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Landessortenversuche Speisekartoffeln in Niedersachsen

Nicht nur der Ertrag ist wichtig
Von Jürgen Pickny , Landwirtschaftskammer NI
Auflaufschäden durch Nematoden. Fotos: Jürgen Pickny

Die Kartoffelsaison 2024 war in Niedersachsen im Mai und Juni relativ feucht, was an vielen Standorten zu einem frühen Befall mit Krautfäule führte. Durch gezielte Maßnahmen hatten die Landwirte diese aber gut im Griff. Beregnung war erst im Juli und August nötig. Bei einigen Pflanzgutpartien bereitete die Schwarzbeinigkeit Probleme, sowohl im Auflauf als auch im Bestand der Kartoffeln.

Seit über 20 Jahren führt die Landwirtschaftskammer Niedersachsen Landessortenversuche durch. An zwei Standorten (­Celle und Suderburg) laufen Versuche für frühe und mittelfrühe Sorten. Das Sortiment ist mit mehreren anderen Bundesländern abgestimmt. Nachdem eine Sorte drei Jahre geprüft wurde und somit die Prüfung abgeschlossen ist, erfolgt eine bundesweite Beurteilung der Sorte (am Ende des Artikels). Bei den einjährig und zweijährig geprüften Sorten finden sich nur die Ergebnisse der Versuche in Celle und Suderburg wieder. Beides sind typische Heidestandorte mit zirka 30 Bodenpunkten, die bei Bedarf beregnet werden.

Grundsätzlich ist die Sortenwahl so aufgebaut, dass sich die neuen Sorten mit drei guten etablierten Sorten unterschiedlicher Kochtypen messen müssen. Das sind zum Beispiel im frühen Sortiment ‚Belana‘, ‚Sunita‘ und ‚Wega‘. Diese Sorten stellen auch die Bezugsbasis für die Berechnung der Erträge und Sortierungen in Relativzahlen dar. Jede Sorte wird drei Jahre geprüft, es sei denn, die Sorte war nicht lieferfähig oder zeigte im ersten Versuchsjahr schon so gravierende Schwächen, dass sie aus dem Sortiment gestrichen wurde. Deshalb gibt es in den Tabellen nicht von jeder Sorte zweijährige Ergebnisse, weil entweder die Prüfung 2023 abgeschlossen oder eine Sorte erst 2024 neu aufgenommen wurde. 2024 standen im frühen Sortiment elf und im späteren vierzehn Sorten. Neu aufgenommen wurden bei den frühen Sorten ‚Artemis‘ und ‚Jutta‘. In der Reifegruppe 3 gingen erstmals die Sorten ‚Elise‘, ‚Lotta‘‚ ‚Samoa‘ und ,Thalia‘ an den Start. Von den 34 in den Jahren 2023 und 2024 geprüften Sorten waren zehn festkochend, 22 vorwiegend festkochend und zwei mehligkochend. Die Stickstoffdüngung wurde mit 150 kg/ha Nmin durchgeführt. Bei Kali, Phosphor und Magnesium wurde nach der Bodenuntersuchung und den Empfehlungen der Landwirtschaftskammer gedüngt.

Starke Sortenunterschiede gibt es beim Schorf.

Die Kartoffeln wurden je nach Standort am 16. oder 22. April gepflanzt. Die Herbizidbehandlung erfolgte mit einer metribuzinfreien Tankmischung, damit metribuzin­unverträgliche Sorten nicht unter der Herbizidmaßnahme litten. Die Fungizidmaßnahmen gegen Krautfäule und Alternaria sowie Insektizidmaßnahmen gegen Kartoffelkäfer und Läuse wurden so durchgeführt, dass die Bestände gesund blieben. So werden die eigentlichen Versuchsfragen nicht durch einen pilzlichen oder tierischen Schaderreger überlagert. Eine reifegruppenspezifische, praxisnahe Krautregulierung Anfang bis Mitte August war die Grundlage für die Ernte schalenfester Ware.

