Im Rahmen einer dreitägigen Projektfahrt haben 63 Auszubildende des dritten Lehrjahres des Berufsbildungszentrums (BBZ) Bad Segeberg mit ihren Lehrern landwirtschaftliche Betriebe an der Ost- und Westküste von Schleswig-Holstein besucht. Die Fahrt führte auch nach Dänemark zu einem Milchviehbetrieb und zum Düngerstreuerwerk Bogballe.
An der ersten Station, dem Bioland-Betrieb Wiese in Tröndel, Kreis Plön, wurden wir vom Juniorchef Hinnerk Wiese empfangen.
Ackerbau und Legehennen in Tröndel
Die Familie hat sich in den vergangenen Jahren auf die Legehennenhaltung spezialisiert und bewirtschaftet 10 ha Grünland und 50 ha Ackerland mit 55 bis 65 Bodenpunkten mit Kleegras, Hafer, Ackerbohnen, Sommerweizen und Gerste. Beim Zwischenfruchtanbau setzt der Betrieb auf schnellwüchsige Pflanzen wie Senf, Phacelia, Tillage-Radish und Ölrettich zur Unkraut- und Ungrasunterdrückung. Die Nährstoffversorgung ist durch den Tierbestand gesichert.
Jeden Herbst werden weiterhin 13 bis 15 männliche Absetzer von einem Mutterkuhbetrieb gekauft. Diese werden kastriert und über den Winter mit Kleegrassilage gefüttert, im Sommer haben sie Weidegang. Etwa mit zwei Jahren werden sie geschlachtet. Rund 450 kg bringen die Angus-/Limounsin- und Fleckvieh-Kreuzungstiere am Haken.
Wichtigstes Standbein sind die etwa 6.000 Legehennen, die in Warmställen mit Wintergärten und Auslauf gehalten werden. Auf etwa 100 Hühner kommt ein Hahn, der sorgt laut Aussage des Juniorchefs für Struktur und Ruhe und ist bei Verbandskontrollen gern gesehen. Bei Zukauf der Junghennen fallen pro Tier etwa 25 € an, davon sind 15 € für die Henne und 10 € für den Bruderhahn zu entrichten, der auf einem anderen Betrieb gemästet wird. Zweimal pro Woche werden insgesamt etwa 50 Kunden in der Region angefahren, um die Eier zu vermarkten. Auf dem Hof befinden sich aber auch Regiomaten zum Verkauf von Eiern, Geflügelfleisch und Rindfleisch. Der Betrieb hat in den vergangenen Jahren außerdem in eine 50-kW-Hackschnitzelheizung und ein Kühlhaus investiert, eine 10-kW-Windkraftanlage ist in Planung.
Jersey-Kühe an der Ostsee
Am Nachmittag wurden wir auf dem Versuchsgut Lindhof der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel in Noer bei Eckernförde von Betriebsleiterin Sabine Mues begrüßt. Im Jahr 2000 wurde der Betrieb komplett auf EU-Öko umgestellt und ist seit 2004 Mitglied im Naturland- und im Bioland-Verband. Die Milchviehhaltung beruht auf Jersey-Kühen mit intensiver Weidenutzung nach irischem Vorbild. Die „Low-Cost“-Milchproduktion ist ein wichtiger Forschungsschwerpunkt der agrarwissenschaftlichen Fakultät.
Um den Weideaufwuchs optimal auszunutzen, kommen die Milchkühe während der Vegetationszeit alle 24 Stunden auf eine neue Portionsweide, außerdem wird auf Blockabkalbung im Februar und März gesetzt. Das bedeutet, dass auch die Nachtzuchttiere mit einem Erstkalbealter von 24 Monaten in diesem Zeitfenster kalben müssen. Nur die als Erste im Jahr kalbenden Kühe werden daher mit gesextem Jersey-Sperma oder Sperma von irischen Schwarzbunten besamt.
Ab Juni kommt dann ein Angus-Bulle in die Herde. Die Rasse Jersey zeichnet sich nicht nur durch hohe Milchinhaltstoffe, sondern auch durch gute Fruchtbarkeit, hohes Grundfutteraufnahmevermögen und sehr gute Klauen aus. Auf dem Lindhof liegt die Remontierungsrate bei 20 %, die Herdenleistung beträgt durchschnittlich 7.500 l ECM mit 5,3 % Fett und 3,9 % Eiweiß bei einem Kraftfutterverbrauch von nur 10 dt pro Kuh und Jahr. Auf den Weiden mit traumhaftem Ostseeblick findet man auch Kräuter wie Wiesenknopf, Spitzwegerich oder Zichorie. Forschungen haben gezeigt, dass dadurch der Methanausstoß der Kühe gesenkt werden kann.
Düngerstreuer und Schwarzbunte in Dänemark
Am nächsten Tag besichtigten wir das Düngerstreuerwerk Bogballe in Uldum im dänischen Jütland. Unter Führung von Knut Kirchhoff, Verkaufsleiter für Deutschland, sahen wir die gesamte Produktion von der Stahlplatte bis zum versandfertigen Düngerstreuer. In der Testhalle erlebten wir einen Streuversuch. Das digital visualisierte Ergebnis und die anschließende Diskussion über Streubilder, Variationskoeffizienten, Möglichkeit der Section-Control, Streurichtung der Teller und einiges mehr waren eine hervorragende Vorbereitung auf die bevorstehende Abschlussprüfung.
