beeren des Aronstabs (Arum) leuchtend rot auf ihren grünen Stielen. Die kleinen Früchte brennen bei Verzehr sehr stark im Mund. Sie werden daher meist ausgespuckt, bevor man eine gefährliche Dosis zu sich nimmt. Nach der Blüte von Mai bis Juni entwickeln sich aus dem Blütenstand der Maiglöckchen (Convallaria majalis) erbsengroße, rote Beeren. Von ihnen lässt man besser die Finger, denn schon fünf bis zehn Früchte führen zu einer schweren Vergiftung.

Die beliebten Früchte des „Knallerbsenstrauchs“ sind nur wenig giftig. Die farbige Schneebeere ‚Magic Berry‘ trägt einen reichen Fruchtschmuck, der ebenso wie die weiße Variante schwach giftig ist. Fotos: Karin Stern

Die beliebten „Knallerbsen“ hingegen, die Früchte der Schneebeere (Symphoricarpos albus var. laevigatus), sind nur wenig giftig. Zerdrückte Früchte auf der Haut können Reizungen hervorrufen, der Verzehr starke Magenschmerzen.

Das rote Fruchtfleisch umhüllt den giftigen Samen der Eibe. Foto: Karin Stern

Die Eibe (Taxus) ist der einzige bei uns heimische Nadelbaum, bei dem fast alle Teile giftig sind. Auch bei Pferden kommt es immer wieder zu tödlich verlaufenden Vergiftungen, wenn sie grüne Teile fressen. Einzig das rote Fruchtfleisch des Samenmantels ist nicht giftig. Werden jedoch die Samen zerkaut, kann das enthaltene Taxin je nach verzehrter Menge zu Atemlähmung und Herzversagen führen. Auch mit den sich ab Juli zeigenden roten Früchten des Seidelbasts (Daphne mezereum) ist überhaupt nicht zu spaßen. Sie sind ebenso hochgiftig wie die Früchte des Stechapfels (Datura). Seine stacheligen, kastanienähnlichen Fruchthüllen öffnen sich jetzt im Oktober.

Die dekorativen Beeren des Liebesperlenstrauchs können bei Verzehr Magenbeschwerden verursachen. Foto: Karin Stern

Verlockend sehen auch die violetten Beeren des dekorativen Liebesperlenstrauchs ‚Profusion‘ (Callicarpa bodinieri var. giraldii) aus. Doch wer Magenbeschwerden vermeiden möchte, genießt besser nur die Optik. Auch aus den weißen Blütenkerzen des Kirschlorbeers (Prunus laurocerasus) entwickeln sich violettschwarze Beeren, die dem menschlichen Verdauungstrakt nicht bekommen. Stechpalmenfrüchte hingegen, gleich ob rot oder gelb, sind nur leicht giftig.

Weitere Gartenpflanzen mit gefährlichem Fruchtschmuck (Auswahl):

Efeu (Hedera helix), Heckenkirsche (Lonicera), Kermesbeere (Phytolacca), Sadebaum, Stink-Wacholder (Juniperus sabina)

Der Fruchtstand der Kermesbeere nimmt im August eine schwarze Farbe an. Foto: Karin Stern
Die Früchte von Jelängerjelieber sind wie so viele Beeren für den Menschen schwach giftig. Foto: Karin Stern
Vögel können die leicht giftigen Beeren des Ilex unbeschadet fressen. Foto: Karin Stern
Auch die gelben Früchte des Ilex weisen die leicht giftigen Inhaltsstoffe auf. Foto: Karin Stern