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Vom Moderator zum Minister

Werner Schwarz sagt im Interview, er wolle die Schützer und Nutzer zusammenbringen
Von Mechthilde Becker-Weigel
Werner Schwarz folgt dem Ruf ins Landwirtschaftsministerium. Foto: mbw

Werner Schwarz nimmt die Herausforderung eines Seitenwechsels in die Landespolitik an. Er stand 14 Jahre als Präsident an der Spitze des Bauernverbandes Schleswig-Holstein und war zehn Jahre Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV). Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hat den Landwirt als Minister für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz in das neue Kabinett berufen.

Herr Schwarz, wie wurde die Frage, Minister im neuen Kabinett zu werden, an Sie herangetragen?

Werner Schwarz: Ministerpräsident Daniel Günther hat mich angesprochen, ob ich mir vorstellen könne, dieses Amt zu übernehmen.

Wie fühlen Sie sich?

Aufgeregt. Das ist eine riesige Aufgabe. Ich bin gespannt auf die kommende Tätigkeit.

Sie standen bis jetzt auf der anderen Seite. Welche Konflikte sehen Sie zu Ihrer bisherigen Tätigkeit als Bauernpräsident?

Das ist ein 100%iger Seitenwechsel. Ich war als Präsident des Landesbauernverbandes Interessenvertreter für die Landwirtschaft. Ich werde weiter auch die Interessen der Landwirtschaft vertreten, aber aus einer anderen Sicht, und zwar aus der Sicht der Gesellschaft. Denn eine Regierung ist das Abbild der Gesellschaft und hat auch gesellschaftliche Ansprüche zu verfolgen.

Meine Nähe zum Bauernverband ist sicherlich für viele eine Herausforderung, aber ich bin dem Parlament verantwortlich und zukünftig auch dem Kabinett. Insofern werde ich mich sehr schnell von dem lösen, was der Bauernverband in der Vergangenheit an Forderungen gehabt hat. Für mich ist es grundsätzlich wichtig, Schutz und Nutzen zusammenzubringen und nicht einseitige Klientelpolitik zu betreiben.

Wie werden Sie Ihre bisherigen Erfahrungen aus Dialogprozess und der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) umsetzen?

Diese Erfahrungen werden mit Sicherheit nutzen. Ich werde offen auf diejenigen zugehen, die andere Herausforderungen in der Landwirtschaft sehen, als es vielleicht die Landwirtschaft selbst sieht. Das erfordert durchaus auch eine Mediatorenrolle. Die Aufgabe endet nicht bei Mediation oder Moderation, sondern Politik steht auch in der Verantwortung der  Entscheidungsfindung. Ich bin zuversichtlich, dass das möglich ist.

Wie glücklich sind Sie mit dem neuen Zuschnitt des Ministeriums und der Trennung von Landwirtschaft und Umwelt?

Schon seit der Wahl und davor habe ich und hat ebenso der Bauernverband die Position vertreten, dass Landwirtschaft und Umwelt zusammenbleiben sollten. Mit dieser Einstellung sind wir nicht allein gewesen. Sowohl die Bioanbauverbände wie die Umweltorganisationen hatten erklärt, sie sähen ein gemeinsames Haus als sinnvoll an. Nun ist es anders gekommen. Das hängt mit dem Koalitionsproporz zusammen. Ich bin aber zuversichtlich, denn der Koalitionsvertrag ist ziemlich klar in der Kompetenzverteilung, und ich denke, dass wir einen einvernehmlichen Weg für die Zukunft der Landwirtschaft, der Umwelt und des Naturschutzes finden.

Haben Sie keine Sorgen, dass es in Schleswig-Holstein zu ähnlichen Blockbildungen oder Haltungen zwischen den Ressorts Landwirtschaft und Umwelt kommen könnte, wie wir das vor allem in der letzten Legislaturperiode in Berlin gesehen haben?

Eine solche Situation werden wir aus meiner Sicht nicht wieder bekommen, denn wir haben Erfahrungen aus dem Zukunftsdialog in Schleswig-Holstein und aus der Zukunftskommission auf Bundesebene, und diese Blockadehaltung war eben vor der Zukunftskommission. Wir, und ich ganz persönlich, haben eine ganze Menge daraus gelernt, und ich bin mir sicher, dass wird sich auch in der Regierungsarbeit abbilden.

Sehen Sie keine Ressortüberschneidungen bei Umwelt-, Natur- und Klimafragen?

Diese Themen liegen eindeutig im zukünftigen Ministerium für Umwelt- und Klimaschutz, Naturschutz. Und ich werde natürlich auf den Minister zugehen, um zu sehen, wie wir gemeinsam gestalten können. Wir wollen ja nicht verhindern oder Druck ausüben, sondern ich halte es für wichtig, dass wir gerade in einem Flächenland und einem agrarisch geprägten Land wie Schleswig-Holstein Lösungen finden. Und ich bin zuversichtlich, dass wir das hinkriegen.

Der neue Zuschnitt des Ministeriums beinhaltet auch ländliche Räume und Europa. Welche Schwerpunkte wollen Sie in diesem Bereich setzen?

Die Landwirtschaft zählt zu den Kernelementen im ländlichen Raum mit ihrem vor- und nachgelagerten Bereichen. Hier wird es um die Stärkung der Wirtschaftsleistung, die Eigenständigkeit und Funktionsfähigkeit gehen auch mit Blick auf die Arbeitsplätze. Die Europapolitik spielt für Schleswig-Holstein eine große Rolle mit Themen wie dem ökologischen, digitalen und demografischen Wandel und seinen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen gerade für die junge Generation.

Welche Ziele nehmen Sie mit ins Ministerium?

Die Landwirte brauchen eine wirtschaftliche Perspektive, ebenso wie Perspektiven für ihre Zukunftsgestaltung auf den Betrieben. Wir haben große Herausforderungen in der Wirtschaft zwischen Nutzen und Schutz. Ich würde mich freuen, wenn die Differenzen kleiner oder gänzlich aufgelöst würden. Und drittens freue ich mich, wenn wir nicht nur die Landwirte und Nichtregierungsorganisationen einbinden, sondern auch die Gesellschaft mit in diesen Prozess einschließen können. Interview: mbw

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