Aufgrund des spürbaren Klimawandels mit steigenden Temperaturen ist die Sonnenblume als Ackerkultur mittlerweile in Norddeutschland angekommen. Biosonnenblumen erreichten in den letzten drei Jahren in Niedersachsen einen Anbauumfang von über 500 ha. 2019 lag die Anbaufläche noch bei deutlich unter 100 ha, stieg in den beiden Folgejahren aber deutlich an. In Schleswig-Holstein wird die Anbaufläche nicht ausgewiesen. Der Anbau dürfte unter 300 ha liegen. Noch ist die Sonnenblume also eine Nischenkultur, die allerdings von einigen Betrieben in Niedersachsen bereits erfolgreich in die Fruchtfolge integriert wurde. Als Blickfang in der Kulturlandschaft leisten sie gerade in der Blütezeit einen Beitrag zur Biodiversität und die Imker in der Umgebung werden dankbar sein für eine relativ späte Tracht im Sommer.
Sonnenblumen gelten als anspruchslos. Sie stellen keine hohen Ansprüche an den Standort, auch schwere Tonböden sind geeignet. Wichtig ist eine gute Erwärmbarkeit im Frühjahr. Sonnenblumen haben ähnliche Temperaturansprüche wie Körnermais. Der Wasserbedarf ist relativ gering, außer in der Zeit von der Knospenbildung bis zum Abschluss der Blüte. Sonnenblumen verfügen allerdings über ein leistungsfähiges Wurzelsystem. Eine gute Bodenstruktur und -lockerung ist daher vorteilhaft.
Wohin in die Fruchtfolge?
Eine Stellung in der Fruchtfolge nach Leguminosen wird nicht empfohlen, da Sonnenblumen weniger hohe Ansprüche an die Nährstoffversorgung haben. Die schwer kalkulierbare Mineralisation kann zu verspäteter Abreife und instabilen Beständen führen. Aus diesem Grund ist auch eine organische Düngung zur Vorfrucht meistens sinnvoller. Nur auf mineralisationsschwachen Standorten bietet sich eine Düngung direkt zur Aussaat an. Im ökologischen Sonnenblumenanbau sollten Anbaupausen von mindestens fünf Jahren eingehalten werden, um die Gefahr des Stengelfäulebefalls (Sklerotinia) zu minimieren. Bei Sojabohnen in der Fruchtfolge ist dann ein Anbauabstand von mindestens drei Jahren zu berücksichtigen. Auch zu Kreuzblütlern wie dem Winterraps sollte aus dem gleichen Grund ein Anbauabstand von ebenfalls mindestens drei Jahren eingehalten werden. Der Anbau nach Getreide und einer Zwischenfrucht bietet sich oftmals an. Damit kann die Sonnenblume als abtragende Kultur den Platz beispielsweise eines Futtergetreides einnehmen und so die Fruchtfolge erweitern, das Anbaurisiko streuen und Arbeitsspitzen entzerren.
Anbau ähnlich dem Mais
Die Aussaat kann Ende April/Anfang Mai bei abgetrockneten Verhältnissen ab einer Bodentemperatur von 6 bis 8 °C erfolgen. Unter norddeutschen Anbaubedingungen ist ein besonderes Augenmerk auf die Verwendung frühreifer Sorten zu richten. Ausgesät werden 7 bis 8 K./m2, um mögliche Verluste durch Fraßschädlinge und mechanische Beikrautregulierung auszugleichen. Angestrebt wird zur Ernte ein Bestand von fünf bis sechs Pflanzen pro Quadratmeter. Die Ablage kann auf 45 bis 75 cm Reihenabstand in Einzelkornsaat erfolgen, um spätere Hackdurchgänge zu ermöglichen. Durch eine Ablagetiefe von 4 bis 5 cm ist eine frühe Beikrautregulierung durch Blindstriegeln möglich und zu empfehlen. Im Aufgang und Keimblattstadium ist die Sonnenblume vergleichsweise striegelempfindlich. Im Keimblattstadium können Vogel- und Schneckenfraß zum Problem werden. Sonnenblumen reagieren bis zum sechsten Blattstadium empfindlich auf zu hohen Beikrautdruck. Es bieten sich hier ein oder mehrere Durchgänge mit der Maschinenhacke an. Beim letzten Hackdurchgang ab einer Pflanzengröße von 30 cm kann auch ein flacher Damm angehäufelt werden. Ab diesem Zeitpunkt wachsen Sonnenblumen sehr schnell und beschatten den Boden mit ihren großen Blättern zügig. Weitere Maßnahmen bis zur Ernte sind dann nicht mehr notwendig.