In den Versuchen fand eine Vielzahl von Bonituren statt. Im Bestand wurden der Aufgang, die Fehlstellen sowie die Krankheiten Rhizoctonia, Schwarzbeinigkeit und Krautfäule festgehalten. Sofort nach der Ernte ermittelten wir den Ertrag, die Sortierung, den Stärkegehalt und hohle Knollen an Übergrößen. Später bonitierten wir am Erntegut Fäulen, Schorf, Rhizoctonia, Eisenfleckigkeit, Wachstumsrisse und ergrünte Knollen. Ein Kochtest Anfang November gab Aufschluss über Kochtyp, Fleischfarbe und insbesondere Geschmack der einzelnen Sorten. In diesem Artikel stehen die wichtigsten praxisrelevanten Parameter im Vordergrund.

Erträge, Sortierung und Stärkegehalte

Die Erträge (dt/ha) lagen 2024 aufgrund der guten Wasserversorgung über denen von 2023. An den relativen Erträgen ist gut zu erkennen, dass die meisten Sorten eine genetische Veranlagung zu hohen oder niedrigen Erträgen haben. Überdurchschnittliche Erträge (Tabelle 1 und 2) erzielten in beiden Jahren in der frühen Reifegruppe die Sorten ‚Adorata‘, ‚Fabricia‘, ‚Florentina‘, ‚Wega‘ und ‚4 You‘. Auch die beiden neuen Sorten Artemis‘ und Jutta‘ brachten einen hohen Ertrag. In der Reifegruppe 3 hatten ‚Columbia‘, ‚Merle‘ und insbesondere ,Taormina‘ die Nase vorn. Nach der Ertragsfeststellung wurden die Kartoffeln sortiert. Ein erhöhter Anteil an Drillingen (kleine Knollen) wurde in den beiden Jahren nur bei der Sorte ‚Gerona‘ ermittelt. Diese Eigenschaft muss aber nicht unbedingt von Nachteil sein, für bestimmte Verwertungsrichtungen ist sie sogar ein erklärtes Zuchtziel, genauso wie ein hoher Anteil an Übergrößen, der je nach Vermarkter als Vor- oder Nachteil angesehen werden kann. Extrem viele Übergrößen (über 30 %) hatten ‚Adorata‘, ‚Axenia‘, ‚Columbia‘, ‚Petra‘, ‚Sandra‘, ‚Sunita‘, ‚Polly‘, ‚Taormina‘ und im Jahr 2024 ‚Fabricia‘. Wenn Übergrößen nicht explizit erwünscht sind, sind die Konsequenzen für die Praxis eine geringere Stickstoffdüngung, ein engerer Pflanzabstand und/oder ein früherer Krautregulierungstermin. Tabelle 3 zeigt die Stärkegehalte der Sorten. Auch hier ist zu erkennen, dass die Sorten eine genetische Veranlagung zu mehr oder weniger Stärke haben, da sich die Ergebnisse in den Jahren ähneln.

Anbaueigenschaften im Überblick

Einige Eigenschaften sind in Tabelle 4 dargestellt. Für die Vermarktung können die äußeren und inneren Mängel entscheidend sein. Zu den wichtigsten äußeren Mängeln zählen der gewöhnliche Schorf und Rhizoctonia-Pocken auf der Schale. Bei den inneren Mängeln können Eisenflecken für eine erfolgreiche Vermarktung entscheidend sein. Da in den Jahren 2023/24 kaum Eisenflecken in den Kartoffeln unserer Versuchsstandorte zu finden waren, muss auf die Darstellung dieser Eigenschaft in Tabelle 4 verzichtet werden.

Beim gewöhnlichen Schorf waren in den letzten Versuchsjahren starke Sortenunterschiede zu bonitieren. Diese Ergebnisse sind in Tabelle 4 eingeflossen. Insbesondere die Sorten ‚Artemis‘, ‚Axenia‘, ‚Chateau‘, ‚Emiliana‘, ‚Florentina‘, ‚Franca‘, ‚Lotta‘, ‚Luna Rossa‘, ‚Polly‘, ‚Regina‘ und ‚Samoa‘ hatten reichlich Schorf auf der Schale. Deshalb sollten sie nur auf Standorten angebaut werden, die intensiv beregnet werden können und einen nicht zu hohen pH-Wert aufweisen. Sehr geringen Schorfbesatz zeigten ‚Belana‘, ‚Camelia‘, ‚Gerona‘, ‚Jutta‘, ‚Lea‘, ‚Lilly‘, ‚Sandra‘ und ‚Sunita‘. Auch Sorten, die stabil gegen Schorf in den Versuchen waren, sollten nicht zu spät beregnet werden (Stolonenverdickung). Frühes Beregnen unter trockenen Bodenverhältnissen kann für eine Minimierung von Schorf mit entscheidend sein.

