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Kosten und Nutzen von Agroforstsystemen

Transformationsforschung im Argoforstprojekt „DigAForst“
Von Dr. Tobias Jorissen , Prof. Guido Recke, Hochschule Osnabrück
Es gibt unterschiedliche Arten von Agroforstsystemen. Ob und welches für den Betrieb ökologisch, ökonomisch und arbeitswirtschaftlich sinnvoll ist, muss einzelbetrieblich geklärt werden. Foto: C. Böhme/DeFAF

Durch den Anbau von Agroforstsystemen können nachhaltige und regionale Wertschöpfungsketten etabliert werden. Im Verbundprojekt „DigAForst“ werden wirtschaftliche Vorteile durch neue Geschäftsmodelle herausgearbeitet. Dieses Projekt in Niedersachsen ist auch für Schleswig-Holstein interessant.

Mit den Anpassungen der Bundesregierung und der Länder im Sommer 2023 an den Ökoregelungen (ÖR) haben Landwirte einen zusätzlichen kleinen Anreiz bekommen, Agroforstsysteme (AFS) auf landwirtschaftlichen Flächen anzubauen. Nach der ÖR 3 beträgt die Prämie für die Etablierung von Gehölzstreifen auf Ackerland 200 €/ha. Dieser Anreiz ist allein nicht ausreichend, um sich aus wirtschaftlichen Gründen für den Anbau von AFS zu entscheiden. Nachfolgende ökonomische Aspekte sind für den eigenen Betrieb zu evaluieren:

die langfristige Kapitalbindung durch mehrjährige Gehölze

die Erweiterung des Produktportfolios

die pflanzenbaulichen Interaktionen zwischen Gehölzen und Marktfrüchten und

der Einstieg in das Geschäft am Kohlenstoffmarkt

Im Laufe der nächsten Jahre werden diese Aspekte im Rahmen des Verbundprojekts „DigAForst“ mit Unterstützung von Praxispartnern aus Industrie und Landwirtschaft untersucht.

Kurzfristige Planung im Marktfruchtbau

Im einjährigen Marktfruchtbau erfolgt die ökonomische Bewertung mit Verfahren aus der Leistungs-Kosten-Rechnung (LKR). Sie dient der kurzfristigen Produktionsplanung und unterstellt einen kontinuierlichen Zahlungsstrom mit durchschnittlichen Kosten und Leistungen. Innerhalb der TKR gibt es die Teilkostenrechnung (TKR) und die Vollkostenrechnung (VKR).

Bei der TKR wird zwischen variablen (zum Beispiel Diesel und Saatgut) und fixen Kosten (zum Beispiel Maschinen und Gebäude) unterschieden. In einem mehrstufigen Verfahren werden bei der TKR den Erlösen eines Produktes (zum Beispiel Winterraps) zunächst die variablen und anschießend die Erzeugnisfixkosten gegengerechnet, um nachfolgend den Deckungsbeitrag I beziehungsweise den Deckungsbeitrag II zu kalkulieren. Die allgemeineren Fixkosten eines Betriebszweigs (zum Beispiel Ackerbau) und des Unternehmens werden zwei oder mehreren Produkten zugewiesen. Hieraus ergeben sich der Deckungsbeitrag III und der kalkulatorische Gewinn.

Im Gegensatz zur TKR wird bei der VKR zwischen Einzel- (zum Beispiel Düngemittel) und Gemeinkosten (zum Beispiel Maschinen) unterschieden. Während die Einzelkosten direkt einem Produkt zugeordnet werden, erfolgt die Zuordnung der Gemeinkosten über ein Schlüsselsystem. Die VKR weist im Unterschied zur TKR produktspezifische Stückkosten und Stückgewinne aus.

Langfristige Kapitalbindung bei Gehölzen

Beim Gehölzanbau werden die hohen Etablierungs- und Pflegekosten im ersten und zweiten Jahr erst zeitverzögert durch die Leistungen in den Folgejahren ausgeglichen. Der zeitliche Unterschied zwischen Kosten und Leistungen kann bei Gehölzsystemen zu einer längeren Kapitalbindung führen als im Marktfruchtanbau.

Die längere Kapitalbindung bei Gehölzen ist der wesentliche Grund, warum sich die LKR als Bewertungstool nicht eignet und die Verfahren der dynamischen Investitionsrechnung anzuwenden sind. Bei der Kapitalwertmethode werden alle künftigen Kosten und Leistungen mit einem Abzinsungssatz auf den Anfangszeitpunkt diskontiert. Bei der Annuitätenmethode erfolgt eine gleichmäßige Verteilung des Kapitalwertes über den Betrachtungszeitraum. Der interne Zinsfuß gibt die prozentuale Rendite der Investition an.

Erweiterung des Produktportfolios

Entsprechend der Portfoliotheorie sollte ein Anleger an der Börse nicht sein gesamtes Kapital in ein einziges Unternehmen investieren, sondern eine Diversifizierung über verschiedene Länder und Sektoren vornehmen. Bei der Planung von landwirtschaftlichen Betriebszweigen und Fruchtfolgen sollte ein ähnliches Prinzip gelten. Das Produktportfolio des Betriebs wird durch den Anbau von AFS um mindestens eine zusätzliche Kategorie (zum Beispiel Energieholz) erweitert. Sinken zum Beispiel die Preise für Körnermais und Winterraps, könnte der Preis für Agrarholz steigen und das landwirtschaftliche Einkommen stabilisieren (siehe Abbildung).

