StartNachrichtenTierHarmonie von Mensch, Tier und Technik

Harmonie von Mensch, Tier und Technik

Rinder aktuell: Landesmelkwettbewerb in Futterkamp
Von Isa-Maria Kuhn, Landwirtschaftskammer SH
Herdenmanager Sönke Huuck, die Teilnehmer Sven Schramm, Jan Henrik Wulf, Lia-Rieke Peters, Lena Wolter, Richter Andreas Petersen und Alfred Stender als Vorsitzender des Vereins Ehemaliger und Förderer Futterkamp sowie Chef der Bewertungskommission (v. li.). Fotos: Isa-Maria Kuhn

Melken kann doch nicht so schwer sein, mag sich der Laie denken. Beim Bundeswettbewerb Melken, der im zweijährigen Turnus an unterschiedlichen Standorten durchgeführt wird, werden drei Disziplinen bewertet. Wie jede andere Fertigkeit oder jedes andere Handwerk ist es eben nicht so einfach wie vermutet. Drei Auszubildende aus dem Norden verstehen eine Menge davon. Sie haben sich beim Landesentscheid im Lehr- und Versuchszentrum in Futterkamp (LVZ) dafür qualifiziert.

Diese drei Disziplinen gilt es beim Vorentscheid und dem Bundeswettbewerb zu bewältigen:

die praktische Melkarbeit in Anwendung unterschiedlicher Melksysteme

einen Test auf Eutergesundheit (Milchzelltest)

die theoretische Abfrage von Fachkenntnissen zur Milchproduktion

Ziel der Veranstaltung ist es, die überbetriebliche Ausbildung auf dem Gebiet des Melkens sowie die Verbraucherakzeptanz für die Qualitätsmilcherzeugung und das Image der Landwirtschaft zu fördern. Im Vordergrund stehen dabei Hygiene und Tierwohl beim Melken.

Für die besten Schleswig-Holsteiner geht es vom 23. bis 27. April in die Lehr- und Versuchsanstalt für Viehhaltung Hofgut Neumühle in Rheinland-Pfalz. Die vorderen drei Plätze belegen nach dem Wettbewerb in Futterkamp: Lena Wolter aus Sehlendorf, Sven Schramm aus Wanderup und Lia-Rieke Peters aus Nahe.

Wettbewerb zum 37. Mal

Um dem Melken als wesentlichem Arbeitsprozess mehr Bedeutung vor allem bei den Nachwuchskräften beizumessen, wurde bereits 1951 der DLG-Bundeswettbewerb Melken ins Leben gerufen und besteht nun schon seit über 60 Jahren im zweijährigen Turnus. Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert.

Jeweils sechs Kühe mussten pro Teilnehmer im Doppel-12er Side-by-Side gemolken werden.

Praktisch bedeutet gutes Melken: Es muss das Zusammenspiel zwischen Mensch, Tier und Technik stimmen. Schon mit dem ersten ruhigen Kontakt zur Kuh, bei dem der aufgelegte Handrücken dem Tier signalisiert „Hallo, es geht los“, fängt es an. In der Ruhe liege generell beim Umgang mit Milchvieh die Kraft, so Futterkamps Herdenmanager Sönke Huuck, langjähriges Mitglied in der DLG-Fachkommission Bundeswettbewerb Melken. So sei etwa Herumbrüllen im Melkstand ein Unding. Schmerzen und Stress gelte es selbstverständlich zu vermeiden, dann fließe die Milch auch.

Dank der Vorbereitung durch die Mitarbeiter des LVZ haben die Kühe alles wunderbar verkraftet, so die Bilanz nach zwei Tagen Wettbewerb mit fremden Menschen im Melkstand.

Milch bringt 40 Prozent des ​Umsatzes

Die Abschlussfeier eröffnete LVZ-Leiter Claus-Peter Boyens. Er ging auf die Bedeutung und die Herausforderungen ein, vor denen die Milchviehhaltung aktuell steht. Auf der einen Seite seien da die zunehmenden gesetzlichen Vorgaben, Stichwort Endo-SH, sowie die gesellschaftlich berechtigten Forderungen im Bereich des Tierwohls. Auf der anderen Seite müsse die Milchviehhaltung aber auch arbeitswirtschaftlich und betriebswirtschaftlich attraktiv bleiben, um jungen Menschen wie den Teilnehmern eine Perspektive zu bieten. Hier nannte er als Stichwort die massiven Schwankungen des Milchpreises.

Sönke Huuck erklärt die Regeln des Wettbewerbs.
Probemelken im Doppel-12er Side-by-Side. Beim eigentlichen Wettkampf sind keine Zuschauer und Fotos zugelassen.

