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Arbeitsverhältnis ist ein Geben und Nehmen

Arbeitnehmerberatung heute wichtiger denn je
Von Daniela Rixen Landwirtschaftskammer SH
Grüne Berufe haben Zukunft, so die Botschaft. Der Präsident des Lohnunternehmerverbandes, Hans-Jürgen Kock, präsentierte zusammen mit den Kammermitarbeiterinnen Alina Bock und Sabine Magens den Beruf „Fachkraft für Agrarservice“ auf der Norla (v. li.). Fotos: Daniela Rixen

Fachkräftemangel, Arbeitszeitgesetz, Arbeitsverträge, digitale Bildung und der neue Weiterbildungskalender waren nur einige Themen des Fachausschusses Arbeitnehmerberatung der Landwirtschaftskammer, der Anfang Oktober in Rendsburg zusammenkam.

Solveig Ohlmer

Als neues Mitglied im Ausschuss wurde Dinah Soglowek von der Rinderzucht Schleswig-Holstein (RSH) eG begrüßt und als Gast Alice Arp, Rechtsanwältin, angestellt beim Arbeitgeberverband. Den Vorsitz hatte wie gewohnt Arno Carstensen, Vizepräsident der Landwirtschaftskammer, der diesmal auch über die Arbeit der Landwirtschaftskammer berichtete.

Solveig Ohlmer, selbst Teil des Teams, stellte das neue Team der Arbeitnehmerberaterinnen bei der Landwirtschaftskammer vor. Neu dabei ist Alina Block als Vertreterin für Sabine Magens. Die Dritte im Bunde ist Jane Kröger. Insgesamt bietet die Landwirtschaftskammer eine volle Stelle Arbeitnehmerberatung an, die die drei untereinander aufteilen. Abbildung 1 beschreibt die einzelnen Tätigkeitsbereiche.

Arbeitnehmerzahl in der Landwirtschaft wächst

Jane Kröger zeigte, dass der Anteil an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 2021 erneut gestiegen ist. Der kontinuierliche Anstieg setzte sich also weiter fort, wenn auch mit plus 0,6 % weniger als noch im Jahr 2020. Zirka 15.000 Menschen sind sozialversicherungspflichtig in der Land- und Forstwirtschaft sowie im Gartenbau beschäftigt. Die Zahl der Betriebe liegt bei rund 4.500 (siehe Abbildung 2).

Recht stabile Ausbildungsvertragszahlen

Erfreulich ist die Zahl der neu geschlossenen Ausbildungsverträge, die sich weiterhin recht stabil erweist. Anders als in anderen Berufsgruppen könne der Agrarbereich noch mit passablen Nachwuchszahlen aufwarten, sagte Jane Kröger. Von insgesamt zwölf Agrarberufen sind in den beiden ausbildungsstärksten bei den Landwirten und Landwirtinnen 339 (Vorjahr 362) neue Ausbildungsverträge (Stand Ende September) zu vermelden und im Beruf Gärtner/Gärtnerin immerhin 203 (Vorjahr 217). Man könne froh sein, dieses Niveau zu halten, war man sich einig, und die Landwirtschaftskammer sei auch weiterhin sehr aktiv in der Bewerbung der Grünen Berufe und in der Nachwuchswerbung. Jane Kröger berichtete über die vielen Termine im Rahmen von Jobmessen, wo man mit einem Stand präsent gewesen sei und Gespräche geführt habe – endlich wieder in Präsenz. Zudem werde in Schulen für die Berufsausbildungsmöglichkeiten immer wieder Agrarbereich geworben.

Die Broschüre „Grüne Berufe“ wurde aktualisiert. Diese Informationen finden sich wie auch die Broschüren zu den einzelnen Berufsbildern der zwölf Grünen Berufe auf der Homepage der Landwirtschaftskammer unter www.lksh.de unter Bildung. Auch zunehmend digital werden die Grünen Berufe beworben. Demnächst werde ein Imagefilm über den Beruf Hauswirtschaft vorgestellt. Darüber wird weiter im Bauernblatt und in den Sozialen Medien berichtet werden.

