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Gravert GbR in Lindau ausgezeichnet

Rinder aktuell: Preis für beispielhafte Leistungen in der Tierhaltung, Teil 1
Von Isa-Maria Kuhn , Dr. Imme Dittrich, Landwirtschaftskammer SH
Max, Steffi mit Michel auf dem Arm, Marilen, Milla, Svenja, Hannah, Arno, Timo, Hannes, Linus, Heike und Otto Gravert mit Präsidentin Ute Volquardsen (v. li.). Fotos: Isa-Maria Kuhn

Die Kammer vergibt seit Jahrzehnten den Ehrenpreis für züchterische Leistungen, seit einigen Jahren für Innovationen und beispielhafte Tierhaltung. Im Folgenden wird einer der diesjährigen Preisträger vorgestellt, die Gravert GbR in Lindau im Kreis Rendsburg-Eckernförde.

Vorgaben von Gesellschaft und Politik, aber auch die Krisen der vergangenen Jahre schaffen immer wieder neue Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Das betrifft vor allem die Tierhaltung. Wie viele andere Wirtschaftszweige hat die Landwirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten viele Veränderungsprozesse durchlebt.

Die Präsidentin der Landwirtschaftskammer (LKSH), Ute Volquardsen, hat zwei Betriebe ausgezeichnet, die den Wandel erfolgreich bestritten haben. Sie besuchte Anfang Juli den Milchviehbetrieb Gravert GbR und den Zuchtbetrieb seltener Rauwolliger Pommerscher Landschafe Hardy Marienfeld in Blunk im Kreis Segeberg. Beiden wurde in feierlichem Rahmen der Ehrenpreis der LKSH für beispielhafte Tierhaltung übergeben.

Timo Gravert mit einer der Seniorinnen, „Ralli 253“, im Stall

Mut haben, Neues zu wagen

„Aus Jahrhunderten stetiger Anpassung und des Wandels kann eines mit Fug und Recht festgehalten werden: Landwirtinnen und Landwirte sind Profis darin, Ideen zu entwickeln und neue Wege zu gehen“, sagte Volquardsen. „Wissenschaft, Forschung und Beratung tragen natürlich zum Entwicklungsprozess landwirtschaftlicher Neuerungen aktiv bei. Aber der Ursprung vieler Ideen entfaltet sich oft auf den landwirtschaftlichen Betrieben, meistens in Form eines Prototyps. Wir Landwirtinnen und Landwirte schrauben, tüfteln und grübeln so lange, bis wir eine Lösung für fast jedes auftretende Problem gefunden haben.“

Aber Kreativität allein schaffe keine Veränderung. Der Mut, Neues zu wagen, die Hingabe und Ausdauer seien es, die aus einer Idee eine in der Praxis anwendbare und in der Gesellschaft akzeptierte Neuerung machten. Wahrscheinlich sei es dieser eine Grundsatz, der neue Ideen hervorbringe und auf Betrieben von einer Generation zur anderen weitergegeben werde: „Geht nicht gibt es nicht!“

Die ausgezeichneten Betriebe seien sehr unterschiedlich, aber es verbinde sie die Hingabe für ihre Tiere. Beide zeigten, dass bereits kleine Maßnahmen große Wirkung erzielen könnten, sagte Volquardsen bei der Verleihung des schweren Bronzetellers und der Urkunde. Der Preis wird von der LKSH seit Jahrzehnten einmal im Jahr vergeben und ist dieses Jahr im Design generalüberholt worden.

Die Gravert GbR melkt seit 2015 mit vier Robotern, was zu deutlicher Entlastung bei den täglichen Routinen geführt hat.

Geht’s dem Menschen gut, geht’s der Kuh gut

Seit 1929 bewirtschaftet die Familie den Betrieb und hat ihn über die vergangenen Jahrzehnte in mehreren Wachstumsschritten stetig weiterentwickelt. Aktuell sind das 280 Rinder plus Nachzucht, rund 650 ha und seit 2009 eine Biogasanlage. Die Brüder Timo und Arno Gravert mit ihren Familien und ihren Eltern, drei Festangestellten und drei Auszubildenden bewirtschaften den Betrieb.

