Der Herbst ist die ideale Pflanzzeit. Der Boden ist vom Sommer wachstumsfreundlich angewärmt, geringe Verdunstung in den folgenden kühlen Monaten und oft regelmäßiger Niederschlag bieten im Herbst gepflanzten Gehölzen einen idealen Start. Daran erinnerte die Präsidentin der Landwirtschaftskammer (LKSH), Ute Volquardsen, bei einem Termin in der Baumschule Heydorn Söhne in Klein Nordende. Das Unternehmen hat sich mit anderen auf den Weg gemacht, Torf zu reduzieren.
„Wir Betriebe suchen ja immer nach Lösungen“, sagte Geschäftsführer Niels Heydorn. Dabei zeigen sich schon viele Erfolge. Ein vollständiger Verzicht auf Torf ist derzeit jedoch schwer vorstellbar, wenn die Qualität der Pflanzen nicht leiden soll. In den vergangenen Jahren stiegen die Anforderungen im Umweltschutz, und nachhaltige Wirtschaftsweisen bekommen zunehmende Bedeutung.
Dabei wird auch die Basis eines gesunden Wachstums, der Boden beziehungsweise das Substrat, zunehmend ins Blickfeld genommen. Gerade bei der Kultur in Containern (Töpfen ab 2 l) muss das Substrat wichtige Anforderungen erfüllen. Es soll über die Standzeit der Gehölze möglichst stabil sein, die Versorgung mit Wasser und Nährstoffen sichern, den Wurzeln ausreichend Luft bieten und überschüssiges Wasser gut ableiten. Diese Anforderungen erfüllt Torf ideal, deshalb wurde er viele Jahrzehnte eingesetzt.
In Torf ist aber auch viel Kohlenstoff gebunden, und beim Abbau und in der Pflanzenproduktion wird dieser freigesetzt. Im Rahmen der Klimawandeldiskussion will man diese Effekte begrenzen und sucht nach Alternativen zu Torf. Dabei erinnert manches an Gärtner früherer Jahrhunderte: Damals hatte jeder Kultivateur für jede Pflanzenart eine besondere Erdmischung. Heutzutage ist die Auswahl der Rohstoffe viel größer als in der Vergangenheit. Aber es gilt noch immer, dass es das Einheitsrezept ohne Torf nicht gibt.
Damit lässt sich Torf reduzieren
Grünkompost, Rindenhumus, Holzfasern, Kokosfaser und -mark bilden die Hauptbestandteile aktueller Substratrezepte mit weniger Torf.
Die Qualität von Kompost ist stark abhängig von den Inputstoffen. Er hat (zu) hohe Nährstoffgehalte, ist stark belebt, hat ein hohes Volumengewicht, aber eine geringe Luft- und Wasserkapazität. Ein hoher pH-Wert und Salzgehalt und häufig hohe Na- und Cl-Gehalte setzen Grenzen der verwendbaren Menge.
Rindenhumus hat eine puffernde Wirkung auf die Bodenchemie, besitzt ebenfalls hohe Nährstoffgehalte, ist stark belebt. Genau wie Kompost hat er ein hohes Volumengewicht und eine geringe Luft- und Wasserkapazität.
Holzfasern werden meist aus entrindeten Hackschnitzeln durch Druck und Hitze hergestellt. Sie bringen einen niedrigen Nährstoff- und Salzgehalt und ein geringes Volumengewicht mit und sind unkrautfrei. Das macht sie zu guten Substraten für Gehölze. Allerdings haben sie auch eine hohe Luft- und geringe Wasserkapazität, was eine häufigere Bewässerung nach sich zieht. Außerdem wird während der Standzeit im Topf bei der schnellen Zersetzung der Fasern Stickstoff gebunden, welcher dann den Pflanzen fehlt. Die schnelle Zersetzung der Holzfasern führe auch zur stärkeren Sackung des Substrats im Topf, beobachtet Gartenbau-Ingenieur Hendrik Averdieck aus dem Gartenbauzentrum der Landwirtschaftskammer.
Kokosfaser und -mark weisen eine hohe Strukturstabilität auf. Hohe Kalium-, Natrium-, Chlorid- und Salzgehalte müssen beachtet werden. Eine geringe N-Immobilisierung, geringes Volumengewicht, eine hohe Luft- und Wasserkapazität und gute Wiederbenetzbarkeit empfehlen Kokosprodukte als Substrat. Allerdings sind die fernen Herkunftsgebiete und damit langen Transportwege ein Diskussionsthema.
