StartNachrichtenAgrarpolitikVerkorkste Agrarreform schlägt aufs Gemüt

Verkorkste Agrarreform schlägt aufs Gemüt

Kreisbauerntag Herzogtum Lauenburg in Roseburg-Neu Güster
Von Dr. Robert Quakernack
Klaus Wegner, BVSH-Generalsekretär Stephan Gersteuer, Klaus-Peter Lucht, Werner Schwarz und KBV-Geschäftsführer Peter Koll verfolgen die Grundsatzrede von Johannes Henner Langhans (v. li.). Fotos: rq

Die Sorge um die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Landwirtschaft bestimmte die Fachgespräche beim Kreisbauerntag Herzogtum Lauenburg, der am Dienstag (6. Juni) auf dem Betrieb von Familie Heidebrecht in Roseburg stattfand. In der Kritik stand vor allem die überbordende Bürokratie.

„Der Gesetzgeber grenzt unseren unternehmerischen Handlungsspielraum ein“, monierte Johannes Henner Langhans, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes (KBV) Herzogtum Lauenburg. Er verbringe mittlerweile fast mehr Zeit mit der Dokumentation als mit der eigentlichen Hofarbeit. Durch die Angst, etwas falsch zu machen, entstehe ein psychischer Druck, der belaste. Er unterstrich: „Wir befinden uns in einer Selbstbeschäftigungsbürokratie.“

Mit immer höheren Auflagen drohten Verlagerungseffekte. Langhans schilderte: „Wir können nicht zu Inlandsauflagen produzieren, aber zu Weltmarktpreisen verkaufen.“ Man verschiebe die Probleme aber nur in andere Länder. Von der bisherigen Arbeit des Bundeslandwirtschaftsministers Cem Özdemir (Grüne) zeigte sich der KBV-Vorsitzende enttäuscht. „Seine Hinhaltepolitik hat dazu geführt, dass wir viele Tiere verloren haben und damit auch Wertschöpfung“, so Langhans.

Erfreulich sei hingegen die Bildungsoffensive des Kieler Landwirtschaftsministeriums, die wichtig sei, um wieder mehr Wissen über die Land- und Ernährungswirtschaft in die Schulklassen zu tragen. Landwirte könnten jedoch nur Angebote machen, die müssten von den Schulen auch in Anspruch genommen werden.

Bildungsangebote machen

Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) hob die Bedeutung des Akteurs-Netzwerks für das Gelingen der Bildungsoffensive hervor. Er rief jeden interessierten Betriebsleiter dazu auf, sich im Netzwerk zu engagieren. „Verbraucherinnen und Verbraucher haben vielfach nur ein unscharfes Bild davon, wie Landwirtschaft funktioniert und Lebensmittel produziert werden“, erläuterte Schwarz. Ihm gehe es darum, im Rahmen der Offensive ausreichendes Wissen für ein eigenverantwortliches, reflektiertes Handeln zu vermitteln.

Schwarz ist bewusst, dass die Einführung neuer digitaler Meldesysteme Betriebe und Behörden vor enorme Herausforderungen stellt. Um nachweislich gewässerschonend wirtschaftende Betriebe in Roten Gebieten zu entlasten, brauche es jedoch qualitativ hochwertige Daten, die durch die Düngedokumentation auf der Plattform Endo-SH nun gesammelt werden könnten. „Natürlich sind auch technische Fehler aufgetreten. Die bringt ein so aufwendiges digitales Instrument mit sich“, räumte Schwarz ein.

Er stimmte zu, dass eine Vereinfachung der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) dringend notwendig sei. „Wir müssen alle versuchen, das Beste aus dieser verkorksten Förderperiode zu machen“, erklärte Schwarz. Es gelte, sich jetzt schon Gedanken zu machen, wie die GAP ab 2028 aussehen könne. Unverzichtbar sei bei zukünftigen Maßnahmen die betriebswirtschaftliche Attraktivität. Der Minister untermauerte: „Es müssen echte Anreizkomponenten möglich sein.“ Sein Haus werde in Zusammenarbeit mit dem Umweltministerium eine GAP-Projektgruppe gründen, um Vorschläge zu erarbeiten und diese in eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur GAP einzubringen.

Produktion halten

Auch Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH), forderte die Landesregierung auf, Bürokratie abzubauen. Viele fühlten sich momentan überfordert. Landwirte hätten es durch Innovationen zwar immer geschafft, wettbewerbsfähig zu bleiben. Die aktuelle Auflagenflut mache die Wettbewerbsfähigkeit aber zunichte. Es dürfe nicht dazu führen, dass anderswo zu schlechteren Bedingungen produziert werde. „Für mich ist das Verbrauchertäuschung“, stellte Lucht klar. 

Klaus-Peter Lucht (li.) und Johannes Henner Langhans (r.) zeichneten den ehemaligen KBV-Vorsitzenden Hans-Peter Grell (Mitte) mit der Silbernen Ehrennadel mit Eichenblatt des BVSH aus. Neben Grell erhielten 19 weitere Persönlichkeiten die Silberne Ehrennadel für ihr Engagement im BVSH. 
Alle Geehrten auf einen Blick (darunter): Günter Ahrens, Hans-Peter Arndt, Hans-Heinrich Awe, Martin Berling, Stefan Brüggemann, Peter-Henning Buhk, Holger Burmester, Tilmann Hack, Dirk Hadenfeldt, Dietrich Hamester, Johannes Hamester, Adolf Heins, Jürgen Kruse, Manfred Pemöller, Rainer Stapelfeldt, Bernhard Tögel, Johannes Weißleder, Hans-Peter Witten und Bernd Wulf

Zitate

Lina Machnik, Sprecherin des KBV-Arbeitskreises Junger Landwirte:
„Wie sollen wir junge Menschen überzeugen, diesen 24/7-Job zu machen, wenn andere schon mit einer Viertagewoche ein sehr attraktives Gehalt bekommen? Liebe Politiker, redet mit uns, damit die Landwirtschaft zukunfts- und wettbewerbsfähig bleibt!“

Klaus Wegner, stellvertretender KBV-Vorsitzender:
„Die Probleme in der Gesellschaft lassen sich nur gemeinsam mit der Landwirtschaft lösen. Ich bin daher fest überzeugt, dass es auch in Zukunft eine Landwirtschaft geben wird.“

Lina Machnik
Klaus Wegner
Weitere Eindrücke vom Kreisbauerntag
Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Tramm
Volle Scheune
Dank an Familie Heidebrecht


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