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Torffreie Erden erfordern andere Handhabung

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Handelsübliche Blumenerde besteht bis zu 90 % aus Torf. Wer Umwelt und Klima etwas Gutes tun möchte, steigt auf torffreie Substrate um. Doch guter Torf-Ersatz ist nicht einfach herzustellen und die Verwendung alternativer Erden erfordert einen höheren Aufwand fürs Gießen und Düngen.

Im Herbst gepflanzte Zwiebelblumen und Helleborus fühlen sich auch in torffreier Erde wohl.

Torf bildet sich durch die teils jahrtausendelange Ablagerung von Pflanzenresten unter sauerstoffarmen Bedingungen. Das Material bietet die perfekte Struktur für die Nutzung als Blumenerde und speichert sehr gut Wasser. Mit Sand, Kalk, Ton, Dünger und anderen Stoffen vermischt, entstehen handelsübliche Substrate. Nachhaltig ist torfhaltige Blumenerde jedoch nicht, denn Torf wird über den Abbau trockengelegter Moore gewonnen. Dies geht nicht nur mit dem Verlust von Feuchtgebieten und ihrer Artenvielfalt einher, sondern wirkt sich auch aufs Klima aus. Global gesehen sind derzeit zirka 10 % der Moore entwässert und zweckentfremdet bewirtschaftet. Das aus allen trockengelegten Mooren weltweit entweichende Kohlendioxid, Methan und Lachgas entspricht geschätzt etwa 5 % der globalen Treibhausgasemissionen. Zwar geht nur ein sehr kleiner Teil dieser Emissionen auf den Torfabbau zurück, dennoch entweichen die Klimagase durch den Abbau schneller als in einem entwässerten Moor, das ruht. Grund genug, auf Alternativen umzusteigen. Doch man sollte auch wissen, worauf man sich einlässt.

Torffreie Erden nehmen beim Gießen das Wasser nicht so gut auf.

Torf speichert hervorragend Wasser, ist nährstoffarm und weist einen niedrigen pH-Wert auf. Torffreie Erden enthalten als Ersatzstoffe meist ein Gemisch verschiedener organischer Stoffe wie Kompost, Rindenhumus, Holz- oder Kokosfasern sowie Ton, Bims- und Quarzsand. Doch die Ersatzstoffe weisen leichte Schwächen auf, die durch entsprechendes Zutun auszugleichen sind. Das lässt sich am Beispiel von Holz- und Kokosfasern gut veranschaulichen. Beide Materialien lockern die Erde auf. Kokosfasern haben jedoch weite Transportwege hinter sich und trocknen die Bodenoberfläche schnell aus. Holzfasern durchlüften zwar den Boden, speichern Wasser jedoch nicht so gut wie Torf. Hinzu kommt, dass Holz- und Kokosfasern bei ihrer Zersetzung Stickstoff binden. Daher ist häufigeres Düngen erforderlich.

Torf als Grundlage für Blumenerde bietet viele Vorteile. Torffreie Produkte erfordern eine andere Handhabung.
Für den Einstieg ins torffreie Gärtnern kann man zunächst mit einigen Töpfen experimentieren.

Insgesamt ist somit bei torffreien Erden mehr Aufmerksamkeit fürs Gießen und Düngen notwendig. Auch wenn die Oberfläche des Substrates trocken ist, kann es darunter noch feucht genug sein. Da hilft nur die Fingerprobe oder die Verwendung von Kübeln und Balkonkästen mit Wasserspeichern und Wasserstandsanzeigen. Bei Zimmer- und Kübelpflanzen kann man Tongranulat zur Verbesserung der Durchlüftung und Wasserhaltefähigkeit untermischen. Wichtig zu wissen ist, dass der pH-Wert der Torfersatzstoffe im basischen Bereich liegt. Kalkreiches Gießwasser verstärkt diesen Effekt, sodass Nährstoffe für Pflanzen teils nicht mehr verfügbar sind. In der Folge können die Blätter aufhellen oder eine Gelbfärbung annehmen, was einen Mangel an Mineralstoffen wie zum Beispiel Bor, Eisen oder Magnesium anzeigt. Dadurch kommt es zu einem Chlorophyllmangel. Diese Krankheit wird als Chlorose bezeichnet und muss über Spezialdünger ausgeglichen werden. Anders als bei torfhaltiger, vorgedüngter Blumenerde sollte in torffreie Erde schon gleich beim Eintopfen ein Langzeitdünger eingearbeitet werden und nicht erst nach der üblichen Wartezeit von sechs Wochen. Die im Substrat enthaltenen Mikroorganismen zersetzen nämlich die Torfersatzstoffe und verbrauchen dabei Stickstoff. Bei Torf als „Vorstufe“ von Kohle ist dieser Prozess bereits abgeschlossen. Flüssigdünger bringt man ein- bis zweimal pro Woche mit dem Gießwasser aus. Vorteil: Flüssigdünger steht den Pflanzen sofort zur Verfügung. Die Anpassung der Pflege bedeutet neben dem generell höheren Aufwand für Gießen und Düngen auch anfangs mehr Zeit für die Beobachtung der Zöglinge, um ein Gespür für Wasser- und Düngerbedarf zu gewinnen.

Balkon- und Kübelpflanzen blühen bei angepasster Pflege in torffreier Erde genauso üppig wie in herkömmlichen Substraten. Das gelingt durch höheren Aufwand beim Gießen und Düngen.
Zur besseren Durchlüftung kann man torffreien Substraten Tongranulat zugeben. Dies empfiehlt sich besonders bei Pflanzen, die dauerhaft im Kübel gezogen werden.

Seit mehr als 20 Jahren wird daran gearbeitet, torffreie Erden zu entwickeln. Bioerde ist nicht automatisch torffrei. Die Rückseite des Substratsacks gibt Auskunft über die Inhaltsstoffe. Dies gilt auch für torfreduzierte Erden, die teils immerhin noch 80 % Torf enthalten. Beachten sollte man auch, dass sich torffreie Erden schlechter lagern lassen, weil sie mikrobiell aktiv sind. Tipp: Kühl und trocken lagern, geöffnete Säcke gut verschließen. Am besten kauft man den Sack frisch ein und verwendet ihn sofort. Doch auch dies ist keine Garantie für Qualität: Die Verfasserin hat einmal beim Aufschneiden eines Sacks torffreier Aussaaterde in einer Schimmelwolke gestanden. Damit die Umstellung auf torffreies Substrat klappt, vermeidet man besser Billigangebote und greift zu Spezialerden von Markenherstellern. Sie sind in ihrer Zusammensetzung auf die Bedürfnisse unterschiedlicher Pflanzenarten abgestimmt. Die Auswahl umfasst neben Aussaaterde Sub­strate für Orchideen, Zimmer-, Kübel- und Balkonpflanzen, Rosen, Palmen, mediterrane Pflanzen, Gehölze, Sträucher, Stauden, Kräuter, Tomaten und Gemüse. Mittlerweile gibt es sogar torffreie Pflanzerde mit saurem pH-Wert für Rhododendren und Hortensien. Sie eignet sich auch für Heidelbeeren und Moorbeetpflanzen.

Weitere Infos vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft unter www.torffrei.info

Pflanzen in torffreien Erden müssen mit zusätzlichem Stickstoff versorgt werden, da die Zersetzung der Ersatzstoffe Stickstoff bindet.
Der Kompost-Anteil erhöht den pH-Wert mancher Erden. Das Gießen mit kalkhaltigem Leitungswasser kann den Effekt verstärken, weiches Regenwasser hingegen abmildern. 

Frühjahrsdüngung im Winterraps

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Die aktuelle Situation der Böden und Bestände stellt komplexe Ansprüche an die Frühjahrsdüngung. Es ist abzusehen, dass zum Ende der Sperrfrist die Böden noch nicht ausreichend tragfähig sind, um Mineral- und insbesondere Wirtschaftsdünger auszubringen. Wie der Düngebedarf korrekt zu ermitteln ist und wie mit einer späten Düngegabe umgegangen werden muss, darüber gibt der folgende Artikel Aufschluss.

Am gesetzlichen Rahmen zur Bestimmung des Düngebedarfs im Raps hat sich nichts geändert. Die Düngebedarfsermittlung (DBE) wird ausführlich in der Broschüre „Richtwerte für die Düngung 2022“ der Landwirtschaftskammer im Kapitel 6 ab Seite 104 erläutert. Die „Richtwerte für die Düngung 2023“ werden erst nach Redaktionsschluss dieses Artikels als Ausgabe für 2024 erscheinen.