Rhizoctonia trat in den letzten Versuchsjahren immer wieder auf, trotz einer Flüssigbeizung mit Moncut. Die Ergebnisse finden sich in Tabelle 4.

Nematodenresistenz gegen Globodera pallida

Für den Landwirt ist es wichtig, zu wissen, ob er Nematoden auf seinen Flächen hat und, wenn ja, welche Art und Menge. Danach kann er planen, welche Sorte auf welchem Standort passt. Sollten weiße Nematoden (Pallida 2, 3) auf der Fläche sein, eignen sich die vorwiegend festkochende Sorte ‚4 You‘ (Pa 2, 3) und die festkochende Sorte ‚Vindika‘ (Pa 2, 3). Diese Sorten sind auch zur Nutzung im Rahmen von Bekämpfungsprogrammen in Deutschland geeignet.

Speiseeigenschaften getestet

Beim Testessen bestätigte sich meistens die bekannte Sorteneinstufung der Kochtypen festkochend, vorwiegend festkochend und mehligkochend. Die Fleischfarbe „tiefgelb” gekochter Kartoffeln (Tabelle 5) zeigten die Sorten ‚Belana‘, ‚Emiliana‘, ‚Merle‘, ‚Regina‘, ‚Santera‘ und ‚Wega‘ am intensivsten. Wozu ist die Fleischfarbe wichtig? Die Antwort ist einfach: Das Auge isst mit, und Tiefgelb ist einfach schöner als Hellgelb.

Bei der Prüfung auf den Geschmack wird nicht in „gut” und „schlecht” schmeckende Sorten unterschieden. Vielmehr werden bestimmte definierte „Mängel im Geschmack” (zum Beispiel bitter, fade) festgestellt. Besonders geringe Mängel und somit einen sehr guten Geschmack hatten ‚Belana‘, ‚Chateau‘, ‚Emiliana‘, ‚Lea‘, ‚Merle‘, ‚Regina‘, ‚Samoa‘, ‚Santera‘, ‚Vindika‘ und ‚Wega‘.

Empfehlenswerte Sorten des geprüften Sortiments

Aus diesen vielen Daten die passenden Sorten für den Betrieb zu finden ist nicht einfach. Tabelle 6 zeigt eine Übersicht der empfehlenswerten Sorten, die mindestens dreijährig geprüft wurden und deren Prüfung somit abgeschlossen ist. Diese Beurteilung wurde länderübergreifend durchgeführt. Der Parameter Speisequalität wurde ermittelt aus der Fleischfarbe und dem Geschmack gekochter Knollen. Um in die Empfehlung zu kommen, sollten mindestens zwei Versuchsjahre, besser drei vorliegen. Deshalb sind die neu geprüften Sorten noch nicht in dieser Tabelle aufgeführt. In der gesamten Sortenempfehlung für 2025 befinden sich noch wesentlich mehr Sorten, die jedoch 2023 und 2024 nicht mehr im Sortiment standen. Neu in der Tabelle ist der Parameter „Festigkeit gegen grüne Knollen“. Mit dieser Eigenschaft soll ein Hinweis auf die Pflanztiefe gegeben werden. Sorten, die zu grünen Knollen neigen, sollten etwas mehr Erdbedeckung bekommen.

Fazit

Jede Sorte hat in bestimmten Parametern Vorteile, aber auch Nachteile. Das Paket der Eigenschaften führt zur richtigen Sorte. Guter Geschmack und gutes Aussehen sind wichtig, damit der Konsum von Speisekartoffeln nicht weitersinkt, sondern wieder steigt. Die Vermarktungsfähigkeit kann die Auswahl einschränken. Noch unbekannte Sorten sind nicht so einfach zu vermarkten wie bekannte Sorten. Der Anbau sollte mit der aufnehmenden Hand abgesprochen werden. Nematoden sind auf einigen Standorten ein Problem, deshalb sollte auf die Nematoden-Resistenz geachtet werden, wobei noch wenige Sorten mit einer Pallida-Resistenz im Speisebereich vorhanden sind. Wünschenswert ist eine Nematoden-Untersuchung vor dem Anbau von Kartoffeln.

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