Die Schweinehaltung in Deutschland und Schleswig-Holstein leidet unter dem andauernden politischen Schlingerkurs. Der gewünschten Transformation hin zu mehr Tierwohl fehlen weiterhin das rechtliche Korsett und die finanzielle Unterfütterung. Im Kieler Landtag machten die Fraktionen vergangene Woche ihre Positionen zur Entwicklung der Veredlungsbranche deutlich.
Laut der agrarpolitischen Sprecherin der CDU, Rixa Kleinschmit, hat sich die Zahl der Schweine haltenden Betriebe in den vergangenen zehn Jahren nahezu halbiert. Die Gründe dafür lägen aber nicht nur auf der Einkommensseite, sondern auch in unklaren, unsicheren Rahmenbedingungen. Dabei habe es sinnvolle Ansätze gegeben, einen breiten Konsens über Nutzer- und Schützergruppen zu erzielen. Kleinschmit hob insbesondere die Vorschläge der sogenannten Borchert-Kommission hervor, die ihre Arbeit im August jedoch aufgrund des fehlenden Umsetzungswillens der Bundesregierung niedergelegt hat. „Dies ist ein Armutszeugnis!“, kritisierte die Agrarsprecherin.
Ein erster Schritt in die richtige Richtung sei die Einführung der Haltungskennzeichnung. Diese sei aber nicht weitgehend genug, da sie zurzeit nur das Frischfleisch aus der Schweinemast betreffe. Damit es zu keiner weiteren Wettbewerbsverzerrung komme, sei es notwendig, schnellstmöglich die anderen Produktgruppen, Tierarten sowie verarbeitete Produkte und Importprodukte zu erfassen.
Mit Blick auf die Entwürfe zur Förderung von investiven und laufenden Maßnahmen für Tierwohlverbesserungen bemängelte Kleinschmit die engen Bestandsobergrenzen. Dadurch verwässere die Förderung und reduziere die Möglichkeit von Tierwohlmaßnahmen für große Bestände massiv. Außerdem sei immer noch nicht klar, wie groß die Gesamtförderung sein werde. Vor dem Hintergrund, dass Stallbaumaßnahmen nicht von heute auf morgen entschieden, geplant und beantragt würden und Förderungen hier eine wichtige Rolle spielten, habe dies nichts mit Planungssicherheit zu tun.
Tierzahlen reduzieren
Laut Grünen-Agrarsprecher Dirk Kock-Rohwer ist die verpflichtende Haltungskennzeichnung für einen erfolgreichen Umbau der Tierhaltung unerlässlich. Er stellte klar, dass der Umbau von der Gesellschaft mitgetragen werden müsse, auch finanziell. Seine Partei habe die von der Borchert-Kommission vorgelegten Vorschläge unterstützt und tue dies weiterhin. Das jahrelange Ziel des „Wachsens und nochmals Wachsens“ müsse sich jetzt ändern.
Um den Schweine haltenden Betrieben die Umstellung zu erleichtern, würden ab 2024 Fördermittel für Investitionen in den Umbau der Stallungen bereitgestellt, aber gebunden an eine Tierhaltungsobergrenze von 2 GV/ha und in der Förderhöhe abnehmend mit steigenden Tierzahlen. Auch im Bauplanungsrecht und beim Immissionsschutz seien erste Veränderungen vorgenommen worden. Dies müsse auch auf andere Tierarten und auf europäische Ebene ausgedehnt werden, so Kock-Rohwer. Er ergänzte: „Um dem Klimawandel entgegenzuwirken, werden wir nicht umhinkommen, auch die Tierzahlen zu reduzieren.“
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Losse-Müller erklärte: „Wir brauchen, wie es richtig im Entschließungsantrag der Koalition auf Bundesebene heißt, eine klima-, umwelt- und tiergerechte sowie ökonomisch tragfähige Tierhaltung.“ Dafür sei ein Bündel an Maßnahmen notwendig. Politik müsse sowohl den Verbrauchern die notwendige Transparenz bieten als auch den tierhaltenden Betrieben Planungssicherheit. Die SPD werde sich hier einbringen.
Bürokratie abbauen
FDP-Agrarsprecher Oliver Kumbartzky sieht in den nationalen Standards, die im Vergleich zum EU-Binnenmarkt immer weiter angehoben worden seien, eine Hauptursache für die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit deutscher Landwirte. Er unterstrich: „Wir müssen auf allen Ebenen Bürokratie abbauen, statt immer neue Auflagen zu schaffen.“ Wie viel Geld zukünftig für den Umbau der Tierhaltung bereitgestellt werde, hänge maßgeblich vom zugrunde liegenden Finanzierungskonzept ab. Erst wenn vom grün geführten Bundesagrarministerium ein konkretes Konzept zur dauerhaften Bereitstellung von Finanzmitteln vorliege, könne darüber im Detail beraten werden. „Und erst danach ist es sinnvoll, über weitere Mittelbereitstellungen im Landwirtschaftsetat des Bundes zu sprechen“, betonte Kumbartzky. rq