Zur betriebsindividuell angepassten Stickstoffversorgung von Raps kann zudem die Frischmassemethode zum Vegetationsende herangezogen werden. Mit dieser Methodik werden anhand des Aufwuchses mögliche Zu- und Abschläge zum Düngebedarf ermittelt. In sehr gut entwickelten Beständen kann die Frischmassemethode auch aufzeigen, dass das N-Optimum unterhalb des Düngebedarfes nach der DBE liegt. Dazu werden zwei Beispiele in Tabelle 1 gegeben. Ein Excel-Tool zur Ermittlung der Zu- und Abschläge nach Frischmasse ist auf der Internetseite der Landwirtschaftskammer unter https://t1p.de/0ekfw bereitgestellt.

Bei der Ausbringung von N-Dünger ist zu beachten, dass Düngemittel mit einem wesentlichen Gehalt an Stickstoff einer Sperrfrist unterliegen. Diese endet im Regelfall am 31. Januar.

Ermittlung der Düngemenge

Oftmals besteht Unsicherheit darüber, wie der Durchschnittsertrag zur Berechnung der Düngemenge zu ermitteln ist und wie Missernten dabei zu beachten sind.

Grundsätzlich kann im Betrieb der Ertrag schlagspezifisch oder kulturspezifisch ermittelt werden. Eine Gruppenbildung der Schläge nach zum Beispiel leichten und schweren Standorten oder wenn der Betrieb sich auf zwei Naturräume aufteilt, ist möglich. Sie muss aber schlüssig sein und gut dokumentiert werden. Sollte eine Kultur das erste Mal angebaut werden, sind regionale Ergebnisse, zum Beispiel aus den Landessortenversuchen oder der Ernteerhebung, heranzuziehen. Die Ertragsermittlung muss nachvollziehbar und schlüssig sein.

Für die Ermittlung der Düngemenge ist laut Düngeverordnung (DÜV) der Durchschnittsertrag der vergangenen fünf Jahre zugrunde zu legen. Weicht der tatsächliche Ertrag in einem der fünf Jahre um mehr als 20 % vom Vorjahreswert nach unten ab, kann statt des abweichenden Ertrags der Vorjahreswert des Fünfjahreszeitraums verwendet werden. Dies ist aber nur einmal im Fünfjahreszeitraum zulässig. Hierzu gibt es drei Beispiele in Tabelle 2.

Beispiel 1 zeigt die echten Durchschnittswerte der Ernteerhebung 2018 bis 2023. Für die Frühjahrsdüngung 2024 wird also der Mittelwert aus den Jahren 2019 bis 2023 (hellgrün hinterlegt) gebildet. Weicht jetzt ein Jahr – wie im Beispiel 2 – 2023 um mehr als 20 % nach unten vom Vorjahr ab, kann dieser Wert – wie im Beispiel 3 – ersetzt werden. Für die DBE 2024 ist das der Wert von 2018. Das ist jedoch nicht von Vorteil und auch kein Muss. Andersherum darf für die DBE 2028 ein Wert im Betrachtungszeitraum von 2023 bis 2027 mit dem Wert von 2022 ersetzt werden, falls in den kommenden Jahren eine unterdurchschnittliche Ernte eingefahren wird.

Schwefelversorgung ist wichtig

Das Rapskorn enthält außer zirka 43 % Öl rund 17 % Eiweiß, welches einen hohen Anteil der essenziellen schwefelhaltigen Aminosäuren Methionin und Cystein enthält. Daher ist für die Umsetzung von Stickstoff in diese Eiweißverbindungen eine adäquate Schwefelmenge in der Düngung notwendig. Raps benötigt jeweils 1 kg Schwefel, um 5 kg Stickstoff umzusetzen. Der Schwefelbedarf liegt bei einem Ertrag von 40 dt/ ha bei 40 kg S, wobei der im Boden mineralisierte Schwefel in der Frühjahrsdüngung berücksichtigt wird. Für die Frühjahrsdüngung im Raps stehen seitens des Handels schwefelhaltige N-Dünger wie Sulfan, ASS oder SSA zur Verfügung. Die versauernde Wirkung der Schwefeldünger muss bei der Kalkung, die in der Fruchtfolge am besten zu Raps erfolgt, berücksichtigt werden.

Organische Düngung im Raps: Die Nährstoffe sind bei später Befahrbarkeit nicht rechtzeitig verfügbar. Organische Düngung sollte in dem Fall reduziert und mineralisch ergänzt werden. Foto: Dr. Lars Biernat

Die mineralischen Grundnährstoffe

Zumeist wird ein Teil der Kaliumgabe ins Frühjahr verschoben. Der Kaliumentzug bei einem Ertrag von 40 dt/ha beträgt 251 kg K2O/ha. Die Höhe der Düngegabe richtet sich nach der Gehaltsklasse im Boden und ist in der Übersicht 25 der „Richtwerte für die Düngung“ aufgeführt. Ebenso ist es in der Praxis üblich, die Magnesiumdüngung für die Fruchtfolge zusammen mit kohlensaurem Kalk und Mg zu bringen. Außerdem sind kombinierte K2O/MgO-Dünger erhältlich. Alle notwendigen Werte für die Höhe der Grunddüngung können den Tabellen im Kapitel 5 der „Richtwerte für die Düngung“ entnommen werden.

Verteilung Stickstoff- und Schwefeldüngung

Mit dem Vegetationsbeginn steigt der N-Bedarf des Rapses schlagartig. Die Aufnahme ist mit dem Blühbeginn ab Mitte April bereits zu mehr als 90 % vorüber. So nimmt der Raps zwischen Mitte März und Ende April täglich 6 kg/ha Stickstoff auf. Dementsprechend sollte die Düngung bis zum Schossbeginn Anfang April abgeschlossen sein, um von den Rapspflanzen bedarfsgerecht aufgenommen zu werden. Raps nimmt insgesamt bis zum Blühende 250 bis 280 kg Stickstoff auf.

Die frühe erste Düngergabe

Die erste Gabe sollte daher schnellstmöglich nach dem Ende der Sperrfrist erfolgen, der Zeitpunkt richtet sich jedoch immer nach der Befahrbarkeit des Bodens. Waren Januar und Februar warm und sind die Bestände kräftig entwickelt, sollten bereits 60 bis 70 % der Gesamtmenge in der ersten Gabe appliziert werden. Hier sollte auch die Schwefelgabe erfolgen. Praxisüblich sind bis zu 2 dt/ha SSA, womit bereits 48 kg S und 42 kg N gefallen sind. Die zweite Hälfte der N1 kann dann bedarfsgerecht mit 1 bis 2 dt/ha stabilisiertem Harnstoff erfolgen.

Alternativ können 40 kg S in Form von 3 dt/ha ASS gegeben werden. Somit braucht die erste Gabe nicht geteilt zu werden, und in der N1 fallen etwa 80 kg Stickstoff an. Diese Maßnahme wird für normal entwickelte Bestände empfohlen. Weitere Alternativen und Empfehlungen, wie die Gaben je nach Bestandesentwicklung und Vegetationsbeginn verteilt werden, können Tabelle 3 entnommen werden.

Die zweite Düngergabe vor Schossbeginn

Die zweite Düngegabe „macht den Deckel zu“, und ihre Höhe wird am verbleibenden Düngebedarf ausgerichtet. Die Wahl des Düngers richtet sich auch bei der zweiten Gabe nach dem Wetter und sollte zirka eine Woche vor Schossbeginn erfolgen. Gut erkennbar ist dieser Zeitpunkt am in der Regel einige Tage zeitigeren Austrieb des Ausfallrapses, welcher leuchtturmartig später mit den frühesten Blüten im Bestand heraussticht. Ist das Frühjahr trocken oder wird mit Trockenheit gerechnet, ist Harnstoff die falsche Wahl. Der Stickstoff im Harnstoff ist zwar günstiger als der im Kalkammonsalpeter, wird aber unter trockenen Bedingungen langsamer freigesetzt und weniger schnell im Boden in die Wurzelzone verlagert. Hier ist Kalkammonsalpeter oft die bessere Wahl.

Alternativ können beide Gaben mit einem Rapsdünger wie Sulfan, der ein N-S-Verhältnis von 5 zu 1 aufweist, gegeben werden. Dies ist auch die optimale Wahl, wenn das Frühjahr erst zu nass und im schnellen Wechsel sehr trocken ist und daher die gesamte N-Menge in einer Gabe ab Mitte März gegeben werden muss. Hat der Raps bereits reduziert, sollte die Gesamt-N-Menge angepasst werden.

In Tabelle 4 sind Rechenbeispiele für die gängigsten Stickstoff- und Schwefeldünger nach dem Verteilungsschema aus Tabelle 3 gezeigt. Diese sind beispielhaft für einen N-Bedarf von 165 kg N im Frühjahr und geben in etwa die Empfehlung für die Düngung der Raps-Wertprüfungen wieder. Raps stellt mit der Blüte auch seine N- Aufnahme ein. Ein Großteil davon kommt aus dem Bodenvorrat und verbleibt nach der Ernte im Stroh und den Wurzelresten gebunden auf dem Feld. Dennoch sollte die N-Menge maßvoll reduziert werden, wenn der Raps im Frühjahr, zum Beispiel durch Spätfröste oder dürre Ertragsanlagen, reduziert oder die Düngung erst kurz vor Ende der N-Aufnahme erfolgen kann.

