Nur zwei Wochenenden nach den Luhmühlen Horse Trials und der Deutschen Meisterschaft (DM) traf sich Deutschlands Vielseitigkeitsnachwuchs erneut in der Heide, um die Meister in den Altersklassen Junioren (U 18) und Junge Reiter (U 21) zu ermitteln. Dabei hatten die Reiter aus dem Land zwischen den Meeren mehr als ein Wort mitzureden.
Bei den Jungen Reitern wurden die Karten vollkommen neu gemischt, denn das gesamte Podium von 2022 wechselte in diesem Jahr ins Seniorenlager. Nach der Dressur lag Ben Philipp Knaak aus Norderstedt mit Cocolares auf dem dritten Platz, doch im anspruchsvollen Gelände wurde das Ranking noch einmal komplett durcheinandergemischt. Für Knaak lief es noch ganz gut. Er kam zwar ohne Hindernisfehler ins Ziel, verbrauchte aber etwas zu viel Zeit. Damit rutschte er auf Rang sieben zurück.
Ebenfalls am Start waren Kaya Thomsen und Tom Nikolas Körner. Thomsen verbesserte im Gelände ihre Ausgangslage und ging als vierte Reiterin in das abschließende Springen, das sie als eine von dreien fehlerfrei und mit der schnellsten Zeit beendete. So holte sich die Tochter des Bundestrainers Peter Thomsen aus Großenwiehe, Kreis Schleswig-Flensburg, den Meistertitel bei den Jungen Reitern.
Thomsen ist auszubildende Pferdewirtin beim Deutschen Olympiade-Komitee für Reiterei (DOKR) in Warendorf. Die 20-Jährige sagte strahlend über ihr Pferd Cool Charly Blue: „Er hat sich von Anfang an von seiner besten Seite gezeigt. Es fing an mit einer sehr guten Dressur, einem megaguten Gelände und jetzt ist er wieder gesprungen wie ein Weltstar. Ich bin einfach nur happy.“
Schwieriges Gelände
Schon 2020 war Kaya Thomsen Dritte bei der Junioren-DM, jetzt folgte der erste Titel, übrigens nicht nur für sie selbst. „Ich habe mal Silber und Bronze gewonnen, war mal Mannschaftsmeister und habe Championatsmedaillen, aber Meister war ich nie und meine Frau auch nicht. Insofern freue ich mich, dass es jetzt mal geklappt hat“, sagte Peter Thomsen. „Überraschung und Freude sind groß. Eine Medaille war das Ziel, aber dass es Gold wird, da muss man auch den richtigen Moment erwischen, daher freut mich das riesig.“
Ebenfalls mit einem fehlerfreien Springen erritt sich Pia Schmülling aus Niedersachsen die Silbermedaille. Hinter der Drittplatzierten Carla Hanser aus Baden-Württemberg reihte sich Ben Philipp Knaak ein. Ein Zeitfehler im Parcours kostete ihn die Medaille. Tom Nikolas Körner kam auf einen guten achten Platz.
Während die DM der Jungen Reiter mit nur 19 Paaren besetzt war, starteten bei den Junioren 35. Nicht in Luhmühlen dabei war Mathies Rüder, der in Kürze einen Trainingsaufenthalt in England plant. Ihn vertraten Neel Friedrich Dehn, Mia Großler, Justina Charlotte Hayessen und Samantha Josephine Schade. Auch der aus Eckernförde stammende, aber inzwischen in Niedersachsen lebende Matti Garlichs war am Start. Für Hamburg reiste außerdem noch Ella Krueger an.
Doch vor allem für die Junioren hatte das Gelände zu viele Klippen parat. Von den 35 Paaren gaben 13 auf oder schieden aus unterschiedlichen Gründen aus. Dem gegenüber standen 14 Paare, die ohne Hindernisfehler ins Ziel galoppierten, davon zehn in der erlaubten Zeit. Dazu gehörten Ella Krueger, Neel Friedrich Dehn, Justina Charlotte Hayessen und Matti Garlichs. Letzterer lag nach Dressur und Gelände auf Platz vier.
Hatte sich schon der Geländeritt als selektiv erwiesen, überschlugen sich auch im abschließenden Parcours noch einmal die Ereignisse. So wurde die als Fünfte ins Springen gestartete Emely Kurbel aus Hessen die neue Deutsche Meisterin der Junioren. „Es kam jetzt doch ein bisschen plötzlich“, sagte die 18-jährige Abiturientin.
Aus Fehlern lernen
Ähnliches galt für Matti Garlichs mit seinem Pferd Ludwig. Auch dieses Paar blieb im Parcours ohne Abwurf, war jedoch 1 s zu langsam. Dies bedeutete am Ende 31,4 Minuspunkte und damit ein Zehntel Abstand auf Gold. „Ich freue mich trotzdem sehr über die Silbermedaille“, sagte der 16-Jährige. „Vor dem Wochenende habe ich damit nicht gerechnet. Ich hatte schon vor, hier gut mitzureiten. Mit der Dressur war ich zufrieden, aber das Gelände war schon echt schwer. Deswegen wollten wir erst mal schauen, wie das funktioniert. Ludwig hat alle drei Tage alles gegeben und war supertoll, daher bin ich jetzt sehr stolz.“
Beste Schleswig-Holsteinerin wurde Justina Charlotte Hayessen auf dem neunten Platz, Neel Friedrich Dehn kam auf den 13. Platz. Ella Krueger lag abschließend auf Rang elf. „Es gab im Gelände nicht eine einzelne große Klippe, vielmehr haben sich die Fehler über den ganzen Kurs verteilt“, sagte Nachwuchsbundestrainer Frank Ostholt. „Die Kurse waren schon sehr anspruchsvoll. Aber es handelt sich eben auch um eine Deutsche Meisterschaft, also Jugendspitzensport. Man merkt natürlich, dass die Starterfelder hier nicht so homogen sind wie beim Preis der Besten. Sicherlich wird der eine oder andere enttäuscht sein, wenn es heute nicht so funktioniert hat, aber ein Fehler kann jedem einmal passieren. Wichtig ist, sich davon nicht frustrieren zu lassen, sondern es als Motivation zu verstehen, besser zu werden und daraus zu lernen.“
Philine Ganders-Meyer, Vielseitigkeitskoordinatorin des DOKR, sagte: „Wir sind vom Ergebnis auch etwas überrascht und enttäuscht. So etwas wünschen wir uns natürlich nicht. Wir werden jetzt gemeinsam mit der AG Nachwuchs und den Bundes- und Landestrainern überlegen, was wir optimieren können. Wir brauchen die Selektion, aber wir brauchen auch die Breite und müssen den ‚Neuen‘ im Sport eine Chance geben.“ fn