Viele Familien blicken bereits Mitte des Monats relativ ratlos in ein leeres Portemonnaie. Der Wochenendeinkauf, die Tankrechnung und die Abbuchung für Gas und Strom haben das Budget bereits erschöpft. Besonders drastisch stiegen vor allem die Lebensmittelpreise seit dem Kriegsbeginn in der Ukraine. Sehr radikale Politiker suchen derzeit die Schuld in den Sanktionen gegen Russland. Diese schaden angeblich mehr dem Westen, als dass sie die russische Führung zum Einlenken bewegen. Dabei verweist man darauf, dass die hohen Energiepreise die Einnahmen Russlands deutlich erhöht haben. Der Rubelkurs ist auf Rekordniveau gestiegen, während der Eurokurs stark gefallen ist. Doch eine hohe Inflation ist nicht erst seit dem Ukraine-Krieg ein Thema. Steigende Preise hat es schon vorher gegeben. Auch in Ländern, die gar nicht von Energielieferungen aus Russland abhängig sind, zeigt sich eine hohe Inflation. Der Preisanstieg hat bereits mit der Corona-Epidemie und den Lieferkettenproblemen begonnen. Bestimmte Güter konnten nicht geliefert werden, die Preise stiegen an. In der Landwirtschaft erhöhten sich bereits im vergangenen Herbst die Kurse für Düngemittel, da Vorprodukte für die Produktion fehlten. Dies auch parallel mit den steigenden Getreidepreisen, die vor allem auf die Trockenheit im Vorjahr in Nordamerika zurückzuführen waren. Die hohen Preise für Milchprodukte und Rindfleisch sind unter anderem auf die reduzierten Tierbestände zurückzuführen. Die Kurse für Schlachtschweine sind ebenfalls gestiegen, doch hier sorgen die hohen Futterkosten für starke wirtschaftliche Probleme. In der vergangenen Woche hat ein großer Discounter seine Verkaufspreise für Fleischartikel reduziert. Dies wurde als Beitrag zur Inflationsbekämpfung angepriesen, sorgt jedoch auf der anderen Seite wieder für Druck auf die Schlachtschweinenotierungen.
Zu viel billiges Geld
Ein anderer Grund für die Inflation sind die hohen Staatsausgaben zur Abfederung der Corona-Folgen. Auch die günstigen Zinsen haben die Geldsumme deutlich erhöht und den Wert der Währung verringert.
In den nächsten Monaten könnten die Preise für viele Produkte weiter steigen. Viele Erzeuger und Hersteller müssen die erhöhten Produktionskosten auf die Verkaufspreise umlegen. Dies gilt auch für Nahrungsmittel. Damit verliert dieser Sektor den Ruf als Inflationsbremse und wird eher zum Treiber der Teuerungsraten, so die Aussage vieler Konjunkturforscher.
Die ohnehin schon knappe Versorgungslage mit Energie könnte sich verschärfen, wenn Russland seine Drohung ernst macht und die Lieferungen von Erdgas einstellt. Sollte es soweit kommen, müsste die hiesige Industrie, die einen Großteil der Gaslieferungen verbraucht, die Produktion deutlich drosseln. Nur so könnten die Auswirkungen auf die privaten Haushalte in Grenzen gehalten werden. Diese Entwicklung zeigt, dass gerade die Großverbraucher die vergangenen Jahre versäumt haben, um sich nach alternativen Lösungen umzuschauen. Während viele landwirtschaftliche Betriebe bereits auf Holzheizungen umgestellt haben, Solar und Biogas nutzen, wurde die Industrie von der EEG befreit und konnte fossile Energie zu Sondertarifen beziehen. Dazu wurde der Ausbau der Stromnetze und alternative Energieversorgungstechnologien vernachlässigt.
