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Wassermanagement überdenken!

Neue Herausforderungen durch Trockenheit und Starkregenereignisse
Von Ekkehard Fricke, Landwirtschaftskammer NI
Die Wasserverteilung eines Großregners (Kanone) ist bei Windstille akzeptabel, bei zunehmendem Wind (ab etwa 5 m/s) wird sie ungleichmäßiger, ab 7 m/s sollte die Beregnung eingestellt werden. Fotos: Ekkehard Fricke

Wenig Niederschlag, sinkende Grundwasserspiegel und Maßnahmen zu dessen Erhöhung, Substitution von Grundwasser, Regelungen und Verbote – Bewässerungsstrategien werden intensiv diskutiert. In Niedersachsen zeigt sich in manchen Regionen schon heute, was auch in Schleswig-Holstein mit fortschreitendem Klimawandel eintreten kann. Die Vorzeichen dafür sind bereits deutlich zu erkennen.

Sowohl mehrere Trockenjahre hintereinander als auch die Zunahme von Starkregenereignissen waren überall in Deutschland deutlich zu spüren. Die zukünftigen Herausforderungen sowohl für die Landwirtschaft als auch für die Wasserwirtschaft, mit zu viel und zu wenig Wasser umzugehen, sind daher vielfältig.

In Trockenjahren braucht die Landwirtschaft ausreichende Zusatzwassermengen zur Bewässerung, um Erträge und Qualitäten der Ernteprodukte abzusichern und die Flächennutzung wettbewerbsfähig zu halten. Denn ist sie das nicht, müssen landwirtschaftliche Rohstoffe beziehungsweise Nahrungsmittel importiert werden, die in anderen Teilen der Welt häufig mit einem deutlich negativeren Wasser-Fußabdruck produziert werden.

Gleichzeitig sollen Grundwasserstände bei uns nicht langfristig absinken. Für Oberflächengewässer bestehen die Anforderungen nach EU-Wasserrahmenrichtlinie, dass sie möglichst auch in Trockenjahren einen ökologisch notwendigen Mindestwasserabfluss aufweisen und zudem durchgängig bleiben sollen.

In nassen Jahren beziehungsweise nach Starkregenereignissen sollen die Gewässer die zum Teil enormen Wassermengen schnell abführen und angrenzende landwirtschaftlich genutzte Flächen möglichst wenig beeinträchtigen. Um diesen Spagat zwischen Zuwenig und Zuviel für alle Wassernutzer zufriedenstellend zu lösen, bedarf es eines vorausschauenden Wassermengenmanagements.

Das niedersächsische Wasserversorgungskonzept wurde im Zeitraum 2018 bis Anfang 2022 durch das niedersächsische Umweltministerium erarbeitet, unter Zu- und Mitarbeit der Arbeitsgruppen Ressourcenbewirtschaftung, Wasserversorgung, Landwirtschaft und Industrie und einer fachübergreifenden Steuerungsgruppe. Das Konzept ist seit Anfang 2022 fertiggestellt. Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen, das Landvolk (Bauernverband) und der Fachverband Feldberegnung haben sich in den Bearbeitungsprozess eingebracht.

Kreisberegnung in Kartoffeln: Aufgrund der Agrarstruktur ist diese Technik bisher in Niedersachsen – im Gegensatz zu den östlichen Bundesländern – nur wenig verbreitet.

Wasserbedarf der Landwirtschaft

Die Landwirtschaft nutzt Wasser hauptsächlich in zwei Bereichen: für die Tierhaltung (Tränkewasser, Prozesswasser und Wasser für die Abluftreinigung) und für die Bewässerung. Wie eine überschlägige Bestandsaufnahme der derzeitigen Wassernutzung durch die AG Landwirtschaft im Rahmen der Erarbeitung des niedersächsischen Wasserversorgungskonzeptes ergeben hat, werden ungefähr ein Viertel des in der Landwirtschaft benötigten Wassers für die Tierhaltung und drei Viertel für die Bewässerung genutzt. Räumlich und zeitlich gesehen gibt es erhebliche Unterschiede in der Nutzung.

