Die Thementage des Kuratoriums für Waldarbeit und Forsttechnik (KWF) in Jessen in Sachsen-Anhalt waren vielleicht nicht die größte, aber eine der spannendsten Forstmessen in diesem Jahr, drehte sich doch alles um den Wiederaufbau von kalamitätsgeschädigten Wäldern. In einem ersten Teil wurden wichtige Trends und Entwicklungen vorgestellt, im Folgenden ging es unter anderem um Drohnen- und Digitaltechnik, Bewässerung und Jungpflanzenschutz, Grünästung sowie Jagd.
Eine typische Forstmesse mit noch nie vorgestellten Neuheiten waren die KWF-Thementage nicht, denn es ging vor allem um die Anwendung neuer und bewährter Technik und die Vorstellung von Arbeitsverfahren. Das Prädikat „Neuheit“ beanspruchte aber beispielsweise das Unternehmen CRS Grüntechnik aus Nordendorf bei Augsburg. Seine Maschine zur Wiederaufforstung kombiniert Saat- und Pflanzverfahren. Einzusetzen ist sie für alle gängigen Baumarten mit klein- bis großflächigen Samen, sogar in Kombination zur besseren Mischung. Die Saatdichte lässt sich dabei individuell steuern. Eine rückwärtslaufende Fräse bereitet ein Saat- oder Pflanzbett vor. Die Maschine ist GPS-geführt, das Unternehmen bietet zur Pflanz- und/oder Saatdienstleistung mit Breitreifenschlepper auch eine Dokumentation der GPS-Saat- oder Pflanzreihen an.
Aussaat per Drohne vorgestellt
Große Aufmerksamkeit erfuhr der Stand von Skyseed, an dem die Ausbringung von Saatgut mittels Drohnentechnik vorgestellt wurde. Der Vorteil: Auch in unwegsamem, steilem Gelände können große Saatgutmengen ausgebracht werden. Auf der Plusseite einer Saat gegenüber einer Pflanzung stehen generell der vermiedene Pflanzschock, eine bessere Feinwurzelentwicklung und die Verhinderung von Wurzelbeschädigungen. Durch eine Pelletierung von Saatgut wird es nicht nur überhaupt maschinell ausbringbar konfektioniert, sondern auch noch geschützt durch eine das Saatkorn umgebende Hüllmasse, ähnlich wie beim Zuckerrübensaatgut.
Das Berliner Unternehmen Skyseed setzt eine große Arbeitsdrohne mit 2,3 m Spannweite ein, die bis zu 12 kg Saatgutpellets mit dem selbst entwickelten Dosiergerät ausbringen kann – je nach Baumart reicht das für mehr als 1 ha. Ausgebracht werden können Samen von den meisten gängigen Baumarten – von feinkörnigen Saaten wie Birke und Erle bis zu grobkörnigen wie Eiche und Buche. Bei all den Vorteilen darf nicht vergessen werden, dass eine Saat immer einen offenen, mineralischen Waldboden benötigt. In dem meist obenauf liegenden Rohhumus oder einer dichten Pflanzenvegetation gelingt keine ausreichende Entwicklung.
Dass es bis zur großflächigen Umsetzung dieser Technik in die Praxis noch ein weiter Weg ist, bewies auch die Vorführung in Jessen – behördliche Angelegenheiten sind offenbar noch ein Hemmschuh. So konnte die vorgestellte Drohne zwar im Flug vorgeführt werden, sie durfte aber nichts fallen lassen, da der Abwurf von Gegenständen aus der Luft in Deutschland sehr restriktiv geregelt ist.
Die Wetterextreme nehmen zu
Was nutzen hektarweise wiedergegründete Wälder, wenn eine Frühsommertrockenheit die Arbeit innerhalb weniger Wochen zunichtemacht? In dieser Hinsicht gibt es verschiedene Entwicklungen, wie vor allem auf trockenheitsgefährdeten Standorten die Anwuchs- und Überlebenswahrscheinlichkeit von jung gepflanzten Forstpflanzen erhöht werden kann. Auf den KWF-Thementagen wurden mehrere vorgestellt und diskutiert, zum einen die klassische Tröpfchenbewässerung, die man aus dem Gartenbau kennt. Durch eine permanente Wasserabgabe über in den Pflanzreihen verlegte Schläuche wird für ausreichende Feuchtigkeit gesorgt. Den hohen Kosten steht ein nahezu 100%iger Anwuchserfolg gegenüber.
Eine andere Option ist die Verlegung von Holzfaserpads. Diese aus Holzfaser und Gelatine bestehenden, runden Platten werden um die Pflanze gelegt, speichern das vorhandene Wasser, verhindern Verdunstung und vermeiden zugleich unmittelbar um die Pflanze herum das Aufkommen von Konkurrenzvegetation.