Bedeutung von Wirtschaftsdünger

Der berechnete N-Düngebedarf kann sowohl über Mineraldünger als auch über organische Düngemittel gedeckt werden. Die Obergrenze für den Einsatz von organischen Düngemitteln wie Gülle liegt dabei bei 170 kg N/ha. Allerdings wird die Höhe der N-Gabe durch die P-Versorgung bestimmt. Eine Standard-Schweinegülle weist gemäß den Richtwerten folgende Nährstoffgehalte pro Kubikmeter auf: 3,6 kg Gesamt-N; 2,9 kg NH4-N; 1,6 kg P2O5; 2,3 kg K2O; 0,7 kg MgO und 1,5 kg CaO. Der in der Gülle enthaltene Phosphor ist zu 100 % anzurechnen. Somit werden über eine Güllegabe von 20 m³ bereits 32 kg P2O5 und 46 kg K2O geliefert.

Grundsätzlich ist nach Düngeverordnung auch der Bedarf an P nachzuweisen. Dieser orientiert sich an der P-Bodenversorgung sowie den zu erwartenden Erträgen und Qualitäten. Es ist darauf zu achten, dass ab einer P-Bodenversorgung von mehr als 25 mg P2O5 (DL-Methode) die Güllemenge auf die P-Menge begrenzt werden muss, die durch die Ernteprodukte abgefahren wird. Im Rahmen einer Fruchtfolgedüngung mit P kann die voraussichtliche Phosphatabfuhr für einen Zeitraum von höchstens drei Jahren zugrunde gelegt werden. Die P-Abfuhr läge im gewählten Beispiel von 40 dt/ha Rapsertrag bei 70 kg P2O5. Im Jahr der Aufbringung ist jedoch nur der anrechenbare Stickstoffanteil der Gülledüngung entsprechend Übersicht 71 der „Richtwerte für die Düngung“ in der Bedarfsermittlung anzusetzen. Dadurch kann bei gut und langjährig organisch versorgten Böden die nötige Stickstoffmenge für Raps nicht durch organische Düngung erreicht werden, sodass oftmals mineralisch nachgedüngt werden muss.

Mikronährstoffe nicht vergessen

Nicht zu vergessen ist bei der Düngung der hohe Bedarf an Mangan, Bor und Molybdän. Die Entzüge für Raps belaufen sich pro Hekt­ar auf 298 g Bor, 58 g Cu, 1.250 g Mn, 410 g Zn und 13 g Mo. Mikronährstoffe werden als Blattdünger mit dem Einsetzen des Schossens und dem Sichtbarwerden der ersten Knospen zum BBCH-Stadium 39/51 gegeben. Eine Ergänzung um Stickstoff in der Blattdüngung hat sich in früheren Versuchen als nicht wirksam erwiesen. Die Hinweise der Hersteller sind bei der Mikronährstoffdüngung unbedingt zu beachten. Dies gilt im Besonderen für die Mischbarkeit der Produkte mit Pflanzenschutzmitteln.

Besonderheiten für das Frühjahr 2024

Zum Redaktionsschluss dieses Artikels spitzte sich die Hochwasserlage durch Dauerregen und Schneefall im Bundesgebiet weiter zu. Auch in Schleswig-Holstein sind alle Gräben, Bäche und Flüsse bis zur Oberkante gefüllt, und in allen Senken und Löchern steht Wasser. Ein Großteil der landwirtschaftlichen Flächen wird voraussichtlich zum Ende der Sperrfrist und auch noch einige Zeit danach nicht befahrbar sein. Entsprechend wird die erste Gabe nicht zum optimalen Zeitpunkt stattfinden können. Gerade für Raps kommt eine späte Düngegabe mit Gülle zu spät, da die Nährstoffe auch noch Zeit brauchen, um mineralisiert zu werden. Raps stellt mit dem Ende der Blüte seine N-Aufnahme ein. Das ist bereits Anfang Mai der Fall.

Die Wahrheit füttern

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Grassilage ist nicht gleich Grassilage und Maissilage nicht gleich Maissilage. Die Inhaltsstoffe des Grundfutters schwanken im Silo beachtlich. Die Futtermittelration basierend auf einer Futtermittelprobe langfristig einzustellen, birgt die Gefahren, Potenzial in der Milchleistung zu verschenken, Futtermittelreste zu provozieren und die Kuh unter ihrem Bedarf zu versorgen. NIRS-Sensoren ebnen neue Wege, um die Inhaltsstoffe des Grundfutters regelmäßig, wenn nicht sogar vor jeder Fütterung zu analysieren und die Ration tagesaktuell anzupassen.

Bei NIRS-Sensoren denkt man häufig an den Einsatz am Güllewagen oder dem Häcksler. Hier ermöglichen diese Sensoren, den N- oder P-Gehalt der Gülle in Echtzeit während der Ausbringung zu messen beziehungsweise die Inhaltsstoffe des Ernteguts direkt an der Maschine mitzuschreiben. Gleichermaßen können NIRS-Sensoren aber auch ihren Mehrwert in der Rinderfütterung ausspielen.

Die Nah-Infrarot-Reflexions-Spektroskopie (NIRS) basiert auf einer Lichtreflexion des zu analysierenden Substrats im Nahinfrarotbereich (in der Regel 800 bis 2.500 nm). Folglich strahlt der NIRS-Sensor beim Einsatz zur Rationsgestaltung das Grundfutter mittels einer Halogenlampe an. Das Licht wird dann entweder absorbiert, durchgelassen oder reflektiert.

Der NIRS-Sensor misst die Lichtreflexion in Wellenlängen. Die verschiedenen Inhaltsstoffe reflektieren charakteristisch in unterschiedlichen Wellenlängenbereichen. Um diesen Zusammenhang auszuwerten, greift jeder NIRS-Sensor auf einen Kalibrationsdatensatz zurück, der auf nasschemischen Laboranalysen basiert. Anhand dieser Kalibrationsdaten wird über die gemessene Reflexion auf die Inhaltsstoffe zurückgeschlossen.

Regelmäßige Beprobung entscheidend

Um die Schwankungen der Inhaltsstoffe des Grundfutters im Silo darzustellen, wurden im Rahmen des Experimentierfelds „BeSt-SH“ in Abständen von etwa 14 Tagen Futtermittelproben direkt am Silostock von verschiedenen Projektbetrieben gezogen.

Die Abbildung zeigt exemplarisch die Schwankungen des TS- und des Proteingehalts in ein und demselben Grassilo zu verschiedenen Entnahmezeitpunkten. Die größte gemessene Abweichung des TS-Gehalts lag innerhalb von 16 Tagen bei über 5,7 %. Der TS-Gehalt aus der Laboruntersuchung, nach dem der Landwirt die Ration berechnet hat, liegt bei etwa 34 % (Horizontale). Es ist zu erkennen, dass der Landwirt mit der jetzigen Ration nicht nur den TS-Gehalt stark überschätzt, sondern auch durchgehende Schwankungen vernachlässigt. In diesem Fall füttert der Landwirt weniger Trockenmasse/Nährstoffe als berechnet – die Kuh ist für ihr maximales Leistungspotenzial nicht optimal versorgt, die Milchleistung sinkt.

Familienbetrieb testet den NIRS-Sensor

Der moderne Futterbaubetrieb der Familie Bornholdt aus Osterhorn im Kreis Pinneberg legt großen Wert auf die optimale Futterversorgung der knapp 400 Milchkühe. Daher wird die Grassilage bereits am Vorabend vorgemischt und für den nächsten Tag bereitgelegt, um ein möglichst homogenes Futter am nächsten Morgen vorlegen zu können. Die Maissilage wird am Morgen abgekratzt. Um die aktuellen Wetter- und Grundfutterbedingungen bei der Rationsplanung zu berücksichtigen, wird einmal die Woche aus dem vorgemischten Grundfutter eine Gras- und Maisprobe gezogen und mit dem Föhn getrocknet. Anhand des ermittelten TS-Gehalts wird die Ration für die Folgetage angepasst.

Von dem Prozess ist Betriebsleiter Florian Bornholdt aber noch nicht voll überzeugt: „Das ist eigentlich zu langsam. Es dient derzeit nur als Nachkontrolle, um überhaupt ein Gefühl dafür zu bekommen. Eigentlich müssten wir täglich vor der Fütterung den TS-Gehalt ermitteln und direkt die Mengen anpassen.“

Die selbst gebaute Trocknungsstation aus einem Kanalgrundrohr, Föhn und Sieb benötigt für Ergebnisse jedoch mindestens eine Dreiviertelstunde – zu viel Zeit jeden Morgen vor dem Füttern. Deshalb testete der fortschrittliche Ausbildungsbetrieb den X-NIR von dinamica generale, der in Deutschland von der Firma Agropartner Land- und Forsttechnik GmbH vertrieben wird.

