Das Fuchsbraune Torfmoos ist nach Schleswig-Holstein zurückgekehrt – ein toller Erfolg für den Naturschutz! Die Wiedervernässungsbemühungen im Land zeigen Wirkung. Das freut alle Naturliebhaber – wahrscheinlich also auch die meisten Landwirte. Bei denjenigen, die in einem Niederungsgebiet wirtschaften, bilden sich mitunter jedoch Sorgenfalten auf der Stirn. Sie fürchten um den Fortbestand ihrer Betriebe. Erst im vergangenen Herbst hat die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein angekündigt, bis 2030 weitere 8.000 ha zu erwerben, um dort Renaturierungsmaßnahmen durchzuführen. Intensive Milchwirtschaft ist auf diesen Flächen dann nicht mehr möglich.
Es ist mitnichten so, dass dann Wertschöpfung verloren ginge. Sie wird jedoch von den Höfen auf die Ausgleichsagentur Schleswig-Holstein GmbH überführt, deren alleinige Mutter die Stiftung ist. Die Agentur verkauft sogenannte MoorFutures. Momentan bezahlen deren Käufer 74 € je eingesparter Tonne CO2. Aufgrund der steigenden CO2-Steuer wird sich dieser Preis zukünftig noch deutlich erhöhen. Am Beispiel des erfolgreich wiedervernässten Grotmoores im Kreis Segeberg, wo laut Stiftung auf 73 ha Fläche jährlich mehr als 700 t CO2 eingespart werden, liegt der Deckungsbeitrag schon jetzt deutlich höher als 700 €/ha – wohlgemerkt bei null Arbeitsaufwand und maximaler „Ertragsstabilität“.
Auch Landwirte können wirtschaftlich von den Aktivitäten der Stiftung profitieren, indem sie Vernässungs- beziehungsweise Nutzungsrechte für einen Zeitraum von 30 Jahren (mit Verlängerungsoption) verkaufen. Somit könnten doch alle Beteiligten zufrieden sein?!
Die Situation ist natürlich deutlich komplexer: Großflächige Wiedervernässungsmaßnahmen bedeuten maßgebliche Einschnitte in die Agrarstruktur und die Kulturlandschaft im ländlichen Raum. Wohin gehen die Menschen, wenn die Agrarwirtschaft schwindet und mit ihr die Arbeitsplätze? Was passiert mit den Etats der Kommunen, wenn die Gewerbesteuereinnahmen einbrechen? Und wollen wir unsere Lebensmittel wirklich zunehmend importieren, obwohl Schleswig-Holstein als Gunststandort sehr klimaeffizient produzieren kann? Jüngst hat Deutschland das größte Agrarhandelsdefizit aller Zeiten eingefahren. Aufgrund von Verlagerungseffekten kann der globale Klimanutzen durch Wiedernässungsmaßnahmen in Schleswig-Holstein mehr als infrage gestellt werden. Klimaschutz geht nur global!
Die Niederungsstrategie 2100 soll zukünftig die Richtung in Sachen Wiedervernässung in Schleswig-Holstein vorgeben. Anfang 2024 will die Landesregierung das Papier vorstellen. Bis dahin gilt es, die verschiedenen Interessen abzuwägen und kluge Lösungen zu finden. Fundament für die konstruktive Zusammenarbeit ist das politische Versprechen, dass keine Wiedervernässung gegen den Willen der Landeigentümer passiere. Wichtige Werkzeuge könnten Flurbereinigungsverfahren und Flächentausch sein. Hierfür sollten sich alle Beteiligten offen zeigen. Die Landwirte zumindest sind es.