Einen ganz anderen Ansatz verfolgt man beim Forstversand Flügel mit Flügels Wasserpille: Kleine, pillengroße Kapseln werden bei der Pflanzung mit ins Pflanzloch gegeben und sollen so die Langzeitversorgung der Pflanze mit Wasser sicherstellen. Kommt die Pille mit Wasser in Berührung – etwa durch Niederschlag und kapillares Bodenwasser –, dehnt sie sich aus und nimmt Wasser auf. 1 g des Hydrogels kann dabei 140 ml pflanzenverfügbares Wasser speichern. Die Pflanze bedient sich dann bei Bedarf aus diesem Wasserdepot, und das langfristig: Erst nach sieben bis zehn Jahren ist der Wasserpuffer rückstandsfrei abgebaut und nicht mehr wirksam.
Die Zukunft ist digital
Die Zukunft ist digital. Das gilt heute für Maschineneinsätze – Auffinden von Arbeitsorten, Dokumentieren von Holzmengen und Lagerorten, Nachvollziehen von Holztransporten – ebenso wie für die Bestandesdokumentation. Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen stellte eine Waldbesitzer-App vor. Der Privatwaldbesitzer soll damit ein modernes Werkzeug an die Hand bekommen, mit dem er nicht nur digital seine Waldbestände in Karten sehen kann, sondern gleichzeitig auch die Inventur- und Planungsdaten dieses Waldstücks erhält: Welche Baumarten wachsen dort in welchem Alter und in welchen Flächenanteilen? Wie groß ist der Vorrat und wie ist die Wertklasse eingestuft? Dazu gibt es noch die Infos, wer der betreuende Förster sowie das Forstamt und der zuständige forstwirtschaftliche Zusammenschluss sind. Die App wird von den Betriebssystemen Android und iOS unterstützt und verfügt über die Funktionen wie Online- und Offlinemodus, Verortung per GPS sowie Vermessung von Flächen und Strecken.
Aussaat mit dem Harvester
Die Saat von neuen Waldbeständen kann auf vielfältige Weise geschehen: per Hand, per schleppergezogener Maschine und sogar per Harvester. Vermutlich ist der stattliche Impex-Raupenharvester mit einem kleinen Saatgutkasten an der Kranspitze leistungsmäßig reichlich unterfordert, er zeigt aber zugleich einen Vorteil des Systems auf: Durch den langen Kranarm kommt der Harvester von der Rückegasse weit in die Bestände hinein und kann sein Saatgut ablegen ohne eine flächige Befahrung.
Einen anderen Ansatz verfolgt man bei der Firma Pfanzelt: flächige Befahrung, aber bodenschonend auf Bändern, und das mit wenig Gewicht. Das Multitalent Moritz zeigte seine ganze Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten, etwa als Forstraupe und Trägerfahrzeug für den Rettungsschirm, als Einsatzfahrzeug für Forstpflüge und Forstmulcher sowie ausgestattet mit Streifenfräse sowie Saat- und Pflanzaggregat zur Bestandsbegründung.
Plötzlich Waldbesitzer – und nun?
An die Privatwaldbesitzer richtet sich ein neuer Flyer, der am Stand von AGDW – die Waldeigentümer vorgestellt wurde: Das Motto „Plötzlich Waldbesitzer – und nun?“ spricht vor allem die neuen Waldeigentümer und deren viele Fragen an, also solche, die es etwa durch Kauf oder Erbe geworden sind. Der Flyer klärt auf zu den Themen Betretungsrecht, Verkehrssicherung, Steuern, Jagd, Berufsgenossenschaft, Wiederaufforstung und ordnungsgemäßer Bewirtschaftung, aber auch über Fördermittel, Versicherung und freie Baumartenwahl. Download über www.waldeigentuemer.de
Neues Verfahren zur Grünästung
Nicht immer gelingen Bestandspflanzungen und Naturverjüngungen tadellos. Gerade lockere Bestände neigen dazu, zwar sehr einzelbaumstabil, aber eben auch grobastig, protzig oder anderweitig qualitativ schlecht zu werden – zumindest entsprechen sie meist nicht den waldbaulichen Zielvorstellungen. Solche Bestände müssen nicht der späteren Brennholznutzung geopfert oder als „Samenbäume von übermorgen“ abqualifiziert werden. Die am Stand der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) vorgestellte Grünästung ermöglicht durch ein neues Verfahren, eine händische Ästung, eine adäquate astfreie Stammlänge an mäßigen Bäumen und damit eine gute Holzqualität zu erreichen. Dadurch kann die Grünästung zum erfolgreichen Waldumbau mit ästungswürdigen, klimastabilen Baumarten wie Eiche, Nuss oder Edelkastanie und gezielter Wertholzproduktion bei geringeren Umtriebszeiten beitragen.
Wichtig bei diesem Verfahren ist, dass einerseits der Astkragen nicht verletzt wird, andererseits aber auch kein Stummel als potenzielle Eindringpforte für Schadorganismen stehen bleibt. In mehreren Ästungsdurchgängen sollten astfreie Schaftlängen von 6 bis 8 m erreicht werden. Das Verfahren ist komplex, da es sowohl in einem ersten Schritt von unten nach oben als auch einem zweiten Schritt von oben nach unten besteht, um in jüngeren Beständen schon die Weichen für eine zweite, höher gehende Astungsstufe zu stellen. Nähere Infos bei der FVA