Chinaschilf-Häcksel (Miscanthus) ist relativ neu in der Rohstoffpalette. Das grobe Material sorgt für eine gute Struktur und Durchlüftung, hält aber wenig Wasser im Substrat.
Daneben gibt es eine Vielzahl weiterer möglicher Stoffe mit einer bisher nur geringen wirtschaftlichen Bedeutung. Bei fast allen Ersatzstoffen ist die verfügbare Menge in ausreichender, besser guter Qualität begrenzt. Konkurrenz durch andere Verwendungsalternativen, zum Beispiel Holz als Baumaterial oder Brennstoff, bestimmen den Preis mit.
LKSH und Betriebe suchen nach Lösungen
Die LKSH untersucht mit engagierten Baumschulen diese und weitere Alternativen zum Torf mit dem Ziel, dessen Anteil im Substrat möglichst stark zu reduzieren. Dabei zeigt sich, dass sowohl die Standzeit im Container als auch die Pflanzenart unterschiedliche Substratrezepte notwendig machen. Kurze Topfzeiten stellen geringere Ansprüche an die Strukturstabilität als mehrjährige Kulturen. Einige Arten reagieren empfindlich auf hohe Salzgehalte oder schwankende pH-Werte.
Traditionsreiches Baumschulgebiet
Die Baumschulen haben in Schleswig-Holstein und insbesondere im Pinneberger Baumschulland eine besondere Bedeutung: 2021 bewirtschafteten in Schleswig-Holstein nach Erhebungen des Statistikamtes Nord insgesamt 224 Betriebe eine Baumschulfläche von 3.006 ha. Mit 2.617 ha konzentrieren sich 87 % der gesamten Baumschulfläche Schleswig-Holsteins im Kreis Pinneberg.
In den vergangenen Jahrzehnten hat die Produktion von Gehölzen in Töpfen immer mehr zugenommen. Die Containerfläche im Freiland beläuft sich auf 231 ha, dazu kommen knapp 55 ha in Gewächshäusern. Gehölze in Containern können fast das ganze Jahr über gepflanzt werden und wachsen sicher an.
Fazit
Allen Ersatzstoffen für Torf gemeinsam ist, dass der Baumschuler erst neue Erfahrung mit ihnen aufbauen muss. Bewässerung und Düngung müssen in der Regel an die Substratzusammensetzung angepasst werden. Das Substrat muss öfter auf die Nährstoffgehalte geprüft, die Pflanzenentwicklung engmaschig begleitet werden. Baumschulmeisterin Andrea Köhncke aus der Baumschule Heydorn verweist darauf, dass insbesondere die Pflanzenbewässerung in der Regel häufiger und individueller erfolgen muss. Wer diesen erhöhten Aufwand nicht scheut, kann bei vielen Kulturen 40 bis 60 % des bisher verwendeten Torfes durch eine ausgewogene Mischung der Alternativen ersetzen. Für größere Container liegt die „Schallmauer“ derzeit bei etwa 50 % Torfersatz. Noch nicht gelöst sind Probleme bei einigen Spezialkulturen wie zum Beispiel Rhododendron, Heidelbeeren und Heidepflanzen. Die Möglichkeiten und Grenzen werden zusammen mit den Baumschulern erarbeitet, veröffentlicht und auf Veranstaltungen diskutiert. Neben den Baumschulern müssen auch die Abnehmer und Verwender auf diesem Weg mitgenommen werden. Ein höheres Substratgewicht (Kompost, Rindenhumus) bedeutet höheren Transportaufwand, eine notwendige Anpassung der Düngung (Holzfaser) oder Bewässerung muss eventuell auch der Abnehmer berücksichtigen.
Betriebsspiegel Baumschule Heydorn Söhne GmbH & Co. KG
Gründung: 1957
Standorte: Hauptbetrieb in Klein Nordende, Zweigbetrieb in Alveslohe
Mitarbeitende:
neun Auszubildende, 20 Festangestellte, bis zu zwölf Saisonkräfte
Kulturen:
breit gestreutes Sortiment, bestehend aus Wildgehölzen und Ziersträuchern im Freiland und im Container, Bodendeckern, Stauden, Heckenpflanzen, Formgehölzen, Alleebäumen. Straßenbäume laufen derzeit sehr gut.
Flächen:
70 ha arrondierte Baumschule mit kurzen Wegen in Klein Nordende, davon 10 ha Containerfläche, 25 ha im Zweigbetrieb in Alveslohe
Vertriebswege:
Großhandel, weiterkultivierende Baumschulen, Garten- und Landschaftsbaubetriebe
2017 als Ausbildungsbetrieb des Jahres geehrt