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Ein Pilz schädigt die Eschen

Züchtungsinitiativen zum Erhalt der wertvollen Baumart
Von Dr. Peter Röhe, Landesforst, Mecklenburg-Vorpommern
Foto 1: Typisches Erscheinungsbild mit abgestorbenen Blättern einer vom Pilz befallenen jungen Esche

Die heimische Esche (Fraxinus excelsior L.) gehört sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch zu den wertvollsten Baumarten in unseren Wäldern. Als Standort bevorzugt sie nährstoffreiche, feuchte und nasse Böden. Ein eingeschleppter Pilz bedroht derzeit Eschenbestände in ihrem gesamten natürlichen Verbreitungsgebiet, das große Teile Europas umfasst.

Der für den Baum oft tödliche Verlauf der Erkrankung hat zu einem massiven Eschensterben geführt und ist damit zu einem existenzbedrohenden Waldschutzproblem geworden. Da eine direkte Bekämpfung des Pilzes praktisch nicht möglich ist, sind zum Erhalt der Esche spezielle Projekte der Resistenzforschung sowie verschiedene Züchtungsinitiativen in den Vordergrund gerückt. Dazu zählt das im Zeitraum von 2016 bis 2021 durchgeführte Projekt ResEsche, welches hier vorgestellt wird. Res­Esche wurde als Verbundvorhaben des Landesforstes Mecklenburg-Vorpommern und des Thünen-Instituts für Forstgenetik durchgeführt und vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über den Projektträger FNR gefördert.

Schaderreger und Krankheitsbild

Bei dem Erreger des Eschentriebsterbens handelt es sich um einen aus Ostasien nach Europa eingeschleppten Schlauchpilz (Hymenoscyphus fraxineus). Die durch den Pilz verursachte Erkrankung der Esche wurde erstmals 1992 im Nordosten Polens beobachtet. In Deutschland ist die Krankheit erstmals in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2002 wahrgenommen worden. Mittlerweile hat sich der Pilz rasant über weite Teile Europas ausgebreitet und in großem Umfang Eschenbestände zum Absterben gebracht (Foto 1).

Die nur wenige Millimeter großen, weißen Fruchtkörper des Pilzes entwickeln sich ab Anfang Juni auf den vorjährigen Eschenblattstielen. Sie produzieren enorme Mengen an Sporen, die mit dem Wind verbreitet auf die Blätter der Eschen gelangen und dort keimen. Bei pathogenem Verlauf dringt der Pilz weiter in Mark und Holz der Eschentriebe ein, sodass diese daraufhin meist absterben. Indem jährlich neue Infektionen stattfinden, stirbt die Krone der Esche schrittweise von außen nach innen ab. Neben den Kronenschäden ruft der Pilz nicht selten auch Nekrosen am Stamm und Wurzelhals der Eschen hervor. Außerdem treten bei den durch Pilzbefall geschwächten Eschen regelmäßig Folgeschädlinge auf (zum Beispiel Hallimascharten oder der Eschenbastkäfer), die das Absterben der Esche noch beschleunigen.

Foto 2: Einzelne auffallend vitale Eschen (Bildmitte) in direkter Nachbarschaft zu stark geschädigten oder bereits abgestorbenen Bäumen bilden die Grundlage für die Züchtungsarbeit im Projekt ResEsche.

In Mecklenburg-Vorpommern, dem Projektgebiet, haben Schadensanalysen bereits früh erkennen lassen, dass der Pilz Eschen aller Altersstufen befällt. Vom Standort her sind die vom Pilz verursachten Schäden in Beständen auf Nassstandorten deutlich größer als auf unvernässten Böden. Dies legt nahe, dass eine hohe Bodenfeuchte das Pilzvorkommen begünstigt und sich deshalb der Infektionsdruck erhöht. Weiterhin konnte beobachtet werden, dass sich das Ausmaß der Erkrankung von Jahr zu Jahr ändern kann, was einen Einfluss der Witterung auf das Infektionsgeschehen vermuten lässt. Von ganz besonderer Bedeutung ist die Feststellung, dass auch bei anhaltend hohem Infektionsdruck einige wenige Eschen (geschätzt 1 bis 2 % der Population) nur geringe oder keine eindeutigen Symptome des Eschentriebsterbens zeigen (Foto 2). Daraus leitete sich schon früh die Hoffnung ab, dass diese Bäume über eine zumindest partielle Resistenz gegenüber dem Krankheitserreger verfügen. Zwischenzeitlich konnten darauf ausgerichtete Untersuchungen belegen, dass die beobachtete hohe Widerstandsfähigkeit einzelner Eschen genetisch bedingt und auch vererbbar ist. An diese Erkenntnis knüpft das eingangs erwähnte Projekt ResEsche mit zwei Züchtungsinitiativen an, die mit methodisch unterschiedlichen Ansätzen den Erhalt der Esche zum Ziel haben.

Aufbau einer Samenplantage

Der Ansatz dieser Initiative besteht darin, vegetativ erzeugte Nachkommenschaften von gegenüber dem Pilzbefall widerstandsfähigen Eschen in einer sogenannten Samenplantage zusammenzuführen, um mit dieser in wenigen Jahrzehnten Vermehrungsgut (Saatgut und daraus angezogene Pflanzen) mit starken Resistenzeigenschaften zu erzeugen. Der erste Schritt dafür stellte ein mehrstufiges Auswahlverfahren dar, mit dem gezielt in den bereits länger unter starkem Infektionsdruck stehenden Eschenbeständen die wenigen erkennbar gesund gebliebenen Bäume identifiziert wurden.