Der X-NIR im Detail

Der X-NIR ist ein NIRS-Sensor als Handgerät. Mais- und Grassilage können innerhalb von 1 min direkt am Silostock oder am vorgemischten Futter, wie auf dem Betrieb Bornholdt, analysiert werden. Dabei ist die Analysebandbreite nicht auf den TS-Gehalt beschränkt. Darüber hinaus werden der Stärke-, Rohprotein-, Rohasche- und Rohfettgehalt sowie ADF und NDF ermittelt. Eine Messung setzt sich aus fünf Einzelmessungen an verschiedenen Punkten der Silage zusammen.

Die Bedienung des Geräts erfolgt über den 4“-Touchscreen. Dadurch, dass sowohl die Scannereinheit als auch die Recheneinheit im Gerät verbaut ist, benötigt der Sensor keine Internetverbindung. Das beschleunigt nicht nur die Messung, sondern macht eine Anwendung auch auf Betrieben mit schlechter Netzabdeckung möglich.

Trotz alledem bleibt der X-NIR mit einem Gewicht von 1,6 kg leicht und handlich. Falls der Landwirt die Messdaten weiterverarbeiten oder über den Speicher des Geräts (etwa 60 Messungen) hinaus ablegen möchte, besteht die Möglichkeit, die Daten entweder per USB-Stick zu exportieren oder per Internet in das betriebseigene Cloudsystem GoCloud zu laden.

Sensoren im Praxisvergleich

Der Kaufpreis des X-NIR liegt bei 10.020 €. Optional kann über eine jährliche Lizenzgebühr von 1.530 € auf Kalibrations-Updates, Ersatzteile (Lampe, Dichtung, Glas) und auf Lizenzen für die Cloud-Software zugegriffen werden. Neben dem X-NIR von dinamica generale vertreibt trouw nutrition in Deutschland ebenso einen Handscanner namens NutriOpt.

Während dieser Sensor preislich deutlich attraktiver ist, konnte der NutriOpt den Praktiker Florian Bornholdt im Betriebsalltag nicht überzeugen. Gründe hierfür sind vor allem, dass es sich um ein absätziges System handelt. Die Bedienung und Auswertung erfolgt weitgehend nicht direkt am Sensor, sondern über ein damit verbundenes Smartphone oder Tablet. Dabei störte den Milchviehhalter vor allem, dass keine Hand mehr frei ist, stets eine Internetverbindung vorliegen muss und die Auswertung aufgrund der Datenübertragung deutlich länger dauerte. Darüber hinaus muss dieser Sensor selbstständig mit einem Weißabgleich regelmäßig kalibriert werden, während der X-NIR dies eigenständig macht.

Erfahrungen des Praktikers

Kuhliebhaber Florian Bornholdt setzte den X-NIR über den Testzeitraum täglich vor der Fütterung ein, um vornehmlich den TS-Gehalt der Mais- und Grassilage zu betrachten. Dabei überzeugten den Betriebsleiter vor allem die leichte Bedienung und die Schnelligkeit: „Mit dem Gerät hat man sich direkt eingefuchst, und dann ging das ratz-fatz.“

Um die Genauigkeiten der NIRS-Analyse im Betriebsalltag zu beurteilen, wurden die Proben sowohl auf dem Betrieb nach herkömmlicher Art gegengetrocknet als auch teils mit Laborproben verglichen. Während die Ergebnisse für die Maissilage erstaunlich gut waren, überzeugten die Werte der Grassilage nicht gänzlich. Das liegt vor allem daran, dass Grassilage per se mittels NIRS schwerer zu analysieren ist. Aufgrund dessen, dass die Grasbestände insbesondere auf Dauergrünlandflächen sich aus verschiedenen Gräsern/Kräutern zusammensetzen, ist das Messen einer homogenen Probe am Silostock schwer. Der Messkegel des NIRS-Sensors trifft nur einen Bruchteil des Gesamtfutters.

Um die Ergebnisse im Gras zu verbessern, bietet die Agropartner GmbH an, anhand von Laboranalysen der eigenen Grassilage die allgemeingültige Kalibration auf die betriebseigene Silage detaillierter zuzuschneiden. Das könnte die Genauigkeit noch wesentlich verbessern.

Für einen dauerhaften täglichen Einsatz wünscht sich Florian Bornholdt aber ein integrierteres System. So ist der Einsatz des NIRS-Sensors zum Beispiel auch verbaut an der Fräse des Selbstfahrfuttermischwagens möglich. Hier ist das Fazit des Landwirts eindeutig: „Sollte ich mir einen Selbstfahrer kaufen, würde ich den integrierten NIRS-Sensor mitbestellen.“

Die Tendenz des technikaffinen Tierhalters geht aber weiter zur Automatisierung. Neben der derzeitigen Umstellung auf automatisches Melken mit sechs Lely-Melk­robotern wünscht er sich die automatische Fütterung mit NIRS. „Ich bin mir aber sicher, dass das der Weg für die Zukunft der Fütterung ist“, fasst der Landwirt den NIRS-Praxiseinsatz zusammen.

Videos zum Einsatz des NIRS-Sensors auf dem Betrieb Bornholdt: https://www.youtube.com/watch?v=jioNHD9vgM8

Fazit

Der X-NIR-Handscanner ermöglicht eine Grundfutteranalyse auf dem Betrieb in 1 min. Schwankungen in den Inhaltsstoffen des Grundfutters können dadurch tagesaktuell festgestellt und in der Ration angepasst werden. Im Praxiseinsatz überzeugten vor allem die Handhabung und Schnelligkeit, während die Genauigkeit bei der Grassilage nicht ganz genügte.

Rapsmarkt 2023 und Aussichten 2024

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Winterraps ist in Schleswig-Holstein nach Winterweizen die zweitwichtigste Marktfrucht.

Nach dem hervorragenden Ergebnis 2022 waren die Erwartungen für 2023 hoch, das Ergebnis war mit zirka 38 dt/ha ernüchternd. Auch in ganz Deutschland (35 dt/ha) und Europa (32 dt/ha) lagen die Ergebnisse teilweise deutlich unter denen des Vorjahres. Insgesamt wurden in Deutschland 2023 nur 4,1 Mio. t nach 4,3 Mio. t im Vorjahr geerntet. Bei dieser reduzierten Angebotsmenge wären zumindest stabile Preise zu erwarten gewesen.

Die Rapskurse an der Matif stiegen seit dem Frühjahr 2023 auf über 500 €/t im Sommer. Dann allerdings gingen sie auf 420 €/t. zurück. Die Preise für Raps sind immer sehr volatil und hängen von den Wettermärkten bei Soja (USA/Brasilien) ab und natürlich von den Liefermöglichkeiten anderer Länder.

Deutschland ist seit Jahren Raps-Nettoimporteur: 2022/23 wurden etwa 5,4 Mio. t eingeführt, der größte Teil aus EU-Ländern wie Frankreich und Polen, aber auch aus Australien und Kanada und seit einigen Jahren der Ukraine. Die Ukraine meldete mit 4,2 Mio. t im Sommer 2023 eine im Vorjahresvergleich deutlich höhere Rapsernte, wovon 3,4 bis 3,6 Mio. t Raps für den Export zur Verfügung stehen, rund 1 Mio. t mehr als 2022.

Russische Angriffe auf ukrainische Häfen sorgten immer wieder kurzfristig für steigende Kurse, aber die Ukraine schaffte es mit EU-Hilfe, Exporte in die EU über den Land- und Wasserweg zu realisieren.

Ukraine verdreifacht Rapsexporte nach Deutschland

Die Ukraine hat im laufenden Wirtschaftsjahr 2023/24 die Rapsexporte nach Deutschland deutlich forciert. In den ersten 27 Wochen des laufenden Wirtschaftsjahres kamen über 610.000 t Raps von dort. Das sind 90 % der Menge, die von außerhalb der EU importiert wurden. Damit hat sich das Volumen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (193.000 t) mehr als verdreifacht. Zusätzlich kamen erhebliche Mengen, die ursprünglich aus der Ukraine stammten, aus Ländern wie Belgien, das bei einer nationalen Ernte von 32.000 t laut offizieller Statistik zirka 323.000 t an deutsche Ölmühlen lieferte. Die deutschen Ölmühlen konnten sich auf diese Weise mit günstiger Ware aus Osteuropa und der Ukraine versorgen. Noch warten hiesige Produzenten auf die angekündigten Anschlusskäufe.

