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Liefern statt Labern

Kommentar zur Zukunftskommission Landwirtschaft
Von Dr. Robert Quakernack
Die Sparbeschlüsse der Ampel-Regierung trieben die Bauern wochenlang auf die Straßen. Foto: rq

Bürgerforen, Bürgerräte und andere Dialogprozesse schießen wie Pilze aus dem Boden. Politiker argumentieren, dass diese Art der Öffentlichkeitsbeteiligung inhaltliche Impulse gebe und die Demokratie stärke. Sie drücken jedoch ebenfalls eine gewisse Handlungsohnmacht aus, frei nach dem Motto „Wenn ich nicht mehr weiterweiß, bilde ich ‘nen Arbeitskreis“. Ein prominentes Beispiel ist die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL), die im Dezember 2019 von der damaligen Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) infolge von Bauernprotesten initiiert wurde. Die ZKL hat unter Einbindung von Praktikern, Wissenschaftlern und gesellschaftlichen Akteuren Empfehlungen für eine Transformation hin zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft zusammengetragen und 2021 in einem Abschlussbericht vorgestellt.

Eine Kernaussage des Berichts lautet: „Der Umbau ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Ökologisches Handeln muss in betriebs- und volkswirtschaftlichen Erfolg umgesetzt werden und so auch soziale Anerkennung begründen. Dabei kann und darf die Landwirtschaft nicht alleingelassen werden.“ Doch statt in die konkrete Umsetzung zu gehen, bat der neue Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) gut ein Jahr später die ZKL, ihre Arbeit erst einmal fortzusetzen – eine Hinhaltetaktik? Die Bauern hielten trotz ihrer Unzufriedenheit und mangelnder Perspektiven still, schließlich arbeiteten auch ihre Vertreter in der Kommission mit.

Dass die kurz vor Weihnachten 2023 präsentierten Sparbeschlüsse der Ampel-Koalition dann massive Proteste des gesamten ländlichen Raums auslösten, dürfte eigentlich niemanden überrascht haben. Sie erfolgten ohne vorherige Abstimmung mit den Bauernvertretern und ignorierten die ­Empfehlungen der ZKL. Das kürzlich beschlossene Agrarpaket zur Entlastung der Landwirtschaft wiegt die zusätzlichen Belastungen der Branche mitnichten auf.

Offene Kritik und Frust über das Handeln der Ampel-Regierung kommen mittlerweile sogar aus den eigenen Reihen. Die ersten Mitglieder der Regierungsfraktionen wechseln schon in die Oppositionspartei CDU. Sowohl die Mannheimer Bundestagsabgeordnete Melis Sekmen (ehemals Grüne) als auch die Hamburgerin Anna von Treuenfels-Frowein (ehemals FDP) haben sich jüngst den Konservativen angeschlossen. Bereits im Juni auf dem Deutschen Bauerntag in Cottbus forderte Brandenburgs Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke (SPD) von der Bundesregierung „Kraft zur Korrektur“.

Und die ZKL? Die bisherige Ignoranz der Politik hat dazu beigetragen, dass sich der Ton zwischen Bauernverband und Naturschutzorganisationen zuletzt verschärft hat. Nach einem klärenden Gespräch beschlossen die Mitglieder aber, ihre Arbeit fortzusetzen. Gut so! Mit einer gemeinsamen Stimme zu sprechen, erhöht den Handlungsdruck auf die Politik. Eine Rückkehr in die Grabenkämpfe der Vergangenheit führt nur zu agrarpolitischem Stillstand, wie wir ihn bereits unter Kanzlerin Merkel mit Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) erlebten und was eben 2019 in der ZKL mündete.

Dr. Robert Quakernack
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