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Einigung über Mercosur-Abkommen erzielt

Marktkommentar
Von Björn Wiencken, LKSH-Markt
Foto: Imago

EU-Kommissionspräsidentin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) ist zusammen mit EU-Handelskommissar Maroš Šefcovic vergangene Woche zu einem vorher nicht angekündigten Treffen der Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay aufgebrochen. Grund ist der erfolgreiche Abschluss der über 20 Jahre andauernden Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit ebendiesen südamerikanischen Ländern. Es entsteht eine der größten Freihandelszonen der Welt. Während dieses Abkommen von einer breiten Allianz von Wirtschaftsverbänden seit Jahren gefordert wird, stößt es bei den europäischen Landwirten und Umweltverbänden auf großen Widerstand. In Kraft treten kann dieses Abkommen so allerdings noch nicht. Es muss nun erst vom EU-Parlament mit einer einfachen Mehrheit beschlossen werden, aber auch die einzelnen Mitgliedstaaten müssen es ratifizieren. Dafür ist eine qualifizierte Mehrheit nötig, das heißt es müssen mindestens 55 % der Mitgliedstaaten zustimmen. Diese 55 % müssen 65 % der europäischen Bevölkerung repräsentieren.

Bundesregierung begrüßt Abschluss

Die Bundesregierung gilt als starker Verfechter dieses Freihandelsabkommens, gilt es nicht zuletzt auch, der aktuell schwächelnden Autoindustrie zusätzliche Absatzchancen zu ermöglichen. Denn neben Textilien, Schokolade, Spirituosen und Wein sollen auch Maschinen und Autos komplett zollfrei gehandelt werden können. Die Bundesregierung hat hier in den letzten Verhandlungsrunden besonders auch auf das Einfließen von Standards im Bereich Klimaschutz und Entwaldungsstopp gedrängt. All dies ist nun auch Bestandteil des Abkommens geworden. Was die Bundesregierung nicht so interessiert, sind die Belange der Landwirtschaft und insbesondere der Rinderhalter. Denn klar ist: Es wird auf jeden Fall mehr Rindfleisch aus Südamerika auf den EU-Markt kommen, auch wenn der Handel mit Rindfleisch und Geflügel durch das Abkommen nicht vollständig liberalisiert wird. An Rindfleisch dürfen die Südamerikaner künftig 99.000 t zu einem vergünstigten Zollsatz von 7,5 % in die EU einführen. Das entspricht ungefähr der Hälfte der insgesamt in die EU eingeführten Vorjahresmenge. Das mag auf den ersten Blick als ein durchaus vertretbarer Kompromiss erscheinen, stellt aber bei genauerem Hinsehen die südamerikanischen Rindfleischproduzenten besser, die ohnehin schon deutlich niedrigere Produktionskosten haben, da sie sich mit ihren riesigen Feedlots unter freiem Himmel zum Beispiel keine Gedanken um die Baukosten von Tierwohlställen mit entsprechenden Gülleauffang- und Lagerkapazitäten machen müssen. Zudem trifft dieses zusätzliche Angebot auf einen Markt, in dem zurzeit sowieso weniger Rindfleisch konsumiert wird.

Gegenwind aus mehreren EU-Staaten

Eine Ratifizierung durch die einzelnen Mitgliedstaaten ist aber noch keineswegs sicher, denn neben Polen, Österreich und Italien kommt auch aus Frankreich, dem mit Abstand größten Rindfleischerzeuger in der EU, massiver Gegenwind. Die instabile französische Regierung kann es sich hier aufgrund der massiven Bauernproteste in Frankreich nicht leisten, die Stimmung weiter anzuheizen. Sicher ist, dass dieses Freihandelsabkommen für die EU ein enormer handelspolitischer Vorteil auch im Wettbewerb mit den anderen Handelsriesen USA und China wäre. Für die hiesigen Rindfleischerzeuger bedeutet es eine deutliche Wettbewerbsverschärfung und somit einen weiteren Schlag ins Gesicht. Es bleibt also spannend, was am Ende dabei herauskommt. Mit einer Entscheidung wird erst in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres gerechnet.

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