2024: Deutliches Flächenminus am Schwarzen Meer

Weltweit wird die Rapsfläche mit 42,7 Mio. ha zur Ernte 2024 etwas kleiner ausfallen als im Vorjahr, so der Internationale Getreiderat (IGC) in seiner jüngsten Schätzung von Januar 2024. Insbesondere in der EU (minus 3 % auf 6 Mio. ha), aber auch in der Schwarzmeerregion sinkt die Rapsfläche in der Saison 2024/25 voraussichtlich. Das Minus ist dabei nahezu ausschließlich auf eine Verringerung des Rapsareals in der Ukraine zurückzuführen. Mit den aktuell taxierten 1,7 Mio. ha dürfte die Fläche gegenüber dem laufenden Wirtschaftsjahr um 17,5 % schrumpfen. In Russland dürfte Raps zur Ernte 2024 indes auf einem Areal von 2,0 Mio. ha ausgesät werden, was rund 6 % weniger wären als noch im Jahr zuvor. Wie die Winterrapsflächen durch den Winter 2023/24 mit Überschwemmungen (EU) und Frosteinbrüchen (Russland/Ukraine) gekommen sind, ist noch offen. Die Preiserwartungen sind nach Einschätzung des IGC aufgrund der wachsenden internationalen Nachfrage nach Rapsprodukten durchaus positiv.

Agrardiesel-Entscheidung in der Warteschleife

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Der Deutsche Bauernverband (DBV) bekräftigt seine Forderung nach einem Gesamtpaket zur Entlastung der Landwirtschaft. „Unsere Bäuerinnen und Bauern brauchen jetzt ein deutliches Signal, dass unsere Branche in Deutschland eine Zukunft haben soll“, heißt es in einem offenen Brief von DBV-Präsident Joachim Rukwied und den Landesbauernverbandspräsidenten an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Darin mahnen die Verbandsvertreter erneut eine tragfähige Lösung beim Agrardiesel an. Andernfalls müssten die deutschen Landwirte in drei Jahren mit den höchsten Steuersatz in ganz Europa tragen, ohne dass Alternativen für den Umstieg auf andere Antriebsarten existierten.  

In dieser Woche befasste sich der Bundestag mit dem Bundeshaushalt 2024. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP hat der Bundestag am Donnerstagabend den Haushalt des Bundeslandwirtschaftsministeriums beschlossen. Mit einem Volumen von insgesamt 6,93 Mrd. € bleibt der Agraretat knapp unter dem Niveau des Vorjahres von rund 7,25 Mrd. €.

Größter Posten ist traditionell die landwirtschaftliche Sozialpolitik mit einem Anteil von rund 60 % an den Gesamtausgaben. Dahinter folgt die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK). Hier wurden im Zuge der parlamentarischen Beratungen die im Regierungsentwurf vorgesehenen Kürzungen von annähernd 300 Mio. € abgemildert. Zusammen mit 125 Mio. €, die aus dem Klima- und Transformationsfonds in die GAK fließen und dort für die Wiederaufforstung von Kalamitätsflächen eingesetzt werden sollen, stehen in diesem Jahr wiederum gut 1 Mrd. € an Bundesmitteln zur Verfügung. 

Am Freitag hat der Bundestag außerdem das Zweite Haushaltsfinanzierungsgesetz 2024 beschlossen. Da die Zustimmung des Bundesrats noch aussteht, können die darin enthaltenen Regelungen zum schrittweisen Abbau der Agrardieselvergünstigung allerdings noch nicht in Kraft treten. In nahezu allen Landesregierungen gibt es Kritik an der Streichung. Im Ergebnis wurde daher das Haushaltsfinanzierungsgesetz – entgegen der ursprünglichen Planung – nicht auf die Tagesordnung der Freitagssitzung der Länderkammer gesetzt. Voraussichtlich wird diese sich in ihrer nächsten Sitzung am 22. März mit der Vorlage befassen. Das Gesetz bedarf allerdings nicht der Zustimmung des Bundesrats. Dieser kann mit einem Einspruch das Verfahren lediglich weiter in die Länge ziehen. Mehrere Länder haben angekündigt, mit dem Bund und dem Berufsstand einen Kompromiss anzustreben.

Vonseiten der Verbände ist der Aufschub mit Erleichterung aufgenommen worden. Der Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein Klaus-Peter Lucht kommentiert die Absetzung der Agrardieselentscheidung im Bundesrat: „Wir werden die Zeit nutzen, um eine überproportionale Belastung der Landwirtschaft abzuwenden und die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Dafür brauchen wir ein echtes Entlastungs- und Stärkungsprogramm.“ Das sei das Mindeste, um der heimischen Landwirtschaft Perspektiven zu geben. Wenn die Politik die regionale Versorgung erhalten will, muss sie schnell konkrete Angebote machen und Lösungen herbeiführen, um unsere Landwirtinnen und Landwirte wirksam zu entlasten, so Lucht weiter.

Die Forderungen des BVSH an die Politik lauten:
– Eine für die Landwirtschaft tragfähige Lösung beim Agrardiesel
– Steuerliche Entlastungen und Maßnahmen zur Stärkung des einzelbetrieblichen Risikomanagements
– Steuerbefreiung für den Einsatz von nicht fossilen Kraftstoffen in der Landwirtschaft
– Ein Auflagenaufschub für die Landwirtschaft in Verbindung mit einem Programm zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit im europäischen Binnenmarkt
– Finanzielle Planungssicherheit für die Weiterentwicklung einer wettbewerbsfähigen Tierhaltung
– Eine ernst gemeinte und wirksame Initiative zur Entbürokratisierung auf nationaler und europäischer Ebene, insbesondere:
– Gewährung der europäischen Direktzahlungen drastisch vereinfachen; Die von der EU-Kommission vorgeschlagene Stilllegungsausnahme nutzen
– Pflicht zur Erstellung der Stoffstrombilanz aufheben
– Erleichterungen in der Düngeverordnung bei der Frühjahrsdüngung, Ausnahmen für gewässerschonend wirtschaftende Betriebe in roten Gebieten, bedarfsgerechte Grünlandversorgung aus Wirtschaftsdüngern
– Glyphosatanwendung „1 zu 1“ entsprechend der europäischen Regelung zulassen
– Landwirtschaftliches Bauen durch Lockerungen des Bau- und Immissionsrechts zukunftstauglich erleichtern
– Dokumentations- und Meldepflichten drastisch vereinfachen und zusammenfassen

Schadnagerbekämpfung in der Landwirtschaft

Schadnager wie Ratten und Mäuse werden von Futter- und Nahrungsmittelresten angelockt und nisten sich schnell in unterschiedlichen Verstecken auf dem Hof ein. Zeitige und gezielte ­Bekämpfungsmaßnahmen sind dann notwendig, um den hohen Vermehrungsraten dieser Nager entgegenzuwirken. Gesetzliche Vorgaben sind dabei einzuhalten. In der Bau- und Energieausstellung im Lehr- und Versuchszentrum in Futterkamp gab es kürzlich Tipps und wichtige Erläuterungen dazu.

Im ersten Vortrag erklärte Simon Durigo, Hygan Hygieneservice, die Biologie und Lebensgewohnheiten von Ratten und Mäusen sowie die Rechtsgrundlage zur Bekämpfung dieser Schadnager. Dabei ging er intensiv auf die Hausmaus, die Hausratte und insbesondere die Wanderratte ein.

Unterschiede zwischen diesen Arten bestehen unter anderem in der Größe der Tiere und in der Futteraufnahme. Eine Wanderratte benötigt eine tägliche Futtermenge von 25 bis 35 g und frisst sich in einem Zuge satt. Die angenommenen Fraß- oder Köderplätze werden von ihr immer wieder aufgesucht. Eine Maus dagegen nascht eher an verschiedenen Punkten und nimmt bis zu acht Mal täglich wenige Gramm an Nahrung auf.

Schadnager sind scheu und folgen dem Futter. Zur nötigen Köderaufnahme muss dieser dem vorhandenen Futter im Geschmack überlegen sein. Ebenso muss das Köderdepot den Ansprüchen der Schadnager zusagen. So sollen entsprechend passende Ein- und Ausgänge vorhanden sein, und weiter soll das Köderdepot den vorsichtigen Tieren Sicherheit vermitteln.

Sachkunde ist notwendig

Der Erwerb und die Verwendung von Rodentiziden (Wirkstoffködern mit Blutgerinnungshemmer) sowie der Einsatz von Schlagfallen machen für berufsmäßige Anwender ein Sachkundezertifikat notwendig.

Für den Landwirt im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb gelten noch bis zum 28. Juli 2025 (Übergangsfrist) folgende Sachkundevarianten:

Sachkunde nach § 4 Tierschutzgesetz als eintägige Veranstaltung mit schriftlicher Prüfung. Dieser Sachkundenachweis erlaubt den Einsatz von Schlagfallen auch über den 28. Juli 2025 hinaus.

Sachkunde im Rahmen der Pflanzenschutzanwender. Bezüglich des Pflanzen- und Lebensmittelschutzes dürfen Rodentizide gekauft werden, aber für den Einsatz dieser Mittel ist die Sachkunde zum Töten von Wirbeltieren (§ 4 Tierschutzgesetz) nötig.

