StartNachrichtenWirtschaftDVT-Tagung: Mehr Forschung, Bildung und Technologietransfer

DVT-Tagung: Mehr Forschung, Bildung und Technologietransfer

Deutscher Verband Tiernahrung zeichnet Werner Schwarz aus
Von Dr. Robert Quakernack
Der Deutsche Verband Tiernahrung (DVT) hat Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU, r.) den diesjährigen DVT-Award verliehen. Da Schwarz nicht persönlich an der DVT-Jahrestagung teilnehmen konnte, erhielt er den Preis bereits Mitte September in Kiel. DVT-Präsident Cord Schiplage lobte das Engagement des Ministers, verbindend zu wirken und Interessen zusammenzubringen. „Ihr Talent, Brücken zu bauen, ist vorbildlich“, betonte Schiplage in seiner Laudatio. Der DVT stehe weiterhin gern mit Rat und Tat zur Seite und investiere auch zukünftig in die nachhaltige Herstellung von Futtermitteln. Schwarz hob die große Bedeutung der Futtermittelwirtschaft für die Weiterentwicklung der Tierernährung hervor. Als aktuelle Herausforderung nannte er die Verwendung der Ackerbohne, die zwar nicht überall beliebt sei, aber für die Lösungen gefunden werden müssten, wolle man ackerbaulich weiterkommen. Foto: rq

Kalkulierbare politische Rahmenbedingungen für eine zuverlässige Futter- und Lebensmittelversorgung forderte der Deutsche Verband Tiernahrung (DVT) Ende vergangener Woche auf seiner Jahrestagung in Berlin. DVT-Präsident Cord Schiplage griff in seiner Rede vor rund 300 Gästen verschiedene Themen wie den Investitionsbedarf beim Umbau der Tierhaltung, die hohen Energiekosten oder den zunehmenden Bedeutungsverlust der deutschen Agrarbranche im internationalen Vergleich auf.

„Investitionen werden zurückgehalten und die Tierzahlen gehen unaufhaltsam zurück. Gleichzeitig bedarf es weltweit einer höheren Proteinversorgung. Der deutsche Markt verliert zusehends an Bedeutung“, mahnte Schiplage.

Der DVT-Präsident kritisierte die aktuellen Vorschläge und Instrumente der Politik als unzureichend. „Wir müssen die gesicherten und langfristigen Erkenntnisse der Wissenschaft nutzen, um nachhaltige Lösungen für die Verwertung und Weiterverarbeitung von Ernteprodukten zu schaffen“, betonte Schiplage. Als Beispiele vielfältiger Lösungsansätze aus Wissenschaft und Wirtschaft nannte er die Verwertung von Co-Produkten, nachhaltige, entwaldungsfreie Lieferketten und die Nutzung moderner Züchtungsmethoden.

Stromsteuer senken

Auch die hohen Energiekosten machten der Futtermittelbranche zu schaffen. Angesichts der im europäischen Vergleich deutlich zu hoch angesetzten Stromsteuer sei eine Senkung dringend erforderlich, um die Qualität der Produktion und wirtschaftliche Existenzen zu sichern. Außerdem müsse sichergestellt werden, dass der Spitzenausgleich für das produzierende Gewerbe nicht auslaufe, sondern auch für das kommende Jahr gelte. Zu den weiteren Herausforderungen zählte Schiplage verschiedene Exportverbote und damit einhergehend fehlende Absatzmärkte, eine unsichere Warenverfügbarkeit oder auch die instabile Preislage.

Zahlen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) belegten die Notwendigkeit tiefgehender Lösungsansätze. Das produzierte Mischfuttervolumen ging laut BLE im Vergleich zum Wirtschaftsjahr 2021/22 um 4,6 % von 22,7 Mio. t auf 21,7 Mio. t zurück. Beim Mischfutter für Schweine fiel der Rückgang mit rund 800.000 t auf 8,2 Mio. t am härtesten aus.

Nachhaltige Intensivierung

Stephan von Cramon-Taubadel Foto: Uni Göttingen

Vor einer Agrarpolitik, die die Produktion von Nahrungsmitteln und die damit einhergehenden Umweltprobleme ins Ausland verlagert, warnte Gastredner Prof. Stephan von Cramon-Taub­adel von der Universität Göttingen. Die Klimakrise, Artensterben und die globale Ernährungsunsicherheiten machten aber eine nachhaltige Intensivierung der Landwirtschaft notwendig. „Wenn die Weltbevölkerung wächst und die Anbauflächen nicht ausgeweitet werden können, dann bleibt uns nur die Ertragssteigerung“, erklärte der Agrarökonom.

Die Effizienz und die Produktivität der globalen Nahrungsmittelproduktion könnten durch mehr Forschung, Bildung und Technologietransfers auf ökologisch nachhaltige Weise erhöht werden. Dies setze jedoch Technologieoffenheit sowie Investitionsfreudigkeit voraus. Als „Hoffnungsschimmer“ bezeichnete von Cramon-Taubadel die geplante Gentechnikreform der EU-Kommission zur Deregulierung neuer Züchtungsmethoden und den Vorschlag zur erneuten Zulassung von Glyphosat.

Knackpunkt Konsum

Durch die Ziele der europäischen Farm-to-Fork-Strategie drohe eine massive Verringerung der heimischen landwirtschaftlichen Produktion, so von Cramon-Taubadel. Diese werde nur dann nicht ins Ausland verlagert, wenn die Fleischnachfrage in Europa um die Hälfte sinke.

„Dreh- und Angelpunkt einer erfolgreichen Transformation der Landwirtschaft ist demzufolge der Konsum“, sagte der Agrarökonom. Daher müssten die Kosten der Umweltbelastungen bei Lebensmitteln konsequent eingepreist und Anreize für einen nachhaltigen Konsum gesetzt werden. age/rq

Die deutsche Mischfutterproduktion für Schweine ist im vergangenen Jahr um 10 % geschrumpft. Foto: Imago
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