Keine einfachen Lösungen in Sicht
Kritiker sehen die Wirkungen der aktuellen Sanktionen gegen Russland als relativ überschaubar, solange die westlichen Staaten auf die Energielieferungen angewiesen sind. Dennoch sind die Maßnahmen gegen den Kreml weiterhin alternativlos. Weder die Inflation noch die übrigen Wirtschaftsprobleme sind damit auf Schlag gelöst, auch wenn einige Politiker dies behaupten.
Derzeit muss man andere Wege beschreiten, um die Inflation zu bekämpfen. Der Bund muss die Neuverschuldung bremsen. Die EZB muss gleichzeitig die Zinsen erhöhen, um die private und staatliche Kreditnachfrage zu bremsen. Um die Konjunktur zu beleben, wurde sonst die Nachfrage durch billiges Geld künstlich erhöht. Dies ist jedoch schwierig, wenn viele Produktionsgüter nicht vorhanden oder sehr teuer sind. Viele Experten sehen, dass sich die Gesamtlage vorerst nicht bessert. Man muss sich darauf einstellen, dass Eigenvorsorge immer wichtiger wird. Der Staat kann nur begrenzt helfen.
Marktlage für die Woche vom 11. bis 17.7.2022
Getreide: In Schleswig-Holstein läuft die Getreideernte an. Es wird von mittleren bis guten Erträgen berichtet.
Raps: Kurz vor dem Erntebeginn sind an der Matif die Rapskurse auf den Stand vom Jahresbeginn zurückgefallen.
Futtermittel: Man rechnet in den USA mit einer großen Sojaernte. Die Kurse schwanken auf einem relativ hohen Niveau.
Kartoffeln: Alte Ware ist nicht mehr am Markt. Auch die Importe an Frühkartoffeln gehen zurück.
Schlachtrinder: In der Vorwoche gaben die Kurse für Jungbullen leicht nach, die Schlachtkuhpreise blieben stabil.
Schlachtschweine/-sauen: In der Vorwoche blieben die Kurse erneut unverändert, obwohl die Probleme wieder zunehmen.
Ferkel: Der in der Vorwoche unveränderte Schweinekurs hat auch den Ferkelhandel stabilisiert. Die Kurse blieben unverändert.
Milch: Die Kurse für Milchprodukte bleiben auf hohem Niveau. Auch die Senkung der Butterpreise im LEH wurden wieder zurückgenommen.
Schlachtlämmer/-schafe: Das Angebot ist kleiner als im Vorjahr. Die jüngsten Preisaufschläge können sich nach dem Opferfest nicht behaupten.
Markttendenz für die Woche vom 18. bis 24.7.2022
Getreide: Im ersten Erntedruck gaben die Kurse nach, konnten sich jedoch im weiteren Verlauf wieder erholen.
Raps: Man rechnet mit guten Erträgen. Die Kurse bleiben von der Entwicklung an den Pflanzenöl- und Rohölmärkten abhängig.
Futtermittel: Der schwache Eurokurs sorgt für hohe Importpreise für Komponenten. Futtergetreide wird dagegen günstiger.
Kartoffeln: Das Angebot an hiesiger Frühware nimmt zu. Die Kurse geben bislang nur leicht nach, tendieren aber schwächer.
Schlachtrinder: Das Angebot bleibt knapp. Überregional sind die Kurse weiter gestiegen. Hierzulande sieht man das anders.
Schlachtschweine/-sauen: Im Fleischhandel nimmt der Preisdruck zu. Der Lebendhandel läuft eigentlich ausgeglichen.
Ferkel: Das Angebot ist gestiegen, bleibt jedoch verhältnismäßig gering. Die Mäster beobachten weiterhin den Schweinemarkt.
Milch: Die hiesigen Erzeugpreise haben noch Luft nach oben. Die Grundpreise nähern sich zum Teil der Marke von 60 ct/kg.
Schlachtlämmer/-schafe: Im Vorfeld des Opferfestes wurden viele Tiere abgeliefert. Damit ist das aktuelle Angebot nicht mehr sehr groß.