Das abgelaufene Wirtschaftsjahr (WJ) 2022/2023 und das vorangegangene WJ 2021/2022 werden vielen Betriebsleitern lange in Erinnerung bleiben. Es waren Jahre mit vielen wirtschaftlichen Extremen. Bis heute beeinflussen die Auswirkungen das aktuelle Geschehen. Auch im Schweinereport Schleswig-Holstein der Schweinespezialberatung Schleswig-Holstein (SSB) und der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein wird dies sichtbar.
Der Strukturwandel gemäß den Veröffentlichungen der amtlichen Viehzählungen spiegelt sich annähernd identisch in den Auswertungen der SSB-Betriebe wider.
Strukturwandel setzt sich fort
Zwar betraf der Strukturwandel in den ersten Jahren vermehrt kleiner strukturierte Betriebe, in den vergangenen Jahren hingegen waren alle Betriebsgrößenklassen von diesen Entwicklungen betroffen. Die Anzahl der ausgewerteten Bestandssauen reduzierte sich in den vergangenen zehn Jahren nicht im gleichen Umfang wie die Zahl der Betriebe. Im Schnitt der vergangenen fünf Jahre wurden gleichbleibend 321 Sauen gehalten. Leistungssteigerungen der vergangenen zehn Jahre um insgesamt 2,7 auf 31,8 abgesetzte Ferkel je Sau und Jahr konnten den Strukturwandel in der Ferkelerzeugung teilweise für die Mäster ausgleichen.
Die biologischen Leistungen
Im WJ 2022/2023 wurden durchschnittlich etwa 0,5 Ferkel je Sau und Jahr weniger abgesetzt als im Vorjahr. Ein vergleichbares Ergebnis wurde im WJ 2018/2019 beobachtet. Beide Jahre haben gemeinsam, dass das Vorjahr jeweils wirtschaftlich schwierig für die Ferkelerzeuger war. Die Gründe des letztjährigen Rückgangs können teilweise auf eine verringerte Remontierung zurückgeführt werden. Während im WJ 2021/2022 die Remontierungsrate mit 44 % dem langjährigen Durchschnitt entsprach, betrug sie im WJ 2022/2023 unterdurchschnittliche 38,5 %. Dies spricht für Einsparmaßnahmen im Tierzukauf als Reaktion auf die angespannte wirtschaftliche Lage.
Eine verringerte Wurffolge von 2,26 Würfen je Sau und Jahr (2,30 im Vorjahr) ist der Hauptfaktor für den Rückgang der biologischen Leistungen, gemessen an den abgesetzten Ferkeln. Über alle Altersgruppen (Jung- sowie Altsauen) reduzierte sich außerdem die Wurfleistung um 0,1 lebend geborene Ferkel je Wurf auf 16,3 und ist damit ein weiterer Faktor für diese Entwicklung.
Das wirtschaftlich erfolgreiche Viertel der Betriebe hingegen steigerte mit 34,9 abgesetzten Ferkeln je Sau und Jahr die biologischen Leistungen um 0,2 Ferkel auf einen Höchstwert aller bisherigen SSB-Auswertungen. Diese Leistung erreichte diese Betriebsgruppe durch eine zum Vorjahr konstante Wurffolge von 2,29 Würfen je Sau und Jahr bei einer Steigerung der Zahl lebend geborener Ferkel je Wurf um 0,4.
Der Trend der reduzierten Saugferkelverluste aus dem WJ 2021/2022 (–1,4 %) konnte im vergangenen Jahr fortgesetzt werden. Mit 13,7 % Saugferkelverlusten verbesserten die Betriebe die Aufzuchtleistungen an der Sau auf den besten Wert der vergangenen zehn Jahre. Die Top-25-Betriebe hingegen wiesen mit nur 12,4 % eine leicht gestiegene Verlustquote im Vergleich zum Vorjahr auf.
Zum einen wurden Niedrigwerte bei den Saugferkelverlusten erreicht, zum anderen Höchstwerte bei den Ferkelerlösen. Im Durchschnitt konnten 81,40 € netto für ein 30-kg-Ferkel erlöst werden. Dieser Umsatz übersteigt den bisherigen Höchstwert von knapp 80 € netto aus dem WJ 2019/2020. Dieser Erfolg wurde durch die insbesondere im zweiten Wirtschaftshalbjahr gestiegenen Ferkelnotierungen erreicht (VEZG-Ferkelnotierung 25 kg, Juli bis Dezember 2022: 50,56 € –> Januar bis Juni 2023: 79,58 €).
