Beim Neujahrsempfang der Erneuerbaren Energien am vergangenen Donnerstag im Kieler Landeshaus machte die Branche deutlich, dass der Ausbau Regenerativer Energien und der Sektorenkopplung dringend vorangebracht werden müssen. Krisen und Verunsicherung könne damit begegnet werden. Das Nachbarland Dänemark hegt dazu ambitionierte Ziele.
„Blicken wir auf das Energiesystem von morgen, verbindet Dänemark und Schleswig-Holstein eine gemeinsame Zukunft“, erklärte Susanne Hyldelund, Botschafterin des Königreichs Dänemark in Deutschland, und plädierte für mehr Vernetzung und grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Zu den Potenzialen vor allem der Windenergie sagte Hyldelund: „Dänemark hat den Anspruch, vorwegzugehen und ein grüner Pionier zu sein.“ Bis 2030 wolle das Königreich seine Offshore-Kapazitäten verfünffachen, was ausreiche, um 15 Millionen europäische Haushalte in Zukunft mit Strom zu versorgen. Derzeit gebe es in Dänemark etwa drei Millionen Haushalte, veranschaulichte die Botschafterin.
„Energieinseln“ in Nord- und Ostsee
Um diese Erzeugungskapazitäten effizient zu nutzen, plane das Land den Aufbau sogenannter Energieinseln in der Nord- und Ostsee, auf denen auch die Produktion von Grünem Wasserstoff möglich werden solle. Hyldelund betonte die Rolle Grünen Gases, das bereits heute in Form von Biogas zur Verfügung stehe. „Wir setzen auf Biomethan und wollen bis 2030 einhundert Prozent des Gasverbrauchs mit Biomethan decken.“ Heute seien es 35 %. Dänemark habe großes Potenzial, Europa künftig mit Grünem Strom, Gasen und Treibstoffen zu versorgen. Um dieses Potenzial zu heben, sei eine enge Kooperation notwendig. Schleswig-Holstein sei hierzu ein wichtiger Partner.
Die Energiewende setze der aktuellen Krise und Verunsicherung etwas entgegen, erklärte Energiewendeminister Tobias Goldschmidt. Der Grünen-Politiker verwies auf die bisherigen Erfolge beim Zubau der Windkraft an Land, bei dem Schleswig-Holstein immer wieder Spitzenreiter sei. „Wir sind auf Zielerreichungskurs, was unser Zehn-Gigawatt-Ziel bis 2025 angeht“, erklärte Goldschmidt. Es brauche aber Perspektiven für den weiteren Ausbau. Auf dem starken Fundament der Erneuerbaren könne das Land es schaffen, zu einer Klimawirtschaftszone zu werden, aus der wirtschaftliche Folgeentwicklungen hervorgingen. „Wir müssen die Stellschrauben für eine starke Wasserstoff- und Sektorkopplungswirtschaft im Land stellen.“
„Wir haben uns auf den Weg gemacht, Schleswig-Holstein zum ersten klimaneutralen Industrieland werden zu lassen“, verdeutlichte Innenministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack (CDU), deren Haus für die Planung und Zurverfügungstellung von Flächen zuständig ist. Die Ministerin skizzierte die für einen beschleunigten Ausbau von Windkraft und Photovoltaik bereits getroffenen Maßnahmen, verwies aber darauf, dass Planungen auch weiterhin gründlich und rechtssicher erfolgen müssten. Sütterlin-Waack zeigte sich zuversichtlich, bereits bis 2027 die Vorgabe von 15 GW aus dem Koalitionsvertrag umsetzen zu können.
Dringlichkeit der Sektorenkopplung
Für Marcus Hrach, Geschäftsführer des Landesverbandes Erneuerbare Energien (LEE SH), stellt die Zeitenwende in der Energiepolitik keine Bürde, sondern eine Chance dar. Im Stromsektor funktioniere sie bereits, „aber wir müssen dringlichst in die anderen Sektoren kommen“. Besonders im Wärmebereich sei eine Transformation notwendig. Zum Gelingen müssten nun die regulatorischen Weichen gestellt werden, denn der tatsächliche Umbruch stehe noch immer aus. Als „wichtige Zwischenschritte“ bezeichnete Hrach die bereits getroffenen Maßnahmen. Das überragende öffentliche Interesse laut § 2 EEG sei aber „offenbar noch nicht in allen Behördenebenen als Automatismus angekommen“. Auch ein weiterer Zubau auf ausgewiesenen neuen Flächen müsse folgen.
Der CEO der Arge-Netz, Stephan Frense, sieht Schleswig-Holstein in einer Vorreiterrolle und appellierte mit Blick nach Bayern, dass das nördlichste Bundesland in dieser Thematik lauter werden solle. „Wir sollten alles daransetzen, dass wir mit Süddänemark einen gemeinsamen Wirtschaftsraum der Grünen Energiewirtschaft erstellen.“ Auch um dem Fachkräftemangel zu begegnen, könnten beide Länder gemeinsam agieren.
Vor dem Hintergrund der noch immer verbreiteten Abschaltungen von Windkraftanlagen forderte Ove Petersen, Vorstand des LEE SH, Möglichkeiten zu schaffen, den Strom vor Ort nutzen zu können. „Der Netzausbau wird nie so schnell erfolgen, wie der Zubau der Erneuerbaren passieren muss.“ Petersen warb dafür, den Bereich Sektorkopplung verstärkt in den Blick zu nehmen. Um Klimawirtschaftszone zu werden und Industrie anzusiedeln, müsse die Energie vor Ort verfügbar gemacht werden, was unmittelbar auch mit einer höheren Akzeptanz ihrer Erzeugung zusammenhänge.