Erfolgreiche Onlinetage für Arbeitnehmer

Zusammen mit den Landwirtschaftskammern Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen fanden in diesem Jahr, initiiert von der Kammer Schleswig-Holstein, erstmals Onlinetage für Arbeitnehmer im Agrarbereich statt. Diese wurden gut genutzt und von Vizepräsident Arno Carstensen begleitet. Auf der Agenda standen Themen wie Absicherung und Rente, Arbeitssicherheit und Arbeitszeit. Die Arbeitnehmerberaterinnen berichteten dem Ausschuss, dass die Hemmschwelle für Arbeitnehmer, sich auch online fortzubilden, dadurch weiter abgebaut werden könne. Dazu zählt auch, die Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu verbessern. Das erfolgreiche Format der Onlinetage soll im kommenden Jahr fortgesetzt werden. Die Termine und Themen stehen bereits fest (siehe Tabelle 1).

Weiterbildungskalender erscheint

Der neue Kalender der Weiterbildungsinhalte erscheint Ende Oktober. Dabei geht es um Themen aus Landwirtschaft, Einkommensalternativen – und erstmalig integriert auch Themen des Gartenbaus. Eine Onlineversion findet sich dann auch auf der Homepage der Landwirtschaftskammer.

Für die Wissensvermittlung in der Ausbildung sei man dabei, eine digitale Lernplattform aufzubauen. Auch in Sachen digitaler Bildung geht es also weiter voran.

Martina Johannes, Geschäftsführerin des Ausschusses und Leiterin des Fachbereiches Bildung, berichtete von der Unterausschusssitzung des Bildungsausschusses, der kürzlich im Rahmen des Projektes „Best SH” von den Projektverantwortlichen gezeigt bekam, wie beispielsweise künftig mit VR-Brillen im digitalen Klassenzimmer das Enthornen von Kälbern geübt werden kann. Dank der Brille können Azubis im virtuellen Stall am virtuellen Tier die Methode des Enthornens quasi als Trockenübung kennenlernen. Bis die Anwendung aber praxisreif sei und in der Aus- und Weiterbildung eingesetzt werden könne, werde es noch einige Zeit dauern, so die Prognose von Johannes.

Rechtliche Fragen und Gedankenaustausch

Alice Arp, Rechtsanwältin beim Bauernverband Schleswig-Holstein, war als Vertreterin für den Arbeitgeberverband Land- und Forstwirtschaft im Ausschuss zu Gast. Sie sprach über gesetzliche Änderungen im Bereich Arbeitnehmerbeschäftigung und die Auswirkungen auf den Agrarbereich. Ihr Ziel ist es, den Wissenstransfer zu verstärken und das Bewusstsein für die Aufgaben (Rechte und Pflichten) eines Arbeitgebers zu schärfen. Sie berichtete, dass im Rahmen ihrer Tätigkeit vor allem Fragen zur Gewinnung von Arbeitskräften, zu Fachkräftemangel, Saisonarbeitskräften, auch in anderen Sprachen, Mindestlohn, Wohnraum sowie Kündigungsmöglichkeiten an sie gestellt würden. Dies deckt sich auch mit den Erfahrungen der Arbeitnehmerberatung der Kammer.

Alice Arp

Sie berichtete dem Ausschuss weiter über die Umsetzung der EU-Richtlinie 1152 zu den Arbeitsbedingungen in nationales Recht. Sinn und Zweck sei es, die geltenden Arbeitsbedingungen transparent zu machen. Neu sei dabei, dass im Arbeitsvertrag zum Beispiel Vergütungsbestandteile und deren Auszahlungsart einzeln aufgelistet und beschrieben werden müssen. Auch der Hinweis, dass eine Kündigung schriftlich erfolgen muss, sowie die entsprechenden Fristen müssen aufgeführt werden; hier ist ein Verweis auf die gesetzlichen Regelungen ausreichend. Bei befristeten Verträgen muss die Probezeit angemessen sein, wobei der Gesetzgeber offenlässt, was das genau heißt. Wenn Mindest- oder Höchstarbeitszeiten vereinbart werden (hierzu besteht kein gesetzlicher Zwang), dürfen bei vereinbarten Mindestarbeitszeiten maximal 25 % mehr an Arbeitsleistung gefordert werden und bei einer vereinbarten Höchstgrenze maximal 20 % weniger, erklärt Alice Arp.

