Der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) sieht die deutsche Getreideernte 2023 in seiner jüngsten Ernteprognose einschließlich Körnermais bei insgesamt 42 Mio. t und veranschlagt die Winterrapsernte mit fast 4,2 Mio. t. Die Trockenheit trifft vor allem östliche Bundesländer. Die Verluste auf Sandböden sind nicht mehr zu kompensieren. Abschläge macht der DRV vor allem für Winterweizen und Körnermais.
Der DRV rechnet jetzt mit einer bundesdeutschen Getreideernte einschließlich Körnermais von 42 Mio. t und korrigierte damit seine vorherige Prognose ertragsbedingt um insgesamt 1,23 Mio. t nach unten. Damit würde das Ergebnis vom vergangenen Jahr um 1,45 Mio. t oder 3,3 % verfehlt. Außerdem setzte der DRV seine Voraussage für die hiesige Winterrapsernte in der vorigen Woche um 130.000 t auf 4,15 Mio. t herab und begründete dies ebenfalls mit einem wahrscheinlich niedrigeren Durchschnittsertrag. Im vergangenen Jahr hatten die Landwirte noch 4,28 Mio. t Rapssaat gedroschen.
„Die Witterung hat sich in den vergangenen vier Wochen komplett gedreht. Waren Mitte Mai teilweise Flächen wegen starker Regenfälle nur eingeschränkt befahrbar, leiden die Kulturen mittlerweile deutschlandweit unter massivem Trockenstress“, erläuterte DRV-Getreidemarktexperte Guido Seedler. Um auf den guten Böden weitere Ertragsverluste zu verhindern, müsse flächendeckend Regen fallen. Allerdings könnten die Verluste auf Sandböden nicht mehr kompensiert werden. Von der Trockenheit besonders betroffen sind dem DRV zufolge die fünf ostdeutschen Bundesländer. Auf sie entfalle rund die Hälfte der erwarteten Ertragseinbußen. „Für später zu erntende Getreidearten wie Weizen müssen wir mit weiteren Ertragsrückgängen rechnen, wenn in den kommenden Tagen kein Regen fällt“, sagte Seedler. Das gelte auch für im Frühjahr ausgesäte Getreidearten wie Mais, die sich noch in der Wachstumsphase befänden. Dagegen litten Getreidearten wie die Wintergerste, die früh gedroschen würden und deshalb aktuell kein Wasser mehr benötigten, weniger unter der Trockenheit.
Fast 9,1 Millionen Tonnen Wintergerste erwartet
Im Einzelnen passte der DRV seine Ernteprognose vor allem für Winterweizen nach unten an, und zwar um 440.000 t auf 21,56 Mio. t. Damit würde die Vorjahresmenge um 520.000 t oder 2,4 % verfehlt. Eine größere Abwärtskorrektur nahmen die Berliner Fachleute auch für Roggen vor, nämlich um 250.000 t auf jetzt 3,11 Mio. t. Damit würde fast das Vorjahresniveau von 3,13 Mio. t erreicht. Außerdem wird für Körnermais ein Abschlag von 210.000 t auf 3,74 Mio. t ausgewiesen, nach 3,84 Mio. t im vergangenen Jahr. Das Aufkommen an Winter- und Sommergerste wird jetzt auf fast 9,1 Mio. t und 1,75 Mio. t veranschlagt; das wären rund 130.000 t beziehungsweise 230.000 t weniger als die Vorjahresmenge. Zur diesjährigen Anbaufläche von Sommergerste auf 329.000 ha dürften nach Schätzung des DRV allerdings noch rund 40.0000 ha Sommerbraugerste hinzukommen, die bereits im Herbst ausgesät worden seien und damit statistisch zur Wintergerste gerechnet würden. Das Volumen von Triticale taxiert der Verband auf 1,85 Mio. t, was im Vergleich zu 2022 einem Minus von 80.000 t entsprechen würde.
Wie der DRV mit Blick auf das Ausland ausführte, leiden auch Polen, das Baltikum und Skandinavien unter Trockenheit. Besonders prekär sei die Situation in Spanien. „Dort wird eine historisch niedrige Ernte von etwa elf Millionen Tonnen Getreide erwartet“, so Seedler. Im langjährigen Mittel wurde doppelt so viel geerntet. Die DRV-Prognose liegt allerdings noch um 2 Mio. t höher als die des spanischen Agrarkooperativen-Verbandes. Unterdessen wurden die Erwartungen an die europäische Getreideernte nach Angaben des Raiffeisenverbandes in den vergangenen Wochen gesenkt. Dennoch würde damit das Vorjahresergebnis übertroffen. Die Ertragsausfälle im Ostseeraum und auf der Iberischen Halbinsel könnten nämlich nach derzeitigem Stand durch höhere Erntemengen in Südosteuropa kompensiert werden.
Getreide weltweit ausreichend
Laut DRV dürfte die globale Getreideernte 2023 das Vorjahresniveau leicht übertreffen. Ursachen seien unter anderem eine voraussichtlich gute Weizenernte in Kanada und eine gute Maisernte in Brasilien. „Damit gehen wir von einer ausreichenden Versorgung aus. Verbraucherinnen und Verbraucher können beruhigt sein“, sagte Seedler. Außerdem könne vorerst Entwarnung für die Exporte aus der Ukraine gegeben werden. Selbst wenn das Schwarzmeerabkommen im Juli nicht verlängert werden sollte, könnten die erwarteten Ausfuhrmengen per Lkw, Bahn und Binnenschiff vollständig auf den Weltmarkt gelangen. age