Pflanzenschutzmittel (PSM) sind Gefahrstoffe und daher mit besonderer Sorgfalt zu handhaben. Worauf bei einer Fahrerkabine zu achten ist, erläutert Sebastian Dittmar von der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG).
Im Vergleich zu einem Traktor ohne Fahrerkabine bieten geschlossene Kabinen grundsätzlich einen guten Schutz beim Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln. Allein die geschlossene Kabinenstruktur verringert den Kontakt signifikant. Wichtig ist dabei, dass im Betrieb alle Öffnungen geschlossen sind und der Traktor über einen Zuluftfilter verfügt. Eine Klimaanlage stellt sicher, dass es im Sommer nicht zu übermäßiger Hitzebelastung kommt. Wenn man einen neuen Traktor oder Selbstfahrer kauft, kann durch eine sogenannte Schutzkabine nach EN 15695 noch für zusätzliche Sicherheit und Gesundheitsschutz gesorgt werden. Nicht zu unterschätzen ist der Komfortgewinn für die komplette Pflanzenschutzsaison.
Welche Kabinenkategorien gibt es?
Seit dem Jahr 2009 gibt es die Sicherheitsnorm EN 15695. Sie bezieht sich auf Traktoren sowie Selbstfahrer und beschreibt vier Kategorien von Kabinen (siehe Infokasten). Welcher Kategorie ein Fahrzeug entspricht, findet sich auf einem Hinweis in der Kabine sowie in der Betriebsanleitung. Traktoren, die vor 2009 gebaut worden sind, wurden hinsichtlich des Schutzes vor Pflanzenschutzmitteln noch nicht kategorisiert.
Um auch die älteren Fahrzeuge und deren Schutzwirkung beurteilen zu können, hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) die Anforderungen an Kabinen der Kategorie 2* wie folgt definiert: „Dicht schließende Fahrerkabinen mit Zuluftfilter und Klimaanlage schützen vor Spritznebel. Auf vorgeschriebene Schutzanzüge, Schutzhandschuhe sowie Augen- oder Gesichtsschutz kann in geschlossenem Betrieb verzichtet werden.“
Ein großer Vorteil besteht darin, dass in geeigneten Fahrerkabinen (ab Kategorie 2) auf zusätzliche Schutzkleidung beim Einsatz im Pflanzenschutz verzichtet werden kann.
Gesundheitsschutz und Komfort
Kabinen nach EN 15695 der Kategorien 3 und 4 wurden speziell für das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln konstruiert. Hierzu gehörtenein definierter Überdruck in der Kabine mit einer entsprechenden Anzeige sowie die geeigneten Filter.
Einige Landtechnikhersteller bieten an, per Knopfdruck zwischen der Luftfiltrierung bei Transportfahrten und beim Ausbringen von PSM zu wählen. Auf dem Transport wird der Luftstrom über den bekannten Staubfilter geleitet. Beginnt das Ausbringen von PSM, wird auf einen speziellen Filter umgeschaltet. In dieser Einstellung läuft ein Betriebsstundenzähler. Ist die festgelegte Standzeit des Filters abgelaufen, erfolgt eine Anzeige, die zum Filterwechsel auffordert; ein echter Gewinn an Komfort und Sicherheit.
Auf welche Schutzausrüstung, in welchem Kabinentyp verzichtet werden kann, zeigt die Abbildung.
Kabinen pflegen und warten
Aus Sicht der Arbeitssicherheit sind bei Traktoren mit Fahrerkabine die Filter mindestens entsprechend den Herstellerangaben auszutauschen. Grundsätzlich wird empfohlen, vor den Frühjahrsarbeiten einen neuen Innenraumfilter einzusetzen. Traktoren ohne Kabine sollten nicht zum Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln verwendet werden, da hier das Risiko, in Kontakt mit PSM zu kommen, unverhältnismäßig hoch ist. Hinzu kommt, dass die vorgeschriebene Schutzkleidung das Fahren mit dem Traktor in einem merklichen Maß erschwert. Schutzkleidung, Schutzhandschuhe sowie Kopf und Augenschutz machen die Arbeit nicht leichter. Überdies werden alle Oberflächen bei Traktoren ohne Kabine stark kontaminiert.
Auch wenn man eine Kabine der Kategorie 3 oder 4 verwendet, sind die Vorgaben des Herstellers zum Filterwechsel beziehungsweise die Anzeige im Fahrzeug zu beachten. In einer Umfrage aus dem Jahr 2020 unter 4.000 Praktikern gab jeder Zweite an, die Kabine nach dem Ausbringen von PSM zu reinigen. Aus Präventionssicht sollten Oberflächen in der Kabine möglichst oft gereinigt werden, um sich selbst und andere Fahrer vor möglichen Pflanzenschutzmittelrückständen zu schützen.
Wird persönliche Schutzausrüstung benötigt?
Die Grundausrüstung, welche in jedem Unternehmen vorhanden sein muss, besteht aus langer Arbeitskleidung, Pflanzenschutzhandschuhen, Ärmelschürzen, festem Schuhwerk und einem dicht schließenden Augenschutz oder Gesichtsschild. Dazu kommen Materialien für Erste Hilfe, zum Beispiel eine Augenspülflasche und Produkte zum Reinigen der Hände. Dazu ist unter anderem der Frischwasserbehälter am Pflanzenschutzgerät mit neuem Wasser zu befüllen.
Eine Liste des BVL lässt erkennen, welche Schutzausrüstung geeignet ist und wo diese bezogen werden kann. Sie steht im Internet unter bvl.bund.de/PSA
SVLFG auf eigenem YouTube-Kanal
Die SVLFG bietet viele Informationen zum sicheren Umgang mit Pflanzenschutzmitteln an. Neu sind Filme hierzu, die über den YouTube-Kanal der SVLFG angesehen werden können, zu finden über den Link svlfg.de/youtube-digital und die Rubrik „Playlists“. In einem Hauptfilm und fünf Detailfilmen werden folgende Themen aufgegriffen:
• Sicherer Anwenderschutz beim Umgang mit PSM (Hauptfilm)
• Zum Umgang mit konzentrierten PSM
• Zum Umgang mit anwendungsfertigen PSM
• Zur Anwendungssicherheit im Pflanzenschutz
• Reparatur und Störungsbeseitigung beim Ausbringen von PSM
• Persönliche Schutzausrüstung für den Umgang mit PSM
Sowohl Arbeitgeber als auch Beschäftigte profitieren von den vorgestellten Maßnahmen. Die Filme rund um den „Anwenderschutz im Pflanzenschutz“ können auch als ergänzendes Element bei Qualifizierungsmaßnahmen unter Angabe der Quelle genutzt werden, zum Beispiel bei Unterweisungen.
Wissenswertes, worauf Anwender bei Pflanzenschutzarbeiten achten sollten, stellt die SVLFG zudem unter svlfg.de/pflanzenschutzarbeiten zur Verfügung.
Info
Übersicht der Traktorkategorien nach EN 15695
Kategorie 1: Kabine, die keinen Schutz vor Staub und Pflanzenschutzmitteln bietet
Kategorie 2: Kabine, die nur vor Staub schützt
Kategorie 3: Kabine, die vor Staub und flüssigen PSM (inklusive Spritznebel) schützt
Kategorie 4: Kabine, die vor Staub, flüssigen PSM und deren Dämpfen schützt