Bleibt die biologische Landwirtschaft eine Nische oder wird sie zum neuen Standard? Diese Frage wird von Erzeugern, Landwirten und Politikern seit Jahren diskutiert. Ökolandbau per Verordnung wird kaum funktionieren. Wenn jedoch die Nachfrage der Verbraucher sich in diese Richtung entwickelt, muss sich die Landwirtschaft anpassen. Derzeit kommen die Impulse oftmals vom Lebensmittelhandel. Viele Handelsketten wollen ihr Image und den Absatz verbessern, indem sie die Anforderungen an die Produktion erhöhen. Dies wird jedoch oftmals nur halbherzig umgesetzt. So haben günstige importierte Bioprodukte oftmals Vorrang vor der heimischen Ware.
Stagnation nach dem Ökoboom
Während der Corona-Zeit zeigte sich ein regelrechter Nachfrageschub am Biomarkt. Durch die geschlossenen Restaurants und Kantinen wurde mehr selbst eingekauft. Dabei wurde verstärkt zu heimischen Produkten und auch zu mehr Bioware gegriffen. Die Umsätze stiegen hier zweistellig an. Doch mittlerweile stockt der Absatz, während die Kosten für die Produktion deutlich gestiegen sind. Europaweit verändert die hohe Inflation das Einkaufsverhalten der Verbraucher. Oft reicht das Geld beim Einkauf gerade für die Grundnahrungsmittel. Günstige Angebote stehen im Vordergrund. Obwohl der Preisabstand zur Bioware gar nicht mehr so groß ist, wird diese weniger nachgefragt. In der Presse gab es Meldungen über Umsatzeinbußen von bis zu 50 %. Biomärkte und Handelsketten, die mit einem anhaltenden Nachfrageboom gerechnet und investiert haben, sind in Schwierigkeiten geraten. Mittlerweile klärt sich die Lage etwas auf. Die Umsätze sind zwar nicht mehr auf dem Stand der Corona-Zeit, sie sind jedoch nicht so stark eingebrochen wie oft behauptet. Bislang kosten Bioprodukte immer noch mehr. Vom Bioaufschlag kommt jedoch beim Erzeuger oftmals nicht mehr viel an. Die Erzeugerpreise liegen nicht selten auf dem konventionellen Niveau. Die Preise für zum Beispiel Biokartoffeln mussten in diesem Herbst bereits gesenkt werden, um den Absatz zu mobilisieren. Die Preise für Biomilch sind deutlich langsamer gestiegen als für konventionelle Milch. Die Biomilch-Bauern fordern aktuell einen Preisaufschlag von mindestens 15 ct, um die hohen Kosten zu decken. Dabei sind die Auszahlungspreise für ökologisch erzeugte Milch in Schleswig-Holstein derzeit noch am höchsten.
Bioproduktion stagniert
Der Anteil der biologischen Milchproduktion liegt derzeit noch bei 4 %. Der Anteil der Ökogetreideflächen ist mittlerweile auf über 6 % gestiegen. Trotz der Trockenheit ist die diesjährige Biogetreideernte in Deutschland so groß wie im Vorjahr ausgefallen. Die Nachfrage aus dem Lebensmittelbereich hat sich reduziert, während Futtergetreide weiterhin gesucht bleibt. Die Kurse für zum Beispiel Brotweizen sind im Frühjahr 2022 von etwa 430 € auf 550 €/t gestiegen und bis zum Jahresende auf zirka 520 €/t gesunken.
Auch der Anteil von Biorindfleisch ist mittlerweile auf 6 % gestiegen, während nur 0,7 % der Schweine in Biohaltung produziert werden. Die Kurse für Bioschweine blieben in den letzten Monaten konstant bei etwa 4,40 €/kg SG. Während der Lebensmitteleinzelhandel weiterhin die gleichen oder sogar etwas größere Mengen abnimmt als im Vorjahr, gehen die Käufe von Metzgereien und Naturkosthandel zurück. Das Angebot an Biofleischartikeln im LEH und in Discountern wird eher noch vergrößert. Die Kurse für Biojungbullen stiegen bis zum Frühjahr 2022 kontinuierlich an, gingen jedoch anschließend bis auf das Vorjahresniveau zurück. Mit 5,40 €/kg SG liegt der Kurs für den R3-Biojungbullen nur wenig über dem konventionellen Preis. Die Nachfrage nach Bioschlachtrindern ist im Süden besser als im Norden, wo zum Teil keine Preisaufschläge mehr für Biotiere gezahlt werden.
Derzeit liegt man noch weit entfernt von dem von der EU und der Bundesregierung erwünschten Bioanteil von 30 %. Die Zuwächse werden vorerst eher gering ausfallen. Durchhalten – so heißt aktuell die Parole für die Ökobetriebe.