Timo Gravert ist der Kuhmensch. Anlässlich der Preisverleihung stellt er seine Schützlinge vor: „Ich liebe hübsche Kühe, aber wir wollen auch nicht in Schönheit sterben.“ Will heißen, langlebig sollen die Tiere sein, hochleistend, aber wenn sie schick sind, schadet das nicht. Sein jüngerer Brüder Arno bewirtschaftet die Biogasanlage. Die beiden vertreten sich und so gibt es auch einmal freie Tage. Beide Graverts sind stolze Familienväter und möchten Zeit mit den insgesamt elf Kindern verbringen.

Timo Gravert (li.) und Arno Gravert bilden die Gravert GbR mit Aufgabenteilung: Der eine ist Kuhmensch, der andere betreibt die Außenwirtschaft mit Biogasanlage und Unterstützung des anderen.

Nach den zahlreichen Erweiterungsbauten in den vergangenen zwei Jahrzehnten wurde bewusst entschieden, aktuell keine wesentliche Bestandserweiterung vorzunehmen. Vielmehr ist es das erklärte Ziel, die Haltungsbedingungen der Tiere weiter zu verbessern und die erarbeiteten Freiräume für Mitarbeiter und Betriebsleiterfamilien zu erhalten.

Volquardsen dazu: „Ich finde es bemerkenswert, wenn man in der heutigen Zeit eines stetigen Wachstums einfach mal sagt, dass man zufrieden mit dem Erreichten ist und seine Energie eher in die Feinjustierung des Betriebes steckt. Im Hinblick auf die Tiergesundheit haben Sie in den vergangenen Jahren in neue Fußbodenbeläge investiert oder das tägliche Klauenbad eingebaut, um Mortellaro vorzubeugen. Aber auch Investitionen in Lüftungstechnik oder den Futterschieber sind Sie trotz manchmal schwieriger Wirtschaftslage mutig angegangen. Im Management haben Sie den Fokus auf die kontinuierliche Nutzung der gesammelten Daten gelegt, um frühzeitig auf Gesundheitsprobleme reagieren zu können. Da eine gesunde Herde auf gesunden Kälbern aufbaut, ist Ihr aktueller Schwerpunkt die Verbesserung der Kälberhaltung. Diese wollen Sie ab sofort mit ihrer neuen Herdenmanagerin zusammen angehen.“

Der schwere Bronzeteller ist dieses Jahr optisch generalüberholt worden.

Die zeitlichen Freiräume wurden 2015 durch den Kauf von vier Melkrobotern geschaffen und zusätzlich durch die Festanstellung der neuen Herdenmanagerin in diesem Jahr. Diese Freiräume werden genutzt für Fortbildung, Ehrenämter oder auch für die Freizeitgestaltung. Dabei spielt auch die Betriebsform GbR eine entscheidende Rolle. Durch die doppelte Führungsverantwortung und das 100%ige Vertrauen untereinander sind diese Freiräume erst möglich. Der Betrieb zeichnet sich durch ein konsequentes Tier- und Arbeitsmanagement aus, was sich auch in der Leistung widerspiegelt. Aktuell liegt diese bei 11.850 kg mit 3,86 % Fett und 3,48 % Eiweiß. Zudem hat der Betrieb sieben 100.000-l-Kühe, also Tiere, die alt werden und sich lange bester Gesundheit erfreuen.

Bedeutung der Tierhaltung in Schleswig-Holstein

Schleswig-Holstein ist landwirtschaftlich durch die Tierhaltung geprägt. Rund ein Drittel der landwirtschaftlichen Fläche ist Grünland. Die Rinderhaltung umfasst 934.149 Tiere mit 341.631 Milchkühen. Die übrigen sind Fleischrinder, Mutterkühe und Nachzuchten. Auf rund 920 Betrieben werden 197.600 Schafe mit anteilig 66 % Mutterschafen gehalten.

In der Milchkuhhaltung ist die vornehmliche Haltungsform der Liegeboxenlaufstall mit und ohne Laufhof, zudem hat rund die Hälfte aller schleswig-holsteinischen Milchkühe Zugang zur Weide. Schleswig-holsteinische Milchviehbetriebe lieferten 2023 rund 3 Mio. t Milch an die Meiereien.

In der Schafhaltung wird der größte Anteil der Tiere auf Weiden gehalten. Zwar werden über Winter beziehungsweise über die Lammzeit auch vermehrt Tiere aufgestallt, den überwiegenden Teil des Jahres verbringen die Mutterschafe und Lämmer dann jedoch draußen. Zu ihren Aufgaben zählen neben der Fleisch-, Milch- und Wollproduktion die Landschafts- und Deichpflege.  

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