Die Agrarpreise entfernen sich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit von den Rekordniveaus des Jahres 2022. Die Verkettung von außergewöhnlichen Umständen wird sich wohl kaum wiederholen – hoffentlich! Die im letzten Jahr so unklare Aussicht klärt sich zunehmend. Bei den meisten Waren ist eine Bedarfsdeckung gegeben, auch außerhalb des Agrarsektors baut sich der Materialmangel ab, die Energiepreise geben nach – kurzum, vieles beruhigt sich. Die sinkende Grundtendenz des Preisniveaus gilt für Getreide seit Monaten, ebenso für Dünger, für Diesel mit Unterbrechungen und mittlerweile auch für Milchprodukte. Für den Fleischsektor gilt sie nur bedingt, gerade der Schlachtschweinepreis liefert mit der jüngsten Rekordhöhe einen Gegenentwurf. Aber auch eine andere Ausnahme von den rückläufigen Preisen sticht heraus: die Futterschrote. Raps- und Sojaschrot kosten zwar nicht mehr ganz so viel wie zu Spitzenzeiten, aber die Preise verharren doch auf beachtlicher Höhe. Sie sind vor allem ein Argument, das die Futtermittelpreise stützt. Für Rapsschrot können prompt derzeit bis zu 440 €/t gefordert werden, für Sojaschrot mindestens 160 € mehr. Das kommt zum Teil auf die Tageskurse am Terminmarkt an. Aber das Grundproblem, das den Preis hochhält, ist von Dauer. Es fängt an beim Ölgeschäft der Mühlen.
Begrenzte Ölproduktion
Der Rapsmarkt steht unter bullischen Einflüssen, hohe Anbauschätzungen für die nächste Ernte toppen die sehr ruhige Nachfrage. Das Angebot an Rapssaat ist reichlich und sinkt im Preis, trotzdem laufen die norddeutschen Ölmühlen unter ihrer Kapazität. Neben den Vorräten aus heimischer Erzeugung kommt viel Importware ins Land. Warum wird nur begrenzt neues Öl gepresst? Der Bedarf am hiesigen Markt ist verhältnismäßig gering. Rapsöl in Speisequalität haben die Lebensmitteleinzelhändler noch reichlich gelagert, denn durch den Lieferstopp aus der Ukraine nach Kriegsausbruch wurde schnell und viel Öl aus anderen Ländern eingekauft, um die leeren Regale zu füllen. Die Vorräte müssen abgebaut werden, bevor neue Ware benötigt wird. Neben dem Speise- und Industriebereich besteht der viel größere Bedarf in der energetischen Verwendung. Und dort läuft sehr präsent seit Januar die Diskussion um ein Ende der Biokraftstoffe in Deutschland. Kommt der Ausstieg, so verringert sich der Ölbedarf in wenigen Jahren drastisch. Den nötigen Anreiz, den jetzt reichlich vorhandenen Raps zu verpressen und einzulagern, gibt es also nicht. Aus diesen Gründen fällt auch weniger Rapsschrot als Nebenprodukt an. Die Menge reicht gerade so zur Deckung des Bedarfs, nur mit verlängerter Wartezeit können kurzfristige Anfragen bedient werden. Zusätzliche Anfragen, sonst eher unüblich, kommen außerdem aus dem skandinavischen Raum. Dort fehlt es an ukrainischem Sonnenblumenschrot und weil das Ersatzprodukt gentechnikfrei sein soll, wird Rapsschrot aus Deutschland gekauft.
Anhaltender Kostendruck
Ob durch Winterwetter in US-Häfen oder unberechenbar lange Wartezeiten auf ukrainische Schiffe, die Sojabohnen-Lieferungen nach Deutschland verzögern sich immer wieder. Auch hier entstehen längere Wartezeiten, weniger Schrotanfall sowie hohe Preise. In Südamerika läuft derzeit die Sojaernte, auf die Ergebnisse wird mit Spannung gewartet. Zwar liegen die Prognosen für Argentinien und Paraguay deutlich unter dem Vorjahr. Aber in Brasilien wird mit einer Rekordernte von 153 Mio. t gerechnet, das wären 15 Mio. t mehr als der bisherige Höchstwert. Sobald diese Ernte auf den Exportweg gebracht wird und später auch in Deutschland ankommt, fallen Preisargumente weg, die sich auf die Verfügbarkeit beziehen. Im deutschen Großhandel sieht man in den nächsten Monaten auch eine deutliche Erleichterung, etwa beim Rapsschrot liegt die Hamburger Notierung für Lieferungen im Mai bis Juli bei 347 bis 351 €/t und im August bis Oktober bei 318 bis 322 €/t (Sojaschrot wurde nicht bepreist). Trotzdem bleibt die Produktionsthematik der Ölmühlen bestehen und schlussendlich auch der Kostendruck für die Tierhalter.