StartNachrichtenAgrarpolitikJede Stimme hat ihren Preis

Jede Stimme hat ihren Preis

Grüne zeigen der neuen schwarz-roten Koalition lehrbuchreife Verhandlungstaktik und passieren kann, wenn der Schwanz mit dem Hund wackelt.
Von Mechthilde Becker-Weigel
In der 214. Sitzung des Bundestages am 18. März wurde im Anschluss an die Debatte über die Änderung des Grundgesetzes zur Schuldenbremse abgestimmt. Foto: Imago

Die Bundestagsabstimmung zur Verfassungsänderung und damit zum Finanzpaket ist historisch. Der neue Bundestag ist schon gewählt, aber in bisheriger Zusammensetzung wurde am Dienstag rund 1  Bio. € für Verteidigung und Infrastruktur abgesegnet. Im Grundgesetz soll die Einrichtung eines Sondervermögens in Höhe von 500  Mrd.  € „für zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur und für zusätzliche Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045“ ermöglicht werden.

Wird damit die Klimaneutralität bis 2045 als Staatsziel in die Verfassung geschrieben? Die Formulierung sorgt für Wirbel. Verfassungsund Umweltrechtler geben eine Einordnung, die Formulierung sei nur eine neue finanzrechtliche Vorschrift. Für das Sondervermögen Infrastruktur werde geklärt, dass ein Teil der Mittel für Klimaschutz verwendet werden müsse und somit zweckgebunden sei. Zu einem verbindlichen Staatsziel werde die Klimaneutralität bis 2045 damit nicht. Dennoch ist diese letzte Entscheidung des Bundestags der 20. Wahlperiode zum Schluss noch ein ganz großer Erfolg der Grünen, die nicht Teil der kommenden Bundesregierung sein werden. Auf den letzten Drücker und im Schatten der Schuldendebatte haben sie es geschafft, ein konkretes grünes Politikziel bei der neuen Regierung zu positionieren und zu verankern.

Nach dem Motto „Jede Stimme hat ihren Preis“ wurden mit lehrbuchreifer Verhandlungstaktik Union und SPD Zugeständnisse in der Klimapolitik abgerungen, die zuvor in der Ampel-Koalition nicht möglich waren. Es war ein tiefer Blick in den Abgrund für Kanzlerkandidat und Wahlsieger Friedrich Merz (CDU), die Sorge vor einem abschlägigen Abstimmungsverhalten der Grünen war alarmierend. Die nächste Hürde steht Merz und seinem bayerischen CoKanzler Markus Söder (CSU) am Freitag bevor. Für die geplante Grundgesetzänderung muss der Bundesrat zustimmen, auch hier kommt es auf die Stimmen grün mitregierten Länder an. Den bislang erzielten Erfolg werden die Verhandlungsführer der Grünen nicht mehr riskieren wollen. Damit erhält eine kommende schwarz-rote Regierung einen grünen Grundton und die künftigen Koalitionspartner haben gesehen, was passieren kann, wenn der Schwanz mit dem Hund wackelt. Mechthilde Becker-Weigel

WEITERE ARTIKEL
- Anzeige -
- Anzeige -

Meistgeklickt