Transparenz bei der Arbeitszeiterfassung

Alice Arp sprach sich für klare Regeln bei der Arbeitszeiterfassung in der Praxis aus, damit Arbeitgeber und Arbeitnehmer Klarheit haben, was gilt. Damit könnten Probleme vermieden werden, so die Anwältin. Ohnehin bestehe bereits auf Basis der Beitragsverfahrensverordnung die Pflicht, dass für jeden Arbeitnehmer die tatsächliche Wochenarbeitszeit erfasst werde, was auch für die mitarbeitenden Familienangehörigen gelte. Die Pflicht der Dokumentation kann dabei an den Arbeitnehmer delegiert werden. Zudem bestünden Verpflichtungen aus dem Arbeitszeitgesetz und dem Mindestlohngesetz, erklärte Alice Arp dem Ausschuss.

Seit Oktober gilt ein Mindestlohn von 12 € pro Stunde. Im Bereich Landwirtschaft laufen aktuell die Tarifverhandlungen. Es werden hier Anpassungen der einzelnen Lohngruppen wie auch bei der Auszubildenden- und Praktikantenvergütung erwartet.

Soziale Konditionalität ist Teil der GAP

Zum Abschluss ging die Rechtsanwältin auf den Stand der Diskussion zur „sozialen Konditionalität“ bezüglich der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ein. Der neue Gesetzentwurf sieht demnach vor, dass diese soziale Konditionalität ab 2025 cross-compliance-relevant wird. Das heißt, arbeitsrechtliche Vorgaben müssen eingehalten werden, sonst drohen Kürzungen der EU-Beihilfen.

Ausschuss Arbeitnehmerberatung: Vizepräsident Arno Carstensen, Martina Johannes, Geschäftsführerin des Ausschusses, Anja Greggersen, Karen Clausen-Franzen und Dinah Soglowek (v.li.)

Wesentliche Punkte sind laut Alice Arp die Einhaltung der verpflichtenden Vorgaben für Arbeitsverträge (was muss darin stehen?) sowie Vorgaben zum Arbeitsschutz und bezüglich Arbeitsmitteln. Der Bauernverband bietet dazu einen Hof-Check in der Beratung an, der an die neuen Vorhaben angepasst sein wird, sobald sie feststehen.

Alice Arp zog das Fazit, dass die soziale Konditionalität für Deutschland inhaltlich nichts an den bereits bestehenden Pflichten der Arbeitgeber ändere. Der Ausschuss vereinbarte eine Fortsetzung des fachlichen Austausches.

Leitfaden zum Arbeitsvertrag vorgestellt

Jane Kröger

Abschließend stellte Jane Kröger den umfänglichen Leitfaden zu einem Arbeitsvertrag in der Landwirtschaft vor, der auch auf der Internetseite der Kammer abgerufen werden kann. Dieser wurde gemeinsam mit den Kammern Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz erstellt. Er dient als Muster für zu schließende Arbeitsverträge, ist aber aufgrund der Individualität jedes Betriebes nicht als Blaupause direkt zum Ausfüllen gedacht. Hier der Link zum Leitfaden für Arbeitsverträge: https://t1p.de/3p704

Arbeitgebern und Arbeitnehmern stehen die Landwirtschaftskammer und der Arbeitgeberservice des Bauernverbandes hier mit ihrer jeweiligen Beratung zur Verfügung. Alice Arp, Arbeitgeberberatung, ist erreichbar unter: Tel.: 0 43 31-12 77-26 beziehungsweise a.arp@bvsh.net, und das Team der Arbeitnehmerberatung ist telefonisch erreichbar unter Tel.: 0 43 31-94 53-211 und -217 sowie per ­E-Mail unter jkroeger@lksh.de und ­sohlmer@lksh.de

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