Die nächste Station war der Milchviehbetrieb von Søren Wollesen im dänischen Hostrup nahe der deutschen Grenze. In vierter Generation bewirtschaftet der 54-jährige Wollesen mit seiner Frau und drei Angestellten den Betrieb mit 206 ha Land und 250 schwarzbunten Kühen mit einer Milchleistung von 13.000 l, mit 4,45 % Fett und 3,7 % Eiweiß. Da er auf allen Ackerflächen Grasuntersaat einbringt, darf er jährlich 230 kg N/ha über organische Dünger ausbringen. Die laktierenden Kühe werden mit einer automatischen Mullerup-Fütterung fünfmal am Tag gefüttert und durch Lely-Roboter gemolken.
Die Tatsache, dass in Dänemark Höfe nicht vererbt werden, sondern von den Kindern gekauft werden müssen, hörten viele Schülerinnen und Schüler mit Erstaunen. Zurzeit will dort keines der fünf Kinder den Betrieb übernehmen. Dennoch überlegt Wollesen, noch einen weiteren Milchkuhstall zu bauen, da sich so der Betrieb eines Tages besser verkaufen lässt.
Sonne, Wind und Shorthorns in Nordfriesland
Am dritten Tag begrüßten uns in Sprakebüll in Nordfriesland Landwirt Finn Johannsen und sein Schwager Christian Andresen, Geschäftsführer der Solarenergie Andresen GmbH mit 50 Mitarbeitern. Andresen führte uns durch die Geschichte der Stromgewinnung aus Wind und Sonne in Sprakebüll. Die Firma installiert aber nicht nur Solaranlagen und betreut Solar- und Windparks, sondern vertreibt auch den durch Solarenergie angetriebenen dänischen Feldroboter Farmdroid. Diesen konnten wir beim exakten Hacken von Raps auf einem Versuchsfeld beobachten. Voraussetzung für den Hackeinsatz in einer Kultur ist immer, dass der Farmdroid die Fläche auch gesät hat. 20 ha kann der Roboter in einer Vegetationsperiode betreuen und ist auch interessant für Betriebe mit Rüben- und Gemüseanbau.
Vom Versuchsfeld ging es zu einer der Shorthorn-Mutterkuhherden von Finn Johannsen, die im Winter zum Beispiel auf einer abgeernteten Maisfläche laufen. Auf den Strohburgen hatten es sich viele Tiere gemütlich gemacht. Insgesamt hält Johannsen 550 Mutterkühe auf verschiedenen Flächen. Für jeweils 20 Kühe läuft ein Bulle in der Herde mit. Nach dem Absetzen im Alter von etwa acht Monaten werden die weiblichen und inzwischen kastrierten männlichen Tiere ausgemästet. Als Weideflächen dienen unter anderem Naturschutzflächen.
Dem Nordfriesen Johannsen ist die Erhaltung dieser ältesten Rinderrasse ein Anliegen, waren die Shorthorns doch früher in dieser Region weitverbreitet. Derzeit bewirtschaftet Familie Johannsen 1.000 ha nach Bioland-Richtlinien, dazu kommen ein Hofladen, 600 ha konventioneller Ackerbau und eine Biogasanlage, die Sprakebüll mit Wärme versorgt.
Rotbunte DN-Rinder in Dithmarschen
Unser letzter Programmpunkt war der Besuch des Rotbunt-DN- Zucht- und Bullenmastbetriebs von Familie Karstens in Tensbüttel-Röst in Dithmarschen. Senior Hans Karstens stellte uns eindrucksvoll diese Rasse vor. Viele Azubis sahen Tiere dieser Rasse zum ersten Mal und waren beeindruckt, denn so eine Kuh bringt leicht 800 bis 900 kg auf die Waage.
Rotbunte DN- Tiere sind allerdings spätreif, das EKA liegt bei 28 bis 29 Monaten. Die durchschnittliche Herdenleistung auf dem Betrieb beträgt 9.100 kg Milch mit 4,1 % Fett und 3,8 % Eiweiß. 200 Kühe stehen in dem luftigen Wohlfühlstall mit breiten Laufgängen und reichlich Liegeboxen, die auf die Maße dieser Kühe ausgerichtet sind.
Das Wohlergehen ihrer Kühe ist Familie Karstens wichtig. So wurde in einen kuhgerechten Klauenstand investiert, und alle Kühe sind mit einem SmaXtec-Bolus ausgestattet, welcher Bewegungsaktivität, Körpertemperatur, Trink- und Fressverhalten und Wiederkauaktivität misst und so neben der Brunsterkennung auch Hinweise zu Gesundheitsstörungen in einem sehr frühen Stadium liefert.
Auf unserer Fahrt haben wir verschiedenste Betriebsleiter und Betriebsleiterinnen getroffen, die alle eine Ansicht verbindet: Trotz der schwierigen gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen lieben sie ihren Beruf als Landwirt/-in und blicken positiv in die Zukunft.