Wer dieser Tage am Landeshaus in Kiel vorbeifuhr, wird es bereits entdeckt haben – ein kuppelartiges Gebilde auf drei Betonstützen. Bei diesem Hexastone-Pavillon handelt es sich um einen von zwei Forschungspavillons der Technischen Hochschule Lübeck, die zur aktuellen Ausstellung im Landeshaus gehören und als robotische Baukultur einen Blick in die Zukunft der Baukunst bieten.
Und diese Zukunft könnte beim Bauen zunehmend durch digitale und automatisierte Prozesse bestimmt sein. Die Ausstellung mit Arbeiten, 3-D-Modellen und Entwurfsplänen Studierender der Fachgruppe coDE (Computational Methods in Design and Engineering) und mit Lehr- und Forschungsprojekten Studierender des RoboLabs (eines von mehreren Laboren im Bereich Bauwesen der Technischen Hochschule (TH) Lübeck) bieten einen Einblick in digitale Prozessketten, die helfen sollen, hohe Baukosten und intensiven Ressourcenverbrauch zu reduzieren.
„Die Zukunft des Bauwesens ist von großer Bedeutung für uns alle. Politik, Wirtschaft und Wissenschaft sehen sich hier großen Herausforderungen gegenübergestellt: Wohnraummangel, dramatisch gestiegenen Baukosten, Materialknappheit, Fachkräftemangel, Umweltschäden oder Klimawandel. Drängende Aufgaben, die so rasch wie möglich gelöst werden müssen“, betonte Prof. Utz Schliesky, Direktor des Landtages in Kiel, bei der Eröffnung der Ausstellung Anfang Juli.
Digitalisierung und Automatisierung seien dabei die Schlüsselbegriffe für die Zukunft des Bauens. Die Studierenden der Fächer Architektur und Bauingenieurwesen der TH Lübeck erforschen und entwickeln neuartige Konzepte für ressourcenschonende, nachhaltige Konstruktionssysteme, deren digitale Konzepte mithilfe computerbasierter Werkzeuge und Roboter in großformatige Prototypen umgesetzt werden. Wie die beiden Pavillons, die das Ergebnis komplett digitaler Prozesse sind. „
Die Hoffnung ist groß, dass die Robotik uns hilft, diese Themen der Zeit zu bewältigen“, meinte auch Erk Westermann-Lammers, Vorstandsvorsitzender der Investitionsbank Schleswig-Holstein (IBSH), die zusammen mit dem Landtag die Ausstellung in der gemeinsamen Reihe „Kulturland Schleswig-Holstein“ präsentiert.
Mit Digitalisierung und Automatisierung tue sich ein erhebliches Kosteneinsparpotenzial auf und „wir sind gut beraten, dieses Potenzial zu heben“, so Westermann-Lammers. Doch sollten Menschen weiterhin die Regeln der Künstlichen Intelligenz (KI) definieren, mahnte Prof. Tobias Wallisser von der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. KI kenne keine Ästhetik, also sei es wichtig, technische Innovation immer mit menschlicher Vorstellung und einer Zielstellung zu unterlegen.
Beim Biopolymer-Pavillon bestand das Ziel in den Schwerpunkten Kreislaufwirtschaft und digitale Prozessketten. Erdölbasierte Kunststoffe wurden in dem Projekt durch 100 % recycelfähiges, biologisch abbaubares Material ersetzt. Die einzelnen Segmente sind modular in Konstruktionssystemen einsetzbar, die alle möglichen Geometrien abbilden.
Weitergedacht, ließen sich Gebäude aus den 1960er bis 1980er Jahren mit diesem 3-D-gedruckten System um weitere Wohneinheiten aufstocken. Im Hexastone-Pavillon kam der 3-D-Betondruck ins Spiel. Gedruckt wurden 102 Steine, die in einem selbsttragenden, druckbasierten Konstruktionssystem zusammengesetzt ein Gewölbe bilden. Die Ausstellung ist bis zum 15. September im Landeshaus zu sehen. Weitere Informationen und Ansichten unter th-luebeck.de/hochschule/fachbereiche/bauwesen/labore/robolab