Notwendige Sachkunde für die Eigenanwendung ab 28. Juli 2025:

Sachkunde für Rodentizide nach Gefahrstoffverordnung durch einen Dreitageskurs mit schriftlicher und praktischer Prüfung und Gültigkeit für sechs Jahre.
Schlagfallensachkunde durch einen Eintageskurs ohne Wirkstoffverwendung.

Hark Herrfurth, „Hartmann! Chemie“ (Mitte), ist professioneller Schädlingsbekämpfer. Er referierte am Bau- und Energielehrschautag über praxisnahe Rattenbekämpfung und sponserte Sachpreise für eine Verlosung. Frank Frohberg, Firma Suding (r.), war einer der drei Gewinner. Mit im Bild ist Jens Wiese, GEA. Foto: Hans-Jochim Rohweder

Bekämpfung der Schadnager

Über die fachmännische Bekämpfung von Schadnagern informierte Hark Herrfurth von der Firma „Hartmann! Chemie“ als Sachverständiger für Schädlingsbekämpfung und Hygienemanagement. Er erklärte, wo sich die Ratten bevorzugt aufhalten, und zeigte auf, wie ihre Laufwege im Außenbereich zu erkennen sind. Dagegen sind die Schädlinge durch Spuren im Getreidelager oder Kotspuren leicht zu identifizieren.

Sauberkeit und Ordnung sind die ersten Schritte, um den Ratten das Einwandern zu erschweren. Wird ein Befall festgestellt, sind Köderstationen direkt am Befalls- oder Aufenthaltsort sowie an den Bauten und Laufwegen zu positionieren. Hier sind bereits wenige Meter für eine gute oder schlechte Köderaufnahme entscheidend.

Zunächst sollten die Köderstationen mit Cerealien, Getreidekörnern oder Müsli befüllt sein, um festzustellen, ob und welche Köderboxen angenommen werden und wie stark der Befall überhaupt ist. Ist ein Schadnagerbefall festgestellt, kann nach Aufstellung eines Lageplanes die Bekämpfung starten.

Das einzusetzende Produkt muss für den Anwendungsfall zugelassen sein. Hinweise und Information auf der Köderpackung sind zu beachten. Auch die passende Auswahl der Köderform kann eine effektive Bekämpfung unterstützen. Es gibt Getreideköder, Pelletköder, Köderblöcke oder auch Gel- und Schaumköder. Bei vielen Futteralternativen kann ein möglichst attraktiver Köder vorteilhaft sein. Grundsätzlich sollte aber weiteres Futter schwer zugänglich sein. Löcher und Zugänge zum Futter sind daher zu verschließen, ebenso Futterkammern und Getreidelager.

Die Rattenköder müssen in der Box fixiert sein, damit keine unkontrollierte Verschleppung erfolgt. Eine Dauerbelegung der Köderboxen ist grundsätzlich nicht erlaubt, denn Rodentizide dürfen nicht eingesetzt werden, wenn kein Befall vorliegt. Es sind daher nur die aktiven Köderstationen mit Giftköder zu belegen. Alle Stationen, die keine Rattenaktivität zeigen, sind mit ungiftigem Futter zu befüllen. Wird eine Rattenaktivität festgestellt, kann wieder auf Giftköder gewechselt werden. Das spart Geld und vermeidet Vergiftungsrisiken. Als nichtchemische Alternativen zu Rodentiziden stehen Nagetierfallen zur Verfügung.

Planung und Dokumentation

Vor der Anwendung von Rattengift ist auf allgemein verständliche Schutzmaßnahmen hinzuweisen. Hinweisschilder beinhalten das verwendete Produkt mit dem Wirkstoffnamen, das Datum der Köderauslage und den Kontakt zum ­Anwender, weiter aber auch Erste-Hilfe-Maßnahmen und eine Giftnotrufnummer. 

Nach der Köderauslage soll die erste Kontrolle am fünften oder sechsten Tag erfolgen, dann jeweils in wöchentlichen Kontrollintervallen. Gefressene Köder sind zu ersetzen, und das Gebiet ist nach toten Ratten abzusuchen. Diese Kadaver sind zu entfernen und zum Beispiel in der schwarzen Tonne des Hausmülls zu beseitigen.

Bei Ratten muss jede Köderstelle mit zirka 250 g Köder belegt sein. Ratten treten fast immer in Familienverbänden auf. Zu wenig Köder führt dazu, dass Ratten die letale Dosis nicht aufnehmen, weil sie aus sozialen Gründen ihr Futter teilen.

Die häufigsten Fehler bei der Bekämpfung sind:

zu wenige Köder

zu wenige Köderstellen

zu wenige Kontrollen für das Nachlegen von Ködern

zu viel alternatives Nahrungsangebot

Um Ratten und Mäuse von Güllekanälen fernzuhalten, ist die Gülle ständig aufzurühren. Köder können auf den verbliebenen Laufwegen der Nager durch den Spaltenbereich hindurch am Abend positioniert werden. Weiter sind um das Stallgebäude herum Köderboxen zu platzieren.

Bekämpfung ohne Gift

Im Abschlussvortrag erklärte Ronald Boelzma sein System von Agro Pest Control (apc) zur giftfreien Schädlingsbekämpfung. Der apc-Bioplan 2025 ist auf drei verschiedene Barrieren abgestimmt, damit sich die Schadnager nicht auf dem Hof breitmachen. Barriere eins beinhaltet das Anlocken natürlicher Feinde wie Eulen oder Turmfalken. Diese Vögel verzehren drei bis fünf Nagetiere pro Tag. Bäume wie Kopfweiden, Erlen und Birken bieten diesen Vögeln einen Aussichtspunkt zum Jagen.

Die Barriere zwei besteht aus Biodiversitätsstreifen, die das Einwandern von Schadnagern verhindern sollen. Für diese Pflanzstreifen um den Hof oder Stall werden Blumen, Gräser oder Kräuter verwendet, die die Nagetiere von Natur aus meiden und die sie daher abwehren.

Barriere drei beinhaltet giftfreie Fallen außerhalb des verschlossenen Gebäudes. Ein Lockstoff macht diese automatischen Fallen für die Schadnager interessant. In der Falle werden die Tiere dann mit einem gasbetriebenen Schlagauslöser getötet. Eine Kartusche reicht für 25 Schlagauslösungen. Ebenso hilft ein Muschelschalenweg rund um die Ställe, weil Ratten und Mäuse ungern darauf herumlaufen.

Fazit

Wenn zur Schadnagerbekämpfung kein professioneller Schädlingsbekämpfer beauftragt werden soll, ist ab Mitte 2025 für die Verwendung von wirksamen Rattengiften ein dreitägiger Kurs mit Prüfung erforderlich, die dann sechs Jahre gültig ist. Für die Nutzung von Schlagfallen reicht ein eintägiger Kurs aus. Vorsorgen kann der Landwirt, indem er die Nistmöglichkeiten und sämtliche Futterzugänge für Ratten einschränkt.

Aufwärtstrend für europäischen Sojaanbau

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Die Sojaanbaufläche in Europa könnte in diesem Jahr um bis zu 10 % auf 5,6 Mio. ha wachsen, heißt es im ersten Marktreport von Donau Soja für 2024. Die Gründe dafür seien die relativ hohen Preise, die steigende Nachfrage nach pflanzlichen Proteinen oder politische Anreize innerhalb der EU.

Soja erlebte in Europa bereits 2023 eine Rekordernte mit einem Anstieg von fast 24 % auf 12,2 Mio. t im Vergleich zum Vorjahr. Allein in der EU wurden 2023 3 Mio. t Soja geerntet, 740.000 t mehr als 2022, was einer Steigerung um ein Drittel gegenüber dem Vorjahr entspricht. Dieser Trend dürfte sich 2024 fortsetzen – vorausgesetzt, die Witterungsbedingungen in diesem Jahr sind günstig.

Mitte Januar hat in Brasilien die Sojaernte begonnen. In den letzten Monaten waren die Preise für GVO-freies Soja im Vergleich zu gentechnisch verändertem Soja aus Brasilien relativ niedrig. Deshalb war die Nachfrage der konventionell produzierenden Unternehmen nach GVO-freiem Soja höher und die Unternehmen, die GVO-freies Soja verarbeiten, spürten eine Verknappung auf dem Markt.

Das Angebot an gentechnikfreiem Soja in der EU zeigt einen gewissen saisonalen Trend. Bis April kann die Nachfrage mit GVO-freiem Soja aus der EU, Serbien und der Ukraine gedeckt werden. Ab Mai wird dann mehr GVO-freies Soja aus der letzten Ernte in Brasilien verwendet.

