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Erprobung des Futtermittelzusatzstoffes Bovaer

Rinder aktuell: Modell- und Demonstrationsvorhaben in Futterkamp zum Einsatz von Methaninhibitoren
Von Dr. Imme Dittrich, Landwirtschaftskammer SH
In der Wiegetroganlage wird die Ration für den Versuch zweimal täglich ­bereitgestellt. Fotos: Dr. Imme Dittrich

Obwohl eine Vielzahl an wissenschaftlichen und praxisnahen Untersuchungen durchgeführt wurde, werden jetzt auch am Lehr- und Versuchszentrum (LVZ) Futterkamp der Einsatz und die Auswirkung des Futtermittelzusatzstoffs Bovaer im Rahmen eines Modell- und Demonstrationsvorhabens gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum für klimaeffiziente Landwirtschaft erprobt.

Strategien zur Beeinflussung der Methanproduktion in der Rinderhaltung sind vielfältig. Insbesondere der Einsatz von Futtermittelzusatzstoffen steht dabei im Fokus der Wissenschaft. Die Möglichkeiten sind umfangreich und unter Laborbedingungen zumeist gut erforscht. Dennoch mangelt es einigen Futtermittelzusatzstoffen an praxisnahen Untersuchungen und einer entsprechenden Zulassung in der EU. Davon ausgenommen ist Bovaer, welches regulär zu erwerben ist und so von jedem Landwirt eingesetzt werden kann.

Die Pansenfermentation der Rinder verursacht mehr als 90 % des tierbezogenen Methanausstoßes. Dieser kann auf verschiedene Weisen beeinflusst werden. Angefangen bei der Ration an sich, kann der Einsatz von mehr Kraftfutter das Verhältnis der kurzkettigen Fettsäuren im Pansen beeinflussen, sodass weniger Acetat als Basis für die Methan bildenden Mikroorganismen zur Verfügung steht. Eine solche Vorgehensweise kann jedoch zulasten der Tiergesundheit gehen.

Der Laser-Methan-Detektor im Einsatz: Der grüne Laserstrahl trifft auf die Nase des Rindes und wird von dort reflektiert.

Zusätzlich sind verschiedene pflanzliche Wirkstoffe beschrieben, zum Beispiel ätherische Öle oder Algenextrakte, die sich auf die Methanproduktion auswirken sollen. Hier fehlt es jedoch zumeist an aussagekräftigen Studien im praktischen Einsatz. Daher wird das Vorhaben auf das bereits gut erprobte Bovaer, ein Nitrat-Alkohol-Gemisch (3-NOP), setzen. Dieses ist sowohl im Labor als auch in der praktischen Rinderhaltung erprobt und reduzierte in diesen Erprobungen den Methanausstoß aus dem Pansen um bis zu 30 %.

Bovaer ist als Futtermittelzusatzstoff auf dem Markt erhältlich. Innerhalb des Vorhabens wird Bo­vaer für sechs Monate am LVZ Futterkamp der Landwirtschaftskammer eingesetzt und die Auswirkungen auf die Methanproduktion der behandelten Kühe beurteilt. Ziel ist es, nicht nur Bovaer und dessen Wirksamkeit kennenzulernen, sondern die Methanreduktion auch sichtbar zu machen. Dazu wird ein Laser-Methan-Detektor (LMD) eingesetzt, der sich in verschiedenen Studien bereits für den Einsatz in der Rinderhaltung geeignet gezeigt hat.

Modell- und Demonstrationsvorhaben sind dadurch gekennzeichnet, dass sie nahe an der Praxis agieren und somit die Übertragbarkeit wissenschaftlicher Arbeiten in die landwirtschaftliche Praxis fördern. Zudem wird durch solche Vorhaben die Möglichkeit geschaffen, Anwendungen weiterzuentwickeln, um echten Nutzen für die Landwirte zu erreichen.

Versuchsaufbau im LVZ

Der Milchviehstall der Landwirtschaftskammer verfügt über zwei identisch aufgebaute Abteile mit Platz für jeweils 36 Kühe. Hier durchlaufen die Versuchs- und die Kontrollgruppe zeitgleich den Versuch. Beide Gruppen werden über Wiegetröge gefüttert und mit Wasser versorgt. Kern dieser Anlage ist die tierindividuelle Erfassung der täglichen Futteraufnahmen. 

Die Gruppen werden hinsichtlich Leistungsniveau, Laktationsnummer und -stadium möglichst ausgeglichen besetzt, sodass der Einfluss dieser Faktoren auf die Auswertung möglichst gleich ist. Entscheidend ist der Unterschied in der Fütterung. Beide Gruppen erhalten die gleiche Grundration, jedoch wird die Versuchsgruppe zusätzlich mit Bovaer versorgt.

Bovaer muss vor Verabreichung in andere Futtermittel eingemischt werden, daher wird das bereits bekannte Mineralfutter der Versuchsgruppe damit ergänzt. So wird eine ausreichende Vermischung des sehr gering dosierten Bovaer in der Ration erreicht und eine möglichst konstante Aufnahme gewährleistet. Der Fütterungsversuch wird insgesamt 180 Tage andauern. In dieser Zeit wird die gefütterte Ration beider Gruppen regelmäßig beprobt und auf ihre Inhaltsstoffe untersucht.

