Die Bäuerinnen und Bauern im Norden sind gespannt auf die AMK. Klaus-Peter Lucht, der Präsident des Landesbauernverbandes Schleswig-Holstein, hat einige Vorschläge für die Agenda der Agrarminister und hofft auf Überzeugungsfähigkeit in Büsum.
Herr Lucht, was erwarten die Landwirtinnen und Landwirte von der AMK? Welche Punkte der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) sind nachzubessern?
Klaus-Peter Lucht: Die jetzt vorliegende GAP-Reform zeigt viele Schwächen und Defizite für die Landwirtschaft wie für die Biodiversität. Zwar sind die Geldmittel in der Zweiten Säule gewachsen, wovon ein großer Teil für die Biolandwirtschaft oder für die Umstellung der Landwirtschaft gebunden ist. Jetzt ist der Zeitpunkt, an dem Nachjustierungen an der gerade beschlossenen GAP möglich sind. In Schleswig-Holstein ist es wichtig, dass wir auf produktionsintegrierte Maßnahmen für die Biodiversität sowie für die Tierhaltung setzen können. Die Landwirte brauchen Vertragsmuster, die wirklich helfen, Einkommen zu generieren.
Die Weidehaltung ist bei den Ökoregelungen der GAP zu kurz gekommen. Eine breite Allianz aus Agrar- und Umweltverbänden hat einen Änderungsantrag zum deutschen GAP-Strategieplan gestellt, um eine zusätzliche Ökoregelung für vielfältige Grünlandnutzung inklusive Weidehaltung von Milchkühen und deren Nachzucht einzuführen. Wie stehen Sie dazu?
Der Bauernverband hat von Anfang an diese Position vertreten, dass wir eine Weideprämie für Milchkühe und für die Nachzucht benötigen. Wir hatten alle darauf gewartet, bei den Eco-Schemes Erträge erwirtschaften zu können durch Biodiversität. Leider ist das voll danebengegangen. Die großen Verlierer sind die Milchvieh- und Futterbaubetriebe. Hier gibt es absolut Nachbesserungsbedarf. In Schleswig-Holstein gibt es zwar viel Stallhaltung, weil die Bestände groß sind und weil es kaum arrondierte Betriebsstrukturen gibt wie in Niedersachsen oder anderen Bundesländern. Aber wir haben auch starke Weideregionen wie die Eider-Treene-Sorge-Niederung oder die Wilster Marsch. Das Grünland als CO2-Senke sollte honoriert werden.
Die Bundesländer haben ihre Landesdüngeverordnungen entsprechend der EU-Nitratrichtlinie nachgebessert. Betriebe, die gewässerschonend wirtschaften, sind benachteiligt. Was erwarten Sie hierzu von der AMK?
Wir haben in Schleswig-Holstein ein Anwachsen der Roten Gebiete von 4,5 % auf 9,5 % der Fläche. Das bedeutet, dass gerade in diesen Gebieten die Betriebe die Düngung, sei es Mineral- oder Wirtschaftsdünger, pauschal um 20 % reduzieren müssen. Das lehnen wir ab und fordern eine jährliche Kontrolle der Messstellen, um die Entwicklung der Nährstoffgehalte im Wasser zu überprüfen und angepasst reagieren zu können.
Es liegen jetzt bereits Informationen des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) vor, dass die Messwerte sich verbessern. Wir fordern deshalb, dass die Betriebe entlastet werden, die nachweislich gewässerschonend wirtschaften. Ein Grund dafür sind modernste Ausbringtechnik und Kontrollanalysen von Boden- und Gülleproben.
Hieße das für Sie auch eine stärkere Förderung von Technikeinsatz?
Absolut. Wenn ein möglichst hoher Gülleanteil durch Biogasanlagen oder Biomethananlagen verwertet werden soll und die Gärreste als Dünger eingesetzt werden, dann ist das im Prinzip die gleiche Gülle, die aber nach der Vergärung sehr viel naturverträglicher ist und Emissionen spart. Man sollte den Betrieben entgegenkommen, was den Behälterbau angeht. Ab 2026 sind wir auf Grünland zur Ausbringung mit Schleppschlauch oder Schleppschuh verpflichtet. Dann werden zahlreiche Betriebe vor Investitionsengpässen für diese kostspielige Technik stehen.
Welche Erwartungen haben Sie an die AMK mit Blick auf den dramatisch verlaufenden Abbau der Tierhaltung?
Die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) hat für die Tierhaltung herausgearbeitet, dass mehr auf Tierwohl geachtet und Emissionen reduziert werden müssen. Beides gleichzeitig geht nicht, denn mehr Tierwohl bedeutet mehr Offenställe. Dazu erwarte ich den Einsatz der Agrarminister und eine Anpassung des Baurechts. Die Umsetzung der Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung, der Borchert-Kommission, sind ein weiteres Thema. Für den Umbau der Schweinehaltung müssten ausreichend Mittel bereitgestellt werden, um die Landwirtschaft in die Lage zu versetzen, die Tierhaltung in den Regionen zu halten.
Welche Themen hätten Sie gern auf der Tagesordnung der AMK?
Es gibt noch zwei Themen oder vielmehr Tierarten, die mir auf der Tagesordnung sehr wichtig sind: Wolf und Gans. Wenn Schleswig-Holstein Weideland bleiben soll, dann muss eine aktive Bestandsregulierung der Gänse und Wölfe erfolgen. Überall dort, wo Gänse fressen und koten, können keine Tiere mehr weiden und wird keine zusätzliche Biodiversität stattfinden. Auch der Naturschutz verliert dadurch. Beim Wolf ist es dasselbe. Eine Rudelbildung muss verhindert werden. Alle Länder sind betroffen, deshalb würde ich gerne von der AMK Lösungsvorschläge wahrnehmen und kein Wegducken. Schleswig-Holstein ist nicht allein der übermäßig wachsenden Gänsepopulationen ausgesetzt, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen ebenso. Die Vögel haben sich mittlerweile auch im Binnenland niedergelassen. Damit steigt zudem die Gefahr einer Ausbreitung der Geflügelpest durch Wildvögel, und die offene Geflügelhaltung gerät massiv unter Druck.
Werden die Bäuerinnen und Bauern dem Minister in Büsum den Rücken stärken?
Das liegt in seiner Verantwortung. Die Bäuerinnen und Bauern werden am 23. März in Büsum sein. Wir werden dort unsere berechtigten Anliegen vorbringen. Mir ist es wichtig, dass wir Werner Schwarz als Minister Rückhalt bieten für seine Positionen, die teils auch unsere sind. Wir machen uns auf den Weg, um alle Minister anzusprechen und ihnen unsere Gedanken näherzubringen mit der Hoffnung, Überzeugungsarbeit leisten zu können.
Interview: mbw