StartNachrichtenBetriebsführungGeht’s dem Tier gut, freut sich der Mensch

Geht’s dem Tier gut, freut sich der Mensch

Kammerpreis für Engelbrecht GbR im Kreis Pinneberg
Von Isa-Maria Kuhn, Claus-Peter Boyens, Landwirtschaftskammer SH
Kammerpräsidentin Ute Volquardsen hat Dierk, Heidi, Mika, Mirko und Mareike Engelbrecht den Preis überreicht (v. li.). Erfolg, so die Geehrten, sei Teamwork der Familie, Mitarbeiter eingeschlossen.

Die Präsidentin der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein (LKSH), Ute Volquardsen, hat erneut zwei Betriebe für innovative Ansätze in der Tierhaltung ausgezeichnet: die GbR von Dierk und Heidi Engelbrecht in Bokholt-Hanredder und den Rinderzuchtbetrieb von Henning Otzen in Busdorf. Diese seien Beispiele für den Einklang von tiergerechter Haltung und Wirtschaftlichkeit in der Landwirtschaft, sagte sie bei der feierlichen Ehrung in den Kreisen Pinneberg und Schleswig-Flensburg.

„Viele fordern Tierwohl, die Betriebe im Land setzen es um, und die Kammer zeigt einmal im Jahr neue Beispiele“, erklärte die Kammerpräsidentin. „Oft sind es kleine, konsequente Maßnahmen für großen Erfolg.“ Die landwirtschaftliche Tierhaltung stehe durch den politisch und gesellschaftlich geforderten und auch von der Landwirtschaft gewollten Umbau in den kommenden Jahren vor einer Vielzahl an Herausforderungen.

„Tierwohl und Tiergesundheit sind mit Recht die bestimmenden Themen unserer Zeit geworden“, so Volquardsen weiter. Aber auch Versorgungssicherheit sei plötzlich wieder in den Fokus der manchmal emotional geführten Diskussion gerückt. „Jeder von uns ist Verbraucher und kann sich somit dieser Diskussion nicht entziehen. Deren Umfang und Komplexität, die Vielfalt der Perspektiven sowie die unterschiedlichen Interessenlagen zeigen gerade den Konflikt, der auch immer wieder Ausdruck in Protestaktionen findet.“

Die ältesten Kühe stehen auf Stroh und genießen besondere Aufmerksamkeit. Das haben sich Tiere wie EB Katja (r.) mit 16 Jahren und einer Leistung von 125.000 l auch verdient.

LKSH steht für sachliche Diskussion

Das Ziel der Landwirtschaftskammer sei es, genau diese Diskussion zu versachlichen und zusammen mit den Partnern aus Wissenschaft und Praxis die Grundlagen für eine faktengebundene Information für Verbraucher und Landwirte bereitzustellen. Aber auch Politik, Lebensmittel verarbeitende Industrie und Verbraucher müssten durch ihr Handeln zeigen, dass man es ernst meine, die Landwirtschaft beim Umbau der Tierhaltung aktiv zu unterstützen.

Die Auszeichnung wird von der Kammer gern genutzt, um Presse einzuladen und die moderne Landwirtschaft zu zeigen.

„Politik muss einen langfristigen, fraktionsübergreifenden Weg aufzeigen, der den Betrieben bei ihren Investitionen in die Zukunft Planungssicherheit ermöglicht. Ställe werden eben nicht nur für fünf Jahre, sondern für 20 Jahre gebaut“, führte die Präsidentin weiter aus. „Der Lebensmitteleinzelhandel muss sich ebenso seiner Verantwortung bewusst sein, dass die selbst gesteckten Ziele, zum Beispiel ab 2030 100 Prozent des Frischfleischsortiments aus den Haltungsstufen 3 und 4 verkaufen zu wollen, auch direkte Auswirkungen auf den Konsum und den Preis haben werden. Jedem Verbraucher muss bewusst sein, dass es dies nicht zum Nulltarif geben kann.“

Trotz der durch diverse Krisen (Corona, Ukraine-Krieg, Energiekrise und Inflation) entstandenen extrem wechselhaften Märkte, von denen insbesondere die Landwirtschaft massiv betroffen ist, dürfe man nicht darauf warten, dass die unterschiedlichen Interessengruppen den Takt vorgäben, sondern die Landwirtschaft sei dazu angehalten, die zukünftige Entwicklung der Branche aktiv zu gestalten. Umso wichtiger sei es, Betriebe zu haben, die neue und zukunftsweisende Ansätze mutig und aktiv verfolgten und somit Denkanstöße für die Tierhalter gäben.