Wenn das Agrarholz nicht auf dem Markt verkauft wird, kann es in der eigenen Hackschnitzelheizung verfeuert werden. Je nach Wärmeleistung und Menge des verfügbaren Agrarholzes kann damit das Wohnhaus oder der Schweinestall beheizt werden. Teurere und zumeist fossile Brennstoffe können dadurch eingespart werden.

Pflanzenbauliche Interaktionen

Der Anbau eines gemischten Systems wie AFS ist aus wirtschaftlichen Gründen nur dann zu bevorzugen, wenn durch den kombinierten Anbau von Gehölzen und Marktfrüchten ein höherer Gewinn erzielt wird als durch den getrennten Anbau auf zwei Flächen. Der AFS-Anbau kann eine Reihe positiver Auswirkungen auf die Umwelt haben (zum Beispiel Humusanreicherung und erhöhte Artenvielfalt). Der wirtschaftliche Nutzen lässt sich nur schwer messen, wenn keine direkten Auswirkungen von Gehölzen auf die Ertragsbildung von Marktfrüchten bestehen.

Ertragssteigernde Effekte wie zum Beispiel Wind- und Erosionsschutz durch Gehölzstreifen auf Marktfrüchte sind tendenziell höher in der Mitte des Feldes. Demgegenüber können sich ertragsmindernde Effekte wie Wasser-, Nährstoff- und Lichtkonkurrenz stärker auf die Marktfrüchte entlang der Gehölzstreifen auswirken. Diese positiven und negativen Effekte sind nicht generalisierbar, sondern hängen wesentlich von einer Vielzahl von Parametern wie der gewählten Marktfrucht, der Exposition des Feldes oder der Flächengröße ab.

Einstieg in den Kohlenstoffmarkt

In den vergangenen Jahren sind der Begriff des Klimalandwirts und die damit einhergehen Verdienstmöglichkeiten zunehmend in die Diskussion gerückt. Zur Förderung des Bodenkohlenstoffs auf landwirtschaftlichen Flächen hat das Europäische Parlament im Frühjahr 2024 eine aktualisierte Verordnung verabschiedet, die für Landwirtschaft und Unternehmen einen freiwilligen Rahmen zur CO2-Zertifizierung bietet. In dieser Verordnung werden vier Kriterien definiert. Ausgewählte Maßnahmen zur Kohlenstoffbindung müssen

eindeutig quantifizierbar sein

eine Zusätzlichkeit gegenüber gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen ausweisen

eine langfristige CO2-Speicherung gewährleisten und

einen positiven ökologischen Nebeneffekt aufweisen

Seit einigen Jahren schaffen auf dem europäischen Markt unter anderem kleinere Start-ups (zum Beispiel Klim, CarboCert und Agreena) eine Verbundstruktur zwischen Landwirtschaft und Unternehmen und vermitteln Ausgleichszahlungen für die CO2-Bindung. Die Schwerpunkte der Vermittler variieren zwischen verschiedenen Maßnahmen, zum Beispiel reduzierter Bodenbearbeitung, ganzjähriger Bodenbedeckung, erweiterten Fruchtfolgen oder Anpassung im Düngemanagement. Zusätzlich zu den einzelnen Maßnahmen ist deren Prämienhöhe zu prüfen und auch, inwiefern Leistungen durch AFS-Anbau vergütet werden.

Fazit

Das Projekt „DigAForst“ steht in seiner Kurzform für „Digitalisierung von Gehölzen in Agroforstsystemen (AFS) für eine nachhaltige, regionale Verwertung landwirtschaftlicher Produkte in der Agrarintensivregion Nordwestniedersachsen“. Projektstart von „DigAForst“ war am 1. Juli 2024, und es endet im Juni 2027. Das Ziel des Projekts ist es, mit KI-basierter Technik Bewirtschaftungsmaßnahmen für eine optimale stoffliche und energetische Verwertung zu identifizieren, um regionale Wertschöpfungsketten zu stärken.

Geleitet wird das Projekt am Standort Vechta vom Verbund Transformationsforschung agrar Niedersachsen (trafo:agrar). Weitere Partner sind die landwirtschaftlichen Betriebe Hof Schockemöhle (Lohne) und Hof Langsenkamp (Landkreis Osnabrück), das Start-up Nature Robots, die Holzmühle Westerkamp und die Hochschule Osnabrück.

Auf den Betrieben Schockemöhle und Langsenkamp werden neben schnell wachsenden Pappeln auch verschiedene Werthölzer gepflanzt. Die Vermessung der Gehölzbestände wird von Nature Robots mit KI- und Robotertechnik übernommen. Hierbei sollen der Landwirtschaft und der Holzindustrie der aktuelle Zustand der Gehölzstreifen aufgezeigt und optimale Erntezeitpunkte abgeleitet werden. Die Holzmühle Westerkamp wird die Pappelgehölze verwerten und die Eignung für innovative Holzprodukte prüfen. Die Hochschule Osnabrück nimmt während der Projektlaufzeit sowohl die ökonomische Bewertung als auch die Treibhausgasbilanzierung von AFS-Anbau und Holznutzung vor.

Finanziert wird das Projekt aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über das Förderprogramm Nachwachsende Rohstoffe.

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