Seit dem 22. September läuft der Film „Mittagsstunde“ in den deutschen Kinos, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Autorin Dörte Hansen. Rund 294.000 Zuschauer (Stand 6. Dezember) haben sich den Film inzwischen angeschaut. Das Besondere: Der Film wurde in zwei Fassungen gedreht – einer hochdeutschen sowie einer plattdeutschen Version mit hochdeutschen Untertiteln.
Für Regisseur Lars Jessen und sein Team sind die Besucherzahlen eine tolle Bilanz. Noch mehr überrascht ihn aber, dass die plattdeutsche Variante so gut ankommt. Selbst im bayerischen Augsburg wollten die Kinobesucher lieber die plattdeutsche Fassung sehen: „Weil der Film dadurch authentischer ist und die Menschen sich darin wiedererkennen“, erklärte Lars Jessen bei einem Filmabend mit anschließendem Gespräch im Kinocenter Rendsburg mit Inhaberin Nicole Claussen auf Einladung des Schleswig-Holsteinischen Heimatbundes (SHHB). Geplant war ursprünglich nur die hochdeutsche Version, die plattdeutsche Fassung war als Nischenprodukt gedacht, ein „Nice-to-have“ vor allem für die norddeutschen Kinobesucher. „Zwei Tage vor Drehbeginn überkam mich das schlechte Gewissen gegenüber dem Buch, in dem die Dialoge alle auf Plattdeutsch sind. Als Produzent und Verantwortlicher für den Film entschied ich mich, das Risiko einzugehen und den Film zwei Mal zu drehen“, so Jessen.
Da es aber sehr viel Geld kostet, zwei Filme zu produzieren, konnte das Vorhaben nur mit der gemeinsamen Förderung durch den Deutschen Sparkassen- und Giroverband, das Land Schleswig-Holstein und das ZDF realisiert werden. Ein Risiko, das mit Erfolg gekrönt wurde. Denn selbst die Schauspieler in dem Film, die allesamt kein Plattdeutsch sprechen, hatten schon nach kurzer Zeit die Sprache lieb gewonnen. „So fragten mich Charly Hübner und Peter Franke bereits am zweiten Drehtag, ob wir nicht immer als Erstes die plattdeutsche Fassung drehen könnten“, erzählte der Regisseur.
Dörte Hansen hatte die gesamten Dialoge auf Audio aufgenommen, die sich die Schauspieler kurz vor den Einstellungen noch einmal anhören und dann wiedergeben konnten. „So hat sich das Plattdeutsch einfach den Film erobert“, meint Jessen. „Damit ist der Film noch einmal ein ganz anderer Weg, Plattdeutsch zu den Menschen zu bringen“, sagte der Minderheitenbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, Johannes Callsen. „Der Film macht neugierig auf Plattdeutsch und zeigt, dass Platt zu Schleswig-Holstein gehört. Für uns Kinobesitzer im Land ist es ein großes Geschenk, diesen Film im Programm zu haben“, betonte auch Nicole Claussen. Zudem könne so ein Film ein Auftrag sein, sich mit dem thematisierten ländlichen Strukturwandel zu beschäftigen und daraus Lösungen und Ideen für die Zukunft des ländlichen Raums zu entwickeln, ergänzte Johannes Callsen.
„Kultur und Heimat müssen sich immer neu erfinden und sich jedes Mal neu definieren, sonst wird es rückwärtsgewandt und langweilig. Der Film regt dazu an, als dörfliche Gemeinschaft mit dem, was man kennt, und dem, was neu kommt, nach vorn zu gehen, sich auf den Weg in die Zukunft zu machen“, so auch Lars Jessen.