In der zweiten Maihälfte starteten Großharrieer Jäger früh am Morgen an einer Graswiese von Landwirt Rainer Solterbeck einen Drohnenflug zur Kitzrettung. Bevor das Ackergras zur Silierung für die Milchkühe gemäht wurde, wollten Landwirt und Jäger sichergehen, dass keine Kitze im Gras versteckt waren. Groß war die Überraschung, als die Kitzretter nicht nur zwei Rehkitze vor dem Mähwerk retten konnten, sondern auch noch ein weiterer kleiner, weißer Punkt auf dem Kontrollbildschirm auftauchte.
Dass neben Kitzen auch mal Hasen oder andere Tiere auftauchten, sei normal, meinten die Jäger. Bei der Kontrolle des Punktes entdeckten die Jäger allerdings kein weiteres Kitz, sondern den Horst einer Rohrweihe, wie sich herausstellte. Ganze sechs Eier befanden sich in der mit Gras ausgepolsterten Nestmulde im kniehohen Ackergras.
Bei dem Standort handelt es sich nicht, wie zunächst vermutet, um ein Wiesenweihennest. Das sei keineswegs unerfreulich, meinte Christian Hertz-Kleptow von der Universität Kiel, der in Zusammenarbeit mit dem Landesjagdverband Schleswig-Holstein das Wildtierkataster und das Schutzprogramm für die Weihen betreut. Neben der Wiesenweihe sei heute auch die Rohrweihe Teil des Programms, erklärte der herbeigerufene Betreuer beim Aufbau des Nestschutzes.
Strom gegen Prädatoren
Rund um den Nistplatz wurde beim Mähen der Fläche ein etwa 10 mal 10 m großer Schutzbereich stehen gelassen. Bei Wiesenweihen ist der Bereich größer. Damit neugierig gewordene Füchse oder Marderhunde auf der Mähfläche nicht das Nest plündern, werden die Brutstellen mit einem mehrreihigen Elektrozaun gesichert. Die Landwirte erhielten einen Ausgleich für den Schutzbereich, sagte Hertz-Kleptow. Dieses Jahr war es bereits der achte Horst, den er sichern konnte. Davon sind zwei Bruten von der selteneren Wiesenweihe und sechs Bruten von Rohrweihen. Es könnten noch einige Wiesenweihenbruten folgen, da diese ein wenig später als die Rohrweihe mit der Brut begännen, erklärte der Betreuer.
40 Brutpaare in SH
Der Bestand der Wiesenweihen wird in Schleswig-Holstein zurzeit auf etwa 40 Brutpaare geschätzt. Rohrweihen brüten nicht nur im freien Feld, sondern, wie der Name besagt, im Röhricht von Seen und Feuchtgebieten.
Besonders erfreulich sei für das Schutzprogramm auch der Einsatz der Drohnen zum Schutz der Rehkitze. Dadurch würden immer häufiger auch Brutplätze der Weihen entdeckt. 32 Tage dauert die Brut der Rohrweihen. Danach folgen noch einmal 35 Tage, bis die Jungen erwachsen werden.
„Wir freuen uns riesig, dass das Gelege entdeckt wurde“, meinten Rainer und Denise Solterbeck. Immerhin brüteten auf ihrem Hof im Außenbereich sogar noch Schleiereulen und ein Turmfalkenpaar, berichtet die Landwirtsfamilie. Deswegen herrscht jetzt auf dem alten Scheunenboden Ruhe, damit die Eulen und Falken ihre Jungen aufziehen können.
Das Wildtierkataster bittet alle Jägerinnen und Jäger, bei Sichtung von Wiesen- und auch Rohrweihen diese umgehend zu melden und das Artenschutzprojekt wo möglich zu unterstützen. Informationen gibt es im Internet unter: https://ljv-sh.de/unsere-projekte/
artenschutzprojekt-wiesenweihe