Foto 3: Vegetativ vermehrte und auf Resistenz getestete Pfropflinge als Topfpflanzen vor dem Ausbringen auf der Samenplantage Tressow

Unter Berücksichtigung zusätzlicher forstlich relevanter Kriterien (zum Beispiel Qualitätsmerkmale) konnten insgesamt 144 Eschen als sogenannte Plusbäume für die weitere Züchtungsarbeit selektiert werden. Alle Plusbäume sind zunächst mit dem Ziel der Identitätssicherung und zur optimalen Nutzung des genetischen Potenzials mittels Kernmikrosatelliten genetisch charakterisiert worden. Danach wurden aus der Lichtkrone der ausgewählten Bäume jeweils etwa 20 Reiser geworben und diese in Form einer vegetativen Vermehrung auf Unterlagen gepfropft. In einem weiteren Schritt wurden die Pfropflinge vor dem Auspflanzen auf der Plantage mit verschiedenen Methoden (Sporen- und Holzchiptest) auf Pilzresistenz getestet. Dabei konnten 126 der selektierten Plusbäume als Genotyp ihre hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Triebsterben belegen.

Foto 4: Eschen-Samenplantage Tressow im zweiten Standjahr

Für die Anlage der Samenplantage wurde eine 6,7 ha große und bisher als Acker genutzte Fläche ausgewählt (Ort: Tressow, nördlich der Stadt Waren). Dort sind in einem Verband von 6 x 4 m in den Jahren von 2019 bis 2021 von den 126 selektierten Genotypen insgesamt 1.159 Pfropflinge gepflanzt worden (Fotos 3 und 4). Als besondere Schutzmaßnahme bei Spätfrostgefahr wurden den Pflanzen anfänglich Jutesäcke übergestülpt. Auch wurden die Pflanzen in Dürreperioden wiederholt einzeln bewässert. Jährlich findet im September ein wissenschaftliches Monitoring mit der Begutachtung jeder einzelnen Pflanze statt. Im Mittelpunkt dabei steht die Beurteilung ihres Gesundheitszustandes. Bislang musste nur ein Genotyp mit zehn Pflanzen wegen erkennbar unzureichender Pilzresistenz durch Pflanzen eines anderen Genotyps ersetzt werden. Es besteht somit weiterhin die berechtigte Hoffnung, mit der angelegten Plantage künftig Saatgut für gesunde neue Eschengenerationen zu erzeugen.

Anlage einer Nachkommenschaftsprüfung

Mit dieser Initiative wird der Ansatz verfolgt, generativ (das heißt aus Samen) erzeugte Nachkommenschaften von selektierten Plusbäumen im Feldversuch auf Resistenz gegenüber dem Eschentriebsterben zu prüfen. Konkret wurden dafür von 64 Samen tragenden (weiblichen) Plusbäumen jeweils eine kleine Menge an Saatgut (rund 300 Samen je Baum) in Form einer Grünernte geworben. Die Samen sind unmittelbar nach der Ernte getrennt nach den Mutterbäumen in der landeseigenen Forstbaumschule ausgesät worden. Die im Folgejahr gut aufgelaufenen Sämlinge wurden später in Container verschult und bereits in der Baumschule durch Ausstreuen von infektiösem Material zwischen den Anzuchtplatten dem Schaderreger ausgesetzt. Am Ende der Anzuchtphase standen in der Baumschule nahezu 12.000 Pflanzen für die Anlage der Nachkommenschaftsprüfung bereit.

Die für die Prüfung ausgewählte Versuchsfläche (zuvor Ackernutzung) liegt nahe dem Ort Schuenhagen im nördlichen Vorpommern. Bei der Auswahl der Fläche war deren Nähe zu vielen erkrankten Eschenbeständen ein wichtiges Kriterium, um so die zu prüfenden Nachkommenschaften stetig einem hohen Infektionsdruck auszusetzen. Auf der 3 ha großen Fläche wurden insgesamt 989 Parzellen mit jeweils zwölf Pflanzplätzen eingerichtet. In jeder dieser Parzellen finden sich nur Nachkommen eines Mutterbaums, sodass im Durchschnitt jede Nachkommenschaft mit 15 Wiederholungen auf der Fläche vorkommen kann (Fotos 5 und 6).

Die Anordnung des Versuchs bietet zunächst die Möglichkeit, die Resistenz oder Anfälligkeit der Nachkommenschaften tiefgründig zu erforschen und damit die Grundlage für überlegte weitere Züchtungsvorhaben zu schaffen. Darüber hinaus ist es zu einem späteren Zeitpunkt möglich, die Versuchsanlage selbst in eine Samenplantage oder einen Saatgutbestand zu überführen, um damit einen Beitrag für die Versorgung der im Norddeutschen Tiefland ansässigen Forstbetriebe mit krankheitsresistentem Vermehrungsgut zu leisten.

Foto 5: Nachkommenschaftsprüfung Schuenhagen mit über 11.800 Pflanzen, die aufgeteilt auf 989 Parzellen wichtige Erkenntnisse über das Resistenzverhalten der Esche gegenüber dem Schaderreger liefern werden
Foto 6: Eschenpflanze auf der Prüf­fläche Schuenhagen im ersten Standjahr. Mulchplatte und Roggen als Begleitvegetation helfen in der Anwuchsphase. Fotos: Dr. Peter Röhe
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