Wie kann die Belüftung von Kaltställen durch künstliche Intelligenz (KI) verbessert werden? Mit dieser Frage beschäftigen sich Forschende der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und der Universität zu Lübeck gemeinsam mit dem Fachbereich Rinderhaltung bei der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, unterstützt durch das Forschungs- und Entwicklungszentrum Fachhochschule Kiel GmbH.
Digitalminister Dirk Schrödter (CDU) übergab im Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp am 20. April einen Förderbescheid in Höhe von 249.505 € an die Beteiligten.
Kälber sind besonders in den ersten Wochen nach der Geburt sehr empfänglich für Atemwegsinfekte. Ungünstige Temperaturen, rasche Temperaturwechsel, hohe Luftfeuchtigkeit, Zugluft, Schadgase (vor allem Ammoniak), der Keimgehalt in der Luft sowie zu feuchte Liegeflächen beeinträchtigen die Gesundheit von Kälbern stark. Mit Sensoren im und am Stall werden bald im Lehr- und Versuchszentrum (LVZ) Futterkamp Stallklima- und Wetterdaten sowie die Einstellungen der Lüftung und die Aktivität der Kälber erfasst. Außerdem werden der Gesundheits- und der Tierwohlstatus von jedem Kalb mehrmals pro Woche von Experten erhoben. Die gewonnenen Informationen werden in ein KI-System gespeist und dieses wird systematisch angelernt, möglichst optimale Lüftungseinstellungen vorzuschlagen. In der zweiten Phase des Projektes soll eine automatische Steuerung der Lüftung durch das KI-System erprobt werden. Projektkoordinator Dr. Christian Linke stellte dem Minister und den zahlreichen Pressevertretern das Vorhaben vor.
In dem Projekt „AI4CALF – Steuerung von Stall-Belüftungen mittels künstlicher Intelligenz zur Verbesserung der Nachhaltigkeit am Beispiel eines Kälberstalls“ wird im Detail untersucht, ob durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz die Lüftungssteuerung von Kaltställen mit Blick auf Tierwohl, Tiergesundheit, Energiebedarf und Wirtschaftlichkeit gegenüber den jetzigen Systemen optimiert werden kann. Denn das Stallklima in Kaltställen werde stark durch die Witterung und die Umgebungsbedingungen beeinflusst und es gebe bisher keine befriedigenden automatisch funktionierenden Lösungen, erklärt Dr. Linke.
Dr. Imme Dittrich, Fachbereichsleiterin Rinderhaltung, begleitet das Vorhaben vonseiten der Landwirtschaftskammer in Futterkamp. Sie erklärte, woran man gesunde Kälber erkenne, wie Tierwohl messbar werde und welchen Beitrag die KI hier leisten könne. Ihr ausführlicher Bericht dazu ist in Ausgabe 19 in „Rinder aktuell“ geplant.
Digitalisierungsminister Dirk Schrödter zeigte sich bei der Überreichung des Förderbescheides begeistert von dem „digitalen Verbundprojekt“: Er sagte, auch die Landwirtschaft müsse das Thema KI noch stärker in den Fokus nehmen, schließlich sei die Landwirtschaft prägend für unser Land. Kein Standort werde ohne diese Technologie wettbewerbsfähig bleiben. Als wichtige Stichworte nannte der Minister Klimaneutralität und das Thema Energieeffizienz und hier bei diesem Projekt auch die Verbesserung des Tierwohls.
Ute Volquardsen, Präsidentin der Landwirtschaftskammer, konnte bei ihrem ersten gemeinsamen Termin mit dem Digitalisierungsminister strahlende Projektbeteiligte zu diesem erfreulichen Anlass in Futterkamp begrüßen: „Wir als Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein freuen uns, Teil dieses zukunftsträchtigen Projektes zu sein und unser Wissen einbringen zu können. Meine Damen und Herren, die Zukunft ist schon da: Digitalisierung und insbesondere die künstliche Intelligenz sind wichtige Punkte in der weiteren Entwicklung unseres Alltags auf dem Hof, mittlerweile in allen Betriebsbereichen.
Die exemplarische Erprobung künstlicher Intelligenz im Kälberstall unseres Lehr- und Versuchszentrums kann die Entwicklung einen wichtigen Schritt weiterbringen, und helfen, KI-gesteuerte Lüftungstechnik in die breite Praxis zu übertragen.
Daher freuen wir uns sehr, dass das Projekt ,AI4CALF‘ durch die Richtlinie für die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Einsatzes von künstlicher Intelligenz in Schleswig-Holstein gefördert und ermöglicht wird. Dafür gilt Ihnen, Herr Minister Schrödter, als Vertreter der Staatskanzlei unser herzlicher Dank.“
Prof. Dr. Stefan Fischer, Institut für Telematik (ITM) an der Universität zu Lübeck, fühlte sich in Futterkamp wie in einer anderen Welt an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis: „Wir freuen uns, dass wir unsere Kompetenzen in vernetzter Sensorik mit der automatischen Auswertung von Daten und der Steuerung von Aktorik kombinieren können und dabei in Zusammenarbeit mit unseren Partnern von der CAU und dem landwirtschaftlichen Versuchszentrum hoffentlich nachhaltig zum Tierwohl beitragen können.“
Prof. Dr. Eberhard Hartung, Institut für Landwirtschaftliche Verfahrenstechnik (ILV) an der Christian-Albrechts-Universität, ergänzte mit dem Leiter des Lehr- und Versuchszentrums, Claus-Peter Boyens, dass auch der Milchviehstall „durchdigitalisiert“ sei, bezogen auf Energie-Einsparpotenziale gebe es auch hybride Lüftungssysteme, die ökonomisch und ökologisch und für das Tierwohl sinnvoll seien. Die Beteiligten gehen davon aus, dass dieser Ansatz zu einer wesentlichen Verbesserung der Tierhaltung in Kaltställen führt. Das Projekt hat eine geplante Laufzeit von zwei Jahren.