StartNachrichtenAgrarpolitikFortschritte beim Moorschutz, Nationalpark in der Kritik

Fortschritte beim Moorschutz, Nationalpark in der Kritik

Erweiterter Landesvorstand des Bauernverbandes Schleswig-Holstein tagte in Rendsburg
Von Dr. Robert Quakernack
Klaus-Peter Lucht (stehend) berichtete bei der BVSH-Vorstandssitzung von Fortschritten bei den Gesprächen zur Vereinbarkeit von landwirtschaftlicher Produktion auf Moorstandorten und Klimaschutz durch Wiedervernässung (v. li.): Heinrich Mougin, Thomas Andresen, Klaus Peter Dau, Klaus-Peter Lucht, Stephan Gersteuer, Michael Müller-Ruchholtz (stellvertretender BVSH-Generalsekretär), Dietrich Pritschau (BVSH-Vizepräsident) und Ute Volquardsen (Präsidentin der Landwirtschaftskammer). Foto: rq

Die bisherigen Argumente für einen möglichen Nationalpark Ostsee überzeugen Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH), nicht. Bei der Sitzung des Erweiterten BVSH-Landesvorstandes am Dienstag (20. Juni) in Rendsburg erklärte er, dass Schutzziele über andere Wege deutlich besser zu erreichen seien als mit Ordnungsrecht in Verbindung mit einem Nationalpark. „Grundsätzlich ist der Bauernverband gern dabei, wenn es darum geht, die Ostsee weiterzuent­wickeln“, stellte Lucht klar.

Von einem Workshop im Rahmen des Konsultationsprozesses zum Nationalpark in Scharbeutz berichtete BVSH-Vorstandsmitglied Heinrich Mougin. Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) wirkte seinen Ausführungen zufolge ernüchtert, dass die Stimmung klar gegen einen Nationalpark gewesen sei. „Wir haben viele Themen aufgezeigt, die nicht bedacht wurden“, erklärte Mougin. Er appellierte, dass die Position des Berufsstands gegenüber den Politikern in den jeweiligen Regionen klargestellt werden müsse.

Bei der Umsetzung eines Nationalpark stünden Befürchtungen im Raum, dass ein Mehr an Kostenstellen, Dokumentation und Einschränkungen nur einen geringen Nutzen für die Ostsee hätte. Die Nutzerverbände vertreten daher geschlossen die Position, dass ein Nationalpark keinen Mehrwert bringt. Der Bauernverband schlägt alternativ eine Allianz für den Ostseeschutz vor, um Schutzziele effektiv zu erreichen.

Zukunft der Moore

Zum Thema Moorschutz sei man in den Gesprächen mit der Stiftung Naturschutz und dem Umweltministerium in Sachen Landtausch weitergekommen, berichtete Lucht. Er betonte den Grundsatz, dass Veränderungen immer mit Zustimmung der betroffenen Landwirtinnen und Landwirte angegangen werden sollten, also auf Basis von Freiwilligkeit. Um den Diskussionsprozess zu beschleunigen, überlege der Verband, eigene Regionalkonferenzen zu organisieren. Lucht verdeutlichte: „Wir wollen nicht mehr darauf warten, dass das Ministerium zu Regionalkonferenzen einlädt.“

Fest steht laut Lucht, dass Moorschutzprojekte Geld kosten. Die Position des Bauernverbandes sei diesbezüglich „gar nicht so weit weg“ von der des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu). Das hätten die Gespräche mit Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger bei einer Moorexkursion im Kreis Pinneberg gezeigt. Der BVSH-Präsident betonte aber auch: „Wir brauchen eine funktionierende Be- und Entwässerung, um unsere Moorstandorte zukunftsfähig zu halten.“

Ökoregelungen floppen

BVSH-Generalsekretär Stephan Gersteuer zog Bilanz zur diesjährigen Agrarantragsphase: „Wir bearbeiten fast ein Viertel aller Agraranträge“, erklärte er zufrieden. Die neuen Ökoregelungen (ÖR) seien vom Verband im Grundsatz begrüßt worden, weil dadurch Nachhaltigkeitsleistungen honoriert werden sollten. „Wir waren allerdings mit der Umsetzung sehr unzufrieden“, konstatierte Gersteuer. Insbesondere für Milchvieh-Futterbau-Betriebe seien keine attraktiven Angebote dabei gewesen. Entsprechend seien die Befürchtungen beziehungsweise Erwartungen bezüglich der tatsächlich beantragten Ökoregelungen eingetreten. Insgesamt seien lediglich 61 % der vorgesehenen Mittel ausgegeben worden.

Von schleswig-holsteinischen Betrieben seien überwiegend „nichtproduktive Flächen“ (ÖR1a) und „vielfältige Kulturen“ (ÖR2) beantragt worden. Bei den Anträgen für ÖR4 bis ÖR7 sieht Gersteuer „eher Mitnahmeeffekte von ohnehin extensiv wirtschaftenden Betrieben“. Umstellungen der Wirtschaftsweise aufgrund der Ökoregelungen habe es nach Einschätzung des BVSH kaum gegeben. Laut Gersteuer sticht in Schleswig-Holstein die Ökoregelung „Kennarten auf Dauergrünland“ (ÖR5) hervor. Hier habe es 500 % des geschätzten Antragsvolumens gegeben, was sich auf rund ein Fünftel der gesamten Grünlandfläche Schleswig-Holsteins belaufe. Laut dem Generalsekretär ist noch unklar, was mit den Mitteln in Höhe von rund 400 Mio. € passiere, die nicht abgerufen wurden.

Futterknappheit droht

Angesichts der insgesamt schwachen Nachfrage bei den Ökoregelungen hat der Deutsche Bauernverband (DBV) Anpassungen bereits für 2024 angemahnt. Unter anderem müsse die Förderung für ÖR2 auf mindestens 75 €/ha erhöht werden. Für die Antragsphase 2025 fordert der DBV mehr Angebote zur Stärkung von Grünland und Weidehaltung.

Kritisiert wurde vom BVSH-Landesvorstand zudem das „viel zu komplizierte Antragsverfahren“. Digitalisierung müsse Vereinfachungen und Arbeitserleichterungen bringen, so die BVSH-Forderung. Beim Deutschen Bauerntag, der in der kommenden Woche in Münster stattfindet, werde der Berufsstand seine Positionen nochmals untermauern.

Besorgt blickten die Anwesenden auf die anhaltende Trockenheit. „Selbst im Oldenburger Graben wächst aktuell kein Gras“, beschrieb Mougin. Auf einzelnen Betrieben drohe Futterknappheit, wenn nicht bald Regen komme. 

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