„Tolle Beispiele hierfür sind die für innovative Ansätze in der Tierhaltung ausgezeichneten Betriebe. Beide sind in ihrem jeweiligen Bereich bemerkenswert und zeigen, dass bereits kleine Stellschrauben große Wirkung auf Tiergesundheit und Tierwohl haben können“, so Volquardsen.

Boli im Pansen liefern wichtige Gesundheitsdaten.
Auch in den Altgebäuden wurden Ventilatoren installiert.

Datensammlung für gesunde Kühe

Die Familie von Dierk und Heidi Engelbrecht bewirtschaftet seit 1972 den Betrieb am heutigen Standort in zweiter Generation und hat sich über die Jahre in mehreren Wachstumsschritten stetig vergrößert. Aktuell hat der Betrieb einen Bestand von 275 Rindern plus Nachzucht und bewirtschaftet rund 170 ha.

Familie Engelbrecht hat drei Kinder. Der älteste Sohn (21) hat die Höla absolviert. Er wird aber nicht gleich in den Betrieb einsteigen, sondern außerhalb Erfahrungen sammeln, sodass der Betrieb mithilfe einer Vielzahl an Fremdarbeitskräften (zwei feste Mitarbeiter, zwei Auszubildende und sechs Aushilfskräfte) bewirtschaftet wird.

Ziel ist neben der konsequent gleichen Behandlung der Tiere – egal welcher Mitarbeiter Dienst hat –, auch mehr Lebensqualität für die Mitarbeiter und die Betriebsleiterfamilie zu schaffen. Dies zu erreichen, bedürfe es eines konsequenten Managements. „Wenn es den Menschen gut geht, geht’s auch den Kühen gut“, ist sich die Familie sicher. So hat der Betrieb 2013 auf dreimaliges Melken umgestellt, um den Mitarbeitern zusammenhängende Arbeitsschichten zu ermöglichen. Ebenso wurde zur Entlastung der Mitarbeiter bei Routinearbeiten in Technik investiert (unter anderem automatischer Futterschieber, Einstreukiste).

Im Hinblick auf die Tiergesundheit wurde im vergangenen Jahr – aufgrund der 2020 erkannten Probleme – in ein Lüftungssystem sowie in den erwähnten Futterschieber investiert und durch Fräsen der Laufflächen die Trittfestigkeit verbessert. Zudem tragen alle Kühe einen Pansenbolus. Dieser Transponder erfasst kontinuierlich individuelle Gesundheitsdaten der Kühe und ermöglicht es frühzeitig, auf Probleme reagieren zu können.

Der Betrieb zeichnet sich somit durch sein konsequentes Tier- und Mitarbeitermanagement aus, was sich auch in der Leistung widerspiegelt. Sie liegt seit zehn Jahren über 11.000 kg und beweist die Güte eindrucksvoll.

Der Betrieb von Henning Otzen wird im kommenden Bauernblatt vorgestellt.

Die Rinderzucht Schleswig-Holstein hat den Betrieb für die Ehrung vorgeschlagen, und dafür gab es ein neues Hofschild. Die Eltern des Betriebsleiters, Gertrud und Johann Engelbrecht (ganz li. und ganz r.), waren stolz, haben sie doch die Grundlagen für den heutigen Erfolg gelegt. Fotos: Isa-Maria Kuhn
WEITERE ARTIKEL
- Anzeige -
- Anzeige -

Meistgeklickt

Milch: Knapp und teuer

BB-Slider