Allerdings wird in Brasilien insgesamt weniger GVO-freies Soja produziert als in der EU. Für 2024 wird die brasilianische GVO-freie Produktion auf nur etwa 2 bis maximal 2,5 Mio. t geschätzt. Insgesamt werden in Brasilien mehr als 150 Mio. t Soja produziert. Der überwiegende Teil der brasilianischen Ernte ist nach wie vor gentechnisch verändertes Soja.

Für die Lebensmittelindustrie wird es in Zukunft wichtig sein, dass die Lieferketten für Soja die Anforderungen der EU-Waldschutzverordnung (EUDR) erfüllen. Sie sollen vom Hof bis zum Teller des Verbrauchers vollständig entwaldungsfrei sein. Diese Verordnung wird Ende Dezember 2024 in Kraft treten. Die endgültigen Kriterien werden derzeit definiert.

Den Wald schützen, den Wald schätzen

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Der Wald als Ökosystem, als Wirtschaftsraum und Dienstleister für die Gesellschaft ist sensibel. Er bedarf der behutsamen Pflege. Den Wald zu schützen bedeutet, ihn aktiv zu gestalten. Es ist Zeit, dass die Gesellschaft dies erkennt und schätzt, welchen Wert der Wald für uns alle hat. Damit stehen die politisch Verantwortlichen dem Waldeigentümer gegenüber in der Pflicht.

Waldeigentümer sind gut beraten, wenn sie sich bei der Waldwirtschaft an den gängigen Standards der Waldzertifizierer (PEFC oder FSC) orientieren. Oberstes Ziel ist es bei allen forstlichen Maßnahmen, den verbleibenden Bestand vor Schäden zu bewahren. Der Waldbesitzende achtet darauf, sein Eigentum bedarfsgerecht und schonend durch Waldwege, Maschinenwege und Rückegassen zu erschließen.

Bei der Holzernte unterscheidet man zwischen motormanuellen und voll mechanisierten Verfahrenstechniken. Schwaches Stammholz kann zum Beispiel an sensiblen Standorten durch Pferde zur Gasse vorgerückt und später zur Waldstraße gebracht werden. Außerdem ist auf die Jahreszeit des Holzeinschlages zu achten. Bodenfrost im Winterhalbjahr verhindert, dass sich der Boden unter der Last der Maschinen verdichtet. Der verbleibende Bestand bleibt von Rücke­schäden unversehrt.

Schützende Maßnahmen

Ziel ist es, das Waldökosystem durch die richtige Wahl der Baumarten, die Pflege des Standortes und der Waldstruktur zu stabilisieren. Dabei verfolgt der Waldbesitzende das Prinzip des Integrierten Pflanzenschutzes. Der standortangepasste, gut gepflegte Wald fördert die Vitalität des Einzelbaumes. Biotische und abiotische Störfaktoren lassen sich dadurch bereits deutlich abmildern. Vogel- und Ameisenschutz bieten vielfältige Möglichkeiten, die Schadinsekten entsprechend kurzzuhalten.

Waldhygienische Maßnahmen sind vor allem nach Windwürfen und Käferbefall in Nadelholzbeständen gefragt. Befallene Schadhölzer müssen sorgfältig aufgearbeitet und möglichst rasch entfernt werden. Im Wald verzichtet der Waldbesitzende – falls möglich – auf chemische Pflanzenschutzmittel.

Der Gesetzgeber verbietet, Waldstandorte neu zu entwässern. Der Wald benötigt auf einigen Standorten einen langfristigen Puffer gegen zu niedrige ph-Werte (Kompensationskalken). Gegen Verbiss- und Schälschäden helfen neben der jagdlichen Strategie Einzel- und Flächenschutz der Waldbestände.

Biotope im Wirtschaftswald

Der Waldbesitzende fördert die Biodiversität im Wald. Er prüft sorgfältig, ob seine Waldstandorte in Flora-Fauna-Habitat-Gebiete, Naturschutzgebiete oder sonstige Schutzgebiete fallen. Gesetzlich geschützte Waldbiotope sind entsprechend zu erhalten und zu fördern. Es bedarf langer Zeiträume, um die angeflogenen Jungpflanzen artgerecht zu etablieren und Altholzbestände zu fördern. Dem Wald Zeit zu lassen bedeutet, organische Substanz im Boden und im Bestand anwachsen zu lassen. Die Struktur des Waldbodens bleibt erhalten. Lichtschächte schaffen Stufigkeit in den Waldbeständen und fördern das natürliche Wiederbesamen in genetischer Vielfalt.

Waldwege und Rückegassen erlauben es, vielfältige Waldbiotope zu schaffen. Fruchttragende Lichtbaumarten und Waldsträucher säumen die offenen Waldbereiche. Waldinnen- und Waldaußenränder bilden wertvolle Waldlebensräume. Geschwungene Waldsäume fördern krautige Pflanzengesellschaften, Ruderalfloren, Insekten, vor allem Bienen, und Singvogelarten. Auch das Wild profitiert von den vielschichtigen Lebensräumen.

Das Belassen von Alt- und Totholz bereichert die Biodiversität. Die alternden einzelnen Baumriesen dürfen die Sicherheit im Wald nicht gefährden. Nist- und Höhlenbäume sind in den Beständen zu erhalten. Waldmoore wieder zu vernässen, trägt zur CO2-Speicherung bei und bietet dem Waldeigentümer ein innovatives Geschäftsfeld im Klimawandel. Beim Pflanzen hält der Forstwirt Abstand von Gewässern, Quellen und Nassgallen ein, damit diese später nicht im Schatten liegen.

Angepasste Wildbestände

Den zukunftsfähigen Wald zu entwickeln bedeutet, die vorhandenen Schalenwilddichte an die Biotopkapazitäten anzupassen und gegebenenfalls zu senken. Hirscharten wie Dam-, Sika- oder Rotwild verbeißen die jungen Leittriebe oder schälen an der Baumrinde. Vitalitätsverlust und Unterbrechen der Wuchsdynamik sind die unweigerliche Folge. Einige Baumarten verlieren den Anschluss an die herrschende Baumschicht und fallen gänzlich aus (zum Beispiel Edellaubholz in Buchenbeständen oder Laubholz in Nadelholz-Grundbeständen). Wälder im Klimawandel aktiv zu entmischen, ist jedoch unbedingt zu vermeiden. Die Biodiversität nimmt dadurch im Wald ab, die Risiken im Klimawandel steigen. In Schleswig-Holstein ist es bisweilen notwendig, junge Kulturen durch einen Drahtzaun oder ein Holzgatter zu schützen. 

Fazit

Waldwirtschaft benötigt wirtschaftlichen Erfolg, um nachhaltig bestehen zu können. Der Klimawandel fordert ein Umdenken in der Waldwirtschaft. Der Blick in die Forstgeschichte zeigt: Lange Zeit war es für die Landbewohner nicht selbstverständlich, sich in Wäldern zu erholen oder seltene Tier- und Pflanzenarten zu beobachten, das erlaubt erst der heutige Wirtschaftswald. Dies zeigt beispielhaft: Der erwerbswirtschaftliche Wald ist in seiner Vielfalt auch zukünftig in der Lage, den unterschiedlichen Ansprüchen der Gesellschaft gerecht zu werden. Die Waldbauern sind durchaus bestrebt, möglichst viele Ökosystemleistungen des Waldes für die Gesellschaft bereitzustellen, solange sie diese auch entsprechend finanziell honoriert bekommen. Die aufgezeigten Grundsätze des Waldbaus auf der Grundlage der guten fachlichen forstlichen Praxis sollen den Waldbauern dabei helfen.

Ältester Hinweis auf jüdisches Leben im Land

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„Der Burgmann Heine Schack gelobt seiner Tochter, Mitgift und Brautschatz in Höhe von 230 Mark Pfennige dem Knappen Hartwig von Plessen zu zahlen“, so lautet ein Satz aus einer Urkunde von 1424, die das Landesarchiv Schleswig-Holstein Anfang der Woche präsentierte.

Doch ist dieser Satz noch gar nicht das Besondere an diesem Dokument, das am 1. Februar 600 Jahre alt wurde. „Das Besondere ist die Formulierung einer sogenannten Schadensklausel, die besagt, dass derjenige, der nicht zahlen kann, sich Geld bei jüdischen oder christlichen Geldverleihern leihen kann. Diese Textpassage ist eine kleine Sensation, denn das hieße, dass es bereits 1424 in Lauenburg und, nach unserem Kenntnisstand, auf dem Gebiet des heutigen Schleswig-Holstein jüdisches Leben oder zumindest aber Handelsbeziehungen mit Juden gegeben hat“, erklärte Prof. Rainer Hering, Leiter des Landesarchivs, bei der Vorstellung der Urkunde.

