Während der Entwurf des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) zur Tierhaltungskennzeichnung diskutiert wird, hat die FDP-Landtagsfraktion in Niedersachsen ein Positionspapier zur Zukunft der Tierhaltung vorgestellt. Die Vorschläge setzen auf die Einbindung der Sauenhaltung und darauf, dass keinerlei neue Auflagen die deutsche Landwirtschaft im europäischen Wettbewerb weiter benachteiligen sollen.
In dem Positionspapier wird unter anderem ein Auflagenmoratorium gefordert und, dass auch bereits beschlossene kostenintensive Maßnahmen auf den Prüfstand gestellt werden. Das Moratorium müsse für die Akteure langfristig verlässlich und verbindlich sein und Abschreibungszeiträume berücksichtigen. Das Bau- und Planungsrecht und das Immissionsschutzrecht müssten so geändert werden, dass Investitionen in Stallbauten rechtssicher möglich und dauerhaft tragbar seien, das sind einige Kernpunkte in dem Papier. Gefordert wird, dass die Maßnahmen zum Umbau der Tierhaltung durch eine vollumfängliche, verpflichtende Haltungs- und Herkunftskennzeichnung abgesichert werden.
In den Vorschlägen des BMEL fehlt den Verfassern die Einbindung des Betriebszweiges Sauenhaltung. Auch fehlten die notwendigen Ressourcen, die Maßnahmen der verpflichtende Haltungs- und Herkunftskennzeichnung im Markt bekannt zu machen und dem Verbraucher Orientierung zu geben.
Da heute bereits mehrere Millionen Ferkel nach Deutschland importiert werden müssten, sollten in der Sauenhaltung auch Fördermittel bei Kapazitätserweiterung gewährt werden, heißt es.
Ziel müsse die Eigenversorgung auch mit Ferkeln sein, um unnötige Transportwege zu vermeiden und regionale Lieferkettensysteme überhaupt zu ermöglichen. Deshalb müsse es für den Verbraucher einfach und klar erkennbar sein, ob es sich um durchgehend deutsche Herkünfte im Sinne von 5xD handele. Neben dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH) seien hier auch die Gastronomie, die Großverbraucher und die Hersteller von Verarbeitungsware einzubeziehen.
Hintergrund des Positionspapiers ist, dass die FDP sich dem Vorwurf einer Blockade der Tierwohlfinanzierung ausgesetzt sieht und eine Lösung in der Berliner Ampelkoalition herbeiführen will. Das Positionspapier zur „Zukunft der Tierhaltung“, das in Hannover vorgestellt wurde, soll auch bundespolitisch als Grundlage für die Gespräche mit den Koalitionspartnern dienen.
Zur finanziellen Unterstützung der Landwirte wird ein Bundesgesetz zur Einrichtung eines Tierwohlfonds vorgeschlagen. Der Fonds solle durch eine zweckgebundene Tierwohlabgabe auf Fleischprodukte gespeist werden, die der Lebensmitteleinzelhandel bei seinen Kunden erheben solle. Dies sei mit den „führenden Köpfen“ der Bundes-FDP abgestimmt, und „die Kollegen der Bundestagsfraktion tragen das mit“, erklärte Niedersachsens FDP-Fraktionsvorsitzender Dr. Stefan Birkner. Er sieht den LEH in der Verantwortung, die Belastung für die Kunden so gering wie möglich zu halten. Die Höhe der Abgabe sei „eine politische Frage“ und müsse von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) mit den Beteiligten besprochen werden, so Birkner. Sie dürfe 40 ct/kg Fleisch aber nicht überschreiten, was bei einem jährlichen Verbrauch von 7,4 Mio. t in Deutschland Einnahmen von fast 3 Mrd. € für den Tierwohlfonds wären. Die Abgabe solle „umfassend“ sein und auf Importe aus allen Herkunftsländern und auch im Großhandel erhoben werden. age
Tierhaltungskennzeichnung kommt nicht an
Verbände und Opposition sehen Özdemirs Vorschlag weit weg von der Realität
Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) hat in dieser Woche seinen Entwurf zur Tierhaltungskennzeichnung an die Wirtschaft zur Stellungnahme verschickt. In der gesamten Branche und den Oppositionsparteien herrscht Unzufriedenheit. Der Bundesverband Rind und Schwein bewertet den Entwurf kritisch und sagt, es werde mit der Zukunft der Tierhaltung auf deutschen Betrieben gespielt. „Eine Haltungskennzeichnung nützt überhaupt nichts, wenn nicht schnellstmöglich die versprochenen Anpassungen im Bau- und Immissionsschutzrecht angepackt werden“, kritisiert Dr. Nora Hammer, Geschäftsführerin des Bundesverbandes Rind und Schwein. „Leider sind sich viele unserer Tierhalter sicher, dass es dem Landwirtschaftsministerium nicht wirklich um mehr Tierschutz geht, sondern um eine deutliche Reduzierung der Anzahl tierhaltender Betriebe.“
Für den agrarpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagfraktion, Albert Stegemann, bleibt vieles unklar. Ihm fehlten der ganzheitliche Ansatz, eine durchdachte Finanzierung und die Einbeziehung aller Wertschöpfungsstufen. Auch sei der Knoten im Baurecht weiter nicht durchschlagen, stattdessen werde bei Transport und Schlachtung auf die Verschärfung von Ordnungsrecht gesetzt. Bemerkenswert sei, dass das Berliner Agrarressort nicht davon ausgehe, dass Gastronomie und Kantinen auf preisgünstigere Importware ausweichen würden. „Das ist weit weg von der Lebensrealität“, so Stegemann. Ausgerechnet bei der Herkunftskennzeichnung wolle Özdemir weiterhin auf Brüssel warten.
Die Grundvoraussetzung für den Umbau der Ställe ist für die Berichterstatterin der CDU/CSU-Bundestagfraktion, Christina Stumpp, eine klare finanzielle Perspektive. „Die Frage der Finanzierung ist innerhalb der Ampelkoalition nach wie vor ungeklärt“, kritisierte Stumpp. age