Stofftiere gibt es unzählige, aber keiner war und ist bis heute so bekannt und beliebt wie der Teddybär. Gleich ein ganzes Bärenvolk hat seine Heimat in einem der Fachwerk-Seitengebäude des Günderoth‘schen Hofes des Stadtmuseums Schleswig gefunden. Dort in wechselnden Ausstellungen liebevoll in Szene gesetzt, weiß jeder der Bären seine Geschichte zu erzählen. Mal lustig, mal traurig, mal spannend, aber immer unterhaltsam.
Alles begann mit Johannes. Johannes ist einer der Bären aus der Sammlung der Schleswigerin Mechthild Reichstein (1940-2016), die seit 2002 als Ausstellung im Museum zu sehen ist. Als Lehrerin interessierte sie sich für Spielzeug und die Faszination des Spielens. Ihre Leidenschaft für Teddybären begann 1985, als ihre Tochter Annette einen ganzen Sack voller Stofftiere von einem Flohmarkt mit nach Hause brachte.
Unter diesen Stofftieren befand sich auch der Bär Johannes. Ein alter Bär, dem ein Arm fehlte. Sein liebenswerter Gesichtsausdruck rührte die Lehrerin und sie beschloss, ihn zu reparieren. Sie kaufte zwei weitere Bären aus der gleichen Reihe. Sie erhielten später die Namen „Georg“ und „Alfred“. Auch Georg besaß nur einen Arm, aber Mechthild Reichstein brachte es nicht über das Herz, den Bären die Arme zu amputieren, um Johannes den zweiten Arm zurückzugeben. Also machte sie sich schlau und lernte, Teddybären zu nähen. Sie reparierte beide Bären und heute sind sie als Musikertrio in der Ausstellung zu sehen. Bevor ihre Sammlung 2002 in dem Museum eine feste Bleibe fand, tourte Mechthild Reichstein damit durch Deutschland und führte Ausstellungen durch.
Foto: Iris Jaeger
Museumspädagogin Sandy Ziegeler wurde durch diese Ausstellung zur leidenschaftlichen Bärenliebhaberin und führt mit Begeisterung durch die Räume. Inzwischen haben auch andere Stofftiere mit Einzug gehalten, sodass gut 3.000 Kuscheltiere ihr Zuhause in dem Museum fanden, darunter mehr als 2.000 Teddybären. Und jeder Einzelne hat eine Geschichte zu erzählen. Vielen der Bären sieht man ihre Vergangenheit an – die innige Liebe der Kinder hinterließ Spuren: „Ich nenne es abgeliebt. Die Bären wurden einfach so sehr geliebt, dass sie mitunter kein Fell mehr haben“, so Sandy Ziegeler. Warum hat sich der Bär als Kuscheltier so durchgesetzt? „Eine Theorie dazu ist: Der Bär ist dem Menschen recht ähnlich, nur dass er flauschig ist. Der Bär ist immer neutral im Gesichtsausdruck, verkörpert Stärke, Kraft und er beschützt. Ein Teddy hört zu und erzählt nichts weiter. Man kann mit ihm kuscheln und ihn knuddeln.“ Das gehe auch mit Puppen oder mit anderen Stofftieren, aber keiner könne das so gut wie ein Bär.
Dabei waren die allerersten Bären noch gar nicht so kuschelig. Das kam erst im Laufe der Jahrzehnte, als statt Holzwolle Füllwatte verwendet wurde und das Fell durch weiches Kunstfell ersetzt wurde. Anfangs hatten die Bären getreu dem Vorbild des Braunbärens noch lange Schnauzen, kleine Augen und Ohren und lange Gliedmaßen. Inzwischen sind die Schnauzen platter, die Arme und Beine gedrungener, die Augen größer, was sie so niedlich aussehen lässt.
Foto: Iris Jaeger
Der älteste Bär der Sammlung stammt aus dem Jahr 1905. Das war die Zeit der ersten Bären und der Beginn der Erfolgsgeschichte der Firma Steiff, die die Besucher des Museums ebenso erfahren wie die Herkunft der Bezeichnung „Teddy“, was auf den ehemaligen amerikanischen Präsidenten Teddy Roosevelt zurückzuführen ist.
Bevor die Steiff-Bären und -Tiere ihren Erfolgszug starteten, waren es die „Elefäntle“ von Margarete Steiff, aus Filz genähte Nadelkissen in Elefantenform, die in den 1890er Jahren einen reißenden Absatz fanden und denen weitere Tiere aus Filz folgten. Erzählt wird die Geschichte des roten Bären „Alfonzo“, den der russische Großfürst Georgi Michailowitsch Romanow für seine Tochter Xenia anfertigen ließ. Der blaue „Elliot“ war eine Auftragsanfertigung, die sich nicht verkaufte, was die wenigen Bären im Nachhinein so besonders und dadurch teuer machte. Viele weitere Bärengeschichten entstanden während und nach den Weltkriegen, wie die von „Otto Karl“ mit der Latzhose, der nach einem Tausch zwei Jahre ausharrte, bis er wieder zu seiner Besitzerin zurückfand, oder von „Karl“ und „Heinrich“, die wie viele Bären zu der Zeit vor Weihnachten verschwanden, um dann mit neuer Kleidung und repariert wieder unterm Weihnachtsbaum zu liegen. „Plisch“ und „Plum“ aus dem Jahr 1947 wurden aus einem Armeemantel genäht. Besonders ist auch die Geschichte von Eisbär „Polar“, der den Untergang der Titanic überlebte.