Die Forschung sei bislang davon ausgegangen, dass erst Ende des 16. Jahrhunderts Jüdinnen und Juden auf dem Territorium des heutigen Schleswig-Holstein lebten. Diese Urkunde sei ein Hinweis darauf, dass es bereits 150 Jahre vorher schon Kontakte zu Juden gab oder man sich an Kontakte mit ihnen erinnerte. „Es ist kein Beleg, dass es so war. Da sich Geschichte in Prozessen abspielt und wir nur bruchstückhafte Überlieferungen gerade aus dem Mittelalter haben, handelt es sich hier um ein Indiz“, so der Leiter des Landesarchivs. Dennoch sei es auch für ihn persönlich beeindruckend, gerade in der heutigen Situation, wo das Verhältnis wieder angespannt sei und Antisemitismus zunehme, zu sehen, dass es schon vor 600 Jahren jüdisches Leben oder Handelsbeziehungen gegeben haben könnte.

Prof.  Rainer Hering zeigt auf die spannende Textstelle in der Urkunde.

Der agrarische Jahreszyklus seinerzeit sorgte dafür, dass Bauern nicht immer finanziell flüssig waren, da sie ihre Einkünfte erst zur Erntezeit erhielten, den Rest des Jahres aber Ausgaben hatten. Wenn sie Geld brauchten, mussten sie es sich leihen. Juden waren nicht an die Verbote der katholischen Kirche gebunden, die für Christen den Geldverleih einschränkten oder untersagten. Zudem wurden sie von vielen Berufen ausgeschlossen und so in die Rolle des Geldverleihers gedrängt, erläuterte Rainer Hering die Hintergründe des Geldverleihs.

1880 gelangte die Urkunde nach Schleswig-Holstein ins Landesarchiv. Entdeckt habe er sie vergangenes Jahr bei Online-Recherchen im Archivinformationssystem Arcinsys. „Wir haben in etwa 1,6 Millionen Datensätze im Archivinformationssystem, dazu 52 Kilometer Unterlagen und Akten im Magazin des Landesarchivs. Darin befinden sich noch viele unendeckte Schätze. Aber Abfragen des Quellenmaterials können solche Ergebnisse wie die wiederentdeckte Urkunde hervorbringen. Konkreter Anlass war der Antrittsbesuch des neuen Beauftragten für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, Dr. Gerhard Ulrich“, erinnert sich Rainer Hering. Dafür habe er nachgeschaut, was es an Unterlagen zu dem Thema Juden in Schleswig-Holstein gebe, und sei dabei auf diese Urkunde gestoßen. Aufgrund der Masse an Unterlagen entdecke man manche Dinge erst, wenn konkret danach gefragt werde. 

Zu Stein gewordene Erdgeschichte wieder erlebbar

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Wenn die vielen verschiedenen Steine bei uns an der Ostseeküste sprechen könnten, wäre es nicht nur ganz schön laut, sie hätten alle auch eine Menge zu erzählen. Denn die ältesten Exemplare von ihnen sind zwei Milliarden Jahre alt, die jüngsten wenige Millionen. Einige besonderen Exemplare sowie zahlreiche weitere fossile Zeitzeugen aus zwei Milliarden Erdgeschichte sind im Eiszeit-Haus in Flensburg zu bestaunen, das am vergangenen Sonntag nach vier Jahren Zwangspause wiederöffnete.

Erst kam Corona, dann umfangreiche Bauarbeiten rund um das historische, denkmalgeschützte Gebäude in der Mühlenstraße 7, das zum alten Gebäudebestand des Christiansenparks gehört. Doch nun können die versteinerten Überreste beispielsweise von Mammuts, Seeigeln, Schwämmen, Rentieren oder Wollnashörnern, aber auch Bernsteine, Feuersteine oder Donnerkeile wieder mittwochs und sonntags besichtigt werden.

Nach Abschluss der Bauarbeiten ist das hübsche Gebäude wieder offen.

Um 1820 als Wirtschaftsgebäude entstanden, wurde es für die Unterbringung von Pferden genutzt. Die Stadt Flensburg baute das Gebäude auf Initiative des damaligen Bürgermeisters und Kulturdezernenten Hermann Stell zum erdgeschichtlichen Schaumagazin des Naturwissenschaftlichen Museums um. „Die Eröffnung und die Möglichkeit, unsere Sammlungen nach so langer Zeit wieder einem Publikum zu präsentieren, fühlen sich toll an“, erzählt Kerstin Meise, Leiterin des Naturwissenschaftlichen Museums Flensburg, zu dem das Eiszeit-Haus gehört. Sie und ihr zum größten Teil ehrenamtlich arbeitendes Team nutzten die Zeit, um mehrere sehr umfangreiche Fossilien- und Gesteinssammlungen, die sie angenommen hatten, zu sichten und einige sehr besondere Funde darin nach und nach in die Schausammlung zu integrieren. So zum Beispiel die gewaltigen Hörner eines Auerochsen, der nach der letzten Eiszeit in der Nähe der heutigen Bokelholmer Fischteiche gelebt hat. Sein Gehörn ziert nun als neues Ausstellungsstück eine der Wände im Museum.

Wiedereröffnung Eiszeit-Haus Flensburg, versteinerte Knochen, Fossilien, Minerale, Gesteine
Fotos: Iris Jaeger

Das Interesse am Eröffnungstag war groß, viele nutzten die Gelegenheit, um eigene Funde begutachten und einschätzen zu lassen oder Bernsteine zu schleifen. Oder sie ließen sich von Zoologe und Paläontologe Frank Rudolph mit auf eine unterhaltsam und anschaulich erzählte erdgeschichtliche Zeitreise nehmen und erfuhren auf diese Weise, wie die Steine in der Eiszeit per Gletschertransfer aus Skandinavien zu uns ins nördliche Schleswig-Holstein kamen oder dass ein Mammut nur vier Zähne besaß, die es bis zu sechs Mal erneuern konnte, bis es dann nach dem letzten heruntergekauten Zahn verhungern musste. Oder dass ein Einhorn nicht mit einem Pferd, sondern mit einer Ziege verwandt ist, der Königsthron im dänischen Schloss Rosenborg in Kopenhagen aus dem Elfenbein eines Narwals geschnitzt ist, was einem Einhorn schon sehr ähnlich sieht. Die Zuhörer erfuhren, was ein Donnerkeil mit der Schwimmfähigkeit von Kopffüßern zu tun hat und was sich die Evolution noch alles hat einfallen lassen, um die vor Milliarden und Millionen Jahren lebenden Geschöpfe an ihre Umgebungen anzupassen, „sie war ja nicht doof, die Evolution“, so Frank Rudolph.

Anschaulich und mit viel Humor nahm Frank Rudolph seine Zuhörer mit auf eine Kurzreise durch die Erdgeschichte.

Wie kann man überhaupt eine Million Jahre begreifen? „Stellt euch vor, ihr kommt zur Schule und habt nur ein Schulfach: Zählen. Jede Sekunde eine Zahl, fünf Stunden am Tag, fünf Tage die Woche, inklusive sechs Wochen Schulferien. Nach einem Jahr ist man bei 3,7 Millionen, bis zum Hauptschulabschluss nach neun Jahren sind es 34 Millionen, und wenn ihr noch bis zum Abitur weiterzählt, landet ihr bei 49 Millionen. Die Dinosaurier starben vor 65 Millionen Jahren aus, also schaffen wir es nicht, in der Schulzeit bis zu den Dinos zu zählen.“

Klappersteine, Bernsteine, Flintsteine – zu jedem dieser Fossilien hatte der ehrenamtliche Mitarbeiter eine Geschichte und ein Exemplar bereit, das er den Zuschauern zum Anschauen und Anfassen gab, Geschichte auf diese Weise auch begreifbar machte. Darunter war auch ein dunkelbraunes, fast schwarzes Exemplar mit vielen Ausstülpungen, das von der Form her einer Koralle ähnelte. Was nicht abwegig ist, Gotland war ein einziges Korallenriff und wurde von der Südsee in die heutige Ostsee geschoben. Tatsächlich aber handelte es sich bei dem Gebilde um versteinertes Dinosaurier-Exkrement. „Zu den 100 Dingen, die man im Leben gemacht haben sollte, gehört das Anfassen von versteinerter Dinokacke dazu“, lautete das Fazit von Frank Rudolph.

Schneckengehäuse 
Fotos: Iris Jaeger
Mammut-Zähne
Werkzeuge aus Stein
Schöne Muster auf Steinen
Versteinerte Seeigel
Verkieselter Kalkstein mit einer versteinerten Einzelkoralle (Parasmilia)
Versteinerte Schwämme von der Insel Sylt
Museumsleiterin Kerstin Meise schaut sich einen mitgebrachten Fund genauer an
Ebenfalls versteinerte Schwämme, die wie Hütchen aussehen.
Aulocopium aurantium
Ochsenherz-Muschel von der Insel Sylt
Im Laufe der Evolution passten sich Lebewesen wie die Kopffüßer in ihrer Gestalt immer besser an die Gegebenheiten an.
Darstellung von der Entstehung der Bernsteine