Augenmerk auf die Ernte
Die Ernte der Sonnenblumen erfolgt Mitte September bis Mitte Oktober, wenn die Kornfeuchtewerte unter 15 % sinken und wenigstens der obere Teil der Pflanze abgestorben ist. Der Erntezeitpunkt sollte nicht zu lange herausgezögert werden, sonst führt Vogelfraß zu Ertragseinbußen. Bei feuchter Herbstwitterung kann es zur Verpilzung der Sonnenblumenkörbe kommen. Es gibt die Möglichkeit, Mähdrescher mit umgebautem Maispflücker zu verwenden. Der Drusch sollte bei trockenen Bedingungen mit niedriger Trommeldrehzahl erfolgen, um möglichst wenig Bruchkörner zu erzeugen. Aus gebrochenen Körnern tritt Öl aus und kommt in Kontakt mit der Luft, wobei es seine geschmacklichen Eigenschaften verändert. Eine zu starke Veränderung kann dazu führen, dass das Erntegut vom Verarbeiter nicht angenommen wird. Das schonend gedroschene Erntegut enthält noch in einen erheblichen Anteil Reste der Sonnenblumenkörbe, die einen höheren Feuchtegrad als die eigentlichen Körner aufweisen. Nach dem Drusch sollte unmittelbar das Erntegut auf 6 bis 9 % Kornfeuchte getrocknet und bei hohem Besatz auch gereinigt werden. Sonst kann die ganze Ernte „muffig“ werden, was eine Vermarktung unmöglich macht.
Fazit
Der Sonnenblumenanbau ist sicherlich nicht für jeden Biobetrieb geeignet, da gewisse Voraussetzungen für Reinigung und Trocknung erfüllt sein müssen. Wer allerdings auf der Suche nach einer Alternative zum Getreideanbau ist, seine Fruchtfolge erweitern möchte und damit eine Risikostreuung erreichen will, kann die Sonnenblume als Kultur durchaus in Betracht ziehen. Gebotene Preise von zirka 600 €/t sind bei der aktuellen Lage am Ökogetreidemarkt sicherlich auch attraktiv für diese relativ anspruchslose Kultur. Aufgrund des geringen Anbauumfangs sollten allerdings vor dem geplanten Anbau die Vermarktungsmöglichkeiten geklärt werden.
Ökosonnenblumen-Sortenversuch der Kammer Niedersachsen
Erstmalig hat die Landwirtschaftskammer Niedersachsen 2024 einen Ökosortenversuch mit sieben Sorten angelegt. Der Versuch wurde in den mehrere Hektar großen Praxisschlag eines ökologisch wirtschaftenden Partnerbetriebes integriert, auch um der Vogelfraßproblematik zu begegnen. Interessanterweise war der Standort ein schwerer Tonboden. Ziel ist es, geeignete Sorten für den Anbau in Niedersachsen herauszuarbeiten. Ein besonderes Augenmerk wird dabei neben dem Ertragsniveau auf den Botrytisbefall der Blütenkörbe, die Korbstellung und das Lagerverhalten gelegt. Eine zusätzliche Variante befasst sich mit der möglichen Wirkung einer Schwefeldüngung auf Ertrag und Ölgehalt. Erste Ergebnisse zeigen ein Ertragsniveau von 3,5 bis zirka 5 t/ ha und einen in diesem Jahr sehr geringen Befall mit Botrytis. Der Sortenversuch soll in den nächsten Jahren fortgeführt werden, um dann abgesicherte Ergebnisse zu liefern.