Längere Trockenphasen in der Vegetationsperiode erfordern für einen rentablen Pflanzenbau zukünftig häufigere Beregnungsgaben. Dies gilt aufgrund ihrer geringen Wasserspeicherkapazität vor allem für die Sandböden, die je nach Güte im effektiven Wurzelraum nur etwa 60 bis 90 mm Wasser pflanzenverfügbar speichern können. Die Lehm- und Lößböden sind aufgrund ihrer deutlich höheren Speicherkapazität – im effektiven Wurzelraum sind es hier 200 bis über 300 mm – weniger anfällig gegenüber Trockenheit, vorausgesetzt sie sind durch die Winterniederschläge ausreichend aufgefüllt worden. Dies war zum Beispiel nach dem Trockenjahr 2018 im darauffolgenden Winter 2018/19 nicht der Fall, sodass die Erträge im Jahr 2019 vielerorts niedriger als im Jahr 2018 ausfielen.

Eine entscheidende Rolle spielt natürlich die angebaute Kultur. Während zum Beispiel Kartoffeln die hohe Wasserspeicherfähigkeit der guten Böden aufgrund ihrer geringen Wurzeltiefe gar nicht ausschöpfen können, nutzen zum Beispiel Raps oder Zuckerrüben auch die Wasservorräte in einer Tiefe von 1 bis 2 m noch aus.

Welche Entwicklungen sind zu erwarten?

Die Prognosen der ­Klimaforscher sagen unter anderem höhere Durchschnittstemperaturen und damit einhergehend höhere Verdunstung, längere Trockenphasen in der Vegetationsperiode, mehr Starkniederschläge, eine gewisse Verlagerung der Niederschläge vom Sommer- ins Winterhalbjahr und weniger Frosttage im Winter voraus. Die Höhe der Niederschläge im Jahresdurchschnitt soll sich in den allermeisten Regionen nicht negativ verändern.

Wenn eine Beregnungsgabe von zum Beispiel 28 mm einen Kartoffelbestand bei einer täglichen Verdunstung von 4 mm für sieben Tage gut versorgte, reicht diese Gabe bei 5 mm täglicher Verdunstung nur noch für knapp sechs Tage aus. Längere Trockenphasen und eine höhere Verdunstung in der Vegetationszeit bedeuten mehr Beregnungsdurchgänge in kürzeren Intervallen in einer Kultur. Wenn Kartoffeln bisher im Mittel der Jahre vier- bis fünfmal beregnet werden mussten, sind es zukünftig unter Umständen fünf- bis sechsmal.

Das setzt in den Beregnungsbetrieben zwangsläufig größere maschinelle Beregnungskapazitäten voraus. Außerdem wird mehr Wasser für die Beregnung benötigt, sollen die Kulturen pflanzenbaulich optimal versorgt werden.

Neben der steigenden Beregnungsintensität in den bestehenden Beregnungsbetrieben erkennen immer mehr Betriebe, die bisher noch nicht beregnen, die Beregnungsmöglichkeit als Anpassungsmaßnahme gegenüber den klimatischen Veränderungen. Seit mehreren Jahren schon steigt die Anzahl der Anträge auf eine wasserrechtliche Erlaubnis für die Feldberegnung an. Die Beregnungsfläche Niedersachsens nimmt daher seit vielen Jahren kontinuierlich zu. Auch wenn es aktuell keine exakte Erfassung der Beregnungsflächen gibt, geht man heute von einer beregenbaren Fläche in Niedersachsen von deutlich über 300.000 ha aus. Mittel- und langfristig wird der Wasserbedarf für die Bewässerung mit großer Wahrscheinlichkeit weiter steigen.

Mobile Beregnungsmaschine mit Großregner in Kartoffeln. Anstelle das Großregners ist auch ein Düsenwagen möglich, der vor allem bei Wind das Wasser deutlich gleichmäßiger verteilt.

Woher kommt das Beregnungswasser?

