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Digitalisiert, kalibriert, funktioniert?

Digitalisierung: Trends und Praxis
Von Jobst Gödeke, Landwirtschaftskammer NI
Autonomer Schlepper AgBot von der Firma AgXeed bei der Bodenbearbeitung. Fotos: Jobst Gödeke

Der Arbeitskräftemangel macht auch vor der Landwirtschaft nicht halt. Nicht nur für Arbeitsspitzen, wie die Erntesaison, werden Mitarbeiter händeringend gesucht, sondern auch ganzjährig besteht ein großes Angebot an offenen Stellen. Hinzu kommt, dass von Politik und Gesellschaft eine klein strukturierte Arbeitsweise mit einem verringerten Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel gefordert wird. Doch wie kann man diesen Herausforderungen begegnen?

Farmdroid FD 20 beim Hacken eines Zuckerrübenbestandes

Ein reduzierter Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, insbesondere von Herbiziden, führt dazu, dass der Bedarf an mechanischer Unkrautbekämpfung steigt. Dieser gut gemeinten Forderung stehen allerdings fehlende Arbeitskräfte und steigende Lohnkosten für die mühevolle Jätarbeit gegenüber. Um dieser Herausforderung zu begegnen, findet vermehrt der Einsatz von autonom fahrenden Feldrobotern auf norddeutschen Flächen statt. Ein bekanntes Beispiel ist der Farmdroid FD 20. Beim Farmdroid handelt es sich um eine Maschine, die sich selbstständig über den Acker fortbewegt und dabei vollautomatisch die Aussaat und die Unkrautbekämpfung übernimmt. Über ein integriertes Solarmodul erfolgt die Ladung der Batterien des elektrisch angetriebenen Feldroboters. Die Arbeitsgeschwindigkeit des zirka 1 t schweren Gerätes beträgt 1 km/h. Nach der Aussaat können die sechs Säaggregate durch Hackaggregate ersetzt werden, die Unkraut sowohl zwischen den Reihen als auch zwischen den Pflanzen, in der Reihe, entfernen können. Dadurch, dass die Aussaat vom Roboter durchgeführt worden ist, ist die Position der Pflanzen bekannt und das Gerät weiß selbstständig wo gehackt werden und – noch wichtiger – wo nicht gehackt werden darf.

Ackerschlepper AgBot

Nicht nur im kleineren Format, sondern auch im Bereich der Großgeräte hält die Robotik Einzug. Das Start-up-Unternehmen AgXeed aus den Niederlanden hat den autonomen Schlepper AgBot 5.115 T2 entwickelt. Erklärtes Ziel der Entwicklung dieses Roboters ist es, zum einen dem Fachkräftemangel durch autonomes Arbeiten entgegenzuwirken und zum anderen ein Trägerfahrzeug zu schaffen, das mit den im europäischen Markt verfügbaren Anbaugeräten kompatibel ist. Ein Landwirt muss sich folglich keine neuen Anbaugeräte anschaffen, sondern kann verwenden, was bereits auf dem Hof vorhanden ist.

Der Transport des AgBot von Feld zu Feld ist nur per Tieflader zugelassen.

Der AgBot wird ohne Kabine gebaut, wirkt daher, trotz seines Leergewichtes von 7,8 t, etwas kompakter als ein klassischer Standardschlepper. Angetrieben wird der Schlepper von einem 115-kW-Deutz-Dieselmotor, zudem sind eine elektrische Zapfwelle, ein 8-t-Heckkraftheber sowie ein 3-t-Frontkraftheber verbaut. Über 780 mm breite Gummikettenlaufbänder können Geschwindigkeiten von 0,1 bis 13,5 km/h erreicht werden. Einsatzgebiete sollen vor allem die Bodenbearbeitung sowie die Aussaat sein.

Routenplanung im Portal

Die Sicherheitskomponenten

Beim autonomen Fahren bewegt sich ein Fahrzeug oder eine Maschine selbstständig fort, ohne dass ein Mensch vom Fahrzeug aus Entscheidungen trifft oder als Überwacher tätig ist. Die Steuerung des Fahrzeugs wird über den Computer im Büro oder über mobile Endgeräte, wie Smartphone oder Tablet, vorgenommen. In Notfällen können autonome Fahrzeuge natürlich auch direkt am Gerät mit einem Notausschalter ausgeschaltet oder bedient werden, dennoch können unvorhergesehene Ereignisse eintreten, die gefährlich sind. Vor diesem Hintergrund ist eine Vielzahl an Sicherheitskomponenten am Roboter verbaut. Bevor der AgBot zum Einsatz kommt, werden die Feldgrenzen von vorher zertifiziertem Personal mittels GPS-Stab eingemessen. Im Anschluss werden die Arbeitsgeräte exakt vermessen, sodass das Fahrzeug diesen digitalen „Zaun“ in keinem Fall überschreitet. Ein auf dem Roboter verbauter Lidar-Sensor erfasst das Umfeld in bis zu 30 m Entfernung und deckt den Gefahrenbereich in Fahrtrichtung sowie den Schwenkbereich des Arbeitsgerätes ab. In Fahrtrichtung ist an der Front des AgBots ein sogenannter Bumper angebracht. Im Bumper befinden sich zwei Radarsensoren, die das Umfeld in 15 m Entfernung erkennen und die Maschine verlangsamen, sollte ein Hindernis erkannt werden. Weiterhin befinden sich dort sechs Ultraschallsensoren, die ähnlich wie Einparkhilfen im Pkw-Bereich das direkte Umfeld erkennen und das Fahrzeug verlangsamen. An vorderster Front des Bumpers befindet sich ein Schaumstoffkissen, welches bei Kontakt den Roboter sofort stoppen und sich ausschalten lässt. Der AgBot verfügt in Deutschland über keine Straßenzulassung, sodass ein Transport über öffentliche Straßen nur per Tieflader möglich ist, was die Flexibilität auf nicht vollständig arrondierten Betrieben natürlich deutlich verringert.

Planung der Routen

Nachdem das Feld eingemessen ist, kann der Roboter eingesetzt werden. Zunächst muss allerdings ein exakter Arbeitsauftrag erstellt werden. Mithilfe einer App können über Tablet oder Smartphone die Einstellungen getätigt werden. Neben klassischen Maschineneinstellungen, wie zum Beispiel Arbeitstiefe oder Geschwindigkeit, können auch Start- und Zielpunkt sowie die Route der Maschine festgelegt werden. Während der Roboter autonom das Feld bearbeitet, hat der Bediener die Möglichkeit, über Videokameras die Arbeitsqualität der Maschine zu überwachen.

Fazit

Es ist durchaus vielversprechende Technik auf dem Markt verfügbar, mit der Betriebsleiter einem Arbeitskräftemangel und hohen Anforderungen an präzisen, ressourcenschonenden Pflanzenschutz begegnen können. Es bedarf einer gewissen Affinität zu digitalen Lösungen und der richtigen betrieblichen Gegebenheiten – sowohl monetär als auch strukturell. Automatisierung als Erleichterung ist dennoch grundsätzlich möglich. Digitalisierung und Automatisierung als Managementwerkzeuge können den Blick in den Bestand gewiss ergänzen, aber absolut nicht ersetzen.

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