Während des Versuchszeitraums wird der Methanausstoß beider Gruppen auf verschiedene Weisen dargestellt und beurteilt. Zum einen werden aus historischen und neuen Daten Methanwerte für die einzelnen Kühe des LVZ geschätzt. Zum anderen werden tierindividuelle Methanmesswerte mit einem LMD erfasst. Der LMD wird vor Versuchsstart genutzt, um einen Basiswert für jede Kuh zu ermitteln, die in eine der beiden Gruppen eingestallt wird. Dieser Basiswert dient als Vergleichsgrundlage innerhalb des Vorhabens. Im weiteren Verlauf werden der Methanausstoß aller am Vorhaben beteiligten Kühe regelmäßig mit dem LMD und weiterhin zufällige Stichproben zu festgelegten Zeitpunkten erneut gemessen.

Neben den Informationen zur Fütterung und den Mess- und Schätzwerten zum Methan werden verschiedene Daten zur Leistung und Tiergesundheit routinemäßig erfasst. Zusätzlich zu den monatlich durchgeführten Milchleistungsprüfungen werden die Milchleistung und -qualität der jeweils 36 Tiere in Versuchs- und Kontrollgruppe in sogenannten Sonderkontrollen zusätzlich untersucht.

Schematische Darstellung der Methanmessung. Quelle: Dr. Imme Dittrich/Icons: flaticon.com

Wie wirkt Bovaer?

Methan wird im Pansen durch Mikroorganismen (Archaea) produziert, die Azetat unter Einfluss von Enzymen verarbeiten. Gleichzeitig werden Säure bildende Wasserstoffionen verbraucht und führen so im Pansen nicht zu übermäßiger Säureproduktion. Durch den Einsatz von Bovaer wird in diesen Weg eingegriffen, da das Enzym, das die Vorstufen zu Methan katalysiert, an diesem entscheidenden Schritt gehindert wird. So lässt sich die Methanproduktion aus dem Pansen um bis zu 30 % reduzieren.

Aufgrund seiner guten Wirksamkeit wird nur ein sehr geringer Anteil Bovaer in der Ration gebraucht. Beschrieben wird die Dosierung mit ¼ TL pro Kuh und Tag. Dies entspricht einer ordentlichen Prise Salz und kann nur schwer in die Rationsgestaltung einbezogen werden. Da Bovaer aber vor dem Verabreichen in andere Futtermittel eingemischt werden muss, ist die geringe Dosierung voraussichtlich weniger problematisch.

LMD-Messung im Detail

Die Methanmessungen werden mit dem LaserMethane Smart von Tokyo Gas Engineering Solutions Corporation durchgeführt. Messgeräte gleicher Bauart und Funktionsweise wurden bereits öfter zur Beantwortung wissenschaftlicher Fragestellungen eingesetzt und zeigten sich gut geeignet. Der LMD wird auf einen Zielpunkt gerichtet, der den Messlaser reflektiert.

Bei den Messungen an den Kühen wird als Zielpunkt in der Regel die Nase der Kuh genutzt. Dabei sollte den Bewegungen des Kopfes gefolgt werden, um den Zielpunkt nicht zu verlieren. Der ausgesendete Messlaser durchdringt so die Atemluft in der Umgebung von Nase und Maul der Kuh und misst in diesem Bereich den Methangehalt. Dieser wird als ppm-m ausgegeben, sodass der dokumentierte Wert angibt, wie viel Methan (ppm) auf der gemessenen Strecke (m) vorhanden ist.

Um den Einfluss der Messdistanz möglichst gering zu halten, sollte diese während der Messungen nicht variieren und maximal 3 m betragen. Neben der Messdistanz hat auch die Messdauer einen Einfluss auf das Gesamtergebnis. In wissenschaftlichen Studien wurden unterschiedliche Messdauern von 3 bis 10 min miteinander verglichen. Daraus wurde eine Mindestmessdauer von 4 min pro Tier abgeleitet.

Der Messvorgang innerhalb des Fütterungsversuchs soll entsprechend diesen beschriebenen Parametern durchgeführt werden, sodass das Methan in der Umgebungsluft der Nase der Kühe standardisiert gemessen werden kann und die Einflüsse durch Distanz und Messdauer so gering wie möglich sind.

Fazit

Die Wirksamkeit des 3-NOP in Bovaer ist bereits gut untersucht und für die Fütterung von Milchkühen europaweit zugelassen. Trotz dieser positiven Eigenschaften wird Bo­vaer nur wenig in der Praxis eingesetzt, da es auch an Möglichkeiten zur Sichtbarmachung der Wirksamkeit fehlt. Der in Futterkamp angelegte Versuch möchte die Nutzung von Bovaer und die gleichzeitige Sichtbarmachung des eingesparten Methans aufzeigen.

Dieses Modell- und Demonstrationsvorhaben wird durch das Kompetenzzentrum für klimaeffiziente Landwirtschaft des Ministeriums für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz gefördert.

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