Es stellt sich die Frage, wie der zunehmende Bedarf an Beregnungswasser langfristig sichergestellt werden kann. Bisher wird in Niedersachsen fast ausschließlich aus dem Grundwasser beregnet. Während in vielen Grundwasserkörpern die Reserven noch groß sind und daher noch weitere Wasserrechte für die verschiedenen Nutzer vergeben werden können, gibt es in anderen kaum noch Reserven.

Um auch weiterhin Grundwasser in ausreichender Menge nutzen zu können, muss nach EU-Wasserrahmenrichtlinie der gute mengenmäßige Zustand in den Grundwasserkörpern erhalten beziehungsweise wieder erreicht werden. In einigen Regionen, wo dies schwierig ist, muss über eine Substitution von Grundwasser durch alternative Wasserquellen nachgedacht werden, beziehungsweise es müssen Maßnahmen eingeleitet werden, die die Grundwasserneubildung erhöhen.

Substitutionsmaßnahmen können zum Beispiel darin liegen, dass Prozesswasser aus verarbeitenden Betrieben oder Klarwasser aus Kläranlagen nicht in den nächstgelegenen Vorfluter abgeleitet wird, sondern entweder in Speicherbecken gesammelt oder direkt für die Feldberegnung verwandt wird.

Eine geeignete Maßnahme zur Erhöhung der Grundwasserneubildung ist zum Beispiel der Waldumbau von Nadelholzmonokulturen zu Misch- beziehungsweise Laubwald auf grundwasserfernen Geest­standorten. Laut den Ergebnissen des Projektes „Wasserwald“, das die Forstabteilung der Kammer Niedersachsen 2014/15 federführend durchgeführt hat (aus Mitteln des Waldklimafonds der Bundesregierung), kann von etwa 50 bis 100 mm höherer Grundwasserneubildung unter reinem Laubwald im Vergleich zum reinen Nadelwald ausgegangen werden, abhängig vom Standort, vom Alter des Bestandes und weiteren Rahmenbedingungen.

Auch durch Maßnahmen wie zum Beispiel die Versickerung von aus Flüssen abgeleitetem Oberflächenwasser, Wasserrückhalt in Gräben durch kleine Stauwehre oder Schüttsteinstaue oder Versickerung von abgeleiteten Drainagewässern lässt sich eine Grundwasseranreicherung erreichen. Leider gibt es bisher nur sehr wenige derartige Beispiele, die in der Praxis umgesetzt wurden.

Kreisberegnungen sind häufig mit rotierenden Pralltellerdüsen ausgerüstet, die das Wasser (bei richtigem Druck) großtropfig relativ windunempfindlich verteilen.

Was können Landwirte selbst tun?

Jeder einzelne Beregnungslandwirt beziehungsweise jeder Beregnungsverband sollte sich, schon bevor Wassermangel auftritt, überlegen, ob es Möglichkeiten der Sub­stitution von Grundwasser oder der Grundwasseranreicherung in seinem unmittelbaren Umfeld gibt. Weiter sollten die Beregnungslandwirte – die allermeisten Landwirte tun dies auch – mit dem zur Verfügung stehenden Wasser sehr sparsam umgehen.

Neben den pflanzenbaulichen Kenntnissen, in welchen Stadien die Pflanze wie viel Wasser braucht, gehört die betriebswirtschaftliche Abschätzung der Beregnungswirkung bei den verschiedenen Kulturen dazu. Nicht bei allen Kulturen lässt sich durch die Beregnung ein deutlicher wirtschaftlicher Mehrerlös erreichen. Diese Kulturen, zum Beispiel Roggen, sollten bei begrenzten wasserrechtlichen Erlaubnissen dann von vornherein unberegnet bleiben, um das Wasser in den gewinnbringenderen Früchten einzusetzen. Jeder Betrieb muss hier seine individuelle Strategie finden, um mit den begrenzten Wasserrechten auszukommen und dennoch rentabel zu wirtschaften.

Beim Einsatz der Bewässerung muss das Ziel sein, die volle erlaubte Wassermenge, die einem Betrieb zur Verfügung steht, auch an die Pflanze zu bekommen. Hier hat die Ausbringungstechnik einen großen Einfluss auf die Wassernutzungseffizienz. Verluste durch ungleichmäßige Ausbringung oder durch Abdrift sollten minimiert werden.

