„Dar kumt en Wind ut Norn, he weiht dær Heck un Dorn, he ei‘t dat Land, he streit dat Sand …“ – so beginnt das Gedicht „Anpusten“ des niederdeutschen Dichters Klaus Groth. Anlässlich seines 125. Todestages widmen ihm die Musemsinsel Lüttenheid in Heide und das Kieler Comic-Kollektiv Pure Fruit eine Comic-Ausstellung, die vergangenen Sonntag eröffnet wurde, sowie ein kostenloses Comic-Heft aus der Pure-Fruit-Reihe mit der Nummer 31.
Zwölf norddeutsche Zeichnerinnen und Zeichner, darunter auch „Werner“-Zeichner Rötger „Brösel“ Feldmann, erzählen in dem Comic-Heft aus dem Leben Groths und setzen eine Auswahl seiner Gedichte sowie Lebenssequenzen als Comic neu in Szene. Die Wahl der Erzählweise in Form eines Comics hat ihre Gründe: „Die wenigen historischen Bilder und Abbildungen, die es von Groth gibt, wurden für die Darstellung seines Lebens und Schaffens bereits vielfach verwendet. Mit den Zeichnungen können wir seine Lebensgeschichte und sein Werk neu interpretieren, ihn und sein Wirken 125 Jahre nach seinem Tod in einem veränderten Zeitgeist mit heutigen Sehgewohnheiten betrachten. Durch die Kombination der Zeichnungen mit Textauszügen, Zitaten und Gedichten im Original bietet sich die Möglichkeit, sich Groth aus einer anderen Perspektive zu nähern“, erklärt Zeichner und Grafiker Tim Eckhorst den Hintergrund.
Der Comic als Stilmittel des Erzählens kam in Heide schon in vergangenen Projekten zum Einsatz, zum Beispiel als Heide im Jahr 2020 150 Jahre Stadtrecht feierte, zum 200. Geburtstag von Klaus Groth 2019 oder zu Johannes Brahms, der ein enger Freund des Dichters war. „Was auch am Cover der beiden Heftausgaben zu erkennen ist, da beide Male derselbe Grafikstil verwendet wurde. Geschichtserzählung in Comicform hat sich hier in Heide bewährt“, sagt Museumsleiterin Dr. Melanie Greinert.
„Als wir gefragt wurden, ob wir ein Comic-Heft zur Lebensgeschichte von Klaus Groth machen möchten, haben wir gleich zugesagt. Weil sich seine Geschichte bestens dafür eignet zu zeigen, wie er und seine Arbeit neu interpretiert werden und wie verschieden grafisches Erzählen umgesetzt werden kann“, so Tim Eckhorst, der am Heftkonzept und dem Szenario beteiligt war. Zirka ein Jahr habe es gedauert von den ersten Gesprächen und Ideen bis zum fertigen Heft. Zunächst einmal hätten sich alle teilnehmenden Zeichnerinnen und Zeichner mit der Biografie und den Werken des Dichters auseinandergesetzt, viel recherchiert und gelesen. Dann ging es rund ein halbes Jahr lang ans Zeichnen, jeder in seiner eigenen Zeit und in seinem eigenen Stil. Die Erzählsequenzen wurden entsprechend den Comicstilen den Zeichnenden vorgeschlagen: „Eher heitere Szenen sind bunt und im Cartoonstil dargestellt, düstere Szenen eher in gedeckten Farben oder in Schwarz-Weiß“, erklärt Eckhorst. Alle Zeichnerinnen und Zeichner haben ehrenamtlich an dem Heft gearbeitet. „Groths Gedichte sind im Original wiedergegeben, die Dia- und Monologe basieren zum Teil auf Zitaten von Groth, sind aber frei interpretiert und im Sinne der erzählten Geschichte textlich erweitert. Dieses Heft ist also keine Zitatensammlung, keine lückenlose Biografie und kein wissenschaftliches Werk, sondern eine grafische Erzählung, bei der der Unterhaltungsaspekt im Vordergrund steht“, lautet ein Hinweis im Vorwort des Comic-Heftes.
Klaus Groth wurde am 24. April 1819 in Heide geboren und starb am 1. Juni 1899 in Kiel. Sein Anspruch war es, die plattdeutsche Sprache, die seinerzeit als Sprache der einfachen Leute galt, auf ein hohes literarisches und kulturelles Niveau zu heben, was ihm 1852 mit seinem Gedichtband „Quickborn“ gelang. Mit diesem Buch veränderte er nicht nur den Blick auf die niederdeutsche Sprache, sondern schuf einen sowohl bei der Landbevölkerung als auch in bürgerlich-akademischen Kreisen geschätzten und gewürdigten Bestseller, der ihn schlagartig berühmt machte. Ein weiterer Grund für die Wahl des Mediums Comic liegt in der Stadtgeschichte begründet, denn aus Heide stammen auch die Comic-Pioniere Rudolph und Gustav „Gus“ Dirks, die in den Vereinigten Staaten mit ihren Zeitungs-Comics zu weltweiter Berühmtheit gelangten.
Rudolph Dirks‘ 1897 erscheinende Comic-Reihe „The Katzenjammer Kids“ mit einem Sprachkauderwelsch aus Deutsch und Englisch verbreitete sich zunächst in den gesamten USA und in den darauffolgenden Jahrzehnten in mehr als 20 Ländern weltweit. Sie wird bis heute veröffentlicht. Gus Dirks war mit seinen Comic-Insekten aus Bugville ebenfalls populär, geriet aber nach seinem frühen Selbstmord schnell in Vergessenheit. Die Ausstellung auf der Museumsinsel Lüttenheid ist bis zum 12. Januar zu sehen und wird durch ein Rahmenprogramm ergänzt. Weitere Informationen unter museumsinsel.heide.de