Weitersteigende Futterkosten
Höchstwerte wurden aber auch bei den Futterkosten erreicht. Im Vergleich zum Niveau vor zwei Jahren stiegen diese nun im Schnitt um 55 % auf 40,00 €/dt für Sauenfutter. Das Ferkelfutter wurde durchschnittlich für 55,20 €/dt eingekauft. Diese gestiegenen Einkaufspreise bedingten, dass die gesamten Futterkosten (Sauenfutter und Ferkelfutter) je Kilogramm Ferkelzuwachs von der Geburt bis zum Verkauf von 90 ct im WJ 2020/2021 über 1,08 € im WJ 2021/2022 auf den Rekordwert von 1,37 € im WJ 2022/2023 gestiegen sind. Das sind innerhalb von zwei Jahren 47 ct beziehungsweise 52 % Steigerung.
Diese beiden Rekordwerte (Umsatzerlöse und Futterkosten) hatten zur Folge, dass die biologischen Leistungen in Form der abgesetzten Ferkel je Sau und Jahr den größten Einfluss auf die Direktkostenfreien Leistungen (DKfL) erlangten. Weiterhin zeigte sich ein Zusammenhang zwischen dem Sauenfutterverbrauch und der Anzahl abgesetzter Ferkel.
Die biologisch erfolgreichsten Betriebe (mehr als 31,5 abgesetzte Ferkel) konnten 34,1 Ferkel je Sau und Jahr absetzen, bei Sauenfutterkosten von 541 € je Sau und Jahr (–> 40,07 €/dt), während die biologisch schwächste Gruppe (weniger als 29,5 abgesetzte Ferkel) lediglich 26,9 Ferkel je Sau und Jahr abgesetzt hat, bei Sauenfutterkosten von 500 € je Sau und Jahr
(–>38,46 €/dt). Durch die hohe biologische Leistung war ein abgesetztes Ferkel in der erfolgreicheren Gruppe mit 15,86 € Sauenfutter belastet und hatte somit einen Vorteil von 2,72 € gegenüber den schwächeren Betrieben (18,59 € pro abgesetztem Ferkel).
Tendenziell teureres Ferkelfutter haben die Top-25-Betriebe mit durchschnittlich 57,20 €/dt eingekauft im Vergleich zu 55,20 €/dt im Mittel aller Betriebe. Bei vergleichbarer Säugedauer und ähnlichen Absetzgewichten ist der höhere Futterpreis nicht begründet durch ein niedrigeres Absetzgewicht und die damit verbundene Notwendigkeit, höherwertige Futtermittel einzusetzen. Er beruht auf anderen Aspekten der Produktion sowie den strategischen Entscheidungen des Betriebsleiters.
Schleswig-Holstein über Bundesschnitt
Unterm Strich war das vergangene Wirtschaftsjahr mit 798 € DKfL je Sau ohne Sonderzahlungen (SoZ) – in der Regel in Form von ITW-Beiträgen – (861 € mit SoZ), bedingt durch die guten Erlöse in der zweiten Jahreshälfte, ein überdurchschnittliches Jahr und nach dem WJ 2019/2020 das zweitbeste der vergangenen zehn Jahre. Trotz des Rückganges der biologischen Leistungen ist Schleswig-Holstein mit 31,8 abgesetzten Ferkeln je Sau und Jahr etwa 0,5 Ferkel besser als der aktuelle Bundesschnitt laut Erzeugerringdatenbank.
Allerdings haben leichte Nachteile bei den Futter- und Energiekosten zur Folge, dass der Norden etwa 100 € geringere DKfL hat als der aktuelle Bundesdurchschnitt. Bei Annahme der Festkostenbelastung eines durchschnittlichen Betriebes mit Neubau ohne SoZ von 798 € (251 € Arbeitserledigungskosten, 403 € Gebäudekosten, 144 € Gemeinkosten und Zinsansatz) wurde trotz der hohen DKfL genau eine Vollkostendeckung erreicht. Daher konnten im abgelaufenen Wirtschaftsjahr nicht auf allen Betrieben Fehlbeträge der Liquidität aus dem WJ 2021/2022 ausgeglichen oder Rücklagen für die anstehenden Investitionen gebildet werden.