Anfang März sind die zur Abkalbung anstehenden Kühe in den umgebauten Abkalbestall gezogen. Dieser weist zwei Gruppenbuchten mit Separee und eine Größe von 88 m² sowie zwei Einzelbuchten mit einer Größe von 44 m² auf. Im Abkalbestall ist zusätzliche Fläche für den Strohbereich der behandlungswürdigen und frisch abgekalbten Kühe vorhanden. Die Buchten mit Separee sollen das Tierwohl verbessern und den Kühen das Ausüben des natürlichen Verhaltens ermöglichen. So haben sie die Möglichkeit, sich zum Zeitpunkt der Kalbung von der Gruppe zu separieren.
Im Iglustall ist im Lehr- und Versuchszentrum eine frühe Gruppenhaltung eingebaut, parallel zur klassischen Einzeligluhaltung. Die frühe Gruppenhaltung bietet den Kälbern unter anderem die Möglichkeit der frühen Sozialisierung.
Der Abkalbestall
Im Abkalbestall haben sich die Routinen nur dahingehend geändert, dass die Kühe größere Flächen zur Verfügung haben, die gereinigt, gestreut und gemanagt werden müssen. Der Ablauf der alltäglichen Arbeiten ist gleich geblieben. Drei Wochen vor der Kalbung kommen die Kühe in den Abkalbestall und verbleiben dort in der Gruppenbucht, mit Separee oder in der Einzelbucht, bis zur Abkalbung. Anschließend werden sie in den großen Strohbereich umgestallt. Dort werden die Kühe nach der Kalbung engmaschig überwacht und betreut.
Innerhalb des Projektes soll geklärt werden, ob die Tiere vermehrt das Separee aufsuchen und inwieweit sich der Kalbeverlauf eventuell unterscheidet. Aktuell kann nur ein Zwischenfazit gezogen werden, da der Versuch noch bis Ende Juni 2025 läuft. Erst nach der Datenaufnahme wird eine analytische Auswertung der finalen Ergebnisse vorliegen. Demnach sind die folgenden Zahlen nur eine kurze Zusammenfassung und beschreiben die aktuellen Beobachtungen. Bisher haben 94 Kühe in dem neuen Abkalbestall gekalbt und bilden damit die bisherige Versuchsgruppe. Davon haben 38 Kühe in einer Einzelbucht und 56 Kühe in einer Gruppenbucht gekalbt. Von den 56 Kühen in der Gruppenbucht haben 26 Kühe im Separee gekalbt. Von den 21 Kühen, die nicht im Separee gekalbt haben, hätten acht jedoch das Separee aufsuchen können. 13 Kühe hatten aus organisatorischen Gründen nicht die Möglichkeit, das Separee aufzusuchen.
Die Kühe werden zusätzlich mit Videokameras überwacht. Dokumentiert werden dabei vor allem der Kalbeverlauf und die Häufigkeit der Nutzung der Separees. Eine Auswertung der Videos erfolgt, wenn ausreichendes Datenmaterial vorhanden ist. Die aktuellen Beobachtungen durch die Mitarbeiter im Kuhstall zeigen, dass es anscheinend keine auffallenden Veränderungen im Kalbeverlauf innerhalb des Separees oder außerhalb des Separees gab.
Situation im Iglustall
Im Iglustall startete aktuell der siebte Durchgang mit Kälbern in der frühen Gruppenhaltung. Zurzeit ist die Gruppe noch nicht voll besetzt und weitere Kälber werden erwartet. In der frühen Gruppenhaltung laufen bis zu acht Kälber gemeinsam. Anfangs sind die Einzelausläufe heruntergeklappt, sodass die Kälber ausreichend und gesichert mit Kolostrum versorgt werden. Am zweiten Lebenstag werden die Ausläufe hochgeklappt und die Kälber über einen Tränkeautomaten versorgt.
Insgesamt sind seit Beginn des Versuchs, Anfang März 2024, 98 Kälber geboren worden. Die Differenz zu der Anzahl an Kühen (94) ergibt sich aus drei Zwillingsgeburten. Von den 98 Kälbern wurden 45 Kälber in der frühen Gruppenhaltung und 53 Kälber in den Einzeliglus gehalten. Die statistischen Auswertungen werden, wie bei den Kühen, erst im kommenden Jahr erfolgen, sobald die Datenaufnahme abgeschlossen ist. Ebenso wie im Abkalbestall beruhen die Aussagen vorerst nur auf aktuellen Beobachtungen, die keine finale Schlussfolgerung oder Aussagen zu Versuchsergebnissen zulassen.
Durch digitalisierte Listen wird ein sorgfältiger Gesundheitscheck im Stall ermöglicht. Alle Kälber werden ab der Geburt bis zum 77. Lebenstag dreimal wöchentlich gesundheitlich überwacht und beurteilt. Es sollen eventuelle Unterschiede zwischen den Kälbern der Einzeligluhaltung und denen der frühen Gruppenhaltung aufgedeckt werden. Zudem steht das Tierwohl an oberster Stelle und kleine Abweichungen wie wiederholtes Husten, wässriger Nasenausfluss, tränende Augen, starke Kotverschmutzungen, schlechter Allgemeinzustand oder hängende Ohren et cetera können schnell erkannt und behandelt werden. Es sind bislang keine wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden frühen Haltungssystemen aufgefallen. Diese Aussage lässt sich aber erst nach einer statistischen Auswertung bestätigen oder widerlegen.
Gesundheit der Kälber
Wider Erwarten sind auch die jungen Kälber aus der frühen Gruppenhaltung nicht dem höheren Infektionsdruck mit folgender Erkrankung ausgesetzt. Es ist in der frühen Gruppenhaltung kein Krankheitseinbruch seit Start des Versuchs beobachtet worden. Im weiteren Verlauf der Versuchsauswertung wird die Auswertung der Speichelkortisolproben interessant. Mittels dieser Proben wird das Stressniveau der Kälber insbesondere zum Zeitpunkt des Umstallens ermittelt. Innerhalb des Projektes ist von großem Interesse, ob die Kälber aus der frühen Gruppenhaltung weniger Stress als die Kälber aus der Einzeligluhaltung zum Zeitpunkt des Umstallens haben. Diese Auswertung erfolgt ebenfalls im kommenden Jahr.
Fazit
Seit einem halben Jahr läuft die Datenaufnahme im Projekt „InnoRind“ im Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp der Landwirtschaftskammer. Beobachtungen zeigen bisher eine Ausgewogenheit in Bezug auf den Ort der Kalbung. Sowohl das Separee wird zur Kalbung aufgesucht als auch ein Platz inmitten der Gruppe oder in einer Einzelbucht. Der Kalbeverlauf zeigt sich in allen Bereichen ähnlich, ohne Auffälligkeiten. Im Iglustall sieht man in der frühen Gruppenhaltung sehr agile und aufgeweckte Kälber, die sich durch einen Nachahmungseffekt am Tränkeautomaten selbst anlernen. Eine Auswertung des Stressniveaus zum Zeitpunkt des Umstallens erfolgt am Ende des Projektes. Bisherige Beobachtungen in den Gesundheitsdaten zeigen keine Unterschiede in den beiden frühen Kälberhaltungssystemen.