Dass Flint- oder auch Feuersteine in der Steinzeit zum Feuermachen, als Werkzeug oder Waffe genutzt wurden, ist bekannt. Doch wie genau wurden die Stücke hergestellt? Wie hat man Stoffe gefärbt oder Bronze gegossen? Was ist Brettchenweberei und wie hat sie funktioniert? Fragen, denen Studierende vom Archäologischen Institut Hamburg in einem einwöchigen Praxisseminar im Steinzeitdorf des Steinzeitparks Dithmarschen auf den Grund gingen.
Ziel dieses wissenschaftlichen Seminars war es, in verschiedenen Versuchsaufbauten mit unterschiedlichen Materialien und Herangehensweisen zu experimentieren und dabei herauszufinden, wie Gebrauchsgegenstände hergestellt wurden oder vorgeschichtliche Handwerke funktionierten.
Stoffefärben, Flechten und Weben mit Pflanzenfasern wie Bast, Binsen oder anderen Gräsern, Herstellen steinzeitlicher Textilien, Bronzegießen, Bauen eines Steinzeitofens, Bau einer Knochenflöte – das waren einige der Projekte, bei denen die Steinzeitparkbesucher den Studierenden über die Schulter schauen und Fragen stellen konnten. Die im Originalmaßstab rekonstruierten Steinzeithäuser des Parks boten dabei erneut eine authentischen Kulisse.
Seit 20 Jahren besteht diese Form der Zusammenarbeit zwischen dem Archäologischen Institut der Uni Hamburg und dem Steinzeitpark Dithmarschen. Es ging im wahrsten Sinne des Wortes darum zu begreifen. „Dazu haben die Studierenden sich in Projekte aufgeteilt, jeder durfte sich für ein Material entscheiden und dann damit experimentieren“, erklärte Seminarleiterin Tosca Friedrich. Zuvor haben sich die Seminarteilnehmer in der Fachliteratur über die jeweiligen Materialien und Handwerke informiert und zu den Themen recherchiert.
Darüber hinaus dienten archäologische Funde aus ganz Europa der späten Jungsteinzeit und frühen Bronzezeit als Vorlage, zum Beispiel Textilfunde in Wetzikon-Robenhausen im Kanton Zürich oder ein bronzezeitliches Armband aus Rinderschweifhaaren im englischen Whitehorse Hill. Doch alle Theorie ist grau, „nur wenn man selbst die handwerklichen Fertigkeiten erlangt mit dem, was den Menschen seinerzeit zur Verfügung stand, Steinen, Stoffen, Knochen, oder andere Werkstücke anfassen und fühlen kann, trägt das zum besseren Verständnis bei und hilft, später im Beruf zum Beispiel bei Ausgrabungen, Funde besser zu beurteilen oder sie einzuordnen“, erklärte Michael Lischke, der bereits das dritte Mal an dieser experimentellen Woche teilnahm.
Dieses Jahr hatte er sich vorgenommen, Pfeilspitzen aus Flintstein herzustellen. „Es gibt verschiedene Abschlagtechniken, um aus einer großen Flintsteinknolle eine Klinge herauszuschlagen und sie dann mithilfe einer Geweihspitze in Form zu drücken, also die Ränder so zu bearbeiten, dass sie Spitze entsteht“, erklärte er. Fertigkeiten im Schlagen, Putzen und Retuschieren hülfen bei Ausgrabungen zu erkennen, ob es sich bei Flintsteinfunden um von Menschen bearbeitete Stücke handele oder ob sie abgeplatzt seien.
Mitunter werden die in der Woche gewonnenen Erkenntnisse in Bachelor- oder Masterarbeiten weiter vertieft und erforscht. Oder Ideen für die Zukunft entwickelt, zum Beispiel um nachhaltige Kleidung herzustellen.