Rund 40 % des Gesamtumsatzes des schleswig-holsteinischen landwirtschaftlichen Produktionswertes seien allein auf die Milchviehhaltung zurückzuführen, hob Boyens hervor. Die Landwirtschaft im Allgemeinen und die Milchviehhaltung im Speziellen seien somit der Motor für viele Arbeitsplätze im vor- oder nachgelagerten Bereich und damit ein wesentlicher Eckpfeiler für Zukunftsfähigkeit des ländlichen Raums. „Sie werden zukünftig – in welcher Funktion auch immer – ein Teil dieses Motors sein“, sprach er die Wettbewerbsteilnehmer an. „Ich würde mich daher freuen, wenn Sie jede Chance nutzen, den Menschen vor Ort Landwirtschaft und insbesondere die Tierhaltung näherzubringen und zu erklären. Es lohnt sich! Denn Tierhaltung ist nach wie vor etwas zum Erleben, zum Anfassen und zum Begreifen.“

Darum, Öffentlichkeitsarbeiter für die Betriebe zu sein, bat auch Alfred Stender, der bei der kleinen Feierstunde die Urkunden und Preise übergab. Der Landwirt und Vorsitzende des Vereins Ehemaliger und Förderer Futterkamp bemerkte: „Ihr stellt uns Landwirte mit einem hohen Wissen dar. Das ist wichtig, weil wir zu oft zu Unrecht in die Kritik geraten.“

Ein Wermutstropfen beim gelungenen Landesentscheid war, dass die Betriebe heute aufgrund der Arbeitsverdichtung größere Schwierigkeiten haben, ihre Auszubildenden mehrere Tage zu entbehren, und so sanken in der Vergangenheit die Teilnehmerzahlen. Eine Frage der Zukunft wird sicherlich auch sein, wie man im Wettbewerb mit dem Thema automatische Melksysteme umgeht.

Ein Drittel der Arbeitszeit fürs Melken

Siegerin Lena Wolter freut sich über die Urkunde und ein vom Verein Ehemaliger und Förderer Futterkamp gefülltes Spar„schwein“, hier überreicht von Alfred Stender.

Zwischen den Betrieben sind, so weiß es die Auswertung von Hannah Lehrke, Referentin für Rinderhaltung bei der Landwirtschaftskammer, deutliche Unterschiede zu finden. Die 25 % ökonomisch stärker optimierten Betriebe halten aktuell im Durchschnitt mehr Tiere (+57,1 Tiere), melken mehr Milch (+625 kg ECM) und erreichen mit 17.546 kg ECM eine deutlich höhere Leistung pro Hektar Hauptfutterfläche (+2.779 kg). Dabei wird der Unterschied, der sich bereits aus der Milchleistung der Betriebe ergibt, über die Jahre größer.

Das Melken spielt dabei, trotz hoch entwickelter Technik, mit einem Zeitaufwand von mehr als 30 % eine besondere Rolle in der Milcherzeugung. Der wesentliche Faktor für eine schnelle, hygienische und effiziente Melkarbeit ist, neben Technik und Arbeitsorganisation, der Mensch.

Ähnlich bewertet das die DLG als Ausrichter des Traditionswettbewerbes. „Die Melkroutine beeinflusst wesentlich die Tiergesundheit, die Milchqualität und letztlich die Wirtschaftlichkeit.“ Weiter heißt es: „Eine ausgereifte Melkroutine beinhaltet optimales Zeitmanagement und einen ruhigen Umgang mit den Tieren. Melkarbeit und übriges Stallmanagement sind eng verzahnt: Eine gut ausgeführte Boxenpflege hält die Euter sauber, bringt weniger Reinigungsaufwand mit sich und trägt wesentlich zur Melkhygiene bei. So wird ein großer Beitrag zum Wohlbefinden von Mensch und Tier geleistet.“

Fazit

Von der Organisation über die Kühe bis zu den Rahmenbedingungen hat alles gepasst. Der Wettbewerb in Futterkamp zum Bundesentscheid konnte reibungslos stattfinden. Das ist dem Team um Herdenmanager Sönke Huuck zu verdanken, das in den vergangenen Wochen viel Zeit in den Ablauf investiert hat. Mit Lena Wolter, Sven Schramm und Lia-Rieke Peters vertreten drei sympathische und engagierte junge Menschen das Land zwischen den Meeren beim Bundesentscheid. Die Veranstaltung in wenigen Tagen wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert.

WEITERE ARTIKEL
- Anzeige -
- Anzeige -

Meistgeklickt