Licht und Wärme sind der wichtigste Kraftstoff für Pflanzen und Tiere. Jetzt im Sommerhalbjahr gibt die Natur Vollgas. Auch die Menschen verbringen wieder mehr Zeit draußen – sei es bei der Arbeit auf den Feldern, der Gartenpflege oder dem geselligen Miteinander.
Das Miteinander steht auch im Zentrum der bundesweiten „Agrill“-Kampagne, die vom Bauernverband Schleswig-Holstein (BVSH) ausgeht. „Agrill“ ist ein Wortspiel aus „April“ und „Grill“. Bäuerinnen und Bauern laden dabei Verbraucher ein, bei Grillwurst, -käse und -gemüse über landwirtschaftliche Themen zu diskutieren. So sollen „Gesprächsgräben“ in entspannter Lagerfeueratmosphäre überwunden werden. Gut so, denn das Gegenüber anzuhören ist wichtig, auch wenn Meinungen weit auseinanderliegen. Schon der ehemalige Bundesinnenminister Thomas de Maiziére (CDU) erklärte als Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentages 2023 analoge Lagerfeuer als „notwendig für die Gemeinschaft“.
Klar ist: Essen bedeutet Emotion. Der Aufschrei der Agrarbranche war laut, nachdem die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) kürzlich ihre Empfehlungen aktualisiert hat. Laut DGE sollen wir unseren Fleischkonsum um die Hälfte reduzieren und insgesamt weniger tierische Produkte verzehren, um nicht nur unsere Gesundheit, sondern zusätzlich das Klima zu schonen. Wer gerne Wurst und Käse isst, fühlt sich dadurch schnell mit dem moralischen Zeigefinger ermahnt.
Und ja, für öffentliche Einrichtungen sind die DGE-Empfehlungen auch eine Richtschnur. Aber für alle anderen bleiben sie eben „nur“ Empfehlungen. Und beim Essen geht es nicht nur darum, seinen Körper optimal mit Nährstoffen zu versorgen, sondern um Genuss, denn gesund ist, was guttut.
Nahrungsaufnahme ist ohnehin individuell: Mir selbst wurde kürzlich ein Vitamin-B12-Mangel bescheinigt – mit der ärztlichen Empfehlung, mehr tierische Produkte zu verzehren. Aber auch ohne DGE-konträre Diagnose: Kein Verbraucher mag Essensvorschriften. Initiativen wie „Veggieday“ oder „Veganuary“ – ein Wortspiel mit „Januar“ – schließen große Teile der Bevölkerung aus. Sie können zwar dazu dienen, zu informieren und neugierig auf neue Produktgruppen zu machen. Aber wenn Ernährungskampagnen ausgrenzen oder vor den Kopf stoßen, schädigt das den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Verbraucher sollten vielmehr befähigt werden, bewusste Kaufentscheidungen zu treffen. Verständliche und sachliche Information zu Lebensmitteln, zum Beispiel zu Herkunft, Tierwohl oder Inhaltsstoffen, sind dafür hilfreich. Politik sollte hier die passenden Rahmenbedingungen und Systeme schaffen. Denn nur wer gut informiert ist, kann auch gut diskutieren. Besonders jetzt im Aktionsmonat „Agrill“.