Natürlich lässt sich die potenziell verlustreichste Technik, der Großregner oder die „Kanone“, aus der Beregnungslandwirtschaft Niedersachsens nicht wegdenken. Weit über 90 % der Beregnungsfläche werden mit dieser Technik beregnet. Aber überall da, wo die Agrarstruktur es zulässt, sollte über den Einsatz von Kreis- oder Linearberegnungsmaschinen nachgedacht werden. In Betrieben, in denen hochpreisige Intensivkulturen (zum Beispiel Gemüse oder Speisekartoffeln) angebaut werden, sollte der Einsatz von Düsenwagen einer näheren Betrachtung unterzogen werden, da sie aufgrund einer gleichmäßigeren Wasserverteilung und geringerer Verluste deutliche Vorteile haben. Für Spezialkulturen (zum Beispiel Erdbeeren, Spargel, Heidelbeeren, Gurken) sollte die Tropfbewässerung die Technik der Wahl darstellen, da nur mit dieser eine punktgenaue und verlustfreie Wasserversorgung möglich ist.

Seit Kurzem schränken mehrere Untere Wasserbehörden die Ausbringungszeiten von Beregnungswasser bei „Überkopfberegnung“ mit Großregnern (Beregnungskanonen) in den Mittags- und Nachmittagsstunden drastisch ein. Der Düsenwagen ist aufgrund seiner deutlich verlustärmeren Ausbringung vom Verbot ausgenommen. Teilweise erstrecken sich die Beregnungsverbote über einen langen Zeitraum von 12 bis 18 Uhr, die unabhängig von Temperatur, Wind und auch von der Jahreszeit gelten.

Auch wenn solche generellen Verbote seitens der Behörden einfach zu kontrollieren sind, sind sie fachlich nicht gerechtfertigt. Der wichtigste Parameter für Wasserverluste ist der Wind und weniger die Temperatur. Daher hätte ein Grenzwert für die Windgeschwindigkeit – nachvollziehbar an den Stationen des Deutschen Wetterdienstes – ausgereicht. Die generellen Verbote für ein Viertel der Tages-/Nachtzeit zwingen die Landwirte dazu, mittel- bis langfristig zu investieren und ihre Beregnungskapazitäten aufzurüsten, um in der verbleibenden Zeit die von den Pflanzen benötigte Wassermenge auszubringen.

Fazit

Es ist bisher nicht absehbar, ob die angesprochenen Maßnahmen zur Erhöhung der Grundwasserneubildung, zur Substitution von Grundwasser, zum Wasserrückhalt in der Landschaft oder zur technischen Optimierung der Beregnungstechnik für die Sicherstellung einer ausreichenden Wassermenge für alle Nutzer ausreichen werden. In jedem Fall verursachen alle genannten Maßnahmen Kosten, die weder der einzelne Landwirt noch der jeweilige Beregnungsverband allein schultern kann.

Es muss erlaubt sein, einen Diskurs darüber zu führen, ob die Herleitung des nutzbaren Grundwasserdargebotes unter den veränderten klimatischen Rahmenbedingungen noch in bisheriger Form aufrechterhalten werden kann. Denn wenn von der gesamten Grundwasserneubildung grob überschlägig nur ein Viertel als nutzbares Dargebot an die Wassernutzer verteilt werden darf, kann auch in einem an sich wasserreichen Land wie Niedersachsen Wasserknappheit zu Einschränkungen der bisherigen landwirtschaftlichen Produktion bei wasserbedürftigen Kulturen wie Gemüse oder Kartoffeln führen.

Bedenken müssen alle Verantwortlichen auch, welche globalen Auswirkungen es hat, wenn wir in Deutschland alle bisherigen Vorgaben unverändert einhalten, aber aus anderen Teilen der Welt ohne Rücksicht auf den CO2-Fußabdruck oder den Wasser-Fußabdruck landwirtschaftliche Rohstoffe und Nahrungsmittel importieren müssen.

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