Was haben Keramik und Eisenguss gemeinsam? Auf den ersten Blick nicht viel. Doch schaut man sich in beiden Fällen den Herstellungsprozess an, so ist zu erkennen, dass es sich jeweils um Gießprozesse mit Rohstoffen aus der Erde handelt. Das faszinierte auch die 42-jährige Keramikkünstlerin Danijela Pivašević-Tenner aus Berlin. Ihre künstlerische Auseinandersetzung mit den vorhandenen Objekten des Eiskunstgussmuseums in Büdelsdorf sind dort in einer Sonderausstellung unter dem Titel „Aus einem Guss“ zu sehen.
Keramik, die wie Eisen wirkt, ist dabei das Prinzip der Ausstellung, die nicht in einem extra Raum ausgestellt ist, sondern als künstlerische Intervention in die vorhandene Dauerausstellung integriert wurde. „Die Objekte von Danijela Pivašević-Tenner passen sich dabei so gut an die Museumsexponate an, dass man sie erst einmal entdecken muss“, erklärte Museumsleiterin Thekla-Christine Kock bei einer After-Work-Führung vergangenen Freitag. Die Berliner Konzeptkünstlerin ist bekannt dafür, dass sie sich in ihrer Arbeit oft von dem Ausstellungsort inspirieren lässt und ihre Kunstwerke speziell für die vor Ort vorhandene Situation erarbeitet. Dabei bezieht Danijela Pivašević-Tenner die Betrachter mit ein, möchte, dass die Menschen mitmachen, und vor allem, dass sich in den Köpfen der Menschen etwas bewegt.
Die im Musum befindlichen Eisenkunstgussobjekte stammen aus der privaten Sammlung von Käte Ahlmann, Unternehmerin und Leiterin der ehemaligen Carlshütte in Büdelsdorf. Anlässlich ihres 70. Geburtstages initiierte Käte Ahlmann im Dezember 1960 den Bau des Museums gegenüber der Carlshütte zur Aufbewahrung ihrer Sammlung von Gusseisen und Kunstguss, das überwiegend aus dem 19. Jahrhundert stammt und meist zum täglichen Gebrauch diente oder zumindest der Alltagskultur zuzuordnen ist. Dieses Thema greift Danijela Pivašević-Tenner in dieser Ausstellung auf und setzte es in Kontrast zu unserer Alltagskultur. Sinnbildlich dafür stehen für sie die Wegwerfmentalität unserer Gesellschaft und der verschwenderische Gebrauch von PET-Getränkeflaschen, Einweggetränkebechern und pandemiebedingt neu: das Tragen von Masken, mit entsprechenden Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Im Gegenzug dazu „waren im 19. Jahrhundert aus Eisen hergestellte Gegenstände des Alltags so verbreitet wie Objekte aus Kunststoff heute, quasi das PET des 19. Jahrhunderts“, lautet es in einer Erläuterung zur Sonderausstellung.
Als Grundformen für ihre Keramikwerke dienten der Künstlerin eine FFP2-Maske, eine Plastikflasche sowie Einwegkaffeebecher, die sie in Berlin gesammelt hat. Dinge, die man im Alltag nur kurz gebraucht, die aber aufgrund iher Beständigkeit über Jahrzehnte Natur und Umwelt belasten. Aus der jeweiligen Grundform goss sie aus Porzellan Flaschen, Becher und Masken, die sie im noch ungehärteten Zustand nachträglich verformte, bevor sie gebrannt, in Eisengussfarbe lasiert und noch einmal gebrannt wurden. So entstanden in mehrmonatiger Arbeit auf sehr aufwendige Weise viele verschiedene, mitunter seltsam anmutende Unikate, die dann zwischen den Eisenkunstgussobjekten aufgestellt wurden, mal auf oder in die Gegenstände selbst, mal auf Sockeln oder in Vitrinen, wo die Ursprungsexponate dann für eine Weile weichen müssen. Dadurch wirken die metallfarbenen Keramikobjekte auf den ersten Blick vertraut, wie von Besuchern hingestellt und vergessen, aber gleichzeitig auch befremdlich, wenn zum Beispiel Flaschen und Becher auf den gusseisernen Öfen des 19. Jahrhunderts scheinbar vor sich hin schmelzen. Danijela Pivašević-Tenner konfrontiert die Besucher auf subtile Weise ohne moralischen Zeigefinger mit ihren Gewohnheiten und Normen und regt zum Nachdenken an. Mehr unter das-eisen.de